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Vorwort

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DIESES Buch hat seinen Autor überrascht. Es ist hervorgegangen aus einer Reihe von Begegnungen, die sich im Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr ergeben haben. Spät habe ich das Muster darin erkannt. Dabei zog die eine die andere nach sich. Es ging los mit dem Kunstfälscher Beltracchi, dessen erhellender Wert für Kunst und Kunstmarkt mir auf Anhieb einleuchtete. Als der entsprechende Artikel im »Merkur« erschien (dem ich bei dieser Gelegenheit danken möchte, dass er drei der hier versammelten Texte abgedruckt hat, noch ehe ihr Zusammenhang sichtbar geworden war), meldete sich bei mir Gert Postel, der jahrelang trotz fehlender Qualifikation als psychiatrischer Oberarzt gearbeitet hatte, und wünschte sich, dass ich auch über ihn etwas schriebe. Und es kam die Nachricht, dass in diesem Jahr das Turiner Grabtuch aus der Versenkung geholt und ausgestellt würde – sie hätte mich sonst kaum berührt, aber plötzlich s a h ich in diesem Tuch etwas, das mir vorher entgangen war.

Als diese drei beisammen waren, nahm das Buch seinen Lauf. Thomas Steinfeld, Redakteur der »Süddeutschen Zeitung«, war dem Fall Karl Waldmann auf die Spur gekommen, einem Collagen-Künstler, der nie gelebt hat, und nahm mich mit zu Ausstellung und Pressekonferenz. In einem oberbayerischen Internat gab sich ein bronzenes Pferd, das jahrzehntelang unbehelligt im Schulhof gestanden hatte, jäh als Nazi-Plastik zu erkennen und versetzte die Öffentlichkeit in Wallung. Hier fand die Metamorphose ganz im Auge des Betrachters statt.

Und ebenso verhielt es sich mit dem Phänomen des »Camp«, das Susan Sontag schon vor fünfzig Jahren beim Namen genannt und damit recht eigentlich ins Leben gerufen hatte: die liebevollironische Betrachtung von Kulturschaffenden und ihren Werken, die sich selbst sehr ernst nahmen und es darum nie erfahren durften, dass ihr Charme in ihrer Gebrechlichkeit lag. Auch hier waren es Bilder und das Gespräch mit ihrem Künstler Jan Kummer, was mir unverhofft weiterhalf.

Und dann natürlich Gebäude! Sie dauern am nachdrücklichsten, oder scheinen es wenigstens; aber gerade darum taugen sie als Zeugen der Veränderung. Neu erstandene Königsschlösser in Demokratien; eine verschwundene Kirche, zurückgeholt in eine säkulare Gemeinschaft; eine dem Erdboden gleichgemachte Stadt des geschlagenen und verjagten Feindes, an deren Wiederbringung der Sieger die Mühe vieler Jahre wendet – was hat das alles zu bedeuten?

»Fälschungen, Verwandlungen« lautet der Titel. Nicht »Fälschungen« allein, denn bliebe es bloß bei ihnen, so stünde im Zentrum unbefragt das Echte, sei es, dass es zur Verteidigung, sei es, dass es zu seiner Bestreitung herausfordert, und die Oberhand hätten Neugier, Empörung und Schadenfreude. Das Echte aber ist immer das Fraglichste. Alles, was da ist, hält sich gern für echt, aus dem einfachen Grund, weil es nun mal so und nicht anders sei. Aber anders wird es dennoch immer, es verwandelt sich, manchmal offenkundig und manchmal hinterrücks; gerade das sind die interessantesten Fälle, in denen sich dann nicht selten Schreck und Verwunderung einstellen. Um ihren Augenschein geht es hier.

Ich danke Anne Hamilton, meiner Lektorin seit vielen Jahren und Gefährtin so manchen Buchs. Ohne sie und ihre Idee hätte es dieses Buch nicht gegeben.

Februar 2016

Fälschungen, Verwandlungen

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