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Blutiger Frühling

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Es war ein warmer Frühlingsmorgen. Die Vögel zwitscherten und das Wasser plätscherte leise auf die Steine des großen Springbrunnens, der in der Mitte des Tempelplatzes stand. Die ersten Sonnenstrahlen berührten die Wände des Tempels, der dadurch in seiner vollen Pracht erstrahlte. Dieser war ein gewaltiger Gebäudekomplex, der zu Ehren des Sonnengottes Tarun, auf einem kleinen Hügel erbaut worden war. Er befand sich etwas nördlich von Taaley, einer kleinen Elfensiedlung. Wände aus weißem Marmor und imposante Säulen stützten goldene Dächer und gigantische Glaskuppeln. Eine massive, mit Eisen verstärkte Mauer, umgab die prunkvolle Tempelanlage. Im Norden erhob sich das riesige Hauptgebäude in seiner pompösen Pracht. Den Eingangsbereich der großen Zeremonienhalle zierten Säulen aus schwerer Bronze, die ein Dach aus tiefschwarzem, mit Runen verziertem Glas stützten. Zwei gewaltige Wendeltreppen verbanden diesen Bereich mit den seitlichen Galerien. In der Mitte der Halle stand ein großer Altar aus weißem Quarzgestein, der mit alten Schriftzeichen verziert war. Darauf befanden sich einige Utensilien, die die Priester bei ihren täglichen Gebeten benötigten. An den Wänden hingen mehrere edle Wandteppiche. Die Fenster waren mit schweren Samtvorhängen verhüllt und unzählige Kerzen erhellten den abgedunkelten Raum. Ein Dutzend Priester und Priesterinnen, die in schwere, schwarze Roben gehüllt waren, standen um den Altar und vollzogen ein Ritual. Von einer der Galerien aus, beobachtete Unycron, ein kleiner, elfjähriger Junge, mit schwarzen Haaren und blauen Augen, gespannt die Zeremonie, die nun schon mehrere Stunden andauerte. Er hatte sich, wie schon so oft, nach oben geschlichen, um die Priester zu beobachten. Unycron ahmte ihre Bewegungen nach und konnte sich dadurch im Laufe der Jahre einige magische Fertigkeiten aneignen. Diese waren zwar mehr schlecht als recht, aber das war ihm egal. Denn er wusste, dass er nie eine Magieausbildung bekommen würde, da er kein reiner Elf war. Er wurde zwar im Tempel geboren und war auch dort aufgewachsen, aber sein Vater war kein Elf – das stand zweifelsfrei fest. Und genau aus diesem Grund wurde ihm die Ausbildung zu Magier verwehrt. Er wusste nichts über seinen Vater, denn seine Mutter hatte ihm nie von ihm erzählt. Selbst dann nicht, wenn er danach gefragt hatte. Normalerweise hätte Unycron die Bewegung der Priester nachgeahmt, aber nicht dieses Mal. Es war ein besonderes Ritual, dem er aufmerksam folgte. Er saß gespannt da und beobachtete die Vorgänge mit wachsender Begeisterung. Dabei waren seine Augen die meiste Zeit auf eine wunderschöne Elfe, mit langen, blonden Haaren und nachtblauen Augen gerichtet, die vor dem Opfertisch kniete. Es war Selyna Darkstone, seine Mutter, die heute, nach fast zwölf Jahren, zur Priesterin geweiht wurde. Unycron war so stolz auf sie, dass seine Augen leuchteten, als sich das Ritual langsam dem Ende neigte. Doch plötzlich übertönte ein Signalhorn das Gemurmel der Priester. Unycron schreckte hoch und rannte zu einem der Fenster, schob den schweren Samtvorhang zur Seite und starrte hinaus. Er traute seinen Augen nicht. Was er da sah, konnte er nicht fassen. Dort wo sich Taaley befand, war ein Meer aus Flammen. Riesige Rauchschwaden zogen über die Felder und verdunkelten das Licht der Sonne.

Die entsetzten Dorfbewohner eilten zum Tempel, auf dessen Vorplatz binnen Sekunden pures Chaos herrschte. Ithronhir Helandur, der Hauptmann, der etwa einhundert Mann starken Tempelgarde, war in schwere Rüstung gehüllt und befehligte seine Männer. „Auf eure Posten! Bogenschützen sichert die Mauern. Kohan nimm dir ein paar Männer und sichere das Tor. Jasun, helft den Priestern die Dorfbewohner zu den Quartieren zu bringen.“ Die Offiziere verbeugten sich und folgten ihren Befehlen. Dutzende Priester hatten mittlerweile das Hauptgebäude verlassen und waren auf den Tempelplatz geeilt, um den ankommenden Dorfbewohnern zu helfen. Einige der Flüchtlinge waren zum Glück nur leicht verletzt, doch für viele kam leider jede Hilfe zu spät. Ein Mann rannte gerade noch durch das Haupttor, bevor es der Hauptmann schließen ließ. Im selben Moment beugte sich Selyna über einen Verwundeten, der direkt vor ihren Füßen zusammengebrochen war. Er war blutüberströmt und ihm fehlte das rechte Ohr, das ihm offenbar einer der Angreifer abgebissen hatte. Er stammelte: „Bitte helft uns. Sie kamen aus dem Nichts. Hunderte, Tausende, dieser fürchterlichen Kreaturen. Sie töten alles und jeden. Bitte helft uns.“ Selyna schaute ihm tief in die Augen, legt ihre rechte Hand auf die stark blutende Wunde des Mannes und flüsterte ihm zu: „Habt keine Furcht. Ihr seid hier in Sicherheit. Alles wird gut werden.“ Danach nahm sie ihre Hand von der Wunde, die sie mit ihrer Magie geheilt und versiegelt hatte. „Jasun!“, schrie Selyna. „Bitte bringt den Mann zu den Quartieren.“ Mittlerweile hatte sich die Hohepriesterin, Isolde Jashar auf die Zinnen über dem Haupttor begeben, um das Ausmaß der Katastrophe abzuschätzen. Vier Priester, gehüllt in dunkle Roben, mit großen Kapuzen, standen hinter ihr. Isoldes rechte Hand umklammerte ihren Priesterstab, als sie von den Zinnen, Richtung Taaley blickte. Es war ein Anblick des Grauens. Der widerliche Gestank von Tod und Verwesung begleitete unsagbar viele, verunstaltete Kreaturen, die die Straße zum Tempel stürmten. Mörderische Bestien zogen schweres Kriegsgerät, während ihre Bändiger alle Mühe hatten sie unter Kontrolle zu halten. Einige der mutierten Krieger zogen sogar die verstümmelten Überreste von Dorfbewohnern hinter sich her. Isolde wandte sich den Priestern zu: „Die Horden der Finsternis. Tarun steh uns bei! Ihr wisst was zu tun ist. Geht! Schnell!“ Ohne ein Wort zu sagen, drehten sich die Priester um und machten sich daran ihre Aufgaben zu erfüllen. Die Hohepriesterin hob ihren Stab gen Himmel, drehte ihn über ihrem Kopf, um dreihundertsechzig Grad und rammte ihn anschließend mit einem lauten Aufschrei in eine der Zinnen der Mauer. „Bei Tarun!“ Der Stab vibrierte durch die Wucht des Aufpralls. Die Luft knisterte, als sich Isolde der göttlichen Macht Taruns bediente. Sekundenbruchteile später hob sie ihren linken Arm und schmetterte die gesammelte göttliche Energie auf die anstürmenden Horden. Ohne Mühe dezimierte die Kraft des Gottes die vordersten Reihen der Angreifer. Im selben Moment schrie der Hauptmann der Tempelgarde: „Bogenschützen! Macht euch bereit! Feuer!“ Die gesegneten Pfeile der Verteidiger zischten durch die Luft und brachten Tod und Verderben über die heranstürmenden Angreifer. Man konnte das Brechen der Knochen hören, als die Pfeile Helme und Rüstungen durchschlugen und viele Feinde niederstreckten. Jasun hatte mittlerweile seine Aufgaben erledigt und erstattete dem Hauptmann Bericht. „Hauptmann! Die Dorfbewohner sind versorgt und einige der Priester kümmern sich um die Verletzten.“ Ithronhir blickte den Offizier vorwurfsvoll an. „Was machst du dann noch hier? Geh durch die hinteren Kanäle und benachrichtige dann die königlichen Truppen.“ „Jawohl, Herr“, antwortete Jasun und machte sich sofort auf den Weg zu einem der Kanalgitter, schob es zur Seite und quetschte sich hindurch. Die Priester hatten inzwischen die Zeremonienhalle betreten und sich jeweils an einer Seite des großen Altars in Stellung gebracht. Sie zogen ihre Ritualdolche und schnitten sich damit in die linke Hand. Anschließend rammten sie diese in den Opfertisch. Unycron schaute von der Galerie herab, während die Priester anfingen mit ihrem Blut eigenartige Runen zu malen. Kurz darauf begannen sie in einer sonderbaren Sprache Gebete zu zelebrieren. Unycron konnte es nicht glauben. Ein Ritual das mit Blut vollzogen wurde? So etwas hatte er in all den Jahren noch nie erlebt. War es schwarze Magie? Ein Gebet an die Götter der Finsternis? Wie war so etwas hier nur möglich? Die Luft in der Halle begann zu knistern. Blitze zuckten von einem Dolch zum anderen. Die gemalten Runen begannen zu kochen und die Temperatur stieg auf einmal drastisch an. Einer der Priester holte einen kleinen schwarzen Stein, der an einer Kette hing, unter seiner Robe hervor und legte das Schmuckstück in die Mitte des Altars. Blitze sprangen von den Dolchen auf das Medaillon und zuckten ebenfalls hin und her. Ein ohrenbetäubendes Summen war zu hören, als aus dem Stein ein gleißender Lichtstrahl auf eine der Runen des Glasdaches schoss. Die getroffene Rune absorbierte das Licht und verformte sich zu einer mächtigen, leuchtenden Kuppel, die sich dann, wie ein magischer Schutzschild, über die gesamte Tempelanlage legte. Unycron war verwirrt. Er hatte noch nie von Schutzzaubern gehört, die mit Blut beschworen wurden. Kopfschüttelnd ging er auf eines der Fenster zu, um nachzusehen was in der Zwischenzeit draußen geschehen war.

Die erste Welle der Angreifer war vernichtend geschlagen. Doch das hinderte die Kreaturen nicht daran, ihren Ansturm fortzusetzen. Ihre Wurfspeere und Armbrustbolzen prallten jedoch von dem überirdischen Schild ab, ohne irgendeine Form von Schaden zu verursachen. Es roch nach Blut und verbrannten Fleisch, als die Hohepriesterin einen erleichterten Seufzer ausstieß. „Den Göttern sei Dank. Wir sind nun in Sicherheit.“ Wenige Minuten und unzählige Armbrustbolzen später, gaben die Angreifer ihr Vorhaben auf. Doch zogen sie sich nicht zurück, sondern bildeten in ihren Reihen eine schmale Gasse. Ein Mann, der in eine massive, schwarze Plattenrüstung gehüllt war, saß auf einem tiefschwarzen Nachtmahr mit blutroten Augen und ritt die schmale Schneise entlang. Seine Schulterpolster waren mit gewaltigen Stacheln versehen und dämonenhafte, vor Blut tropfende Runen, verzierten Arme, Brust und Beine der Rüstung. Das Gesicht verbarg er unter einer schwarz-roten Totenkopfmaske und in seiner linken Hand hielt er einen mannshohen Stab. Das obere Ende zierte eine Kristallkugel, die von vier Metallstreben gehalten wurde. Im Inneren der Kugel konnte man einen grinsenden Totenschädel erkennen, dessen Augen feurig glühten. Isolde Jashar erstarrte beim Anblick des Reiters. „Welche Macht muss dieser Mann haben, um so eine Bestie reiten zu können?“, sagte sie leise. Der Nachtmahr bahnte sich seinen Weg durch die wartenden Reihen. Die Erde unter den Hufen des Dämonenpferdes brannte und schwarze Rauchschwaden ebneten ihm den Weg zum Tempel. Sein Reiter zog an den Zügeln, als er vor den Toren angekommen war. Die Bestie schnaubte und schwarzer Rauch stieg aus ihren Nüstern. Der Reiter blickte zu den Zinnen empor und sprach mit dunkler, machtvoller Stimme: „Ich bin Zoltac Kolgor, Vorbote der Finsternis und Auserwählter des einzig wahren Gottes, Drakuna....“ Er hielt kurz inne und fuhr anschließend fort. „Ich bin sein Vollstrecker, sein Auge, seine Hand und seine Stimme. Ich bin gekommen, um das einzufordern, was rechtmäßig ihm gehört. Öffnet das Tor und ich werde euch einen schnellen Tod gewähren. Solltet ihr meiner Forderung nicht Folge leisten, werde ich mir eure mickrigen Seelen holen, sodass ihr bis in alle Ewigkeit qualvolle Schmerzen erleiden werdet, während mir eure verrottenden Körper, als Sklaven dienen werden.“ Isolde musterte den Vorboten von Kopf bis Fuß. „Wir haben nichts, das euch gehört, schrecklicher Lord. Wir sind auch nicht gewillt unser Tor zu öffnen. Außerdem kann nichts und niemand unseren Schutzschild durchdringen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ihr Wert auf eine lange Belagerung legt, die mit Sicherheit euer Untergang wäre. Denn die königlichen Truppen wurden bereits informiert und gerade in diesem Moment wird sich eine Streitmacht auf den Weg machen, um euch zu vernichten. Deshalb rate ich euch, zieht ab und kommt nie wieder.“ Lord Kolgor glitt geschmeidig aus dem Sattel des Dämonenpferdes. Der Totenkopf in der Kristallkugel fing an zu brennen und seine Rüstung schien auf einmal zum Leben zu erwachen. Eine dunkle, unheimliche Aura umgab ihn, als er Isolde mit seinem kalten Blick fixierte. „Jämmerliche alte Ziege. Denkst du wirklich, dass du mir drohen kannst? Eure nichtsnutzige Magie und eure lächerlichen Götter können mich nicht aufhalten. Seht her und werde Zeugen meiner Macht!“ Kaum hatte Zoltac seinen letzten Satz beendet, stieß er seinen Stab mit voller Wucht in den Boden. Die Erde bebte, während sich dämonische Flammen mit übernatürlicher Geschwindigkeit, ihren Weg durch das Erdreich bahnten. Im Fußboden der Zeremonienhalle bildeten sich Risse, aus denen Schwefel austrat. Einer der Priester, die immer noch das Ritual vollzogen, schrie: „Bei Tarun. Haltet Stand!“ Doch es war bereits zu spät. Der Boden der Halle stürzte ein, und der Altar, mit allen Priestern, verschwand in den lodernden Flammen. Es dauerte einige Sekunden, bevor der Opfertisch mit einem heftigen Knall explodierte und seine Einzelteile kreuz und quer durch die Zeremonienhalle flogen. Der Schutzschild erlosch genauso schnell, wie er entstanden war. Sichtlich geschockt, befahl der Hauptmann seinen Männern: „Tötet den Vorboten!“ Blitzende Klingen und schwarze Federn zischten auf Lord Kolgor zu. Geistesgegenwärtig ergriff er einen seiner Untergebenen und zog ihn vor sich, um ihn als lebenden Schild zu missbrauchen. Die Pfeile der Tempelgarde durchschlugen Helm und Rüstung des Kriegers, der darauf tot in Zoltacs rechter Hand zusammenbrach. Die Hände des Vorboten leuchteten in einem schemenhaften, blauen Licht, als er den Leichnam gegen die Tempelmauer schleuderte. Der Kadaver explodierte, als dieser mit der Wand kollidierte. Die Explosion war so gewaltig, dass Mauerteile durch die Luft flogen und einige Mitglieder der Tempelgarde unter sich begruben. „Klopf, klopf. Bringt mir ihre Seelen!“ Der Vorbote lachte laut, während sich in seiner rechten Hand ein mächtiger Feuerball formte, den er auf Isolde schleuderte. Diese wich der Feuerkugel mit einem eleganten Rückwärtssalto aus und landete daraufhin auf dem Tempelplatz. Die Kreaturen der Finsternis sprangen durch das Loch in der Mauer und es entbrannte eine wilde Schlacht. Lord Kolgor Schritt gemächlich durch die Öffnung und wurde sofort von Kohan, mit einem gezielten Hieb zum Kopf, attackiert. Zoltac parierte den Angriff mit seinem Stab. Im selben Moment ergriff seine rechte Hand, Kohans Kehle und brach ihm mit Leichtigkeit das Genick. Danach schleuderte er den leblosen Körper, wie eine Puppe, in die kämpfenden Massen. Metall traf auf Metall, Knochen brachen, Blut spritzte und Köpfe rollten in dem Kampfgetümmel. Isolde Jashar warf einen Energieball auf den Vorboten, den er jedoch eine handbreit vor seinem Körper stoppte. „Ist das alles? Ist das wirklich alles?“ Der dunkle Lord lachte und schleuderte das Geschoss auf die Hohepriesterin zurück. Isolde wich seitlich aus und führte zwei weitere Attacken gegen Zoltac aus, die er jedoch einfach von seiner Handfläche abprallen ließ. Verdutzt wich sie einen Schritt zurück und setzte zu einem weiteren Zauberspruch an. Doch er hatte ihren Schachzug vorhergesehen, ließ seinen Stab über seinen Fingern kreisen und seiner dunklen Magie freien Lauf. Dämonenranken brachen aus der Erde und ergriffen Arme und Beine der Hohepriesterin, die ihm dadurch hilflos ausgeliefert war. Langsam und unaufhaltsam näherte er sich Isolde, während sich weitere Ranken um ihren Hals wanden und ihr die Lebenskraft aussaugten. „Hexe, du wirst meinen Zorn spüren! Doch bevor ich mir deine Seele nehme, wirst du noch meinen Kriegern zum Vergnügen dienen!“ Der Totenkopf in der Kristallkugel grinste boshaft, als sich Lord Kolgor von der Hohepriesterin abwandte. Der Hauptmann und seine Männer versuchten verzweifelt dem Ansturm standzuhalten. Aber es schien vergebens. Für jeden den sie töteten, kamen zwei nach. Ithronhir blickte durch die Reihen und musste feststellen, dass seine Männer immer weniger wurden. Nach gerade mal einer Minute hatte er schon die Hälfte seiner Krieger verloren. Er kämpfte, wie ein in die Enge getriebener Löwe, angetrieben durch Wut und Verzweiflung. Beflügelt durch Zorn und Trauer. Ein Hieb zum Kopf, der diesen von den Schultern seines Gegners trennte. Er duckte sich unter einem Kriegsbeil hinweg und setzte zu einem gezielten Gegenschlag an, während er dem Rest seiner Truppen Befehle zurief. „Haltet Stand. Bei Tarun.

Im gleichen Moment suchte Selyna ihren Sohn. Nachdem sie in allen Quartieren nach Unycron gesucht hatte, rannte sie nach draußen, auf den Tempelplatz. „Verdammt, mein Sohn, wo bist du nur?“ Ihr Blick musterte das Schlachtfeld. Doch sie konnte ihn nirgends entdecken.

Denk nach. Denk nach. Wo kann er nur sein?“, sagte sie leise. „Das Ritual. Na klar. Da muss er sein.“ Sie zückte ihre Waffen und stürzte sich in die Schlacht. Mit tödlicher Präzision und übernatürlicher Geschwindigkeit ebnete sich Selyna den Weg zum Hauptgebäude. Lord Kolgor beobachtete sie, während er ganz gelassen einen heranstürmenden Tempelwächter in Stein verwandelte und ihn im Vorbeigehen, mit seinem Stab in tausend Stücke schlug. Anschließend schritt er geradewegs auf die Zeremonienhalle zu. Ithronhir stellte sich dem dunklen Lord in den Weg und setzte mit seinem Bihänder zu einem Hieb auf dessen linke Schulter an. Der Vorbote wich dem Angriff jedoch in letzter Sekunde seitlich aus. Er ergriff mit seiner rechten Hand Ithronhirs Schwert und zog den Hauptmann in einer leichten Linksdrehung zu sich heran. Zoltacs gepanzerter rechter Ellbogen traf das Gesicht seines Gegners und zertrümmerte ihm das Nasenbein. Ithronhir fiel auf die Knie, während ihm der Vorbote den Stab in die Rippen rammte. Schmerzen zeichneten sein blutüberströmtes Gesicht. „Steh endlich auf, du räudiger Hund. Und kämpfe wie ein Mann“, befahl Zoltac, während Klingen aus dem oberen Teil des Stabes sprangen, der sich dadurch in eine mächtige Streitaxt verwandelte. Der Hauptmann spuckte Blut, als er seinen Bihänder ergriff um mit letzter Kraft einen weiteren Angriff auf den Vorboten auszuführen. Blitzschnell glitt Zoltac am Hauptmann vorbei und spaltete dessen Kopf, von vorne nach hinten. Ithronhir fiel darauf, wie ein nasser Sack, zu Boden. In Selynas Augen spiegelten sich Wut, Sorge und Trauer, als sie die Zeremonienhalle betrat und das Ausmaß der Verwüstung sah, welche die dämonische Kraft hinterlassen hatte. Sie musterte den Raum, als ihr Blick auf ein kleines Medaillon fiel, das vor ihren Füßen lag. Sie hob es auf und betrachtete es genauer. „Das sieht aus wie..., hmm? Egal. Darum kümmere ich mich später. Uny! Schatz! Wo bist du?“, schrie Selyna laut. Unycron hob vorsichtig seinen Kopf über das Geländer der Galerie. „I...i... ich bin hier Mutter. Bitte sei nicht böse, ich wollte doch nur dabei sein“, antwortete er kleinlaut. „Und das wirst du auch!“, bestätigte Lord Kolgor, der gerade mit zwei Kriegern die Zeremonienhalle betreten hatte. Selyna zuckte zusammen, als sie die Stimme des dunklen Lords erkannte. „Oh ja. Er wird dabei sein“, fauchte sie mit hasserfüllter Stimme. „Er wird dabei sein, wenn ich dich für deine Taten büßen lassen und dir meine Dolche durch die Kehle jage.“ Zoltac betrachtete Selyna äußerst belustigt. „Du klingst wie meine Ex. Und du hast zwei Sachen die mir gehören. Tikks Talisman und deine Seele. Gibt mir das Medaillon und ich gewähre dir einen schnellen Tod.“ Selyna grinste: „Einen schnellen Tod? Das hattest Du mir schon mal versprochen. Und es hat Dir nur eine bleibende Erinnerung eingebracht. Denn mein Hass hielt mich am Leben.“ Lord Kolgor zuckte mit den Achseln. „Interessant... Ach egal. Tötet den Jungen. Die Schlampe gehört mir.“ Im selben Moment flogen Selynas Dolche knapp am Kopf des Vorboten vorbei und durchbohrten die Helme der Krieger. Sie blickte zu Unycron und warf ihm das Medaillon zu. „Lauf, Schatz.“ Er fing das Amulett, rannte so schnell es ging die Treppe hinunter und kam vor dem Ausgang der Zeremonienhalle zum Stehen. Währenddessen stürmte Selyna auf Zoltac zu und sprang mit einem Vorwärtssalto über diesen hinweg. Sie landete vor den zwei toten Kriegern und ergriff sofort ihre Waffen. Lord Kolgor wandte sich ihr zu, während er seine Maske abnahm. Seine rechte Gesichtshälfte war von einer langen Narbe gezeichnet, die von der Stirn bis zum Mundwinkel reichte. Sein langes schwarzes Haar hatte er zu einem Zopf geflochten, der von einem Totenkopf zusammengehalten wurde. In seinen schwarzen, leeren Augen spiegelten sich die Flammen des brennenden Schädels, der sich in der Kristallkugel seiner Kriegsaxt befand. „Deine Schnelligkeit wird dir auch nicht helfen“, drohte Lord Kolgor. „Komm her und zeigt mir was du kannst“, zischte Selyna, während sie langsam auf den Vorboten zuging. Zoltac hob seine Axt und setzte zu einem Hieb in Richtung ihres Halses an. Der Angriff ging ins Leere, denn sie duckte sich, machte einen kleinen Schritt nach vorne, ließ sich dann blitzschnell auf die Knie fallen und rutschte, mit ausgefahrenen Dolchen, durch die Beine des Angreifers. Anschließend rammte sie ihren rechten Dolch in dessen linken, hinteren Oberschenkel. Selyna drehte sich durch den Schwung ihres Angriffes, an Zoltac linker Seite entlang, nach oben und setzte zu einem gezielten Tritt zu dessen Kopf an. Lord Kolgor fing ihren Fuß mit seiner rechten Hand kurz vor seinem Gesicht ab, wirbelte Selyna herum, um sie anschließend gegen eine der Säulen der Halle zu schleudern. Selyna krachte mit voller Wucht gegen die Säule, während Zoltac ihren Dolch aus seinem Oberschenkel zog. „Du hast dein Spielzeug vergessen“, sagte er mit einem höhnischen Grinsen. „Da hatte die alte Fregatte da draußen, ja mehr drauf als du. Hier nimm und versuche es nochmal.“ Mit diesen Worten warf er ihr den Dolch vor die Füße. Selyna griff sofort danach und rappelte sich auf. Sie breitete ihre Arme aus und musterte den dunklen Lord mit einem grimmigen Lächeln... „Ich wusste dass du langsam bist. Aber so langsam, hmm - ich hatte mehr erwartet.“ Lord Kolgor neigte seinen Kopf zur Seite und sah sie gelangweilt an. „Wir werden ja sehen“, erwiderte er. „Ich erinnere mich an dich.“Er fuhr sich mit den Fingern über die Narbe im Gesicht. „Aber weißt du eigentlich was mir damals an deiner Mutter am besten gefallen hat?“ Selyna blickte ihn verwundert an. „Am besten hat mir Ihre Hingabe gefallen, als sie versuchte euer Leben zu retten. Oh Mann, war die gut!“ Ihr Lächeln wich einem grimmigen, hasserfüllten Blick. Ihre Augen färbten sich tiefschwarz und in ihr entflammte purer Hass. Ihre Muskeln spannten sich wie Sprungfedern, als sie sich in Kampfposition brachte und dann, mit einem lauten Schrei, auf ihren Widersacher zu rannte. Zoltac lachte: „Endlich habe ich deine volle Aufmerksamkeit.“ Selynas Wutausbruch verlieh ihr unglaubliche Schnelligkeit und ihre Dolche webten ein Netz des Todes. Lord Kolgor parierte jedoch jeden ihrer Angriffe mit Leichtigkeit und führte einen Schlag auf ihre Beine aus. Sie erkannte in letzter Sekunde was der Vorbote vorhatte, wich der Attacke seitlich aus und setzte anschließend mit ihrer Linken zu einem gezielten Stich auf dessen Herz an. Zoltac parierte ihren Angriff. Doch es war nur eine Finte. Denn ihr rechter Dolch durchbohrte Sekundenbruchteile später dessen Hals. „Ich hatte es dir versprochen“, keuchte Selyna außer Atem. „Ich hatte es dir versprochen. Und jetzt tu, was sonst alle anderen um dich herum tun. Stirb!“ Mit einem dämonischen Grinsen packte Lord Kolgor, Selynas rechte Hand, die immer noch den Griff ihres Dolches umklammerte. „Hast du wirklich gedacht, dass es so einfach ist?“, fragte der dunkle Lord, während er seinen Griff um ihre Hand festigte. „Das war nicht dein Ernst. Nur die, die meines Blutes sind, können mich töten.“ Ein lautes Knacken war zu hören, als ihre Finger brachen. Selyna biss die Zähne zusammen und versuchte sich aus der Umklammerung zu befreien. „Ich hoffe, daß sich jemand aus deiner Linie findet, der dich vernichten wird“, stieß sie mit schmerzerfüllter Stimme hervor. „Halt endlich still“, befahl der dunkle Lord, als er die Klinge aus seinem Hals zog und sich die Wunde selbstständig versiegelte. „Und was deine Hoffnung betrifft. Das hättest du gerne. Und glaube mir das würden sie auch tun. Nur zu schade, dass von ihnen keiner mehr am Leben ist“, lachte Zoltac. „Ich habe sie alle Drakuna als Opfer dargeboten. Um die Gabe der Unsterblichkeit und grenzenlose Macht zu erhalten. Und nun komm in meine Welt und diene mir, bis in alle Ewigkeit.“ Die Runen auf der Rüstung des Vorboten, trieften vor Blut, als sich eine dunkle, unheilvolle Aura um ihn aufbaute und den Raum mit Verderben füllte. „Mutter! Nein!“, schluchzte Unycron. „Lauf mein Schatz, ich liebe dich!“, schrie Selyna. Unycron rannte los. Ihm liefen heiße Tränen der Verzweiflung die Wangen herunter, als er sich noch einmal umdrehte, um einen allerletzten Blick auf seine Mutter erhaschen zu können, bevor sich die Tür der Zeremonienhalle mit einem lauten Knall schließen würde.

Tränen der Finsternis

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