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Teil I: Das soziale Feld sehen lernen
ОглавлениеOft höre ich, dass zwar viel über Veränderung geredet wird, aber genau genommen sehr wenig passiert. Meine Erfahrung ist eine andere. Ich habe in meinem Leben mehrere Male tektonische Verschiebungen erlebt. Ich habe sie erlebt, als 1989 die Berliner Mauer fiel – und mit ihr das System des Kalten Kriegs zusammenbrach. Ich habe sie erlebt, als in Südafrika die Rassentrennung aufgehoben wurde. Ich habe sie erlebt, als eine Jugendbewegung den ersten afroamerikanischen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ans Ruder brachte. Ich sehe sie darin, wie sich in den letzten zwei oder drei Jahrzehnten das Zentrum der Weltwirtschaft von der westlichen Welt in den ostasiatischen Raum und von der analogen in die digitale Ökonomie verlagert hat. Und ich sehe sie nun im jüngsten Vormarsch von Autokraten, Nationalisten und illiberalen Rechtsbewegungen als Gegenreaktion auf eine einseitige Globalisierung und als eine Überschattung von einem weitaus bedeutsameren Grundphänomen unserer Zeit: dem Erwachen eines neuen Bewusstseins überall auf der Welt.
Auch wenn nicht alle diese Veränderungen zu einer tektonischen Verschiebung geführt haben, kann man meines Erachtens zu der Schlussfolgerung kommen: Heute kann alles passieren. Ich glaube, dass die wichtigste tektonische Verschiebung zu unseren Lebzeiten nicht hinter uns liegt, sondern direkt vor uns. Diese Verschiebung hat mit der Transformation von kapitalistischen Strukturen, von Demokratie, Bildung und dem eigenen Selbst zu tun.