Читать книгу Margeaux - Bestechende Sünde - Caprice Chambéry - Страница 4
Оглавление»Die glücklichen Sklaven
sind die erbittertsten
Feinde der Freiheit!«
Marie v. Ebner-Eschenbach (1830-1916)
Kapitel 1
Von Zeit zu Zeit dachte Margeaux an jene schicksalhafte Nacht in Paris zurück. Sie dachte darüber nach, wie sie zuvor gewesen und wie sie jetzt war, und sie staunte über die Veränderung, die mit ihr vorgegangen war – es kam ihr vor wie die Dichotomie des eigenen Ichs in zwei grundlegend verschiedene Wesen. Und wann immer sie sich an Paris erinnerte, fragte sie sich, was diese so drastische Veränderung in allem, was sie als weibliches, menschliches Wesen definierte, verursacht hatte. Handelte es sich einfach um tief sitzende Bedürfnisse und Wünsche, derer sie sich nicht bewusst geworden war, die sich aber still in ihr eingenistet hatten? Oder war dieser plötzliche Aufbruch, so neu und unerwartet, die natürliche Folge von Umständen und bislang ungeahnten Möglichkeiten?
Sie fragte sich, ob sie die Dinge anders hätte machen und sich besser auf ihr Temperament einstellen sollen. Was hätte eine andere an ihrer Stelle getan? Wie hätte eine andere reagiert, wenn ihr eine so einzigartige und überzeugende Gelegenheit geboten worden wäre? Eine Gelegenheit, die keine Konsequenzen mit sich brachte, keinerlei Auswirkungen und keine Verantwortung. Eine Gelegenheit, die absolute Kontrolle über eine andere Person zu erlangen, deren geheimsten Fantasien und Wünsche zu entdecken, an die sie noch nie zuvor gedacht hatte – und sie zu verwirklichen. Und was, wenn diese Person eine andere Frau wäre? Würde das die Dinge verändern? Würde man da mehr versucht sein?
Sie dachte immer wieder über die ganze Sache nach, wenn sie des Nachts wach lag und spielte es in ihrem Kopf ein ums andere Mal nach, während die feine, strassbesetzte, ledernde Schlaufe der Hundeleine ihr Handgelenk umspielte. Sie genoss den Nervenkitzel, den ihr die Entdeckung bescherte und die überwältigenden Empfindungen, die sie durchfluteten. Sie dachte an ihren Anblick, wie Serafina zum ersten Mal mit gesenktem Haupt vor ihr kniete und auf ihre Befehle wartete. Sie dachte an das Gefühl von ihr zu ihr und in ihr. Die sanfte Wärme ihrer Haut und den eifrigen Zungenschlag. Und sie dachte an ihre gedämpften Schmerzensschreie, als sie erstmals Hand an sie legte ...
Sie schauderte und ließ ihre Hand zwischen ihre Beine gleiten, derweil sie dem leisen Atmen ihres schlafenden Haustieres lauschte, dass sich im großen Körbchen zu ihrer Rechten mit seinem Kissen unter seiner Decke verkrochen hatte. Sie war bereits nass und ihre Finger tauchten zwischen ihre feuchten Lippen, um mit der ihnen nur zu vertrauten Arbeit zu beginnen. Sie berührte ihren Kitzler, nahm ihn zwischen Zeige- und Mittelfinger und drückte ihn sanft, während ihre Gedanken zurück zu dieser fernen Nacht wanderten. In diesem Augenblick sah sie alles wieder vor sich, nahm das Aroma wahr, den Geschmack und fühlte die Berührungen – in jener Pariser Nacht, unmittelbar an der Seine. Wie nur hatte all das angefangen? Wie war sie hierhergekommen?
Wie die meisten Dinge im Leben hatte es mit einer einzigen Phrase begonnen ...
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