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Kapitel 3

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»Jeremy, du bist ganz oben in Hollywood. Du kannst nicht schwul sein.«

Da er mit Geschäftsagenten, Öffentlichkeitsarbeitsexperten und Managern aufgewachsen war, überraschte Jeremy nichts mehr. Trotzdem fand er, dieser Kommentar seines Managers war absurder als der Unsinn, den er sonst hörte. »Ergibt das in deinem Kopf Sinn, Bill? Denn laut ausgesprochen, klingt es dämlich.«

»Du hast schon verstanden, was ich gesagt habe«, antwortete Bill und sah frustriert aus.

»Nein, das habe ich nicht.« Jeremy verschränkte die Arme und lehnte seinen Stuhl zurück, sodass er auf zwei Beinen ruhte. Er hatte es bei Reg ein paarmal gesehen und dachte, es wäre einfach, aber es war schwieriger, als es aussah, das Gleichgewicht zu halten. »Erklär es mir.«

Sein missbilligender Blick wanderte vom Stuhl zu Jeremys Gesicht und er seufzte schwer. »Dein Großvater hat drei oscarprämierte Filme gedreht. Deine Mutter hat die gleiche Anzahl goldener Statuen auf ihrem Kaminsims, und mit dreiundfünfzig dreht sie immer noch Filme. Bis heute sagen die Leute, dass dein Vater die größte Rocklegende aller Zeiten sei, und der Jahrestag seiner Überdosis ist praktisch eine landesweite Trauerzeit.« Er hielt inne und schaute Jeremy bedeutungsvoll an. »Du bist der meistgekaufte Musiker der Welt. Du kannst nicht mit Bademoden-Models ausgehen, oder welches Starlet auch immer die Zeitungen diese Woche heiß macht, und dann der Welt erzählen, dass du mit einem Kerl zusammen bist.«

Jeremy kippte mit seinem Stuhl wieder zurück auf alle vier Beine und sagte: »Ich bin der meistgekaufte Musiker der Welt. Ich kann tun, was immer ich will.«

Mit einem Augenrollen und einem weiteren Seufzer erwiderte Bill: »Alles klar. Gut. Jede Presse ist gute Presse, denke ich. Ich überleg mir was.«

Jeremy kippte seinen Stuhl wieder zurück und rollte mit den Augen. Es gab nichts, was man sich ausdenken musste. Sein Privatleben sollte seine Angelegenheit sein und niemandes sonst. Auch wenn es sich aufgrund seiner Karriere nicht so abgespielt hatte: Zu wissen, wen er datete, und ein Mitspracherecht dabei zu haben, waren zwei völlig verschiedene Dinge. Außerdem, sobald sich die Presse Reggie Moore ansah, würde sie sich einnässen. Der Kerl hatte ein Gesicht und einen Körper wie gemacht für Zeitschriften, und das passende Lächeln.

»Ich rufe dich morgen an und lasse dich wissen, welche Interviews anstehen.«

»Interviews?« Jeremy spuckte und der Stuhl knallte zu Boden, als er sein Gleichgewicht verlor.

»Ja, Interviews.« Bill rollte mit den Augen. »Du machst diese ganze ‚Outing-Sache’, oder? Ich wette, ich kann dich bis morgen in die The Tonight Show und Today bringen.«

»Ich gehe nicht ins Fernsehen! Wir haben eine Tour, die in einer Woche startet.«

»Gut.« Bill drehte seinen Stuhl, um seinen Computer anzuschalten, und fing an zu tippen. »Dann ein abgedrucktes Interview. Ich bringe dich aufs Cover der Rolling Stone.«

»Nein.«

»Ich diskutiere nicht mit dir darüber.« Bill hob die Hand und winkte Jeremy weg, ohne seine Augen vom Bildschirm zu nehmen. »Geh Schach spielen, oder was auch immer du mit diesem neuen Freund machst, und lass mich meinen Job machen.«

»Warum sagst du es so?«

»Wie sage ich was?«

»Freund«, ahmte er Bills Tonfall nach. »Du sagst es, als sei es absurd.«

»Weil es absurd ist.«

»Es ist absurd, schwul zu sein?« Jeremys Ton wurde höher, als sein Zorn aufkam.

»Nein.« Bill wandte sich schließlich vom Bildschirm ab und begegnete seinem

Blick. »Es ist absurd für dich, schwul zu sein.«

»Warum? Weil ich Hollywoodkönigsklasse bin? Das ist läch…«

»Weil du einunddreißig bist. Menschen werden nicht mit einunddreißig ganz plötzlich schwul.«

Das war ein guter Punkt, aber Jeremy würde das nicht zugeben. »Vielleicht war ich die ganze Zeit über schwul und habe es verheimlicht?«

»Du? Etwas verheimlichen?« Bill schnaubte und schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Und übrigens wird es auch niemand sonst glauben. Nicht nach der Reihe von Frauen, die in deinem Bett lagen, und nach deinen, nun, Ansichten, die du gern mit oder ohne Kamera mitgeteilt hast.«

Gut, er mochte im Laufe seines Lebens einen Fotografen angeschrien haben, oder zweihundert, aber nur, weil sie ständig in seinem Gesicht waren. »Ich könnte bi sein. Leute sind bi.«

»Du bist bisexuell?«

»Ich könnte es sein.«

»Schau mal, Jeremy.« Bill legte seine Unterarme auf seinem Schreibtisch und lehnte sich nach vorn. »Ich weiß nicht, ob dir langweilig ist oder du versuchst, eine Nummer abzuziehen oder sonst irgendwas, aber wenn du dich nicht zu Männern hingezogen fühlst, bist du nicht schwul und nicht bi.« Er setzte sich auf. »Nicht, dass es mir egal sei. Du machst weiterhin Musik und ich werde dafür sorgen, dass unser Team alles verkauft, was wir über dein Privatleben verkaufen müssen. Es ist in Ordnung.«

»Ich finde, Männer sind attraktiv«, sagte Jeremy defensiv, aber ehrlich. Verdammt, er hielt Reg für wunderschön. Das war eines der Dinge, die er an diesem Mann bemerkt hatte, von dem er wusste, dass er ein guter Kandidat für den Job eines vorgetäuschten Freundes war. Die Kamera würde ihn lieben und die Menschen dahinter würden es auch. Gut aussehend und ein netter Kerl; die perfekte Kombination.

»Du weißt, was ich meine.«

Wie zuvor, wusste Jeremy nicht, was Bill meinte. »Nein, das tue ich nicht.«

Sich wieder vom Computer abwendend, sagte Bill: »Wenn jemand gut aussehend ist, ist es nicht dasselbe, wie sich von ihm angezogen zu fühlen. Homosexuell zu sein, bedeutet, dass du eine emotionale Verbindung zu einem anderen Mann hast, dass du ihn körperlich und geistig willst.« Er hielt inne. »Verstehst du, was ich meine? So fühlst du dich bei Männern nicht, Jeremy. Du bist nicht der größte Frauenheld der Welt, aber du bist auch kein Mönch.«

Jeremy musste ihm darin zustimmen, dass er für keinen Mann je diese emotionale Tiefe empfunden hatte, aber er hatte diese auch nie bei einer Frau gefühlt. Er wollte seine Seele nicht vor seinem Manager entblößen, also versuchte er, das Gespräch umzudrehen. »Du scheinst viel darüber zu wissen, Bill.«

»In der Tat tue ich das.« Er sah Jeremy bedeutungsvoll an.

»Was willst du damit sagen?«, fragte Jeremy. Er war besorgt, dass er die Kontrolle über das Gespräch nun völlig verloren hatte.

Er verschränkte seine Arme und fragte: »Wie lange arbeiten wir schon zusammen?«

»Äh.« Zahlen waren nie Jeremys Stärke gewesen. »Ich weiß es nicht. Seit Roger in den Ruhestand gegangen ist und du seine Mandanten übernommen hast. Wann war das?«

»Vor acht Jahren«, antwortete Bill hilfsbereit. »Also acht Jahre schon. Und in all der Zeit, hast du da jemals meine Frau kennengelernt?«

Jeremys Blick schoss zu seinem nackten Ringfinger und er fragte: »Du bist verheiratet?«

»Nein.«

»Oh.«

»Aber wenn ich je heirate, dann wird es ein Mann sein.«

»Du bist schwul?«

»Ja, ich bin schwul.«

»Wieso wusste ich das nicht?«, erwiderte Jeremy.

»Ich fahre auch gerne Ski und in meiner Freizeit, die sehr begrenzt ist, weil ich sieben Tage die Woche für dich arbeite, bin ich ein ziemlich guter Koch. Du wusstest diese Dinge nicht, weil sie, genau wie die Sache, mit wem ich zusammen bin, nichts mit unserer Arbeit zu tun haben.«

Er fühlte sich schuldig, weil er sich nicht mehr für eine Person interessiert hatte, die er so lange kannte und die so viel für ihn tat. Er öffnete den Mund, um sich zu entschuldigen, aber Bill hielt die Hand hoch und hielt ihn auf.

»Ich bin ein verdammt guter Manager, Jeremy. Ich verstehe, dass du mit familiären Verbindungen und einer großen Portion Talent geboren wurdest, aber du bist nicht die einzige Person, die das hat. Da hinzukommen, wo du bist, geschah nicht von allein, auch wenn man sich vielleicht nicht immer daran erinnert.«

»Das weiß ich. Es gibt immer eine Crew um mich herum, die mir sagt, wie ich mein Leben leben soll. Glaubst du, ich weiß das nicht?« Nun, das war das Gegenteil einer Entschuldigung. Mist. Jeremy atmete tief durch. »Tut mir leid. Ich wollte nicht … «

»Doch, wolltest du, und es ist in Ordnung. Es ist nicht das erste Mal, dass du mich angeschnauzt hast, und es wird nicht das letzte Mal sein. Wenn wir hier fertig sind, verschwinde aus meinem Büro, damit ich herausfinden kann, wie ich das ganze Jeremy-Jameson-ist-schwul-Ding so drehen kann, dass ich es später zu Ende bringen kann, ohne Leute auf beiden Seiten des Zauns zu beleidigen.«

»Was meinst du?«

Bill verlor seine Geduld, seine steife Haltung und verkniffener Gesichtsausdruck machten das deutlich. »Es bedeutet, dass die Homophoben sauer sein werden, dass du schwul bist, und diejenigen von uns, die tatsächlich schwul sind und sich mit allem beschäftigt haben, werden sauer sein, wenn du deine Einstellung darüber änderst, als ob deine sexuelle Orientierung eine Jacke sei, die du aus- und anziehen kannst, wann immer du willst.«

»Das ist nicht das, was ich tue. Ich will kein Statement abgeben. Ich will nur …« Jemanden haben, mit dem er jede Nacht in verschiedenen Städten schlafen konnte, jemanden, der ihm Gesellschaft leistete und ihn zum Lachen brachte, jemanden, der ihn daran erinnerte, dass das, was er tat, Spaß machte, und keine lästige Pflicht war. »Ich will Reg bei mir auf dieser Tour haben.« Jeremy stand auf, fuhr sich durch die Haare und sagte: »Die Presse kann das Label verwenden, das sie will, aber ich ändere meine Meinung nicht. Ende der Geschichte. Sorg dafür, dass es funktioniert.«

Er hatte einen Fuß aus der Tür, als Bill sagte: »Vergiss nicht, dass du deiner Mutter davon erzählen musst, okay? Wir können sie hysterisch nicht gebrauchen, wenn sie von einem anderen vor der Kamera von deinem Freund erfährt.«

Verdammt. Er hasste es, wenn Bill mit etwas recht hatte, was er nicht tun wollte. Und über all das zu reden, vor allem über sein Privatleben mit einer Frau, die ihr Leben mit Wodka und Valium verbrachte, fiel definitiv in diese Kategorie. »Alles klar.« Jeremy ließ die Schultern hängen angesichts des Besuchs, den er hinter sich bringen musste. »Ich kümmere mich darum, Paula Radcliffe Bescheid zu sagen. Du beschäftigst dich mit dem Rest der Welt.«

»Ich habe den leichten Teil bekommen«, neckte Bill ihn. »Ich weiß.«

***

Jeremy stand außerhalb der steilen, geschwungenen Stufen, die zum spanischen Kolonialhaus in Hanglage führten, wo seine Mutter wohnte, und kämpfte damit, sich zur Haustür zu bewegen. Seine Anspannung stieg mit jeder Minute, die er draußen stand, und er starrte auf die akribisch getrimmten Sträucher. Er nahm seinen Hemdkragen in den Mund und dachte darüber nach, wieder in sein Auto zu steigen und das mit einem Telefonanruf zu erledigen oder, besser noch, Bill zu sagen, jemand anderes zu schicken, um mit seiner Mutter zu reden. Als sein Handy klingelte, atmete er erleichtert auf und ging schnell ran.

»Hallo.«

»Hey, Superstar, wie läuft das Leben? Hast du deine Meinung schon geändert?«

Sein Lächeln kam sofort als Reaktion auf Regs tiefe, fröhliche Stimme. »Ich ändere meine Meinung nicht. Wenn du früher herkommen könntest, wäre das großartig.«

»Wie viel früher?«

Jeremy rieb sich über sein Gesicht und blickte wieder zum Haus. »Jetzt?« Er hustete. »Ich scherze. Ich wünschte nur, du könntest hier sein, um mit meiner Mutter zu reden, anstatt mit mir zu reden, oder wenigstens um das Leid zu teilen, damit wir uns gemeinsam erholen können.«

»So schlimm kann es nicht sein. Deine Mutter scheint sehr nett zu sein.«

»Wegen der Interviews?« Er schnaubte. »Meine Mutter ist eine sehr, sehr gute Schauspielerin. Jedes Mal, wenn du sie im Fernsehen gesehen hast, kannst du darauf zählen, dass sie eine Rolle gespielt hat, auch wenn es die Rolle von Paula Radcliffe war. Im wirklichen Leben hat sie einen Nervenzusammenbruch, wenn sie denkt, dass ihre Angestellten reduzierte Diät-Cola anstelle von Vollpreis-Diät-Cola gekauft haben, weil sie sicher ist, dass sie verschieden schmecken.«

»Mann, ihr Reichen seid seltsam.«

»Nicht ich, sondern sie«, sagte Jeremy abwehrend. »Ich bin vollkommen nor…«

»Alter, sie ist deine Mom. Zieh deine Big-Boy-Hose an, betreib Smalltalk und zieh dann ab. Mach aus einer Mücke keinen Elefanten und dreh nicht durch.«

Jeremy verzog frustriert die Lippen über Regs mangelndes Mitgefühl und dennoch völlig vernünftige Einschätzung der Situation und tat den ersten Schritt. »Gut. Aber du musst mich in genau fünfzehn Minuten anrufen, damit ich so tun kann, als gebe es einen Notfall, damit ich fliehen kann.«

»Wann hast du das letzte Mal mit deiner Mom rumgehangen?«

»Rumgehangen?« Er schnaubte. »Leute hängen nicht mit Paula Radcliffe herum.«

»Hör auf, ein eingebildetes Miststück zu sein, und beantworte meine Frage.«

Niemand hatte jemals so mit Jeremy gesprochen. Reg behandelte ihn wie einen Kumpel, einen Gleichgestellten, einen normalen Kerl. Er liebte es. »Ich weiß es nicht.« Er zuckte mit den Schultern, obwohl Reg ihn nicht sehen konnte. »Vor ein paar Monaten wahrscheinlich. Woher soll ich das wissen?«

»Ihr lebt beide in L.A. und habt euch seit Monaten nicht gesehen?« Reg klang entsetzt. »Nicht cool.«

»Du verstehst das nicht.«

»Ich habe auch eine Mutter, Superstar, und ich sehe sie mindestens ein paarmal pro Woche. Kneif die Arschbacken zusammen und benimm dich wie ein anständiger Sohn.«

»Gut.« Mit zusammengepressten Lippen stapfte Jeremy die Treppe hinauf. »Aber du rufst mich in fünfzehn Minuten an, oder?«

»Du hast deine Mutter seit Monaten nicht gesehen. Du hast Glück, wenn ich in einer Stunde anrufe. Hör auf, zu meckern, und mach hinne.«

»Aber …«

»Bis später.« Er legte auf.

Jeremy knurrte. »Verdammt.« Obwohl er sich umdrehen wollte, hatte sein Manager recht: Er musste mit seiner Mutter reden und die Schadensbegrenzung hinter der Kamera betreiben, damit sie ihr charmantes Selbst vor der Kamera präsentieren konnte, statt die besoffene, liebende Mutter. Außerdem würde Reg es ihm übel nehmen, wenn er sich vor dem Besuch drückte. »Auf geht’s«, murmelte er und joggte den Rest des Wegs über die roten Steine bis zur Haustür.

Nachdem er geklingelt hatte, wartete Jeremy, während das Glockenspiel ertönte, und hörte dann das gewohnte Klacken von Schuhen auf Saltillo-Fliesen, bevor die schwere Holztür aufschwang.

»Jeremy, hi. Paula sagte, du würdest vielleicht auf einen Besuch vorbeikommen.«

Jeremy starrte auf den gut gepflegten und etwas vertrauten Mann, der in der Tür seiner Mutter stand, und versuchte, ihn einzuordnen.

»Ich bin Harold West.« Er streckte eine Hand aus.

Jeremy schüttelte ihm die Hand. Der Name war ihm vage bekannt, genau wie sein Gesicht. »Helfen Sie mir bitte auf die Sprünge, woher wir uns kennen«, bat Jeremy, als er ins Haus trat und Harold beiseiteschob, als er die Schwelle überschritt.

»Oh.« Harold klang überrascht. »Ich bin mir nicht sicher, ob wir einander jemals offiziell vorgestellt wurden, aber Sie kennen mich wahrscheinlich von meiner Arbeit.«

Als er über die Schulter blickte und Harold noch an der Tür stehen sah, verengte Jeremy die Augen, runzelte die Stirn und sagte dann: »Nein. Keine Ahnung. Welche Arbeit?«

»Jeremy!« Seine Mutter kam in den Raum wie eine bunte Welle aus Stoff, Make-up und Parfüm. »Natürlich erinnerst du dich an Harold. Ein Film, an dem er arbeitete, wurde vor zwei Jahren beim Sundance Film Festival gezeigt.« Sie breitete die Arme aus und wartete darauf, dass Jeremy näher kam, aber nicht so nahe, dass er ihre Seidenbluse und ihren Pashmina zerknitterte. Sobald er an sie herangetreten war, lehnte sie sich nach vorn und gab ihm nur einen Beinahekuss, denn ein echter hätte ihr Make-up ohne Zweifel verschmiert. »Und er hat diese wunderbare Miniserie gedreht, die sie im Kabelfernsehen gezeigt haben.«

»Oh.« Das war alles an Aufregung, die er wegen des Fremden im Haus seiner Mutter aufbringen konnte. »Wie geht’s dir?«

»Großartig«, sagte sie, dehnte das Wort und warf auf eine Weise lächelnd ihr Haar zurück, die eine Kamera lieben würde, aber gegenüber realen Menschen aufgesetzt und peinlich aussah.

»Paula wird mit mir an einem neuen Film arbeiten«, sagte Harold. »Er wird mit einem großen Studio gedreht. Großes Budget.«

Er warf dem Mann einen weiteren Blick zu. Dieses Mal konzentrierte sich Jeremy ein wenig länger auf ihn. Er war älter, aber nicht viel; wahrscheinlich nahe an der Vierzig. Und er sah auf eine Art gut aus, mit der er nicht aus einer Menge herausstach und mit der man ihm nicht nachschaute, aber wenn er auftauchte und einen zum Essen einlud, dann konnte man schon mitgehen. Man musste ja essen, oder? Nun, da er ihm nähere Aufmerksamkeit schenkte, erkannte Jeremy, warum Harold vertraut aussah: Es waren seine Augen. Sie hatten einen Ausdruck von Hoffnung, vermischt mit Verzweiflung und Entschlossenheit, etwas, das Jeremy in vielen der Starlets gesehen hatte, wenn sie ihm vorgestellt worden waren. Zehn Dollar darauf, dass das der neue Typ war, der das Bett seiner Mutter wärmte, jetzt, wo sein jüngster Stiefvater weg war.

»Stimmt das?«, fragte Jeremy und widmete seine Aufmerksamkeit wieder seiner Mutter. »Harold wird deinen nächsten Film drehen?« Auf keinen Fall würde seine Mutter bei einem Projekt mitmachen, das von einem Unbekannten geleitet wurde. Die Menschen mussten eine ganze Reihe von erfolgreichen Filmen und respektablen Auszeichnungen vorweisen können, bevor Paula Radcliffe sie ihrer Stärke und ihrem Talent für würdig hielt.

»Also, Schatz, sag mir, was ich getan habe, um diesen wunderbaren Besuch zu verdienen.« Seine Mutter hakte sich bei ihm ein und führte ihn durch den weiß getäfelten Eingang, den Flur hinunter, der mit Fotos von ihr während ihrer Karriere überladen war, und in den Wintergarten. Jeremy war sich nie ganz sicher, warum sie ihn so nannte, wenn man bedachte, dass sie die Seidenvorhänge immer geschlossen hielt. »Setz dich doch.« Sie wies anmutig mit dem Arm zu den weißen Sesseln, die in einer Sitzgruppe in der Mitte des Raumes angeordnet waren, und ließ sich dann langsam auf einen der Sessel sinken, wobei sie die Haltung wahrte und ihre Beine an den Knöcheln kreuzte.

»Danke.« Jeremy nahm ihr gegenüber auf einem Sessel Platz und streckte seine Beine von sich.

Harold folgte ihnen, also war er der Letzte, der den Raum betrat.

»Oh, wie unhöflich von mir«, sagte Paula und ihre Augen weiteten sich. »Ich habe vergessen, dir einen Drink anzubieten.«

»Ich brauche keinen …«

»Harold, würdest du mir den Gefallen tun und Jeremy etwas zu trinken bringen? Ich bin mir sicher, er ist ausgetrocknet.« Sie winkte ab. »Es ist wärmer als für die Jahreszeit üblich, nicht wahr, mein Lieber?«

Nach einem Moment des Zögerns, nicht ohne Frustration, da war sich Jeremy sicher, sagte Harold »Klar« und verließ den Raum.

»Ich brauche keinen Drink«, sagte Jeremy. »Ich hatte einen Eiskaffee auf dem Weg hierher.«

»Harold hat nichts dagegen. Außerdem haben wir so Zeit, allein zu reden.« Sie lehnte sich nach vorn, ihr Ausdruck wechselte von ruhig und entspannt zu misstrauisch und wachsam. »Ich glaube nicht, dass du mich je angerufen und gebeten hast, vorbeikommen zu dürfen. Was ist los? Ich weiß, dass du kein Geld brauchst.«

Was stimmte, weil Jeremy einen Treuhandfonds von seinem Großvater besaß, das ganze Anwesen seines Vaters, das immer noch mehr einbrachte, als jeder Mensch im Leben nutzen könnte, und sein eigenes Einkommen, das, wie sein Manager sagte, bald das seines Vaters übertreffen würde. Geld war nichts, was er jemals von seiner Mutter bräuchte. Offenbar war das bei ihren Besuchen eine einzigartige Qualität. Untypische Schuld traf ihn. Reg hatte recht; Jeremy musste sie öfter besuchen. »Nein, ich brauche kein Geld.« Er nahm einen tiefen Atemzug. »Ich möchte dich wissen lassen, dass ich jemanden date.«

»Oh!« Das Gesicht seiner Mutter leuchtete auf. »Das ist wunderbar. Kenne ich sie? Oder fängt sie gerade erst an?«

»Eigentlich ist er nicht im Geschäft.«

Die Aussage hing in der Luft, keiner von ihnen bewegt sich oder sprach.

»Ich habe dir eine Rum-Cola mitgebracht.« Harold betrat den Raum und hielt ihm ein Glas hin. »Ich hoffe, das ist okay.«

Jeremy bewegte seinen Blick nach oben, um dem Mann ins Gesicht zu sehen, schüttelte den Kopf, und sagte: »Ich brauche nichts.« Dann wandte er sich wieder seiner Mutter zu. Er musste ihre Reaktion beurteilen, damit er einschätzen konnte, welche Maßnahmen er ergreifen musste, um damit umzugehen.

Sich scheinbar nicht bewusst, dass eine fast erstickende Spannung in der Luft lag, zuckte Harold mit den Schultern, hob das Glas an die Lippen, neigte es und schluckte die Flüssigkeit herunter. Sobald das Glas leer war, schlurfte er zu einem der Sessel und setzte sich hin. »So.« Er blickte zwischen Jeremy und seiner Mutter hin und her. »Was habe ich verpasst?«

Mit erhobenen Augenbrauen wartete Jeremy darauf, dass seine Mutter reagierte. Er war sich fast sicher, dass sie einen Anfall kriegen und schreien würde, aus welchem Grund auch immer, aber dann überraschte sie ihn, indem sie zufrieden aussah und sagte: »Jeremy fing gerade an, mir von seinem neuen Freund zu erzählen.«

»Jeremy Jameson ist schwul?«, fragte Harold kalt erwischt.

Ohne eine Pause entstehen zu lassen, wandte sich Jeremys Mutter zu ihm und sagte: »Liebling, was ist deine bevorzugte Bezeichnung? Wir wollen sicherstellen, dass wir es richtig ausdrücken, wenn die Presse fragt.« Sie hielt inne und schaute scharf zu Harold. »Nicht wahr, Harold?«

»Äh, ja.« Er nickte. »Richtig.«

»Und, bitte, verrate uns den Namen deines Freundes.«

Erleichtert darüber, dass er die Unterstützung seiner Mutter hatte, so ungewöhnlich das auch war, entspannte sich Jeremy langsam und begann, von Reg zu erzählen. Er war überrascht, immer noch Details mitzuteilen, als Reg eine Stunde später, wie versprochen, anrief. Anscheinend hatte er in der kurzen Zeit, die sie zusammen verbracht hatten, viel mehr über den lässigen Mann erfahren, als er gedacht hatte.

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