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Erstes kapitel

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Am sechsten Tag nach der Abfahrt von Matadi in der ehemaligen Kolonie Belgisch-Kongo nahm die ‹Flying Star› Kurs auf Süden. Weit im Osten konnte man die Küste Afrikas noch als dunkle Linie über dem Horizont des Atlantischen Ozeans wahrnehmen. Obwohl es immer noch sehr warm war, erschien den Jungen diese Temperatur geradezu als eine Gabe des Himmels im Vergleich zur Backofenhitze im Kongobecken. Die Meeresbrise kühlte angenehm, und in den heißesten Stunden des Tages konnte man im Schatten der großen Kajüte dösen. Wenn die Jungen ihre Trägheit überwinden konnten, nahmen sie auch ab und zu ein erfrischendes Bad in der großen Gummiwanne, die man auf Deck zwischen den beiden Kajüten aufstellen konnte. Mit besonderen Erlebnissen war die Fahrt nicht gerade gesegnet – denn Haie und fliegende Fische waren alltäglich geworden –, und so unterhielt man sich über die bevorstehende Landung in Kapstadt. Carl war schon früher dort gewesen, aber trotzdem oder gerade deswegen freute auch er sich auf ein Wiedersehen mit dieser Stadt. Es machte immer Spaß, Städte wiederzusehen, mit denen man Erinnerungen an spannende Abenteuer verbindet! Alle hörten aufmerksam zu, als Ingenieur Smith ihnen eines Nachmittags über diese Stadt erzählte.

«Mit den Augen eines Europäers gesehen, ist Kapstadt sicher eine der wunderbarsten Städte der Welt. Es liegt außerordentlich schön, und das ziemlich ausgeglichene Klima ist für alle Bewohner angenehm, auch wenn sie, wie wir, aus nördlichen Breiten stammen. Verglichen mit anderen südafrikanischen Städten, wie zum Beispiel Johannesburg, ist Kapstadt eine alte Stadt, obwohl sie erst 1652 von den Holländern gegründet wurde. Die weißen Eroberer errichteten eine Festung, und um diese Festung wuchs die Stadt empor. Eine bessere Lage konnten die neuen Siedler kaum finden. Die Stadt spielte als Zwischenstation auf der Route von Europa nach Australien und Ostasien eine wichtige Rolle und gewann ständig an Bedeutung für die Seefahrt. Wie gesagt, sie liegt außerordentlich schön am Fuße des Tafelberges. Als Sitz der Regierung der Kap-Provinz wurde sie stark befestigt. Einige Kilometer südlich der Stadt liegt das Kap der Guten Hoffnung, wohl das berühmteste Vorgebirge der Welt.»

«Die Stadt ist ja als Hafen und als Handelszentrum sehr bekannt», sagte Jack Morton.

Smith nickte. «Ja, der künstliche Hafen ist einer der besten in Afrika. Außerdem ist Kapstadt Ausgangspunkt für verschiedene Eisenbahnlinien ins Landesinnere, und natürlich besitzt die Stadt einen modernen Flughafen. Von den etwa achthunderttausend Einwohnerna sind weit mehr als die Hälfte Europäer, während der Rest verschiedenen anderen Rassen angehört. Es gibt natürlich viele Neger, daneben aber auch Malayen, Chinesen und Inder. Bis 1914 lebte übrigens ein weltberühmter Mann in dieser Stadt, Mahatma Gandhi, der große indische Nationalheld. Er kämpfte dort einen harten Kampf, um seinen Landsleuten bessere Lebensbedingungen zu verschaffen. Die Inder in Südafrika trauerten sehr, als Gandhi nach Indien zurückkehrte, wo er später einem Meuchelmord zum Opfer fiel.»

«Es gibt Rassenkämpfe in Kapstadt, nicht wahr?» fragte Jan.

«Ja, das stimmt leider», nickte der Ingenieur. «Wenn die Stadt auch als irdisches Paradies bezeichnet werden kann, so lauert doch die Schlange im Hintergrund. Das liegt an den furchtbaren Rassenvorurteilen, deren Ursprung wir Außenstehende wohl kaum je ganz begreifen können. Nicht zuletzt in Südafrika haben die weißen Machthaber sich den Menschen anderer Hautfarbe gegenüber recht unbarmherzig benommen. Die Neger haben es am schlimmsten zu spüren bekommen, sie haben sich mit Umsiedlungen und harten gesetzlichen Bestimmungen abfinden müssen, die sie zu Menschen dritter Klasse degradierten. Viele andersdenkende Menschen aus aller Welt, besonders in England, haben gegen diese Verhaltungsweise der Europäer in Südafrika protestiert, denn die Zustände sind weit von aller Menschlichkeit und Nächstenliebe entfernt, aber die Proteste haben nicht das geringste bewirkt. Die Regierung in Kapstadt hat weder auf höfliche Vorstellungen noch auf wütende Proteste gehört...»

Smith schloß in etwas bitterem Ton: «Nun, die Touristen oder Reisenden, die nur kurze Zeit in Kapstadt weilen, merken natürlich von diesen furchtbaren Zuständen wenig. In den Zeitungen wird kaum etwas davon erwähnt, und wenn, dann nur einseitig, wie es die Redakteure für angebracht halten!»

«Pfui Teufel!» sagte Carl mit Nachdruck und meinte es genau so, wie er sagte.

Jan sagte gar nichts, aber er war um so nachdenklicher. Schon nach den spannenden Abenteuern in Casablanca hatte er begonnen, über die traurige Frage nachzudenken, die man Rassenproblem nennt. Große Teile der Welt sind von rassischer Intoleranz geprägt worden. Für Uneingeweihte ist es sehr schwierig, die verborgenen Ursachen dieser unseligen Streitigkeiten zu erkennen... Immerhin stand für ihn eines fest: weiße Menschen treten oft in einer Weise auf, daß man keinerlei Stolz empfinden kann, dieser Rasse anzugehören. Jan hatte plötzlich gar nicht mehr so viel Interesse für Kapstadt...

Die ‹Flying Star› legte in einem der äußeren Hafenbecken an, und Ingenieur Smith entschloß sich, das Schiff in die Werft zu geben, um es einmal gründlich revidieren zu lassen. Er rechnete im Grunde nicht mit irgendeiner Reparatur, aber er wollte wissen, wie der Motor die Strapazen von Kopenhagen bis Südafrika überstanden hatte. Während das Schiff nachgesehen wurde, sollte die Mannschaft bei dem dänischen Direktor Möller untergebracht werden, der Mortons Filiale in Kapstadt leitete. Diese große Dampfschifffahrtsgesellschaft, die Jack Mortons Vater gehörte, hatte überall auf der Welt Niederlassungen, und Morton hatte seinem Sohn Empfehlungsschreiben an die verschiedenen Filialleiter mitgegeben. Es ist in der Regel von großem Nutzen, wenn man in fremden Städten landeskundige Helfer findet, die einem mit Rat und Tat zur Seite stehen...

Mit großen Augen betrachteten die Jungen das Gewimmel am Hafen. Unzählige Schiffe wurden beladen und gelöscht. Auf den großen Lagerplätzen häufte sich Kohle, von den Schiffswerften ertönte das Dröhnen der Preßlufthämmer, und von den äußeren Hafenbecken glitten elegante Segeljachten auf den graublauen Atlantik hinaus. Die Stadt selbst mit ihren wunderschönen Vorstädten rahmte dieses Bild vorteilhaft ein; das Panorama wurde vom Tafelberg überragt. Die umliegenden Höhenzüge waren von breiten Tälern durchfurcht, in denen die Reichen der Stadt ihre Villen gebaut hatten. Gärten und Parkanlagen schienen gleichsam die Höhen zu erklimmen; vom Hafen aus gesehen, war es ein schmucker und malerischer Anblick.

Während Peter Nielsen und Marstal die ‹Flying Star› zur Werft manövrierten, fuhren Smith und die Jungen zu Direktor Möllers Villa. Auf der Fahrt durch die breit angelegten Straßen bekamen die Jungen reichlich Gelegenheit, die internationalen Hotels zu bewundern, die riesigen Bürogebäude und die reich ausgestatteten Schaufenster der Geschäfte. Große Plätze mit üppigen Blumenbeeten und ein enormer Autoverkehr vervollständigten das Bild. In Kapstadt schien jeder zweite Einwohner einen amerikanischen Straßenkreuzer zu besitzen, und Smith erklärte: «Ja, Kapstadt ist eine wohlhabende Stadt. Es gibt sehr viele reiche Leute hier, die sich alles leisten können, aber gleichzeitig gibt es auch eine fast unfaßbare Armut. Sowohl hier als auch in Johannesburg sind die Gegensätze gewaltig, wir als Dänen können uns davon keine Vorstellung machen. Die Eingeborenen werden miserabel entlohnt und müssen sich entsprechend nach der Decke strecken...»

Der Wagen fuhr weiter, jetzt waren sie schon in den Vorstädten angekommen, wo der Verkehr nicht mehr so stark war. Sie fuhren ein Tal entlang; rechts und links der Straße lagen prächtige Villen, die einander an Schönheit übertrafen. Alle waren von Parkanlagen umgeben, die von exotischen Bäumen und Blumenanlagen nur so strotzten. Ein betäubender Duft ging von ihnen aus. Kurz darauf bog der Wagen in eine Seitenstraße ab, die steil bergauf führte, um dann auf ein schmiedeeisernes Portal zuzuführen, das der Wagen passierte. Schließlich hielt der Fahrer vor einem Gebäude, dessen Anblick den Jungen beinahe den Atem verschlug. Es war ein großer, strahlend weißer Palast mit breiter Marmortreppe, die zum Haupteingang hinaufführte.

Direktor Möller war ein schlanker, sonnengebräunter Mann mit graumeliertem Haar, der seine Gäste sehr herzlich empfing. Besonders freute er sich, Jack begrüßen zu können, denn er hatte ihn vor einigen Jahren bereits in Kopenhagen kennengelernt. Damals war Jack noch ein kleiner Junge gewesen, darum bemerkte Direktor Möller jetzt lachend: «Wenn man dich sieht, Jack, dann merkt man jedenfalls, daß die Zeit nicht stehengeblieben ist. Damals in Kopenhagen konntest du kaum deine Schuhe selbst schnüren, und jetzt bist du ein junger Mann... ja, ja, seid alle willkommen und macht es euch bequem.»

Das Haus war innen ebenso schön wie außen, und die Jungen staunten nur so. Yan Loo war derart beeindruckt, daß er stolperte. Der kleine Chinesenjunge konnte es nicht fassen, daß er so vornehm wohnen sollte. Im ersten Stock befand sich eine ganze Reihe von Fremdenzimmern, aber die sechs Freunde zogen es vor, gemeinsam ein Zimmer zu beziehen, was ihnen auch ohne weiteres gestattet wurde. In das größte der Gästezimmer – einen Raum, der, wie Erling es ausdrückte, beinahe ein Tanzsaal war –, trugen Negerboys zusätzliche Betten, und es dauerte nicht lange, da waren die Jungen aufs beste untergebracht. Durch die hohen Fenster hatten sie eine großartige Aussicht: über die Bäume hinweg, die sich wie ein dichter Wald zur Stadt hinzogen, konnten sie die Table Bay sehen und Dutzende von kleinen, hellen Punkten auf den blauen Wellen. Der Anblick der vielen Segelboote brachte Jan unwillkürlich zum Lachen. Hier in Kapstadt hatten Segler offenbar viel Zeit – am hellichten Vormittag! Zu Hause in Hellerup war das anders, dort erschienen die meisten erst nach Feierabend im Segelklub... na ja, von Hellerup nach Kapstadt war ja auch nicht gerade der nächste Weg!

Jan wandte sich munter an Jack, der neben ihm stand: «Wenn der Filialleiter deines Vaters so fein wohnen kann, muß eine Reederei doch ein recht einträgliches Geschäft sein.»

«Ich habe auch nie gehört, daß Vater geklagt hätte», gab Jack lächelnd zur Antwort.

Die nächsten Tage wurden für die Jungen sehr abwechslungsreich. Sie gingen im Atlantik baden, fuhren kreuz und quer durch die Stadt und sahen sich um. An einem Abend besuchten sie ein Kino, und mehrfach machten sie Abstecher in kleine Speiselokale, wo man für wenig Geld Erfrischungen bekommen konnte. Zuletzt entschlossen sich die Jungen zum ‹großen Sprung›, wie sie es unter sich nannten. Damit meinten sie einen Besuch im größten und bekanntesten Restaurant der Stadt, dort wollten sie nachmittags eine Tasse Tee trinken!

Als sie durch die große Schwingtür eingetreten waren, blieben sie einen Moment lang stehen und schauten sich etwas verschüchtert um. Überall glitzerten Kristalleuchter und Spiegel, die Gänge waren von Marmorsäulen flankiert, und die Gäste machten alle einen äußerst vornehmen Eindruck, wie sie da saßen und ihren Tee tranken, während ein kleines Orchester dazu Unterhaltungsmusik spielte. Kellner im Frack schlängelten sich wie Aale zwischen den Tischen, und in einer Ecke des Raumes stand ein vornehm aussehender Maître d’Hôtel, der alles mit Argusaugen überwachte.

«Hm!» brummte Carl. «Das sieht ja fürchterlich vornehm aus.»

«Ja, und teuer», nickte Jesper. «Ob wir hier wirklich richtig sind?»

Erling breitete mit flotter Geste die Hände aus. «Alles Unsinn, Jungs, so viele Pfennige werden wir doch noch zusammenkratzen, daß wir eine Tasse Tee bezahlen können. Kommt schon!»

Und damit spazierten die sechs Freunde hinein. Der kleine Yan Loo ging als letzter in der Reihe. Er zitterte vor lauter Aufregung am ganzen Körper und wagte nicht aufzusehen. An einem leeren Ecktisch setzten sie sich und warteten darauf, daß ein Kellner ihre Bestellung aufnehmen würde.

Sie mußten lange warten!

Zwischendurch ging zwar ein Kellner vorbei und warf ihnen einen gleichgültigen Blick zu, aber mehr geschah auch nicht. Bis schließlich der vornehme Maître d’Hôtel höchstpersönlich an ihren Tisch kam.

Erling nickte sehr zufrieden. «Wir müssen ja sehr wichtig aussehen, jetzt kommt der Maître höchstpersönlich.»

Der Mann wandte sich in einem höflichen, gedämpften Ton an Carl. «Entschuldigen Sie bitte, Sir, darf ich Sie einen Augenblick stören?»

«Wie? Mich...» Carl starrte ihn verwundert an.

Er erhob sich und ging ein paar Schritte. Dann blieb der feine Herr stehen und sagte leise: «Es ist bedauerlich, das sagen zu müssen, mein Herr, aber auf Anweisung der Direktion dürfen wir Farbigen nichts servieren.»

«Was?» knurrte Carl. «Farbigen?»

Der Mann bewahrte seine unerschütterliche Ruhe und Höflichkeit. «Ja, Sir. Wir werden natürlich mit dem größten Vergnügen den fünf weißen Herren etwas bringen... dem Chinesen jedoch nicht.»

«Unglaublich. Das ist ein guter Freund von uns, natürlich bekommt er seinen Tee wie wir anderen auch.»

«Ich bedaure sehr, Sir, aber das läßt sich nicht machen», sagte der Maître d’Hôtel, und jetzt klang seine Stimme bereits weniger höflich.

Carl bekam vor Wut einen roten Kopf und begann halb auf dänisch, halb auf englisch zu schimpfen. Mehrere Gäste reckten bereits die Hälse, und einige Kellner blieben in der Nähe stehen, um ihrem Chef notfalls zu Hilfe zu eilen.

Jan erhob sich schnell und trat zu seinem erregten Freund. «Ruhig, Carl, schrei nicht so laut, was ist geschehen?»

Carl deutete erregt auf den Maître d’Hôtel. «Dieser Pinguin da, der Kerl im Frack, ist total übergeschnappt. Er will Yan Loo nicht bedienen lassen. Hast du so etwas schon gehört?»

Carl war jetzt so laut geworden, daß er allgemeine Aufmerksamkeit erweckte. Einige Kellner griffen nun recht handfest nach ihm, um ihn hinauszuführen, aber das hätten sie nicht tun sollen. Carl schüttelte den ersten ab, als sei er eine Ratte, und als der zweite nicht sofort seinen Griff lockerte, gab Carl ihm einen solchen Stoß, daß er hintenüber fiel und auf dem glatten Parkett einige Meter weit rutschte. Als der Maître seinen Untergebenen zu helfen versuchte, wurde Carl noch wütender. «Nimm deine Pfoten weg, du Affe!»

Und dann beging der Mann einen großen Fehler: Er faßte Carl an. Eine Sekunde später flog er, genau wie vor ihm der Kellner, über den spiegelblanken Boden und stieß dabei noch einen Tisch um. Besteck klirrte und Porzellan splitterte, und die feinen Kristallgläser gingen in Scherben. Im gleichen Augenblick war der ganze Saal in heller Aufregung. Einige Damen kreischten laut auf, etliche Herren erhoben sich, und Kellner kamen von allen Seiten herbeigestürzt. Carl stand mit geballten Fäusten bereit, sie zu empfangen, aber niemand wagte es, sich auf den großen starken Burschen zu stürzen. Inzwischen waren auch die anderen Jungen hinzugetreten, und Jack sagte ruhig aber sehr bestimmt: «Jetzt reicht es, Carl. Jetzt kommst du ganz schnell mit, wir müssen hier heraus!»

«Ja, aber ... ich muß ...»

Jack ergriff seinen Arm. «Verflixt, Carl, hör jetzt, was ich dir sage! Wir haben sonst gleich die Polizei am Hals ... Raus jetzt!»

Der Maître d’Hôtel war wieder auf die Beine gekommen, sein Gesicht war weiß vor Wut. Er wollte die sechs Freunde daran hindern, das Lokal zu verlassen, aber Jack sagte etwas mit leiser Stimme zu ihm, das eine ganz unwahrscheinliche Wirkung auf den Mann hatte. Die Haltung des befrackten Mannes wurde fast unterwürfig. Während Jack im Restaurant zurückblieb, verschwanden die anderen durch die große Schwingtür. Carl wütete noch eine ganze Weile lauthals und erklärte, daß sowohl der Maître als auch die Kellner eine Bande Pinguine seien, und Affen und Büffel obendrein, wenn sie sich weigerten, Yan Loo zu bedienen.

Vor der Tür warteten sie auf Jack. Jan mußte trotz allem grinsen. Es hatte aber auch zu komisch ausgesehen, wie die Kerle auf dem Parkettboden dahingerutscht waren. Eigentlich mochte Jan es nicht, wenn sein Freund sich so vergaß und mit seinen Bärenkräften imponierte... aber dies war nun ein ganz besonderer Anlaß gewesen. Schließlich ehrte es Carl, daß er wegen des kleinen Chinesen Yan Loo so außer sich geraten war, denn es war sowohl unsinnig als auch ungerecht, einem kleinen Mitmenschen die Bedienung zu verweigern, bloß weil dieser eine gelbe Hautfarbe und schräge Augen hatte... Pfui Teufel, die weiße Rasse hatte wirklich manchmal allen Grund, sich über sich selbst zu schämen.

Der kleine Yan Loo stand vor der Tür und sah sehr unglücklich aus, denn er hatte sehr wohl verstanden, worum es ging. Es machte ihm weiter nichts aus, daß man ihn nicht hatte bedienen wollen, aber er war tiefunglücklich darüber, daß seine Freunde seinetwegen Unannehmlichkeiten hatten, und daß jemand es gewagt hatte, Carl anzugreifen. Das waren die Gedanken des kleinen Chinesen aus Limehouse, und damit hätte er ein Beispiel für diejenigen sein können, die eine etwas hellere Hautfarbe hatten als er und sich ihm deswegen so haushoch überlegen fühlten. Gleich darauf allerdings huschte schon ein Lächeln über sein Gesicht bei dem Gedanken, daß er seinen starken Freund Carl bereits auf seine Weise gerächt hatte. Jan und die anderen Jungen wären sehr bestürzt gewesen, wenn sie geahnt hätten, auf welche Weise Yan Loo Rache geübt hatte!

Kurz darauf erschien Jack und sagte munter: «Alles in bester Ordnung, laßt uns gehen!»

«Polizei?» frage Jan leise.

Jack Morton schüttelte lächelnd den Kopf. «Nein, die Angelegenheit wurde wesentlich ruhiger beigelegt. Ich brachte den Maître d’Hôtel dazu, Direktor Möller anzurufen, der einer der besten Kunden des Restaurants ist. Er läßt dort öfter große Empfänge veranstalten. Und Möller sagte, man solle ihm bloß die Rechnung für das beschädigte Geschirr ins Büro schicken. Das war eine Sprache, die der Maître sehr wohl verstand, und als ich aus dem Lokal schritt, rissen die Kellner vor mir die Tür auf, und der Maître verbeugte sich tief. Es ist unglaublich, wie ungerecht die Menschen auf dieser Welt behandelt werden!»

Jan nickte und seine Stimme klang bitter, als er sagte: «Ja, hier in Kapstadt ist der Unterschied zwischen dem Direktor einer Reederei und einem kleinen Chinesenjungen wirklich unglaublich. Die Welt ist verrückt, Jack, aber allein sind wir zu ohnmächtig, um etwas daran ändern zu können.»

Yan Loo trottete hinter den anderen her. Er überlegte, was die anderen sagen würden, wenn sie erfuhren, welche herrliche Rache er genommen hatte! Sicher würden sie ihn wegen seiner Tüchtigkeit loben!

Er konnte unmöglich ahnen, daß er eine ganze Lawine in Bewegung gesetzt hatte...

Jan zeigt Mut

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