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Zweites kapitel

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Am nächsten Morgen ging Ingenieur Smith früh weg, um seine Verhandlungen mit den französischen Hafenbehörden aufzunehmen. Bei dieser Gelegenheit wollte er auch in Erfahrung bringen, ob Marstal schon im vereinbarten Hotel angekommen war. Die Ärzte in Santander hatten nachdrücklich erklärt, Marstal werde sich so schnell erholen, daß er Casablanca rechtzeitig erreichen könne. Da es ja direkte Flugverbindungen gab, spielten Zeit und Entfernung keine sehr große Rolle.

Peter Nielsen und die sechs Freunde hatten sich dahingehend geeinigt, daß sie zuerst das Araberviertel besuchen wollten. Zunächst aber saßen sie noch alle an Deck in den aufgestellten Deckstühlen, während Peter Nielsen ein Seemannsgarn nach dem anderen spann und seine Geschichten immer bunter und unglaubhafter wurden. Die Jungen amüsierten sich herrlich.

«Ja, Peter», sagte Jan lachend, «nun haben wir also das meiste über deine Jagderlebnisse in der näheren Umgebung von Casablanca gehört. Aber wie steht es denn mit den Abenteuern in der Stadt selbst?»

«Unglaubliche Dinge haben sich da ereignet», nickte der Rotschopf.

«Los, erzähle!»

«Hm ... na ja ... eigentlich habe ich so viel erlebt, daß ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll ... aber, ähum ... laßt mich mal nachdenken ... Erlebnisse in Casablanca ... Erlebnisse in Casablanca ... Ach ja, jetzt fallt mir ein recht komisches Erlebnis ein.»

Und damit begann Peter Nielsen mit einem breiten Lächeln seine Geschichte.

«Tja, das muß wohl so 1947 oder 1948 gewesen sein, als ich hier mit einem englischen Kohlendampfer lag. Es ist ja sowieso etwas verrückt, daß jemand bei der Hitze hier Kohlen braucht, aber so scheint es doch zu sein, und wir löschten die Ladung so, daß ganz Casablanca in Kohlenstaub gehüllt war ... ja, der Staub war so dicht, daß die Sonne sich verfinsterte und die Einwohner der Stadt bei Tag ins Bett gingen, weil sie meinten, es sei Nacht. Die Arbeit war ja nicht sehr erfreulich, deswegen freute ich mich um so mehr, als der Sultan wie ein Blitz aus Rabat herübergefahren kam ...»

«Der Sultan?» fragte Jesper atemlos. «Wollte er wegen des Kohlenstaubes schimpfen?»

«Ach woher, keine Spur. Aber er hatte ja erfahren, daß ich nach Casablanca gekommen war. Da setzte er sich eben in seinen Cadillac und kam, um seinen besten Freund zu begrüßen.»

«Hast du ihn denn wirklich gekannt?»

«Natürlich», nickte Peter sehr selbstbewußt.

«Wir haben über die Jahre viel Spaß zusammen gehabt. Und diesmal wurde es auch sehr lustig, denn er brachte fünfzig seiner Lieblingsfrauen mit, die in anderen Wagen seinem Cadillac folgten ...»

«Warum denn das?» fragte Jan lächelnd.

«Nun, ich mußte doch jemanden haben, mit dem ich tanzen konnte, wenn wir ausgingen. Und der Sultan war der Meinung, daß ich etwas Auswahl brauchte.»

«Waren die Damen denn nicht verschleiert?»

«Was, verschleiert? Ach so, ja natürlich waren sie verschleiert. Aber wenn der Sultan uns den Rücken zudrehte, hoben sie ihren Schleier und lächelten mich an. Auf diese Weise bekam ich bald heraus, mit wem ich am liebsten tanzen wollte. Ich glaube, der Sultan merkte schon, daß wir ein wenig Unsinn trieben, denn er klopfte mir auf die Schulter und sagte: ‹Treib’s nicht zu wild, Peter. Ich möchte nicht, daß du alle meine Frauen mit nach Dänemark nimmst. Du kannst dir eine oder zwei aussuchen ... ich habe ja genügend ... aber die übrigen achtundvierzig möchte ich doch als Lieblingsfrauen behalten.› »

«Hast du dir denn die zwei ausgesucht?» wollte Jack Morton wissen, und dabei konnte er ein Lachen nicht unterdrücken.

«Nein, ich habe mich schließlich doch nicht getraut, denn mit Schleiern und weißen Gewändern sahen sie alle gleich aus. Und ich wollte daheim in Svendborg nicht ausgelacht werden, wenn ich ein paar Frauenspersonen mitbrachte, die meine Schwiegermütter hätten sein können! Nee, ihr könnt euch darauf verlassen, daß ich nein danke sagte. Und während ich dem Sultan absagte, seufzten alle seine fünfzig Frauen vor Verzweiflung. Natürlich wollten sie alle lieber am Svendborg-Sund als in einem langweiligen Harem leben. Aber ich machte mein Herz kalt und hart wie Stahl und drehte lieber mit jeder von ihnen einen langsamen Walzer. Wie dem auch sei, wohin wir auch kamen, spielte das Orchester die marokkanische Nationalhymne, und die Gäste warfen sich vor dem Sultan, der hier in Marokko ein sehr angesehener Mann ist, auf die Erde. Übrigens freute er sich so über meine Gesellschaft, daß er mich in den frühen Morgenstunden zum Ritter des roten Halbmondes schlug und mir gleichzeitig einen Palast neben dem seinen verehrte ...»

«Bekamst du auch gleich einen Harem, du großer Lügenbold?» erklang es da plötzlich auf dänisch vom Kai her.

Sowohl Peter Nielsen als auch die Jungen starrten erstaunt hinauf und stießen dann einen Jubelruf aus, denn es war niemand anders als Marstal, der da vor ihnen stand.

«Ahoi, du Hundeschwanzfischer!» grinste Peter Nielsen zufrieden. «Das ist aber eine schöne Überraschung, dich wiederzusehen. Was macht der Hustenreiz?»

«Dem geht es sehr gut», gab Marstal munter zur Antwort, während er an Bord kam. «Ich bin schon gestern hergeflogen und freue mich riesig, euch alle wiederzusehen. Dem norwegischen Kapitän geht es auch schon viel besser. Aber einige Tage sah es wirklich so aus, als ob er himmelwärts müßte.»

Die Jungen hatten augenblicklich jegliches Interesse an Peter und den fünfzig Haremsdamen verloren, denn die Freude, Marstal wiederzusehen, war überaus groß.

Peter Nielsen freute sich fast am meisten von allen. Zwar hatte er immer lange Diskussionen mit Marstal gehabt, und es war nie ganz geklärt worden, ob nun Marstal oder Svendborg die berühmteste Hafenstadt Dänemarks ist, aber die beiden waren doch dicke Freunde und vermißten einander sehr, wenn sie getrennt waren. Das wußten die anderen Jungen und freuten sich immer wieder, wenn die beiden Seeleute sich in die Haare gerieten.

Als Marstal auch einen Platz bekommen hatte, mußte er natürlich erst ausführlich über seine Erlebnisse im Krankenhaus in Santander und über die Flugreise nach Casablanca erzählen, und es verging eine ganze Weile, bis jemand anders zu Wort kam.

Erling betrachtete den Genesenen, der noch etwas blaß und hohlwangig wirkte, dann erklärte er sehr bestimmt: «Dich werden wir gleich etwas herausfüttern müssen. Von hier bis Kapstadt kommst du auf Onkel Erlings spezielle Mastkur. Du brauchst nur anzugeben, was du am liebsten essen willst.»

«Mhm!» sagte Peter Nielsen und schmatzte mit der Zunge. «Du hast vielleicht Glück, du Miststück, Marstal! Wir anderen bekommen nie ein solches Angebot.»

«Na ja, du siehst ja auch nicht gerade aus, als ob du es nötig hättest», brummte Marstal und betrachtete den Freund mit kritischen Augen. «Seit ich dich das letztemal in Santander gesehen habe, hast du schon wieder Fett angesetzt. Ich hoffe bloß, daß du nicht in der Kombüse klaust, wenn Erling den Rücken kehrt ... das sähe so einem Fünen aus Svendborg nämlich gerade ähnlich ... Wir ehrlichen Seeleute aus Marstal haben halt nicht viel Vertrauen zu euch!»

«Beruht auf Gegenseitigkeit!» grinste Peter Nielsen. «Aber wenn Erling dir zu große Portionen ausgewählter Leckereien gibt, dann könntest du mir wirklich etwas davon abgeben ... nur so, meine ich, aus alter Freundschaft. Nun habe ich doch tatsächlich jahrelang die sieben Weltmeere durchpflügt, aber so ausgehungert wie auf dieser Reise war ich noch nie.»

Alle lachten laut über den letzten Satz, denn sie kannten Peters Appetit zur Genüge. Im Vergleich zu ihm aß Erling wie ein Vögelchen, und dabei stand der Dicke auch nicht gerade im Ruf, an Appetitlosigkeit zu leiden. An Bord der ‹Flying Star› hatte nie jemand hungern müssen – am allerwenigsten der brave Peter Nielsen! Die Meeresluft machte hungrig, und Ingenieur Smith war es sehr wichtig, seine Mannschaft immer gut verpflegt zu wissen.

Das Gespräch ging lustig zwischen den Freunden weiter, und beim Anblick von Erlings Frühstückstisch stieg die Stimmung noch mehr. Denn zur Feier des Tages hatte Erling noch mehr als sonst aufgetischt. Als der Ausflug in das Araberviertel zur Sprache kam, erklärte Marstal sehr bestimmt, er wolle unbedingt mitgehen. Der kleine Yan Loo könne ja als Wache an Bord zurückbleiben.

«Na ja, schön», sagte Peter Nielsen, nachdem er einen Augenblick überlegt hatte.

Und dann erklärte er dem Chinesenjungen, welch große Verantwortung man hat, wenn man als Wache allein auf einem Schiff bleibt. Man darf es auf keinen Fall verlassen, und man darf auf seinem Posten nicht einschlafen.

Yan Loo nickte bloß, und sein kleines gelbes Gesicht war so gut wie unbeweglich, aber alle bekamen den Eindruck, daß er viel lieber mit in das Araberviertel gegangen wäre – und sei es auch nur, weil er seinem vergötterten Freund Carl nahe sein wollte, um ihm beizustehen, falls sich dies als notwendig erweisen sollte. Er sah ganz bedrückt aus, als die anderen von Bord gingen und durch den Hafen weiter zur Stadt zogen.

Die Jungen unterhielten sich angeregt mit den beiden Seeleuten, während sie die Straßen entlangschlenderten. Aber kaum hatten sie die ersten baufälligen Gebäude im Eingeborenenviertel erreicht, da dämpften sie ihre Stimmen und gebrauchten dafür mehr ihre Augen. Und zu sehen gab es mehr als genug! In unzähligen Buden boten Händler ihre Waren mit großer Zungenfertigkeit an, auf der Straße spielten zerlumpte Araberkinder in Mengen, Hunde durchstreiften das Viertel und schnüffelten in den übelriechenden Rinnsteinen, und in der brennenden Sonne war die ganze Szene in einen Geruch gehüllt, der sich aus Schmutz, wirbelndem Staub und anderen unbestimmbaren Dünsten zusammensetzte. Natürlich waren die Araber in der Mehrzahl, aber hie und da sah man auch kleine Touristengruppen – hauptsächlich amerikanischer Herkunft –, die mit den Verkäufern handelten oder das Straßenleben fotografierten. Das Bild war so überwältigend lebhaft und bunt, daß man gar nicht alles auf einmal erfassen konnte. Die Verkäufer, die den Touristen etwas anboten, schienen liebenswürdig genug – oder taten zumindest so –, aber die übrigen Araber sahen eher finster drein und warfen feindliche Blicke auf die Europäer.

«Ob die wohl Messer bei sich haben?» flüsterte Jesper und hielt sich dicht hinter Carl. «Sie sehen aus, als hätten sie die größte Lust, uns allen den Bauch aufzuschlitzen.»

«Das haben sie auch!»

«Was?» staunte Jesper und schnappte nach Luft. «Ist das wirklich wahr?»

«Bombensicher!» grinste Carl. «Und wenn die Araber etwas Böses im Schilde führen, dann wählen sie sich immer das kleinste Opfer aus ... und du bist doch der kleinste von uns allen!»

«O nein!» stöhnte Jesper und machte einen großen Bogen um den nächsten Araber. «Sollten wir nicht lieber bald wieder an Bord der ‹Flying Star› gehen?»

Jan, der nur den letzten Satz mitgehört hatte, fragte lächelnd: «Was ist denn los, Jesper? Bist du etwa schon müde?»

«Müde?... Nein ... aber ... ehrlich gesagt, habe ich schon angenehmere Orte gesehen als dieses Araberviertel hier in Casablanca. Ob wir wohl lebend wieder hinauskommen?»

«Ja, wenn du nicht gleich vor Angst tot umfällst», lachte Jan und nahm seinen kleinen Freund beim Arm. «Die Araber sehen doch ganz gutmütig aus.»

«Hm!» sagte Jesper und schielte zu den eingeborenen Männern und Frauen hinüber, die lautlos in ihren farbigen Gewändern vorüberhuschten. «Ich habe noch nie gutmütige Leute so bösartig blicken sehen! Ob du nicht deinen Mitmenschen gegenüber zu gutgläubig bist, Jan?»

Erling mischte sich neckend in das Gespräch. «Warum hast du denn solchen Kummer, du Knirps? Ich habe dir doch versprochen, daß nichts Schlimmes passiert, wenn du nur brav hinter Onkel Erlings Rükken bleibst. Hast du plötzlich jedes Vertrauen zu mir verloren?»

«Ich hatte nie welches, du ...»

«... dickes Kamel», vollendete Erling gutmütig den Satz. «Jetzt, da wir Afrika erreicht haben, wird es mir eine besondere Freude sein, dir eine Sammlung Dromedare zu zeigen, nach denen du mich benannt hast. Der Anblick wird deine zoologischen Kenntnisse bestimmt erweitern, die während der Schulzeit ... ähhh ... ziemlich mangelhaft waren. Es wird übrigens hier in Marokko behauptet, daß Kamele und Dromedare besonders nützliche Tiere sind.»

Während dieses Gespräches war Carl etwas hinter den anderen zurückgeblieben. Er blieb vor einem Laden stehen und betrachtete die ausgestellten Waren. Da lagen Strohmatten, Pantoffeln, verschiedene Sachen, die alle aus schönstem, weichstem Kamelleder hergestellt waren. Der arabische Kaufmann stürzte sich gleich auf ihn und begann mit großer Zungenfertigkeit seine Waren anzupreisen. Dies tat er in einem Gemisch von Arabisch, Französisch und Englisch, aber Carl verstand das meiste von dem, was der Mann sagte. Er selber sprach auch nicht gerade perfekt Englisch, es ging daher ganz gut. Mit besonderem Interesse betrachtete er eine schicke Tasche aus Kamelleder, so daß der Kaufmann seine Lobeshymne nun auf diese konzentrierte. Seiner Meinung nach konnte es keinen Zweifel darüber geben, daß diese Tasche die schönste der Welt war ... und sie kostete nur die Kleinigkeit von vierzehn Dollar!

Carl erinnerte sich an die Warnungen von Ingenieur Smith und nahm mit allen Zeichen der Verachtung den Preiskampf auf.

«Vierzehn Dollar? Für den Preis geben Sie mir wohl das gesamte Warenlager! Da drüben habe ich die gleiche Tasche für acht Dollar gesehen ... und ich hätte sie auch für fünf bekommen!»

Der Araber verdrehte die Augen, bis man nur noch das Weiße sah, und schwor, daß es so gut wie ein Geschenk sei, wenn er die Tasche für vierzehn Dollar hergab.

«Ich gebe Ihnen fünf», sagte Carl und legte die Tasche zurück.

«Dreizehn», erwiderte der Kaufmann.

«Fünf!»

«Zwölf», jammerte der Araber und fuhr sich durch seinen Bart.

«Fünf!»

«O nein ... o nein ... wenn ich Ihnen die Tasche für weniger als zwölf verkaufe, wird meine Familie mich verdammen, und meine Verwandtschaft wird mich als den verworfensten Narren von ganz Casablanca betrachten ... Vielleicht werden mich die anderen Kaufleute nicht mehr anschauen und mich mit Hohn aus der Stadt verjagen.»

«Unsinn!» sagte Carl. «Ich hatte mir zwar, ehrlich gesagt, vorgenommen, nicht mehr als fünf Dollar auszugeben, aber da ich Sie nicht all diesen Unannehmlichkeiten aussetzen will, erhöhe ich mein Angebot auf sechs ... aber keinen Cent mehr.»

«Sagen wir elf Dollar, mein Herr», flehte der Kaufmann, während er sich wand und die Tasche Carl vor die Nase hielt. «Eine schönere Tasche ist seit Mohammeds Zeiten nicht hergestellt worden ... selbst der reiche Khadidja und seine fromme Ehefrau besaßen niemals ein solches Kleinod ... und Ihre liebwerte Frau wird Sie aus vollem Herzen segnen, wenn Sie ihr diese wunderbare Gabe mitbringen.»

«Ja, ganz bestimmt», sagte Carl trocken. «Aber wenn ich einmal eine Frau habe, wird sie mich doppelt segnen, wenn ich nur sechs Dollar dafür gegeben habe ... und mehr ist sie auch wirklich nicht wert, Ihre Tasche!»

Das Resultat dieser langanhaltenden Diskussion war, daß Carl die Tasche für sieben Dollar kaufte, und er fand, daß er damit einen sehr guten Kauf getätigt hatte. Der Araber schwor, daß er noch nie ein so schlechtes Geschäft gemacht habe. Er rollte die Augen, zerzauste sein Haar und rang seine Hände mit solchem Nachdruck, daß die Gelenke knackten. Immer wieder jammerte er, daß Allah ihn für diese Missetat strafen werde, und seine Familie werde ihn für alle Zeiten als den übelsten Hund aller arabischen Länder betrachten! Besonders seine beiden Töchter würden ihn verdammen, da sie doch so viel Arbeitsfreude und Liebe bei der Herstellung dieser Tasche, dieses ganz außergewöhnlichen Stückes verschwendet hatten!

Carl hörte mit Gleichgültigkeit dem Gejammer zu, während er dem Kaufmann das Geld hinzählte – und dann beging er einen Fehler, der ernsthafte Folgen haben sollte. Es fielen ihm nämlich Ingenieur Smiths vernünftige Reden ein.

«Oh, Ihre Töchter haben doch gar nichts mit dieser Tasche zu tun gehabt», sagte er ein wenig scharf. «Keine Spur! Sie haben mich sicher betrogen, und die Tasche ist entweder in Deutschland oder Japan hergestellt worden.»

Diese Worte waren unüberlegt. Gewiß werden viele deutsche und japanische Waren als «Eingeborenen-Heimarbeit» ausgegeben, aber bei Sachen aus echtem Kamelleder kann man sicher sein, daß kein Schwindel vorliegt, denn weder in Deutschland noch in Japan hält man Kamele als Haustiere. Der Araber schien auch sogleich zu erstarren, dann aber begann er laut zu schreien und mit den Armen wild um sich zu schlagen. Im Verlauf einer verblüffend kurzen Zeitspanne hatte er damit eine ansehnliche Zahl von Menschen um sich versammelt. Auf arabisch erklärte er den Umstehenden eine ganze Menge, und sogleich erklang von den Versammelten ein drohendes Gemurmel.

«Ach, hören Sie schon auf, Sie alter Geißbock», sagte Carl gutmütig. «So ernst habe ich es ja nun wieder nicht gemeint.»

Aber der Kaufmann regte sich nur noch mehr auf, und als Carl sich entfernen wollte, konnte er die ihn umgebende Mauer von Eingeborenen nicht durchdringen. Er versuchte den neben ihm stehenden Mann zur Seite zu drücken. Zuerst schob er ihn sanft beiseite, dann aber wurde er etwas energischer. Das drohende Knurren wuchs an, und Carl wurde sich bewußt, daß er sich jetzt ernsthaft in Gefahr befand.

«Hallo, Peter und ihr anderen!» rief er laut. Aber seine Freunde waren schon weitergegangen und hörten ihn nicht mehr.

Als sich die Araber immer dichter um ihn drängten, gab er dem Mann, der vor ihm stand, einen festen Stoß vor die Brust. Der Araber fiel mit einem lauten Schrei hintenüber. Im Fallen zog er noch einige mit sich, kam dann aber mit erstaunlicher Schnelligkeit wieder auf die Beine.

Und dann blitzte ein langes Messer im Sonnenlicht!

Im gleichen Augenblick erkannte Carl die Gefahr und handelte blitzschnell. Wie ein Tiger sprang er den Mann an und verabreichte ihm einen kräftigen Kinnhaken. Zum zweitenmal fiel der Mann um, und das Messer fiel ihm klirrend aus der Hand. Aber damit war das Zeichen gegeben, und bevor Carl wußte, wie ihm geschah, war er der Mittelpunkt einer riesigen Schlägerei.

Jan und die Marokkaner

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