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3.

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«Meine Güte, hab’ ich einen Hunger!»

Jan Helmer kam in die Wohnstube geschossen, wo seine Mutter am Fenster saß, die unvermeidliche Näharbeit in den Händen. «Grüß Gott, kleine Frau Helmer!»

«Grüß Gott, mein Junge.» Frau Helmer lächelte ihren Sohn an. «Hör einmal, Jan, du darfst auf der Treppe nicht so poltern. Ich dachte schon, ein ganzes Regiment käme heraufmarschiert. Was glaubst du denn, was die andern Hausbewohner sagen werden, wenn du solchen Krach machst?»

Sie sah voll Stolz auf ihren Jungen. Jan hatte sich auf die Tischkante gesetzt und baumelte mit den Beinen. Er trug einen dunkelblauen Pullover, lange, dunkelblaue Hosen und blauweiße Bootsschuhe. Sein Gesicht war sonnverbrannt, und seine Augen glänzten vor Lebenslust und Gesundheit.

«Hast du dich gut unterhalten?»

«Ob ich mich gut unterhalten habe! Ach, Mutter, ich bin ja so glücklich, daß ich der Juniormannschaft beitreten durfte! Du ahnst nicht, wie herrlich das Segeln ist! Und Peter Winslöw, der Hafenaufseher, ist ein glänzender Lehrer.»

Jan hatte nach endlosem Hinundherreden die Erlaubnis erhalten, der Juniormannschaft des Segelklubs beizutreten. Sein Vater, Kriminalkommissar Helmer, hatte von Anfang an nichts dagegen gehabt; aber Frau Irene Helmer war von Natur ziemlich ängstlich, so daß sie sich zuerst heftig widersetzt hatte. Tatsächlich saß sie jetzt immer mit klopfendem Herzen da, wenn Jan mit seiner Mannschaft auf dem Wasser war. Trotzdem freute sie sich an seiner Begeisterung und an seinem guten Aussehen, das er dem freien Leben auf dem Meer verdankte.

Nun hörte sie lächelnd seiner begeisterten Schilderung von der heutigen Segelfahrt zu, obwohl sie nicht recht zu folgen vermochte, da alle möglichen Fachausdrücke durch die Luft schwirrten, mit denen sie überhaupt keinen Begriff verband. Was war zum Beispiel «Luvseite», was «Backbord» und «Klüverbaum» und «Heck»? Was bedeutete es, wenn Jan von «abfallen» sprach, und davon, daß «das Boot in den Wind geschossen war»? Sie gab es auf, hinter den tieferen Sinn dieser Seemannssprache zu kommen, und begnügte sich damit, sich an der Begeisterung ihres Sohnes zu freuen. Im übrigen setzte sie ihr Vertrauen auf den Hafenaufseher, der als vernünftiger und tüchtiger Mann galt und es verstand, die Knaben auf eine muntere und gleichwohl bestimmte Weise zu meistern.

Während Jan erzählte, ging die Türe auf, und seine Schwester Lis kam herein. Sie war nur ein Jahr älter als Jan, doch schon fast erwachsen – wenigstens ihrer eigenen Meinung nach! Sie hatte mit einer Freundin einen Spaziergang gemacht und trug einen sehr hübschen Hut.

Jan riß die Augen auf. «Heiliger Bimbam! Woher hast du denn diesen Deckel?» Er sprang vom Tisch hinunter, stürzte auf Lis zu und versuchte ihr den Hut zu entreißen.

Sie wehrte sich, so gut sie konnte. «Scher dich, du Frechdachs! Es geht nur mich etwas an, was für einen Hut ich aufhabe. Au! Jan, du bist ein Ungeheuer! Geh, du verdirbst mir ja meinen Hut!»

«Könnt ihr denn niemals Ruhe geben!» mahnte Frau Helmer. «Man möchte beinahe meinen, ihr wäret fünf Jahre alt.» Sie mußte dann aber doch lachen, als sie Jan sah, der sich den Hut seiner Schwester aufgesetzt hatte und damit durchs Zimmer stolzierte.

Plötzlich hielt er in seinem Spaziergang inne, und Lis nützte die Gelegenheit, sich ihren Hut wieder anzueignen und mit verächtlicher Miene hinauszugehen.

Jan fragte: «Kommt Vater heute spät nach Hause?»

«Ich weiß wahrhaftig nicht, wann er heimkommt», seufzte Frau Helmer. «Dieser Bankraub gibt ihm viel zu schaffen. Er rief vor kurzem an und sagte, daß er zum Abendessen hier zu sein hoffe; aber ich weiß zur Genüge, was das zu bedeuten hat. Es kann geradesogut sein, daß er die halbe Nacht hindurch arbeiten muß.»

«Wenn er nur den Räuber erwischen würde», bemerkte Jan. «Der Kerl war wirklich unverschämt. Fast wie in einem amerikanischen Film.»

Frau Helmer erhob sich. «Ich sehe jetzt in der Küche nach, ob Dagmar mit dem Essen fertig ist. Geh du dich inzwischen waschen, Jan; denn ich denke, wir werden bald essen. Vielleicht kommt Vater doch noch zur Zeit.»

Diese Hoffnung sollte sie nicht trügen. Sie saßen noch nicht lange bei Tisch, als Kriminalkommissar Helmer erschien und erklärte, er habe einen Bärenhunger. Das war gewöhnlich sein Gruß, wenn er nach einem arbeitsreichen Tage heimkam. Dann aber dauerte es nicht lange, und er erzählte von seiner Tätigkeit. «Es ist eine ernste Sache; aber ich hege einige Zweifel, ob es uns diesmal gelingen wird, den Fall zu klären», sagte er. «Ich muß offen gestehen, daß wir bis jetzt noch nicht die geringsten Anhaltspunkte haben, die uns möglicherweise auf die Spur der Verbrecher bringen könnten. Allerdings sind noch einige Nachforschungen im Gange, die uns vielleicht einen Fingerzeig geben werden.»

«Hat denn niemand gesehen, wie die Bankräuber das Auto vor dem Forum verließen?», erkundigte sich Jan.

«Das ist eins von den Dingen, die wir herauszubringen trachten. Aber bis jetzt sind wir noch zu keinem Ergebnis gekommen. Doch nun wollen wir von etwas anderem reden. Ich habe ja auch noch Pflichten als Familienvater zu erfüllen. Wie steht’s mit deinem Examen, Jan?»

«Ob Jan nicht erst sein Kapitänsexamen ablegen wird, bevor er das Mittelschulexamen besteht?» warf Lis mit unschuldiger Miene ein.

«Ich werde es schon schaffen, du Naseweis», gab Jan zurück.

«Das glaube ich auch, Jan», sagte Helmer. «Obwohl du kein Erling bist.»

Erling Krag war Jans bester Freund und sein vollkommenes Gegenstück. So schlank, geschmeidig und gelenkig Jan war, so rundlich und körperlich unbeholfen war Erling. Und während Jan auf dem Sportplatz und bei allen Freiluftunternehmungen in der ersten Reihe stand, zeichnete sich Erling in der Schule als Klassenerster und Bücherwurm aus, ohne deshalb jedoch ein Kopfhänger zu sein. Seit ihrem ersten Schultag waren Erling und Jan unzertrennlich.

«Erling ist nicht zu schlagen», räumte Jan ein. «Neulich haben wir in der Physikstunde von Niels Bohr und seiner Atomtheorie gesprochen. Ich glaube, wenn Herr Bohr heute das Mittelschulexamen machen müßte, würde er Erlings Noten auch nicht erreichen. Das ist eine ganz bestimmte Fähigkeit, die Erling im Speck sitzt. Alles, was er liest, bleibt in seinem Speck haften. So hat er wenigstens etwas, wovon er in kargen Zeiten zehren kann!»

Helmer lachte zu diesen Ausführungen, dann ging er zu einem andern Thema über: «Jetzt will ich dir etwas sagen, mein Sohn. Ich habe heute einen Brief von Onkel Christian erhalten. Er erwartet dich und Erling gleich nach dem Examen. Und weißt du, wer noch mitkommen soll?»

Jans Begeisterung, die bei den ersten Worten seines Vaters hell aufgeflammt war, ließ etwas nach. Fragend blickte er Lis an. «Wir sollen wohl die Dame da mitnehmen?»

«Wenn das der Fall wäre, solltest du dich freuen, daß deine Schwester ebenfalls aufs Land kommt», sagte Helmer. «Übrigens glaube ich, daß Lis lieber mit der Reise nach Jütland wartet, bis ihr euch dort ausgetobt habt. Die Sondereinladung, die ich meine, gilt keinem Geringeren als Boy!»

Diese Eröffnung bewirkte, daß Jan mit einem Freudengeheul aufsprang und in die Küche hinausstürzte, wo er fast das Dienstmädchen Dagmar umgerissen hätte, das friedlich am Küchentisch saß und sein Nachtessen verzehrte. Bei Jans stürmischem Erscheinen sprang Boy – ein schöner, großer Schäferhund – von seiner Matte auf, und Knabe und Hund stürzten ins Eßzimmer zurück, wo sie allen schüchternen Einwendungen Frau Helmers zum Trotz einen wilden Freudentanz aufführten. Helmer saß währenddessen in seinen Stuhl zurückgelehnt und sah lächelnd zu. Plötzlich aber kam ihm ein Gedanke; er fuhr auf und sagte: «Die Nachrichten!»

Er eilte zum Radioapparat und stellte rasch den Ortssender ein. Es dauerte eine Weile, bis die Röhren warm geworden waren, und als endlich die Stimme des Sprechers ertönte, stellte sich heraus, daß man einen Teil der Nachrichten schon versäumt hatte. Man hörte ihn nur noch sagen: «...hat die Gewerbe- und Industriebank eine Belohnung von fünftausend Kronen für denjenigen ausgesetzt, dem es gelingt, die Bankräuber festzunehmen, oder der Mitteilungen machen kann, die zur Wiederbeschaffung der geraubten Geldsumme führen.»

«Ach, wenn ich doch die fünftausend Kronen bekäme!» seufzte Jan. «Wenn ich doch bei der Jagd auf die Bankräuber mitmachen könnte!»

Jan wird Detektiv

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