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Der Urknall

Da man die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Universums in der Zukunft aufgrund der Beobachtungen recht genau ermitteln konnte, lässt sich auch die Vergangenheit rekonstruieren. Bis dorthin, wo das Universum winzig klein war, wo alles, was es heute vorweist, die Sterne, die Galaxien, auch die dunkle Materie und die dunkle Energie, in einem Punkt konzentriert war. Eine gewaltige Vorstellung! Wenn ich bei diesem Gedanken über die weite Landschaft mit ihren Hügeln und Wäldern hinaus schaue, wird mir viel Vertrauen in die Wissenschaft abverlangt.

Der Anfang der Schöpfung. Wie man sich das in der Bibel vorgestellt hat:

„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Die Erde war wüst und leer, Finsternis lag über der Urflut, und der Geist Gottes schwebte über den Wassern. Da sprach Gott: „Es werde Licht.“ Und es ward Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Da trennte er Licht von der Finsternis. Gott nannte das Licht Tag, die Finsternis aber Nacht …“

Und wie das die heutige Naturwissenschaft sieht:

 Bei einer Milliardstel Sekunde nach dem Urknall war das Universum 100 Millionen Mal heißer als die Temperatur im Innern unserer Sonne. Das Universum war mit Photonen und Elementarteilchen aller Art gefüllt und kühlte sich mit zunehmender Ausdehnung weiter ab.

 Im Alter von 0,001 Sekunden zerstrahlten Protonen und Antiprotonen; vernichteten sich also gegenseitig. Nur ein kleiner Überschuss von Protonen blieb übrig (aus denen heute unser sichtbares Universum besteht); Photonen schwirrten zwischen Elektronen umher.

 Nach 380.000 Jahren wurden die Elektronen von den Atomkernen eingefangen. Nun konnten sich die Photonen frei bewegen. Das Universum wurde durchsichtig. Es ward Licht!

 1 Milliarde Jahre nach dem Urknall begann die Bildung von Galaxien, in denen dann später Sterne und Planeten entstanden, darunter – vor gut 4 Milliarden Jahren – auch unsere Sonne und etwas später unsere Erde.

Die Schilderung der Schöpfung in der Bibel klingt sehr poetisch, jene der Naturwissenschaften sehr nüchtern. Weitere Schöpfungsmythen sind aus praktisch allen anderen Kulturkreisen bekannt, so vor allem aus dem altorientalischen Bereich, also noch vor dem jüdisch geprägten Bibelmythos. Am Anfang herrschte das Chaos, aus dem alles im Sinne der Ordnung entstand. Unter anderem auch die Götter oder das Götterpaar, das das Gute und das Böse repräsentierte. Später kommt ein neuer Aspekt hinzu. In der alttestamentarischen Bibel bewirkt ein Gott von außen die Schöpfung. Diese hat sich also nicht selber erschaffen oder war immer schon da.

So einfach und verständlich die alten Schöpfungsmythen sind, so wenig haben sie mit den Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaft zu tun, denen der Wahrheitsgehalt nicht abgesprochen werden kann. Man kann sich einzig fragen, wie denn die Physiker auf die Entwicklung des Universums ab einer Milliardstel Sekunde vom „Start“ kommen.

Ich will das hier nicht weiter ausführen, da die Details im Zusammenhang mit der Absicht dieses Werkes von geringer Bedeutung sind. Ich erwähne nur, dass diese Schlussfolgerungen aus der Atom- und Quantenphysik stammen und dass es dafür spannende Beweise gibt. Einer davon ist die kosmische Hintergrundstrahlung. Welche Bewandtnis hat es mit ihr?

Zur Zeit Null respektive kurz nach dem Urknall muss das Universum Milliarden von Grad heiß gewesen sein. Mit der Ausdehnung kühlte sich das Universum stetig ab. Das unglaublich heiße „Feuer“ wurde allmählich zu rot glimmender „Kohle“ bis diese zwar noch Strahlung aussandte, aber nicht mehr sichtbar war. Licht resp. die Photonen konnten sich aber erst frei im Raum bewegen, nachdem die Protonen die Elektronen einzufangen begannen. Das heißt, dass erst ab dann – also ab 380.000 Jahren nach dem Urknall – sich die Strahlung frei ausdehnen und Kunde von der Anfangszeit der Schöpfung geben konnte.

Zwei Amerikaner, Arno Penzias und Robert Wilson, entdeckten eine Strahlung, die aus allen Richtungen des Weltraums kam, also nicht von einer klar eingrenzbaren Quelle. Sie war nicht mit den Augen sichtbar, da sie sich im Mikrowellenbereich befand. Ihre Energie zeigte eine Temperatur von 2,73 Grad über dem absoluten Nullpunkt. Damit – und in Übereinstimmung mit theoretischen Berechnungen – war nun klar, dass dies die Reststrahlung aus der kurzen Zeit nach dem Urknall war. Oder anders gesagt: Damit erhalten wir Kunde vom Urknall! Eine fantastische wissenschaftliche Leistung, die zu Recht mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.

Dieses Rauschen des Urknalls können wir übrigens auch mit unserem Fernsehgerät feststellen, sofern dieses noch der analogen Welt angehört. Wenn wir das Gerät auf einen Kanal stellen, auf dem nicht gesendet wird, dann besteht das Bild aus weißem Rauschen. Etwa 1 % dieses Rauschens entstammt der kosmischen Mikrowellenstrahlung, ist also Echo des Urknalls!

Mit den Daten dieser Mikrowellenstrahlung und übrigen theoretischen Vorgaben, konnte man nun auch das Alter des für uns sichtbaren Universums berechnen: Es beträgt etwa 13,4 Milliarden Jahre. Oder wiederum anders erklärt: Die Strahlung aus dem Urknall benötigte 13,4 Milliarden Jahre, bis sie zu uns gelangte.

Mir scheinen nun noch folgende Anmerkungen wichtig zu sein:

 Wie erwähnt, ist die Wissenschaft soweit, den Zustand des Universums bis auf eine Milliardstel Sekunde nach dem Urknall zu beschreiben. Was noch früher war, entzieht sich jeder Kenntnis. Vor allem aber ist es den Physikern nicht möglich, den Punkt Null (man sagt auch: die Singularität) zu beschreiben. Dazu reicht die heute bekannte Physik nicht aus und dürfte wohl auch in Zukunft keine Erklärung liefern können. Man darf mit Fug und Recht sagen, dass hier die Domäne der Philosophie beginnt.

 Ganz zu Beginn bestand das Universum aus Materie und Antimaterie. Wenn Materie- und Antimaterieteilchen aufeinander treffen, vernichten sie sich gegenseitig. Es bestand jedoch seltsamerweise ein kleiner Überschuss (ein Milliardstel!) an Materieteilchen, aus dem die Welt, in der wir leben, entstand. Physiker fragen jedoch: Wohin ist die ganze Antimaterie verschwunden? Ein noch ungelöstes Rätsel.

 Es wird der Physik auch nicht möglich sein, vor den Urknall zurückzublicken. Ein Schöpfer außerhalb der Schöpfung? Auch da ein weites Feld für die Philosophen und vor allem für die Theologen. Freilich werden deren „Erkenntnisse“ nie der Stringenz (Beweisbarkeit!) der Naturwissenschaften nahe kommen, sondern dem Glauben überlassen bleiben.

 Da fragte einer: „Was tat Gott, bevor er die Welt schuf?“ Der Physiker wird erwidern, dass es dazu keine Antwort gibt, da mit der Schöpfung auch die Zeit geschaffen wurde. Maliziös wurde auch schon gesagt: „Er bereitete die Hölle vor für jene, die solche Fragen stellen.“Man kann den Urknall und die Entwicklung des Universums seit diesem Anfang mit landläufigem Verstand noch einigermaßen fassen. Doch gibt es vor allem drei Aspekte, die uns nicht so einfach in den Schädel hineinwollen:

 Zur Zeit des Urknalls waren alle Sterne, Galaxien, Materiewolken, alles was das Universum ausmacht, in einem unendlich kleinen Punkt konzentriert! Wie das? Man versuche, sich das vorzustellen. Unglaublich!

 Mit dem Urknall wurde auch der Raum geschaffen! Es ist nicht so, dass das Universum sich in einen schon vorhandenen Raum ausdehnte wie ein Ballon in einem vorhandenen Zimmer. Dieser Raum dehnte sich laufend aus, er tut es auch heute noch.Ich erwähne anderswo, wie man entdeckt hat, dass sich die Galaxien von uns entfernen. Je weiter weg desto schneller. Das stimmt nun insofern nicht, als dieses Wegdriften der Galaxien zum großen Teil nicht ihrer eigenen Geschwindigkeit zu verdanken ist, sondern dass die Entfernung von der Ausdehnung des Raumes geschaffen wird.Und noch etwas zum überlegen: Obwohl das Universum aus einer Singularität heraus entstanden ist, gibt es keinen Mittelpunkt des Raumes resp. des Universums. Ebenso wird man von jedem Punkt im Universum dieselbe Beobachtung machen wie wir: Alle Galaxien scheinen sich auch dort genau so wegzubewegen, je ferner desto schneller. Das ist für unser Verständnis eine weitere harte Nuss. Wenn uns in populärwissenschaftlichen Medien der Urknall vorgeführt wird (zum Beispiel in Bildern oder Filmen), sieht das immer so aus, als wenn wir Zuschauer von außen wären. Doch dieses Außen gibt es nicht. Wir sind mitten drin!Wenn uns der Urknall gezeigt wird, dann sollte man meinen, dass es ein Zentrum in diesem geschaffenen Raum gäbe. Gibt es aber nicht. Das Ganze spielt sich in Dimensionen ab, die wir aufgrund unserer Alltagserfahrung, die unsere Erlebniswelt zeitlich und räumlich strukturiert, nicht erfassen können. Da hilft nur Mathematik und Physik – und vielleicht etwas Kopfschütteln.

 Beim Urknall wurde nicht nur der Raum geschaffen, sondern auch die Zeit. Das ist insofern von Bedeutung als wir Menschen damit eine Struktur unserer Existenz erhalten haben. Wir wissen, dass alles, auch unser Leben, vergeht. Dieses Vergehen können wir durch weitgehend willkürlich gesetzte, aber vereinbarte Einheiten unterteilen (Monate, Tage, Stunden, Minuten, Sekunden). Spannend ist dabei, dass die Zeit nur in eine Richtung vorwärtsschreitet, in jene des Vergehens, obwohl die mathematischen Gleichungen auch ein Rückwärtsgehen zulassen würden (Morgen wird das Heute Gestern sein!).Ohnehin ist die Zeit etwas außerordentlich geheimnisvolles. Sie zu ergründen haben schon Heerscharen von Physikern und Buchautoren versucht. Dennoch kommen viele ins Stottern, wenn man ihnen die einfache Frage stellt: „Was ist Zeit?“ Was würden Sie sagen?

Eigentlich ist es klar: Die Bibel und ihr verwandte religiöse Schriften wollen gar keine wissenschaftliche Beschreibung des Ursprungs des Universums sein. Und dennoch gibt es auch heute noch Leute, die auf einer wörtlichen Auslegung der Bibel beharren. Ihre Vorstellungen werden als „Kreationismus“ bezeichnet. Aus dieser Ecke werden auch „Berechnungen“ aufgetischt, die dem Universum höchstens ein Alter von einigen Tausend Jahren zubilligen.

Wenn diese Gläubigen nicht so stur wären, dann hätte ihnen die Entdeckung endgültig die Augen öffnen sollen, wonach auf unserer Erde Gestein mit einem Alter von bis zu 4 Milliarden Jahren gefunden wurde. Das Schlimme an solchen Vorstellungen ist nicht allein, dass sie schlicht dumm und einfältig sind, sondern vor allem, dass ihre Vertreter auf politischem Wege – vor allem in den USA – durchzudrücken versuchen, dass ihre Lehre im Schulunterricht Eingang findet und die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der Evolution verboten werden sollen.

Ich werde an anderer Stelle nochmals auf diesen Irrweg zusammen mit dem, was man als „Intelligent Design“ bezeichnet, zurückkommen.

Konklusion: Der Urknall ist ein unglaubliches Ereignis, das unserer alltäglichen Erfahrung einer weitgehend statischen, stabilen Welt eine unvorstellbare Dynamik entgegenstellt. Der Gedanke eines Anfangs aus quasi Nichts und einer steten Entwicklung steht der Vorstellung eines chaotischen Geschehens entgegen und ist Zeichen eines zielgerichteten Vorgangs. Es fällt schwer, dahinter nur Zufall zu sehen, oder eine geradezu zerstörerische Kraft, die nur Chaos schaffen kann wie bei einer Explosion. Damit stellt sich unwillkürlich auch die Frage nach einem Urgrund, nach einer letzten Ursache. Das Hinterfragen eines Glaubens kommt nicht darum herum.

Quantensprung und rechter Glaube

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