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Robben, Caipy, Schiff ahoi

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Am nächsten Morgen.

»Hi, was machst du gerade? Zeit?«, fragte Babsi mich. Ok, jetzt musste ich mich setzen, es wurde interessant. Babsi, eine langjährige Freundin, hatte in den letzten Jahren sehr viel Negatives erlebt und irgendwie teilten wir uns so manches Leid und Gemeinsamkeiten. Aber auch unseren Humor. Sie liebte Möwen und das Meer. Ich liebte Elise und das Meer. Sie wollte nach Schleswig-Holstein auswandern und versuchte ihre Betonbehausung, bei mir um die Ecke zu verhökern. Sie hatte wahrlich die Schnauze voll, von der Gegend hier. Ich hatte denselben Plan, aber eher mit den Kanaren. Tausend Dinge mussten geregelt werden und das Ganze in den nächsten 5 Jahren. Ich wollte ihr dabei helfen! Und wie! Mit Sarkasmus und einer Fernseh-Sendung.

»Ich bin gerade dabei, die Koffer zu packen. Ich muss rüber nach Elise Eiländ. Ich muss mit Elise ein Interview machen und vielleicht hänge ich noch ein paar Tage dran«

»Sehr gut, ich mach mich auch vom Acker. Das wollte ich dir gerade erzählen und deshalb rufe ich an«

»Hast du genügend Budget? Ich meine so 100 Euronen für die ersten 80 Tage dort?«, fragte ich.

»Ich mach nicht bei Goodbye-Pleitegeier-gesucht-extra-wenig-Taschengeld mit!«

»Tja, die sind auch immer bestens vorbereitet. Da wird die neue Hütte plötzlich mit 10 Mieten im voraus fällig und aus dem Mini wird ein Truck«

»Ich mach das schon richtig!«

»Sagen die auch immer. Wie gut, das Du die deutsche Sprache beherrschst«, grinste ich breit.

»Schleswig ist Deutsch!«

»Sagen die Bayern auch«

»Eye pass auf. Wir wollen doch ein Boot kaufen. So ein ganz Kleines. Ich schick dir mal ein Bild. Kleiner Herd für einen Kaffee ist im Boot vorhanden. Übernachten geht auch ganz gut und zum Schippern reicht es vollkommen« Das Bild kam und ich pruste meinen Kaffee aus.

»Mit der Nussschale willst du über die Nordsee schippern?

»Nein, erst mal die Kanäle da oben und so ein bisschen vor der Küste. Ich bin doch nicht doof«, sagte sie eifrig.

»Kennst du die Pannensendungen, wo die vielen kleinen Boote auf den heimischen Kanälen rumschippern und dann vor den Schleusen aneinander dotzen?«, fragte ich.

»Klar doch, hab ich doch selbst oft genug gefilmt. Da bremsen die viel zu spät ab und donnern in die anderen rein. Ein Gerangel vor der Schleuse. Geil auch, wie die dann versuchen ihre Boote festzumachen und mit einem Bein ins Leere treten. Dann der Satz übers Geländer und mit dem Gesicht auf der Betonmauer landen. Da gibt es eine ganz berühmte Brücke, bei einer Schleuse, da stehen die Pannensucher mit ihren Kameras Schlange und lachen sich kaputt«, giggelte sie.

Ich nickte und dann kam etwas, was mir noch Sorgen bereiten sollte.

»Eigentlich wollten wir das Boot ausprobieren und zu Elise auf die Hochzeit fahren«

»Nee oder? Das war jetzt ein Spaß?«, fragte ich.

»Nei en!« Ich hatte das Glas Wasser in meiner Hand gerade fallen gelassen. Ich war entsetzt. Also Babsi war ja so eine, wenn der was in den Kopf kam, dann wurde das durchgezogen. Die lustigen Missgeschicke wurden dann nach den Pannen bei einem Bier erzählt.

*

Wenn ich noch daran denke, wie die mal eben mit ihrem Freund zusammen, einen Kaminofen über eine Außentreppe am Haus tragen wollte. Nur eine Etage tiefer. Kann doch nicht so schwer sein das Teil? Muss vom Wohnzimmer ins Untergeschoss. Alles Chlor! Sackkarre ist was für Weicheier und der Bandscheibenvorfall war erst ein Jahr alt. Sie hingen, soweit ich von den Erzählungen her weiß, eine drei viertel Stunde auf der Treppe fest. Beide in gebückter Haltung und den Angstschrei im Hals. Es muss so die vierte Stufe von ca. 20 gewesen sein. Ihr Freund hielt von unten und sie von oben, damit das Teil nicht wegkippte. Wäre da nicht schnell und durch Zufall Hilfe gekommen, wären die beiden auf der Treppe verhungert und würden bis heute dort, vor sich hin schimmeln. Denn bevor sie den Kaminofen hätten fallen lassen, wäre der Mond viereckig geworden. Ich lache bis heute noch über die kuriose Geschichte. Aber nun konnte ich nur hoffen, dass dies ein Scherz von ihr war. Ich wurde eines Besseren belehrt. Babsi erzählte weiter:

»Entweder den Rhein aufwärts, bei Schaffhausen schleusen, über den Brenner tragen und dann in den Po und übers Mittelmeer nach Gibraltar. Dort dann die Biskaya runter und dann auf die Azoren zuhalten«

»Wir wäre es, wenn du den Rhein vorher mit Antrag bei der Bundesregierung begradigen lässt? So würde das mit Schaffhausen wegfallen. Der Po? Äh Liebchen, datt ist wohl Italien. Wo bist du gerade auf der Landkarte? Übrigens könnte es dir im Mittelmeer passieren, dass man euch rettet«, geierte ich laut los. Ich kriegte mich gar nicht mehr ein.

»Bin ich ein Flüchtling?«

»Nee, aber erstens macht man damit keinen Spaß, aber alle die dort unterwegs sind, werden euch helfen, das garantiere ich dir. Wenn ich mir vorstelle, wie ihr mit einer Kiste Bier in der Kajüte, johlend deutsche Seemannslieder singt, dann wird euch bestimmt geholfen. Babsi kocht die "Krönung" auf dem Herd und Fränki fährt Kreise, weil der Steuerknüppel nicht so will. Entschuldigung, ich habe Bilder im Kopf«, giggelte ich.

»Wir können ja über die Nordsee, an der französischen Küste …«

»Genau durch den Ärmelkanal, vielleicht noch ein Abstecher bei der Queen. Na, die wird sich freuen. Meine Güte … stell dir vor, ihr verfahrt euch und landet in Papua-Neuguinea?«, lachte ich aus vollem Rohr. Auf der anderen Seite vernahm ich ein Geräusch, welches darauf deuten ließ, dass Babsi auch lachen musste.

»Es gibt doch auch noch Elise!«

»Die ruf ich sofort an und bitte sie, euch diese verrückte Idee sofort aus der Birne zu schlagen«, wetterte ich. Babsi schnaufte durch.

»Was soll das denn? Traust du mir so was nicht zu?«

»Ich traue euch genau, das zu! Ihr seid völlig verrückt. Eye, stell dir vor, ihr kommt in einen Sturm! Mit eurer Nussschale. Jetzt lass diese blöde Idee sausen und nimm den Flieger, z. B. Fluffy Air«

»Nööö! Wir machen das! Ich rufe dich zwischendurch an und berichte«

»Baaabsi! Lass den Mist! Außerdem wollen die inkognito heiraten. Es reicht schon, wenn die komplette Tierwelt mit dabei ist. Elise Eiländ hat gar nicht genug Hotels«

»Ich kaufe das Boot und fange an zu üben. Ich schreibe dir per Wotts päpp. Wirst schon sehen. Tschöö mit ü«, murmelte sie und legte prompt auf. In der Hoffnung, dass sie sich für immer, auf irgendeinem Kanal in Deutschland verfahren würde und niemals den Weg über Hamburg hinaus finden würde, nahm ich mal wieder den Hörer in die Hand.

*

»Krrrrch … krächz … krrrrch … Vermittlung … Vermittlung … mit wem darf ich Sie verbinden? Ist das ein R-Gespräch?«

»Elise, lass den Mist. Ich brauche deine Hilfe. Plapper mir nicht dazwischen und hör zu. Die Babsi will …«, erzählte ich und dann war lange Pause am anderen Ende der Leitung. Ich hörte erst ein Schlucken und dann lachte Elise laut los. Mir war nicht nach Lachen und ich schimpfte kurz in den Hörer. Endlich beruhigte sie sich.

»Oh heiliger Sardinenschleim! Du brauchst schon wieder meine Hilfe? Das wird teuer! Sie wird Parasiten ins Land bringen! Wir müssen das verhindern!«, rief Elise aufgeregt.

»Sag ich doch! Lass dir was einfallen. Wenn Babsi was im Kopf hat, zieht sie das durch. Das ist keine Luxusjacht, sondern eine kleine Nussschale. Das ist gefährlich! Ruf sie an oder mach einen Aushang auf deiner Homepage. Schreib ihr oder schick einen Trupp Möwen von der Nordsee-Küste hin. Egal was du machst, mach es!«, sagte ich verzweifelt.

»Hat sie eine Kreditkarte?«

»Eliseeee! Nein, sie hat eine Socke und frisst bei der hiesigen Tafel!«

»Nie im Leben! Wenn sie Deutschland verlässt, hat sie bestimmt goldige Einkaufskarten und eine Menge Limit«, schnatterte Elise.

»Du vollkommen egoistische, konsumgeile Möwe! Immer denkst du nur ans Einkaufen! Sie will dich besuchen! Verstehst du nicht?«

»Doch! Das ist doch schön. Passen Hochzeitsgeschenke aufs Boot?«

»Gib mir Thomas und zwar sofort! Und wenn ich gelandet bin, ist das Erste, was ich mache, dir den Hintern versohlen!«, schimpfte ich.

»Tä, tää … letzte Nacht auf einem Tarzeeenheft geschlafen?«

»Tarzaaaaan-mit-A, Heft, Heft und jetzt gib mir Thomas!« Dann machte es klick. Ich war sprachlos. Hatte dieses freche Stück doch glatt aufgelegt. Ich wählte Thomas direkt an. Es kam leider nur die Sprachbox. Er war mit Sandra auf dem Meer und zählte Fischbestände durch. Eigentlich, so dachte ich mir, könnte mir das doch egal sein. Sollten doch alle machen, was sie wollten. War das mein Leben? War das meine Idee? War ich so bekloppt? Dann kam die Meldung auf meinem Handy. Das Boot war soeben gekauft worden. Ich rechnete kurz nach. Von der Zeit her dürfte Babsi es gar nicht schaffen. Drei bis vier Wochen wäre sie mindestens unterwegs und dann musste das Boot ja erst mal zu einem Steg in Deutschland überführt werden. Wie ich mir vorstellen konnte, hatte Babsi das aber gewiss schon organisiert. Den Hochsee-Führerschein musste sie doch auch bestimmt noch machen? Oder war da nicht irgendetwas neulich oder im letzten Jahr? Hatten sie nicht längst auf der Ostsee irgendwelche Scheine gemacht? Heidewitzka! Ich musste das verhindern. Babsi ging nicht mehr ans Telefon. Ich hatte nur noch Kontakt per Nachrichten und das sprach Bände.

"Da macht sich wohl jemand in die Hoooose", las ich und sichtete mehrere Smileys.

Alle meine folgenden Fragen, die ich eintippte, wurden umgehend beantwortet und ich war entsetzt. Das Einzige, was mir noch Hoffnung machte, war die Tatsache, dass sie wirklich erst noch üben mussten und die Hochzeit von Elise nur ein Scherz war.

*

»Sag mal du Rechtsverdreher Thomas? Wie ist das, wenn so ein Menschlein ohne Möwenimpfung hier einreist? Ist das gefährlich?«, fragte Elise.

»Nöö, wieso? Wenn jemand keine gefährlichen Krankheiten in sich trägt, ist das in Ordnung. Wenn aber Tiere hier vergessen werden und sich mit irgendetwas anstecken, dann kann es gefährlich werden. Aber unsere Tiere sind ja alle überprüft und kommen regelmäßig zu Sandra in die Station. Wieso fragst du?«, fragte Thomas nun hellhörig.

»Die Freundin von der Kritzeltante will uns auf dem Seeweg besuchen. Carmen sagt, die hätte einen Knall. Ich mach mir nur Sorgen, wenn hier Menschen oder Tiere landen, die nicht durch unsere Prüfung gegangen sind. Ich meine, z. B. Limit der Kreditkarten, Bargeld …«

»Elise? Es darf uns jeder besuchen, der uns und vor allen Dingen dir, wohl gesonnen ist und ich werde dafür sorgen, dass diese Babsi gut hier ankommt, ohne unterwegs zu ersaufen. Und du lässt gefälligst die Finger von ihrem Gepäck«, sagte Thomas lachend. Ich versuchte in den nächsten Tagen Babsi zu erreichen, aber es kam nur ihre Sprachbox. Auf Mails reagierte sie überhaupt nicht mehr. Ich hörte nur, dass sie zurzeit abwesend und mit der neuen Errungenschaft auf große Fahrt wäre.

Ab jetzt konnte ich nichts mehr machen. Eigentlich war ich sauer. Richtig sauer. Aber war ich ihre Mutter? Nee! Sollte sie doch machen, was sie wollte. Ich war nicht verantwortlich und sie würde schon wissen, was sie davon hätte. Ich schrieb sie nicht mehr an.

*

Stunden später. Elise kam gerade auf der Station von Sandra an und schaute nach der Robbe. Ach die Robbe! Hatten wir ja total vergessen, zu erklären. Also im letzten Frühjahr war Sandra mit einigen ehemaligen Freundinnen auf den nordfriesischen Inseln. Sie kommt ja aus der Ecke. Wollen wir aber hier nicht näher erklären. Also Sandra trifft ihre alten Kumpaninnen wieder und macht Inselhopping. Dabei entdeckt sie ein paar Robben auf den Sandbänken, die unter fürchterlichen Magengrippen litten. Sandra springt natürlich sofort ein und hilft, wo sie kann. Einige Robben hatten Goldstatus auf ihren Kreditkarten und machten ab und an schon mal Urlaub auf Sülz. Aber! Aber! Seit wann schlürfen Robben, Delüx Austern im Nobelschuppen auf Sülz? Ahaaaa … man kennt den Inhaber gut? Dann lässt man es ja auch mal krachen. Sandra beäugte das Ganze und musste sogar noch Bierdeckel bezahlen! Was heißt Bierdeckel? Rechnungen für Champagner waren aufgelaufen. Dann die Beschwerde des Wirtes bei Elise. Sie solle mal zusehen, dass ihre Schützlinge ihre vollgefutterten Bäuche abzahlen würden. Sonst säßen die Damen und Herren des Kriechvolkes wieder ganz schnell auf ihren Sandbänken! Elise platzte natürlich. Einer Robbe ging es erbärmlich schlecht. Sie war diese edlen Dinge einfach nicht gewohnt. Hatte aber im Blubber Lotto gewonnen und konnte sich jetzt auch Austern leisten. Kaum war Sandra vor Ort, ging es ans Magenausspülen. Meine Güte, da kam ein Zeug aus den Schläuchen. Manche hatte wohl auch noch die Austernschalen gefuttert, weil die mit Blattgold belegt waren. Eigentlich wollte Sandra ja Urlaub machen und mit ihren Damen herzen. Was nun? Die eine Herde Robben musste sofort in Quarantäne. Die anderen mussten auf eine andere Sandbank in Kur und eine blieb über und mäkelte ganz schrecklich vor sich hin. Der Urlaub war somit hinüber und Sandra beschloss, die kranke Robbe nach Elise Eiländ zu fliegen. Natürlich mit Fluffy Air. Eine Woche später zurück auf Elise Eiländ verbrachte die Robbe noch einige Zeit auf der Station von Sandra und erholte sich gut. Aber sie brauchte einen Job. Irgendeine Aufgabe und passte nicht wirklich unter das mediterrane Getier im Süden. Nun stand Elise grübelnd am Becken von der Robbe. Sie hatte sich gut eingelebt. Sandra erklärte Elise, wie es nun weiterging und das sie schon Ideen hatte, wie man die Robbe mitsamt ihrer Familie hier integrieren konnte. Elise ließ einen Möwenschrei über dem großen Quarantänebecken ab und die Robbe kam eilig herbeigeschwommen. Stoppte kurz vor Elise und leckte sich sabbern über das Maul.

»Genau das … genau das, könntest du gieriges verfressenes Stück bitte unterlassen! Ich stehe nicht auf deiner Speisekarte und bin dein Retter, du Vollpfosten!«, brüllte Elise ins Wasser. Die Robbe erschrak. Zitternd vor Ehrfurcht hielt sie inne und wartete auf Befehle.

»Rühren!«, brüllte Elise und lachte laut los. Sandra schubste Elise freundschaftlich in die Seite und lachte ebenfalls.

»Das ist unsere Elise. Sie hat dir und deiner Familie geholfen, ein neues Heim zu finden. Wir haben Jobs für euch und herrliche Reviere zum Schwimmen. Nahrung wird es vorerst noch von uns geben, bis ihr euch eingewöhnt habt. Merke dir bitte die Form von Elise und streich das von deiner Speisekarte!«, erklärte Sandra liebevoll.

Elise kniff die Augen zusammen und schaute die Robbe prüfend an. Aber diese hatte verstanden und hob die Flosse wie zum militärischen Gruß.

»Warum hab ich nur das Gefühl, das du mich nicht ganz ernst nimmst? Das war ein hartes Stück Arbeit du Flutsch-Bonbon und du hast nicht mitbekommen, wie wir dein Fieber gesenkt haben. Hätte deine Kolonie keine Meldung gemacht, wärst du jetzt auf der letzten Seite der Nordsee Zeitung. Aber was erzähl ich dir? Undankbares Stück!«, schimpfte Elise. Robbi winkte flehend.

»Nein, nein, ich bin dir doch dankbar. Ich bin nur diese Hitze nicht gewohnt. Ich fror mir zu Hause ständig den Hintern ab und dann kam die Grippe. Und ich liebe Pinguine und überhaupt … «, stotterte die Robbe.

»Keine Pinguine! Du … keine Pinguine! Du nicht! Du Fisch mögen, Scampis und Nordsee-Zeug! Du sein Seehund! Du Heulboje!«, schnauzte Elise.

»Heuler, Elise. Er ist ein Heuler!«, konterte Sandra.

»Wo ist hier ein Hund? Hab ich was verpasst?«, kläffte Jamie und kam um die Ecke gerannt. Elise tätschelte ihm wohlwollend auf den Kopf und vergaß die Kopfnuss anschließend nicht. Jamie kläffte sie sauer an.

»Da Hundchen im Wasser. Mach fein Sitz, du Heulboje«, kreischte Elise vergnügt. Jamie leckte sich verlegen über die Schnauze. Er kapierte gar nichts. Seit wann gab's Hunde im Wasser? Dann noch in Luftballon-Form mit Flosse?

»Ich glaub, wir haben Robbi erst einmal genug verwirrt. Ich nenne dich einfach Robbi und deiner Familie geben wir auch noch Namen. Die sind ja schon in der Bucht und denen geht’s gut. Morgen lassen wir dich dann zu Gerda raus und dort ist deine Wohnung auch schon fertig eingerichtet. Fisch ist reichlich vorhanden und dann üben wir täglich zusammen, bis du dich und deine Familie selbst ernähren kannst«, erklärte Sandra der Robbe. Die Robbe nickte dankend und versank dann im Becken. Sandra fasste Elise an den Schultern, drehte sie herum und schob sie zum Ausgang. Elise stemmte die Füße in den Boden und ließ sich auf den Fersen vorwärts schieben.

»Madam ist wohl heute mal wieder äußerst lustig gestaltet? Ich mach jetzt Feierabend und lasse mir einen Möwencaipy kredenzen«, sagte Sandra vor sich hin. Kaum ausgesprochen rannte Elise wie von der Tarantel gestochen los und flog Richtung Wohnanlage. Sandra schloss die Station, grinsend ab.

*

»Endlich Feierabend«, rief Thomas aus dem Wohnzimmer heraus. Sandra kam gerade mit Elise und Jamie auf die Terrasse. Thomas brachte gefüllte Gläser heraus und steckte in jedes einen Strohhalm. Ein Blubbern verriet sofort, wer als Erstes an seinem Glas zog. Thomas wusste, er musste umgehend in der Küche, Nachschub holen. Elise zog ihr Glas bis auf den Grund leer. In der Küche hörte er ein Möwenbäuerchen, von der Terrasse, welches sich gewaschen hatte. Das war vollkommen normal. Damit lebte man, wenn man Elise kannte. Er musste jetzt nur verhindern, dass sie genau dieses Detail nicht umgehend als Gruß ins Internet stellte. In letzter Zeit musste er sehr viel, auf ihren Seiten löschen. Peinliche Details waren von ihr, über die anderen herausgeplaudert worden. Auch Details über Thomas' Badehose. Sie erzählte einfach alles und bedachte nie, dass auch er eine Privatsphäre beanspruchte. Er hatte neulich seine Badehose verlegt. Sie war nach dem Waschen in einem anderen Korb gelandet. Das merkte er aber erst an der Bucht bei Sam. Da die Bucht versteckt lag und so gut, wie keine Touristen auf der Insel waren, konnte man prima Nacktbaden. Das aber, war für Elise mal wieder ein Grund, dies für ihre neuesten Nachrichten zu verwenden. Sie berichtete von einem Wesen, welches wie ein Affe behaart war und alles auffraß, was ihm in den Weg kam. Ein brüllendes, wildes Wesen. Selbst Sam geriet in Gefahr. Elise musste mit einem Alien kämpfen und rettete ihre Kreditkarten vor dem Ungeheuer. Sie hatte Angst um ihr Möwenleben und konnte am Ende des wilden Kampfes, ganz Elise Eiländ retten. Das Ungeheuer war nun in einem Käfig eingesperrt und wartete auf seine Hinrichtung. Wie gut, das Thomas eine Art Alarm auf Elises PC eingerichtet hatte und wie gut, dass er umgehend handeln konnte. Und wie gut, sehr, sehr gut, dass Elise nichts über Thomas Körperteile gepostet hatte! Das hätte noch gefehlt. Zum ersten Mal, nach dieser Aktion, sprach Thomas drei lange Stunden nicht mit ihr. Das war ihr eine Lehre. Sie vernahm auch, dass er ihre Seite bei Fäsbuck gelöscht hatte. Überhaupt hatte er alle Profile gelöscht. Sie wollten ihre Ruhe haben und kein Mensch sollte Einblick in ihr Leben bekommen. Es reichte vollkommen, dass sie ihre Homepage hatten und diese nutzte Elise schon vollkommen aus.

»Morgen früh werde ich Robbi zu Gerda rüber bringen. Er kann sich an die Gegend gewöhnen und erst mal, einen Probe-Tag einlegen. Mal sehen, wie sich die beiden vertragen. Wenn alles gut geht, dann können die anderen mit eingefügt werden. Das sollte aber eine Ausnahme bleiben. Die Seehunde sind hier eigentlich nicht heimisch. Sollte es schief gehen, müssen sie wieder zurück«, sagte Sandra. Es gab wieder ein schreckliches Geräusch am Tisch. Es hörte sich an, als wäre der größte Staubsauger der Welt auf Laminat haften geblieben.

»Eliseeeee!«, riefen alle. Es machte plopp und der Strohhalm blieb am Schnabel von Elise hängen. Sie warf ihren Kopf hin und her, als wäre sie verzweifelt. Sie verdrehte ihre Augen. Bis Jamie ein Stück Melone aus der Obstschale nahm und ihren Kopf traf.

»Kööööter!«, rief Elise. Es sah zu köstlich aus, wie das Stück Melone in ihrem Haaransatz haften blieb. Thomas schüttelte mit dem Kopf.

»Ihr zwei! Ihr gehört ebenfalls in eine Station für besondere Fälle. Hoffentlich muss ich nicht mal alleine mit Sandra nach Deutschland. Ihr beide, hier alleine, bedeutet den Weltuntergang«, schimpfte Thomas. Die Sonne ging unter und alle schauten verträumt zu, wie der rote Ball langsam im Meer versank.

»Dieser Anblick, ist einfach unbezahlbar«, schwärmte Thomas leise in den Wind.

»Mit deiner Kreditkarte ist das möglich, mein Schatz!«, flüsterte Elise zärtlich und legte ihren Kopf an seine Schulter. Thomas grinste breit und sog die Abendluft tief ein.

Da klatsch mir doch einer den Flügel ...

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