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Siehst du mich denn nicht
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„Morgen habe ich ein zweites Vorstellungsgespräch“,strahlte Nathalie.
„Etwas aufgeregt bin ich schon.“
„Du wirst es schon schaffen“, machte ihr Denise Mut.
„Deine Voraussetzungen für diesen Job sind doch hervorragend.“
„Schon, aber ich bin nicht die einzige, die sich für diesen Posten beworben hat“, rollte Nathalie die Augen.
„Aber deine Entwürfe sind hervorragend. Ich glaube nicht, dass die anderen da mithalten können“, stellte Denise fest.„Wir werden sehen. Die beiden Chefs sind schon speziell.“
„Du wirst das schon schaukeln. Immerhin bist du bei den letzten…. Wie viel sind noch übrig?“, wollte Denise nochmal wissen.
„Vier. Es sind noch vier.“
„Dann hast du schon so gut wie gewonnen“, lachte Denise sie an.
„Schön wäre es.“
„Wir sollten jetzt schlafen gehen. Du musst morgen topp aussehen. Dann können sie dir nicht widerstehen. Sie müssen dir den Job geben. Also gute Nacht, Nathalie.“
„Gute Nacht, Denise.“
Nathalie konnte kaum schlafen, so nervös war sie. Hoffentlich lief es morgen gut. Aber sie war vorbereitet. Es durfte nichts schiefgehen.
„Wie seh ich aus?“
„Wow. Umwerfend. Was hast du vor?“, grinste Denise.
„Ich hole mir den Job“, zwinkerte Nathalie ihr zu zu.
„Das will ich hören. Aber vergiss nicht deine Entwürfe.“
Sie hielt ihr die Mappe hin. Denise umarmte Nathalie und wünschte ihr viel Glück.
„Nehmen sie bitte noch einen Moment platz, Frau Fox. Sie werden werden gleich rein gerufen. Sie sind die Letzte“, berichtete ihr die Sekretärin.
Eigenartigerweise waren die anderen Bewerber schon gegangen.
„Danke.“
Jetzt war sie noch mehr aufgeregt. Sollten die anderen schon aus dem Rennen sein? War sie die Einzige, die noch in Frage kam? Die Entscheidung nahte. Endlich war sie an der Reihe.
„Hallo, Frau Fox. Haben sie da ihre Entwürfe drin?“, zeigte Nicholas Palmer auf die Mappe, die sie krampfhaft festhielt.
„Oh, ja. Entschuldigung.“
Nathalie öffnete die Mappe und breitete ihre Entwürfe auf dem großen Tisch aus. Nicholas und Connor betrachteten sie ganz genau. Ab und zu redeten sie leise miteinander.
„Würden sie nochmal kurz draußen warten. Wir werden ihnen dann Bescheid geben, wie wir uns entschieden haben.“
„Ja, sicher“, sagte Nathalie nur.
Sie verließ den Raum und setzte sich zu den anderen. Warum schaute Connor so ernst. Er hatte sie bei der Begrüßung nicht einmal angesehen? Auch, als er ihre Entwürfe begutachtete, verzog er keine Miene. Gefielen ihm ihre Entwürfe nicht? Nicholas war wesentlich freundlicher. Ihn fand sie sympathisch, aber Connor konnte sie nicht einschätzen.
„Frau Fox, kommen sie bitte“, rief sie Nicholas wieder herein.
„Also, wenn sie den Job wirklich haben möchten, dann können sie nächste Woche anfangen. Aber bevor sie zusagen, möchte ich noch eins bemerken. Dieser Job ist stressig. Es kann manchmal zu Überstunden kommen. Aber, dafür ist er auch gut bezahlt, wie ich meine.“
Nathalie schaute von einem zum anderen und strahlte.
„Wir erwarten absolute Pünktlichkeit. Wenn sie früher gehen müssen, erwarten wir von Ihnen, dass sie uns dies rechtzeitig mitteilen. Ihr Urlaub muss ebenfalls frühzeitig mit uns besprochen werden. Wenn eine Campagne startet, bleibt das in unserem Haus. Nichts darf nach außen dringen“, fügte Connor ernst und unfreundlich hinzu, ohne sie dabei anzusehen.
„Aber ja, sicher. Das ist doch selbstverständlich“, nickte Nathalie.
„Also, nehmen sie die Stelle an?“, wollte Nicholas von ihr wissen.
„Und noch was, nehmen sie das alles nicht so ernst. Wir sind keine Unmenschen. Mein Bruder nimmt es manchmal zu ernst und zu genau. Ich sehe alles etwas lockerer.“
„Ja, ich freue mich, für sie arbeiten zu dürfen. Ich danke ihnen für ihr Vertrauen.“
Nicholas und Connor gaben ihr die Hand. Wieder kein Blick von Connor.
„Dann herzlich willkommen, in unserem Unternehmen und unserem Team“, begrüßte sie Nicholas freundlich.
„Den Vertrag werden wir fertig machen und sie können ihn gleich unterschreiben. Einer aus dem Team, mit dem sie zukünftig arbeiten werden, wird sie noch herumführen. Wenn sie dann hier anfangen, können sie mit allen Fragen zu ihm gehen“, unterrichtete sie Connor.
Dann öffnete sich die Tür und ein jüngerer gutaussehender Mann kam herein.
„Hallo. Ich bin Gregor Weller. Ich soll ihnen ihren Arbeitplatz und das Unternehmen zeigen“, stellte er sich vor.
„Nathalie Fox“, gab sie ihm die Hand.
„Wenn der Rundgang beendet ist, können sie ihren Arbeitsvertrag unterschreiben“, lächelte Nicholas.
„Gerne“, nickte Nathalie und verließ mit Gregor das Zimmer.
Gregor zeigte ihr die Abteilungen. Er war freundlich und nett. Nathalie war von dem was sie sah, begeistert. Die Werbeagentur war größer, als sie angenommen hatte. Hier würde es ihr bestimmt gefallen. Sie musste ja nicht ständig mit Connor zusammenarbeiten. Er war nicht gerade das, was man als einen angenehmen Chef nennen würde. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart unwohl. Aber damit musste sie klar kommen. Nach dem Rundgang unterschrieb sie ihren Vertrag und verabschiedete sich. Als sie vor dem Gebäude war, jubelte sie und machte einen Luftsprung. Aus einem Fenster des Gebäudes hatte dies Connor beobachtet und schüttelte den Kopf.
„Hoffentlich ist sie die richtige für diesen Job“, schaute er seinen Bruder an.
„Warum denn nicht? Sie macht einen guten Eindruck und ihre Entwürfe haben uns doch überzeugt. Sei nicht so pessimistisch. Und mach endlich mal ein freundliches Gesicht. Sie bekommt ja Angst vor dir.“
„So bin ich eben“, knurrte Connor.
„Nein, so bist du eben nicht. Du warst immer ein fröhlicher, freundlicher Mensch. Den hätte ich gerne wieder, als Partner und Bruder. Wo ist der faire, verständnisvolle und liebevolle Bruder hin?“
Connor schaute bei diesen Worten abwesend aus dem Fenster.
Am Abend, als Denise von der Arbeit kam, überraschte sie Nathalie mit einer Flasche Sekt.
„Du hast den Job?“, fiel sie ihr um den Hals.
„Ja. Ich kann nächste Woche schon anfangen. Die Agentur ist wirklich toll und größer, als ich dachte. Ein sehr netter Kollege hat mir alles gezeigt“, schwärmte sie.
„Oohh, ein sehr netter Kollege?“, lächelte Denise sie vielsagend an.
„Hör schon auf. Ich suche keine neue Beziehung. Jetzt ist mein Beruf das Wichtigste“, verdrehte Nathalie die Augen.
„Lass uns anstoßen. Auf deinen ersten, gutbezahlten Job.“
Denise prostete Nathalie zu.
„Wie war dein Tag, wieder Stress?“, wollte Nathalie von Denise wissen.
„Ja, wie immer. Heute werde ich wieder früh zu Bett gehen.“
„Denise, ich möchte dich gerne am Wochenende, wenn du frei hast, zum Essen einladen. Wir könnten zum Chinesen gehen. Hättest du Lust?“
„Sicher, danke. Ich hoffe, dass ich den Samstag frei habe.“
„Super. Dann halten wir den Samstagabend fest.“
„Wie sieht denn eigentlich dein super, netter Kollege aus?“
„Denise. Du lässt auch nie locker. Er sieht super aus. Ich glaube, er wäre dein Typ“, scherzte Nathalie.
„Meinst du? Und deiner nicht?“, fragte sie nach.
„Er würde mir schon gefallen. Aber, ich habe im Moment die Nase voll von Männern. Also kein Interesse.“
„Ich weiß. Aber, dass wird ja wohl nicht ewig so sein“, umarmte Denise ihre Freundin.
„Jetzt lass uns nicht von Männern reden“, winkte Nathalie ab.
„Du hast recht. Wir machen es uns jetzt gemütlich. Willst du mit mir einen Film anschauen? Ich habe einen ganz neuen“, schlug Denise vor.
„Ok. Ich mach uns noch schnell ein paar kleine Leckereien.“
Nathalie ging in die Küche und kam nach ein paar Minuten mit Leckerbissen zurück.
„Eins muss ich dir noch erzählen. Diese Agentur wird von zwei Brüdern geleitet. Sie sind so unterschiedlich in ihrer Art, dass man es kaum glauben kann. Nicholas ist freundlich und nett. Aber Connor, unfreundlich, ernst und …, ach, ich weiß auch nicht. Ich fühle mich in seiner Nähe unwohl. Man könnte Angst vor ihm bekommen. So grimmig schaut er auch.“
„Ist das dein Ernst? Du hast Angst vor ihm?“
„Ich weiß nicht recht. Er ist auf jeden Fall ein unangenehmer Mensch“, schüttelte Nathalie nachdenklich den Kopf.
„Und du hast trotzdem den Job angenommen?“
„Klar. Es ist mein Traumjob. Ich gehe ihm einfach aus dem Weg. So gut, es eben geht. Außerdem ist sein Bruder ja in Ordnung.“
„Ok?“
Beide saßen noch eine Weile zusammen, bis der Film zu Ende war. Dann legten sie sich schlafen.
Zum Glück hatte Denis frei und die beiden Freundinnen konnten zum Essen gehen.
„Jetzt gehen wir noch in den Club. Dort waren wir schon lange nicht mehr. Heute lassen wir es mal krachen“, schlug Denise vor.
„Gute Idee. Es gibt ja einen Grund zum Feiern.“
Nathalie legte den Arm um ihre Freundin. Im Club waren jede Menge Leute und viele bekannte Gesichter. Bald hatte man sich zu einer Gruppe gesellt und unterhielt sich angeregt. Getanzt wurde natürlich auch. Die beiden amüsierten sich prächtig. Da änderte auch der Ex-Freund von Nathalie nichts dran. Sie war über die Geschichte hinweg. Das war Vergangenheit. Denise hatte inzwischen eine ganz bestimmte Person im Auge und tanzte auch öfter mit ihm. Er schien auch nicht abgeneigt zu sein. Anscheinend hatten sie viel Spaß, denn man sah, wie sie miteinander angeregt plauderten und ständig lachten. Plötzlich kam der Ex von Nathalie zu ihr und wollte mit ihr tanzen.
„Vergiss es. Du bist doch mit deiner neuen Flamme hier. An deiner Stelle würde ich sie nicht so alleine stehen lassen, sonst schnappt sie dir noch ein anderer weg. Außerdem lege ich keinen Wert auf deine Gesellschaft. Das ist vorbei. Also verschwinde einfach.“
„So ganz egal bin ich dir wohl doch nicht“, grinste er.
„Was bildest du dir eigentlich ein. Denkst du, dass du der einzige Mann auf dieser Welt bist. Du tust mir wirklich leid.“
Schon kam die neue Freundin, schaute ihn böse an und zog ihn mit sich.
„Was war das denn? Was wollte er denn von dir?“
Denise hatte die Angelegenheit beobachtet.
„Der denkt wohl, dass ich immer noch an ihm hänge. Er wollte mit mir tanzen. Der spinnt doch“, schüttelte Nathalie den Kopf.
„Vergiss ihn. Komm wir gehen zu den beiden dort drüben. Die habe ich gerade kennengelernt. Wie findest du denn den Blonden? Das ist Ron“, schwärmte Denise.
„Sieht gut aus. Ist er nett? Ihr habt euch ja super unterhalten, auf der Tanzfläche.“
„Ja. Er gefällt mir“, lachte sie.
Beide steuerten auf Ron und seinen Freund Samuel zu. Denise stellte Nathalie vor. Auch Samuel war wirklich sympathisch. Die vier tanzten unentwegt. Es wurde eine lange Nacht, bis Denise und Nathalie endlich nach Hause fuhren. Ron und Samuel wollten sie begleiten, doch die Freundinnen riefen sich ein Taxi, dass sie in ihre Wohnung brachte. Todmüde fielen sie in ihr Bett und schliefen lange.
„Guten Morgen, Langschläferin“, begrüßte Denise Nathalie.
„Kaffee ist schon fertig. Setz dich. Du warst wohl ganz schön kaputt?“
„Kann man wohl sagen. Hab schon lange nicht mehr so viel getanzt. Dieser Samuel ist wirklich sympathisch. Der hat ganz schön Ausdauer“,lächelte Nathalie.
„Oh. Er gefällt dir?“, schaute Denise sie fragend an.
„Na, er sieht ja nicht übel aus. Aber du hast dich ja auch köstlich amüsiert, mit diesem Ron“, grinste Nathalie.
„Seit langem habe ich einen Mann kennengelernt, der nicht nur gut aussieht, sondern auch noch nett, charmant, aufmerksam und lustig ist“, schwärmte Denise.
„Wow. Du bist verliebt.“
„Unsinn. Ich kenne ihn doch kaum.“
„Es gibt so etwas wie Liebe auf den ersten Blick“, meinte Nathalie.
„Ja, sicher. Das ist doch Quatsch. So was passiert mir doch nicht“, winkte Denise ab.
„Wer weiß?“
Beide redeten noch lange über ihre Bekanntschaften und stellten fest, dass sie die beiden auf jeden Fall wiedersehen wollten. Leider kannten sie nur ihre Vornamen. Die Nachnamen oder eine Handynummer hatten sie nicht. Das wurde schwierig, sie ausfindig zu machen. Also wollte man wieder in diesen Club gehen, in der Hoffnung, dass die beiden dort wieder auftauchten.
Am nächsten Morgen stand Nathalie sehr früh auf, um ja rechtzeitig zu ihrer neuen Arbeitsstelle zu kommen. Sie wollte keine Sekunde zu spät sein. Auf ihr Aussehen legte sie an diesem Morgen besonders viel Wert. Nathalie trank nur eine Tasse Kaffee, bevor sie das Haus verließ.
„Meine Güte. Du siehst heute fantastisch aus. Willst du deine Chefs bezirzen. Oder ist es dieser Gregor, den du um den Finger wickeln willst“, staunte Denise, als sie ihre Freundin sah.
„Du spinnst ja. Ich interessiere mich für keinen der Drei. Hab einen schönen Tag. Machs gut.“
Nathalie gab ihrer Freundin einen leichten Kuss auf die Wange und verschwand. Denise schüttelte den Kopf und lächelte. Dann machte auch sie sich auf den Weg zu ihrer Arbeitsstelle.
Gregor erwartete Nathalie schon, um sie einzuweisen. Auch er war etwas früher als sonst im Büro erschienen.
„Nathalie, darf ich du sagen? Wir nennen uns hier alle beim Vornamen und duzen uns. Ich heiße Gregor, wie du ja schon mitbekommen hast.“
„Ja, natürlich. Ich habe nichts dagegen.“
„Du wirst mit unserem Team an einer neuen Campagne arbeiten. Unsere Chef‘s zählen auf dich und erwarten von dir ein paar gute Vorschläge. Also, zeig ihnen, was du kannst. Ich freue mich, dass du in unserem Team bist.“
„Danke, Gregor. Ich versuche mein bestes.“
Nicholas und Connor kamen am Nachmittag vorbei und beredeten mit Gregor noch einige Details. Connor würdigte sie keines Blickes. Nicholas hingegen kam zu ihr.
„Schon etwas eingewöhnt? Schwierig zu sagen, am ersten Tag, stimmts. Es wird ihnen schon gefallen. Davon bin ich überzeugt.“
„Ja, ich denke auch.“
Dann gingen die beiden wieder.
„Du hast Eindruck bei Nicholas Palmer hinterlassen. Er hat ein gutes Gespür für gute Mitarbeiter. Also, beweise ihm, dass er richtig gehandelt hat, mit deiner Einstellung“, lächelte Gregor.