Читать книгу Liebeskummer und Lavendelduft - Carola Käpernick - Страница 8
ОглавлениеHenris Revanche
Henris Ausflug war sehr ergiebig. Bevor er die Lebensmittel kaufte, überbrachte er Odiles bestellte Waren. Der Hochzeitsausstatter entpuppte sich als kleines Ladenlokal, mit viel Spitze und Kitsch, aber auch mit sehr eleganten Kleidern und einem sehr umfassenden Zubehör. Neben den Brautmoden, hatten sich die beiden Inhaber auch auf den Verleih von Dekorationen, Geschirr und Tischwäsche ausgerichtet. Eigentlich waren sie die Weddingplaner von A bis Z, wenn man sie ließ. Und viele ließen sie. Denn sie hatten ein Händchen für Hochzeiten und eine enorme Menschenkenntnis. Schon nach einem kurzen Gespräch konnten sie einschätzen, worauf die Brautpaare ansprangen und so managten sie viele tolle Hochzeiten. Etwas traurig waren sie nur, dass die meisten Kunden nur einmal kamen, wie sie Henri lachend gestanden, als der sich umgesehen hatte und ein Gespräch begann. Umso wichtiger fanden sie, dass die Gäste von seinem Service begeistert waren. Viele Kunden kamen hier an und riefen schon an der Tür: »Erinnert ihr euch an Marie-Claire und Cedric, die vor zwei Jahren geheiratet haben? Genauso eine tolle Hochzeit wollen wir auch.« Henri fand die beiden sympathisch und freute sich schon auf weitere Besuche. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er sich sputen sollte, wenn er nach dem Einkauf nicht in den Berufsverkehr kommen wollte. Also verabschiedete er sich und fuhr zum »Le bon Appetit«.
Von dem Gespräch am Vorabend wusste er bereits, dass Odile Meeresfrüchte mag. Er holte frische Champignons, Rote Bete, Meerrettich, Naturjoghurt, Ziegenkäse, Dattelsirup, Riesengarnelen und hatte das Glück, dass es noch etwas Sommerportulak gab. Außerdem griff er in der gut sortierten Körnerabteilung kräftig zu. Geröstete Pinien- oder Kürbiskerne würden die Struktur des Essens etwas spannender machen. Aus diesen leckeren Zutaten wollte er frische Salate zaubern. Die Garnelen würde er grillen. Dazu passte ein leichter Weißwein und frisches Baguette. Beides kaufte er ebenfalls in dem Feinkostgeschäft. Jean, der Besitzer erkannte ihn sofort. Mit ihm hatte er einmal länger geplaudert, als er einen Restaurantguide geschrieben hat. Einige kleine aber sehr feine Lokale haben es nur Dank Jean in diesen Guide geschafft, denn er plauderte die Namen seiner Kunden aus und wusste, dass der Bezug der Zutaten aus seinem exquisitem Laden, ein Garant für gutes und frisches Essen war. Die Begrüßung war herzlich und Jean freute sich aufrichtig, dass Henri in nächster Zeit in der Gegend war. Als dieser sagte, wo er arbeiten wollte, ließ Jean herzliche Grüße an Odile ausrichten. Sie war ebenfalls Stammkundin in seinem Feinkosttempel. An der Kasse fiel Henri noch ein, dass er kein Dessert eingeplant hatte. Also nahm er noch eine Mango mit, die er mit etwas Honig zu einem Eis verarbeiten wollte.
Odile ließ ihn in ihre Landhausküche. »Ich freue mich sehr auf das Essen, aber damit eins klar ist: Wer kocht, der putzt auch!« Obwohl sie bei diesen Worten aus vollen Herzen lachen musste, meinte sie das durchaus ernst. Würde Henri ihr eine völlig chaotische und klebrige Küche hinterlassen, wäre dies sein erster und letzter Kochabend zugleich. Er konnte sie ja immerhin noch in ein Restaurant ausführen, wenn er sie zum Essen einladen wollte.
Schon beim Auspacken staunte Odile nicht schlecht. Er hatte nicht gespart und wusste scheinbar auch, was da am Ende auf den Teller kommen sollte. Systematisch legte er die Zutaten zusammen und bat Odile, ihm etwas Lavendel aus ihrem Hofladen zu verkaufen. Sie öffnete wortlos eine Schranktür und wies auf die Gläser und Flaschen dort hin. »Bedien dich! Du musst dir nicht extra alle Gewürze kaufen und schon gar nicht, meine eigenen Lavendelprodukte, wenn du für mich kochst. Ich war heute nicht auf den Feldern, Madame Lavande braucht noch eine Runde Auslauf. Wie lange habe ich Zeit?«
Henri überlegte kurz und sagte: »Eine Stunde.« Er freute sich, dass er unbeobachtet kochen konnte. Als Odile draußen war, schaute er sich erst einmal die Küchengeräte an. Hatte ihn sein geschulter Blick doch nicht getrogen. In der Ecke stand eine Eismaschine mit Kompressor. Schnell rührte er die pürierte Mango mit etwas Dattelsirup und Joghurt zusammen und warf die Eismaschine an. Das Dessert machte sich ab jetzt allein.
Als Vorspeise waren gefüllte Champignons vorgesehen. Hierfür rührte Henri den feinen milden Ziegenkäse mit Lavendelblüten und etwas Dattelsirup glatt, würzte mit Salz und Pfeffer nach und gab ein paar gehackte Blätter von dem Portulak darunter. Das gab er in die geputzen Pilze. Kurz vor dem Essen würde er die Stiele der Pilze anbraten und ein paar Kerne in Olivenöl anrösten und darüber geben. Der Hauptgang war ein Arrangement aus einem pinkroten Rote Bete Salat, der mit Joghurt, Orangensaft, frischem Meerrettich und Chayennepfeffer zubereitet wurde. Als farblicher Kontrast thronte der feine Sommerportulak mit Pinienkernen und einer feinen Vinaigrette daneben. Dazu gab es die gegrillten Riesengarnelen. Das alles dauerte keine dreiviertel Stunde und er hatte Zeit, die Teller vorzubereiten und den Tisch zu decken. Den Wein hatte er aufgrund der Kürze der Zeit in das Eisfach gelegt.
Pünktlich nach einer Stunde kam Odile zurück. Die Küche blitzte bereits wieder und nur das, was noch benötigt wurde, stand aufgeräumt da und wartete auf seinen Einsatz. »Wenn ich nicht gesehen hätte, dass du die Zutaten mitgebracht hast, würde ich denken, du hast das fertige Essen eingekauft. So schnell fertig und die Küche kein Schlachtfeld. Ich bin beeindruckt.« Henri registrierte lächelnd, dass Odile zum Du übergegangen war und stieg ohne ein Wort darüber zu verlieren, darauf ein. Es war auch zu albern, wenn sich zwei Menschen im ähnlichen Alter siezten. »Schön, wenn ich dich überraschen kann.« Sagte Henri also nur und widmete sich erst einmal dem Hund. Für Madame hatte er ein Stück Kalbsleber mitgebracht und fragte Odile, ob Lavande dies haben darf. »Natürlich! Sie wird mich nie wieder anwedeln, wenn ich das nicht erlauben würde.« Odile lachte. Sie ging schnell ins Bad und wusch sich die Hände. Henri hatte inzwischen die Leber in feine Streifen geschnitten und schnell in einer heißen Pfanne gebrutzelt. Auf dem Tisch standen bereits die Teller mit den Champignons, das Baguette war aufgeschnitten und lag auf einem Holzbrett. Fragend hob er die Weinflasche hoch und Odile verstand, dass er einen Korkenzieher wollte. Sie reichte ihm den hinüber und holte Gläser.
Madame Lavande hatte den Braten natürlich schon gerochen und scharwenzelte aufgeregt um den Tisch herum. Aber die Leber musste noch abkühlen. Die beiden ließen die Gläser klingen. In den Gläsern leuchtet goldgelb ein feiner italienischer Vermentino aus Sardinien. Auf der Flasche prangte ein Hummer. Wie passend zu den Riesengarnelen, dachte Odile. Doch Henri wies entschuldigend darauf hin, dass er keinen Weißwein aus Frankreich kenne, der zu seinem Essen passen würde. Odile fand diese Entschuldigung unnötig. Denn sie war weltoffen und der Wein schmeckte sehr gut.
Odile war von Henris Kochkünsten sehr angetan. Madame scheinbar auch. Denn der Napf glänzte nach dem Mahl und sie leckte sich sehr ausgiebig das Maul. Die Garnelen waren auf den Punkt gegart und sehr gut gewürzt. Die Salate schmeckten hervorragend und das Eis war der krönende Abschluss. Nicht zuletzt trug die angeregte Unterhaltung bei Tisch, zu dem gelungenen Abend bei. Nachdem Henri die Grüße von Jean und den beiden Hochzeitsausstattern überbracht hatte, erzählten sie sich gegenseitig Anekdoten, die sie mit Jean schon erlebt hatten. Denn Odile beauftragte ihn regelmäßig mit einem kleinen Catering, wenn sie Veranstaltungen auf dem Hof hatte und Henri hatte ja auch bereits mit ihm zu tun, als er den Restaurantguide geschrieben hat.
Die Zeit verging wie im Fluge. Henri räumte schnell die Spülmaschine ein und wischte die Arbeitsflächen noch einmal sauber. Odile fragte ihn, ob er ein Problem damit hätte, morgen sehr früh aufzustehen. »Die Setzlinge müssen geschnitten werden. Das ist keine anstrengende Arbeit, aber wir müssen früh anfangen. Wenn es zu heiß wird, möchte ich an den Pflanzen nicht mehr herumschneiden.« »Sag mir wann und ich werde auf sein. Ich freue mich auf die Arbeit im Feld. Frische Luft und Lavendelduft. Du musst mir nur zeigen, was ich tun muss.«
»Das werde ich! Danke schon jetzt und sei mir nicht böse. Aber ich sage Gute Nacht! Ich bin müde und das leckere Essen verlangt wohl auch nach einem Verdauungsschlaf.«
»Gute Nacht. Es war ein schöner Abend. Danke, dass ich für dich kochen durfte.«
»Geh, ich habe zu danken, Ongrieh-Olè Ochmuth!« Odile wusste natürlich längst, dass er sich köstlich über ihre Aussprache amüsierte und kokettierte ein wenig damit.
Bevor Henri ging, hielt er kurz inne. Er hatte das Gefühl, ihr einen Kuss geben zu müssen. Aber am Ende hielt ihn etwas zurück und er fand, dass das auch gut so war.