Читать книгу Mister Left - Carola van Daxx - Страница 7
Herzchen, alles Herzchen
Оглавление„Was meinen Sie nun, Frau Feldmann, ist der was für uns? Dieser Coach auf Knigges Spuren...“, wollte Herr Fadenmeyer von ihr wissen.
„Ich denke schon. Er bietet ein umfassendes Konzept. Interne Schulungen für den Kundenkontakt vor Ort, Benimmregeln auf modern getrimmt und zeitgemäß, Tischsitten – alles sowohl für die deutschen Kunden, als auch international ausgerichtet. Und nicht zuletzt den Feinschliff für die Verkäufer auf Dienstreisen. Herr Link hat langjährige Erfahrung, war selbst Sales Manager und hat weltweit agiert. Außerdem bietet er noch persönliches Coaching und ein spezielles Entspannungstrainings auf Basis von Yoga und Meditation, fernöstlicher Bewegungslehre. Der Mann ist so etwas wie ein moderner Fußballtrainer, so ein Klinsi für die Industrie sozusagen.“
Da grinste Herr Fadenmeyer, was nicht oft vorkam. Er blätterte konzentriert in den Unterlagen, die Sarah ihm mitgebracht hatte.
„Hört sich nicht schlecht an – und billiger als die Konkurrenz ist er auch, die Etablierten langen ja ordentlich zu für solche Schulungen. Ich werde das gleich mal an den Heizmann weitergeben. Der soll dann einen Termin machen. Training zuerst für die Verkäufer, das muss sich in den Auftragsbüchern auch bald bemerkbar machen… Und später dann für die Internen. Behalten Sie es aber noch für sich. Ich will keine Unruhe. Wir müssen das geschickt verkaufen, vielleicht verbunden mit einem Wochenende in einem Wellness-Hotel. Muss ja nicht gleich so ein Fünf-Sterne-Laden sein…“
Sarah Feldmann lächelte innerlich, behielt aber vollständig die Contenance. Sie verabschiedete sich förmlich und ließ ihre Unterlagen bei Herrn Fadenmeyer zurück. Die brauchte sie vorerst nicht mehr. Sie kannte inzwischen jedes Wort, jeden Slogan von Link Living Easy auswendig… Und hatte in den letzten beiden Nächten auch oft genug das Zauberwort gehört: RELAX!
„Du siehst aus wie ein frisch gevögeltes Eichhörchen“, bekam sie von Tinka zu hören, die dabei nicht mal aufhörte wie wild auf ihre Tastatur zu hauen.
„Wie bitte? Was war DAS denn jetzt?“, hatte sie sich extra laut empört. Zum Glück war niemand sonst im Raum.
„Reg‘ Dich nicht so künstlich auf, Sarah! Man kann es beinahe aus jeder Pore riechen, dass Du einen Lover hast. Und Deine Pupillen sehen auf einmal aus wie rosa Herzchen...“
Es war ihr oberpeinlich, dass Tinka es ihr angesehen hatte. Wollte sie doch unter allen Umständen vermeiden, zum Objekt des Firmentratschs zu werden. Noch war die Sache mit Hans-Georg nicht in trockenen Tüchern, zwei gemeinsame Nächte waren noch lange kein Heiratsantrag. Nicht mal eine offizielle Beziehung. Eigentlich war es nicht mehr als ein Two-Night-Stand. Von gemeinsamen Mahlzeiten und einigen Tagesschäferstündchen mal abgesehen. Zu unwirklich erschien ihr die ganze Szene. Immerhin war sie nicht mehr in dem Alter, in dem frau auf jeden Schmus hereinfiel. Aber er hatte sie überzeugt, mit jeder Geste, jedem Blick. Einfach allem. Er war so dermaßen Mr. Right, wie es ein Mann nur sein konnte. Angefangen von der perfekten Garderobe, einem exakten Haarschnitt, einem glatt rasierten Bart, gepflegten Zähnen, hervorragenden Manieren und einem Charme, dass es Prince Charming die Zornesröte ins Gesicht gezaubert hätte.
Wie hätte sie sich dagegen wehren sollen?
Ihr Credo dazu lautete: Es gibt Dinge im Leben einer Frau, die sie sich keinesfalls entgehen lassen darf!
Zumindest redete sie sich das erfolgreich ein. Und wollte plötzlich so gar nichts mehr davon wissen, dass sie bis vor drei Tagen noch selbst George Clooney von ihrem Bauch herunter gestrampelt hätte.
„Ich kenn‘ Dich einfach zu gut, Herzchen!“, triumphierte Tinka und kaute wieder einmal lautstark ihre Lieblings-Schokolade, die mit den ganzen Nüssen.
„Danke, dito! Ich sag‘ nur: neueste Nuss-Nougat-Diät… Jetzt mit extra vielen Kalorien, damit die Pfunde auch schön haften bleiben.“ Sarah war ein bisschen pienzig, sie hatte sich von Tinka ertappt gefühlt und das passte ihr überhaupt nicht.
„Jetzt sei nicht sauer, erzähl‘ lieber mal was über diesen Typen, der Dich Eisprinzessin zum Schmelzen gebracht hat…“
„Spinnst Du? Das geht hier doch gar nicht. Die Wände haben schließlich Ohren…“
Dann ließ Tinka ihre zehn Finger in der Luft Klavier spielen. Das war ihre Art der Aufforderung und sollte heißen: DANN MAIL WAS RÜBER, aber pronto!!!
Und das tat Sarah auch umgehend. Wutentbrannt!
Sehr geehrte Tinka Behrens,
das von Ihnen angeregte Thema können wir unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt in einem gesonderten Treffen persönlich besprechen. Zurzeit besteht von meiner Seite jedoch kein Gesprächsbedarf.
Zurzeit heißt übrigens ungefähr bis zur wohlverdienten Rente – nur zur Info.
Frohes Schaffen weiterhin!
Ihr Gegenüber
Sarah Feldmann
Ein paar Sekunden später verfinsterte sich die Miene von Tinka ganz erheblich. Und innerlich grinste Sarah sich einen ab…
Diese neugierige Person, dachte sie. Da hat sie doch tatsächlich geglaubt, ich maile ihr die neuesten Beischlaf-News über den Firmenserver herüber. Manchmal war Tinka wirklich so richtig „vom Dorf“, was in dem Fall für absolut naiv und realitätsfern stand. Natürlich war Tinka wirklich vom Dorf, aber im Prinzip war Sarah das egal, wenn es nicht immer mal wieder zu wirklich absurden Aktionen ihrerseits gekommen wäre. Manchmal hakte es bei ihrer jüngeren Kollegin einfach aus.
Dabei liest man doch immer, dass dunkle Schokolade schlau machen soll und die Nerven stärkt. Aber so hibbelig, wie Tinka oft war? Außerdem musste Sarah immer die Luft anhalten, dass sie sich nicht verplapperte. Besonders, wenn sie guter Laune war oder – was noch öfter vorkam – total aufgedreht. Dann konnte sie schon einmal raushauen, dass „Sarah Feldmann schließlich Langzeit-Single ist und sich über Angebote attraktiver Junggesellen mit regelmäßigem Einkommen immer freut…“. Das war bei der letzten Weihnachtsfeier der Fall. Ist ihr nur so rausgerutscht. Und sie war nicht mal blau gewesen. Nicht mal ein bisschen. Da gab es nichts schönzureden und auch nichts zu entschuldigen.
Seitdem war Sarah vorsichtig mit ihr. Obwohl sie ihre Kollegin wirklich mochte. Nur, an irgendeinem Punkt war sie unberechenbar. Und die Sache mit Hans-Georg Link war ihr einfach zu heikel, um sie gerade ihr in aller Ausführlichkeit zu berichten.
Außerdem, fand Sarah, musste sie die ganze Nummer, oder sollte sie lieber die Mehrzahl benutzen, erst einmal selbst verdauen.
Und das ging am besten mithilfe des guten alten Tagebuches. Handschriftlich, ohne jegliche Möglichkeit, dass es je in falsche Hände geraten könnte. Nein, ihre geheimsten Gedanken und Erlebnisse wollte sie keinem Computer anvertrauen. Die Wege der Hacker sind unergründlich…