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Ab wann ist ein Säugling ein Schrei-Baby?
ОглавлениеFür die Definition des Schrei-Babys gibt es eine so genannte wissenschaftlich
gefundene Dreier-Regel (rule of threes): Ein Baby muss demnach drei Wochen lang
an mindestens drei Tagen in der Woche über drei Stunden lang schreien. Dazu
kommen noch die Schrei-Attacken die sich nicht bändigen oder beenden lassen:
Nichts hilft wirklich, und das Baby schreit anhaltend durch, kriegt sich gar nicht mehr
ein und verschluckt sich dabei auch noch, wird puterrot im Gesicht vor lauter
Schreien. Alle Ihre Bemühungen bringen nichts. Ihr Kind schreit einfach – für Sie
grundlos – weiter.
Ab diesem Zeitpunkthaben diegestressten Elterneinen echten Schreihals. Dabei
wissen die Wenigsten, dass das Schreien bei einem Baby erstmal zum ganz
normalen Alltag gehört. Denn wie soll es sich auch sonst artikulieren, wenn die
Windeln voll sind, sie Hunger haben oder ihnen ein Bäuerchen quer liegt. Manchmal
suchen sie mit Schreien auch nur einfach die Zuwendung der Mutter, körperliche
Wärme und wohliges Streicheln. Sie liegen ja die ganze Zeit nur in ihrem Bettchen,
während wir Erwachsene mit allen möglichen Dingen beschäftigt sind. Oder etwas
unternehmen, aufrecht gehen, Kochen oder uns in der Badewanne erholen.
Letztendlich beurteilen einige Mediziner das exzessive Schreien auch medizinisch
als „Krankheitswert“ – je nach subjektiv erlebter Belastung des Babys und der Eltern.
Danach ergreift man dann auch eine entsprechende Therapie.
Die moderne Medizin ist allerdings heutzutage weit weg davon, das Schrei-Baby als
Krankheit zu definieren. Überwiegend wird jetzt davon gesprochen, dass es sich bei
Schrei-Babys um ein Beziehungsproblem Kind-Eltern handelt (mit der medizinischen
Einordnung als Anpassungsstörung: F 43.2 im international verbindlichen
medizinischen Klassifizierungssystem ICD-10).
Man muss sich das einmal plastisch vorstellen: Junge Eltern bekommen zum ersten
Mal ein Kind. Sie wissen oft nicht, wie sie damit umgehen sollen, machen einiges
falsch und sind schlichtweg erstmal überfordert. Irgendwann sind sie auch genervt,
und das überträgt sich aufs Kind. Das kleine Würmchen merkt das – und schreit
dagegen an. Dann setzt sich ein quälender Kreislauf in Gang. Das Kind schreit,
verschluckt sich, pumpt dadurch Luft in seinen Bauch und bekommt dazu auch noch
Blähungen. Gepaart mit vielleicht falscher Ernährung kommt es hier zu einem sich
potenzierenden negativen Kreislauf. Es muss nicht immer so sein. Aber die
überwiegende Zahl medizinischer Studien und Beobachtungen deutet auf diesen
Weg stark hin. Insofern ist der Begriff der Dreimonats-Kolik mit Vorsicht zu sehen,
weil in der Folge der 1954 gestarteten Untersuchungen ganz andere Beobachtungen
gemacht wurden. Einige Mediziner sprechen gar bei der Drei-Monats-Kolik von einer
Fehlinterpretation. Sie ist auch heute nicht in der international gültigen medizinischen
ICD-Klassifikation, nach der alle Krankheitsbilder einzusortieren sind, zu finden. Sie
mag manchmal auch heute noch gelten. Doch die Ursachen fürs Schrei-Baby sind
vielschichtiger. Jeder Fall muss individuell untersucht und behandelt werden.
Heute definiert insbesondere die deutsche Kinder- und Jugendpsychiatrie das
exzessive Schreien als ein Leitsymptom der Regulationsstörung im Säuglingsalter:
eine für das Alter und den Entwicklungsgrad des Säuglings außergewöhnliche
Schwierigkeit, sein Verhalten in gleich mehreren Bereichen entsprechend zu lösen:
Schlafen, Hunger, Füttern, Windeln wechseln, Bauchschmerzen, Zuneigung, Trost,
angenehmes Liegen, Wahrnehmung der Umgebung und so weiter.
Wie entwickelt sich Baby-Geschrei?
Schrei-Babys leiden an dauerhaften, unstillbaren Unruhe- und Schreiattacken. Sie
kommen wie aus heiterem Himmel ohne einen ersichtlichen Grund. Alle bisherigen
Beobachtungen ergaben, dass ein solches exzessives Schreien meist um die zweite
Lebenswoche herum beginnt. In der Regel hört das etwa nach drei bis vier Monaten
wieder auf.
Das anfallsartige Schreien der Babys wechselt sich dabei mit Unruhe ab. Bis zur
sechsten Lebenswoche nehmen Heftigkeit und Häufigkeit zu. Meist legt sich das
dann wieder bis zum dritten Lebensmonat. Doch vier Prozent aller betroffenen Babys
schreien bis zum sechsten Monat weiter, selten sogar noch länger.
Das Schreien selbst äußert sich in unstillbaren, rhythmischen Schrei-Attacken ohne
erkennbaren Grund. Man sagt im Volksmund: Die Kinder kriegen sich nicht mehr ein.
Sie schreien unbändig weiter und ringen dabei nach Luft. Sie reagieren auf nichts
mehr. Im Gegenteil: Sie schreien dann eher noch heftiger.
Ein weiteres Merkmal des Schreiens ist: Es tritt häufiger am Abend auf. Grund dafür
ist eine Überreizung des Säuglings gegen Abend, weil bei kurzen Schlafphasen
(etwa weniger als 30 Minuten) über den Tag verteilt gegen Abend eine Übermüdung
des Säuglings mit Überreizung auftritt.
Ein Kind schreit und das andere nicht – warum?
Es ist schon verrückt. Das eine Baby schreit sich die Seele aus dem Leib, und der
andere Säugling ist so pflegeleicht, dass es schon unheimlich wirkt. Es ist fast so
ungerecht verteilt wie beim Essen. Der eine muss streng haushalten, um sich keinen
Rettungsring anzufressen. Ein anderer kann ständig über die Stränge schlagen und
nimmt trotzdem keinen Gramm zu (obwohl er es gerne möchte!). Woran liegt das?
Was sind die Ursachen des Schreiens?
Dabei ist das gar nicht mal so selten, wie wir in der Einleitung bereits beschrieben
haben. Und es muss auch nicht unbedingt negativ sein sowie Spätfolgen in der
Entwicklung nach sich ziehen.