Читать книгу Wenn das Gehirn auf Sex programmiert ist (Teil 1) - Caroline Milf - Страница 3
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ОглавлениеErste Eindrücke täuschen selten.
Eine Binsenweisheit, aber ich konnte mich nicht daran erinnern, sie jemals drastischer bestätigt gesehen zu haben.
Was ist da so katastrophal schiefgelaufen?
Pausenlos stellte ich mir diese Frage, versank darüber ganz in mir selbst. Es war reine Mechanik, antrainiertes Verhalten, das mich immer und immer wieder den Auslöser durchdrücken ließ.
Bis sie mich unterbrach.
Pause!
Normalerweise war das der magische Moment eines jeden Fotoshootings. Kaffee schlürfend und eine Zigarette rauchend saß ich dann mit meinen Assistenten, dem Model, der Agentur und allen anderen mehr oder weniger zufällig Anwesenden vor dem großen Schirm und lud das Material in den Rechner.
Ein Moment wie Geburtstag, Weihnachten und Neujahr auf einmal.
Zu sehen, dass alles so funktioniert hat, wie es gedacht war, zu entdecken, dass die Mühe sich lohnte.
Diesmal war alles anders.
Ich saß allein vor dem Rechner und lud die Bilder hoch, ohne die Dateien auch nur zu kontrollieren. Währenddessen konnte ich sie hören, das Geräusch ihrer Schuhe auf dem harten Boden des Studios, wahrscheinlich kontrollierte sie ihr Makeup in einem der Spiegel, die dort hingen.
Oder sie versuchte, ihr entsetzliches Outfit in Ordnung zu bringen.
Vergebens, wie ich mir dachte.
Die Klamotten waren schon in den Achtzigern nicht mehr modern gewesen, sie hätte ebenso in einem Kartoffelsack vor mir stehen können. Und irgendwie galt das auch für ihre Schuhe, ihre Frisur, ihre ganze Person.
Sie interessierte mich nicht!
Sie schaffte es keine Sekunde, mich in ihren Bann zu ziehen und so blieb mir nichts anderes als mein Ärger, dass ich mich auf dieses Fotoshooting eingelassen hatte und die Hoffnung, dass der Albtraum bald vorbei wäre. Was für eine Schnapsidee!
Normalerweise arbeitete ich höchst professionell.
Ausgesuchte Auftraggeber, Agenturen und Models gaben sich an der Tür zu meinem Studio die Klinke in die Hand. Ich war gut genug, um international aufzufallen und genoss meinen Status. Assistenten prügelten sich darum, bei mir arbeiten zu dürfen, Makeup-Artisten hefteten sich meine Bilder in ihr Portfolio und meine Ausstellungen wurden meist von großen Modemachern ausgerichtet und besucht.
Ich weiß noch immer nicht, welcher Teufel mich geritten hatte, als ich dieses Angebot annahm. Wahrscheinlich tat ich es des Geldes wegen!
Immerhin hat man mir eine exorbitante Summe geboten, um mich mit ihr einzulassen. Vorauskasse.
Carmen!
Was für ein grauenhafter Name, der mich an die Oper von Georges Bizet erinnerte. Ich war damals bereits nach dem Libretto eingeschlafen.
Carmen!
Was für eine seltsame Frau!
Das lauter werdende Klick-Klack ihrer Schuhe ließ mich aufschauen. Sie stand in der Tür zu der kleinen Kammer, in der ich saß und lehnte sich an den Türrahmen.
Sie war nicht etwa hässlich, ganz im Gegenteil sogar. Carmen hatte einen makellosen, fast schon perfekten Körper. Lange schlanke Beine endeten in einem festen Gesäß, die Linie ihrer Hüften verengte sich um einen flachen, trainierten Bauch. Ihre künstlichen Titten waren zumindest 80D und vergrößerten ihren Oberkörper auf die Maße eines Pornostarlets. Auf ihrem langen Hals saß ein bildhübsches Gesicht. Ihre sehr langen, blauschwarzen Haare rundeten das Bild ab.
„Meister?“, sprach sie mich ein wenig müde an. „Ich wäre wieder so weit.“
Ich zog die CF-Karte aus dem Rechner, erhob mich und trat auf sie zu. Sie wandte sich ab und ging voraus ins Studio. Unsicher, kippelig auf den hohen Schuhen, die sie offensichtlich nicht gewohnt war.
Meister, so nannte sie mich, seit ich sie an meiner Tür begrüßt hatte. Anfangs dachte ich, sie wolle sich über mich lustig machen, aber ich musste schnell feststellen, dass ihr auch jeglicher Humor fremd war.
Wer war nur auf die Idee gekommen, dass sie sich selbst einkleidete und schminkte?
Ich hatte meinem Auftraggeber angeboten, Maske und Kostüm von Profis machen zu lassen und die Menge Geld, die der Knabe bereit war in dieses Fotoshooting zu investieren, hätte gereicht, um die Besten zu bekommen.
Aber man hatte es mir ausdrücklich verboten!
Nein, sie sollte sich selbst schminken und einkleiden, immerhin wäre sie kein professionelles Model und die vielen Leute im Studio hätten sie verunsichern können. Selbst meine Assistentin durfte nicht dabei sein, auch der Auftraggeber wollte nicht zusehen. Wir waren allein.
Was für eine Scheiße!
„Okay, Carmen. Bereit?“
Da stand sie wieder in der surrealistischen Deko, plump wie ein Marsmensch, verstört wie ein Fisch an Land.
„Ja. Was soll ich tun?“
„Lehn dich an den Tisch, stell deine Beine ein wenig auseinander, drück deinen Oberkörper durch, genauso! Zeig dich! Zeig mir, dass du stolz auf deine Titten bist!“
Fotografieren sie eine erotische Serie von Carmen. Nicht zu viel Haut, keine offensive Sexualität, das würde sie überfordern, hat man mir aufgetragen.
Absolut richtig, dachte ich.
Carmen hatte überhaupt kein sichtbares Selbstvertrauen und ihre Erotik, so sie vorhanden war, hat sie bis jetzt auch sehr gut versteckt. Ihr Verhalten wollte so gar nicht zu ihrem Äußeren passen.
„Öffne deine Lippen, nur einen Spalt breit!“
„Äh ... ja ... ich kann das nicht!“
„Dann lass es halt! Dreh dich noch mehr zu mir, nicht ganz frontal, so ist es gut, jetzt sieh mich an! Mehr von unten, zeig mir ein bisschen mehr Ergebenheit!“
Jedes Fotomodel auf Gottes weiter Erde hätte verstanden, was ich damit gemeint habe und seinen heftigsten Schlafzimmerblick aufgesetzt, nicht aber Carmen. Sie riss ihre Augen weit auf und starrte mir wie hypnotisiert in die Linse. Ich gab auf, drückte den Auslöser noch ein paar Mal, nur um meinen Ärger wegzubekommen.
„Carmen, vergiss es! Tut mir leid, aber mir fällt nichts mehr ein. Mehr wird es nicht.“
Wortlos ging sie zur Garderobe. Herr im Himmel, es war vorbei.
Ich hatte Carmen schon vergessen, als wenige Tage später während eines Katalogshootings das Telefon in meinem Studio läutete. Ich ging gerade die ersten Prints mit der Agenturleiterin Michelle Leclerc durch.
Laura, meine Assistentin, hob ab.
„Sehr schön, der Reflex hier gefällt mir sehr gut, aber bekommst du ihre Sonnenbrillen noch sauber?“
Die blonde, sehr attraktive Michelle Leclerc mühte sich, mir so über die Schulter zu sehen, dass ich bei jeder Bewegung ihre festen Brüste an meinem Oberarm spüren konnte.
„Nicht ganz, ich müsste sonst seitlicher gehen und würde ihren Mund verlieren. Aber wir machen das digital, okay?“
Ich genoss den Druck ihres Oberkörpers und spielte ernsthaft mit dem Gedanken, sie einmal zu mir nach Hause einzuladen.
„David, für dich!“
Laura war zurückgekommen und hielt mir den Hörer entgegen.
„Was ist? Ich habe keine Zeit!“
„Der Anrufer besteht darauf, dich persönlich zu sprechen. Angeblich ein Kunde, aber er sagt mir seinen Namen nicht.“
Laura hatte ihre Hand über das Mikro gelegt.
„Okay, gib her! Sorry, Michelle, ich bin gleich wieder bei dir.“
Ich ging mit dem Telefon aus dem Studio.
„Ja, bitte?“, meldete ich mich.
„Die Fotos sind scheiße!“, hörte ich eine tiefe Stimme sagen.
„Wie bitte? Welche Fotos? Wer zum Teufel ist da?“
Ich war ins Freie getreten, lehnte mich an die Wand, klemmte mir das Telefon zwischen Wange und Schulter und suchte meine Zigaretten.
„Was wollen Sie von mir?“
„Carmen. Sie haben die Fotos von Carmen verschissen!“
„Ich?“, entfuhr es mir. „Ich soll die Fotos von Carmen verschissen haben?“
„Ganz genau! Und ich will, dass Sie es noch einmal versuchen!“
Wer immer der Typ auf der anderen Seite der Leitung auch sein mochte, er hatte die Ruhe weg. Seine Stimme war sonor, ruhig, angenehm wie die eines Radiosprechers nach Mitternacht, der aus einem Buch von Stefan Zweig vorlas.
„Hören Sie, ich habe überhaupt kein Interesse ...“
„Nein! Sie hören jetzt zu!“, unterbrach er mich knapp. „Die Bilder, die Sie mir geschickt haben, sind völlig wertlos für mich. Was man von Ihrem Honorar nicht gerade behaupten kann, oder?“
„‚Gut, es reicht!“
Ich war fassungslos, spielte mit dem Feuerzeug in meiner Hand.
„Von mir aus können Sie Ihr Geld zurückhaben. Ich weiß selbst, dass ...“
„Vergessen Sie das Geld. Ich will es nicht zurück! Ich will die Bilder, die ich bei Ihnen bestellt habe, sonst nichts!“
Die Bestimmtheit, mit der er das sagte, ließ mich einfrieren. Ich war fasziniert von der Stimme, die mir gerade Befehle zu geben schien.
„Ich bin sogar bereit, noch mehr Geld zu investieren.“
„Hören Sie, es geht mir nicht ums Geld. Wie Sie schon selbst gesagt haben, geht es um Carmen!“
Ich hatte mich wieder gefasst. Eine Zigarette dampfte in meinem Mundwinkel.
„Sie ist kein Model und wird auch nie eines sein. Verstehen Sie, es gibt Menschen, die sind einfach nicht gut vor der Kamera. Nicht fotogen! Haben Sie schon einmal davon?“
„Tun Sie sich selbst einen Gefallen und halten mich nicht für naiv!“
Wieder dieser Befehlston. Ich sog an meiner Kippe.
„Ich weiß, dass Carmen nicht gut war und glauben Sie mir, ich habe Ihr das auch eindringlich klar gemacht. Allerdings hatte ich mir von Ihnen wesentlich mehr erhofft. Ich bin sehr angetan von Ihrer Fotographie. Ich habe nicht umsonst Sie ausgesucht, um mir diese Serie machen zu lassen. Ich dachte, Sie könnten ihr vermitteln, worum es geht und eine Stimmung erzeugen, die Carmen die Möglichkeit geboten hätte, mehr aus sich heraus zu gehen. Das haben Sie ganz offensichtlich nicht geschafft und ich gebe Ihnen die Möglichkeit, es noch einmal zu probieren. Sie sollten wissen, dass ich nicht immer so entgegenkommend bin. Ich bin es gewöhnt, dass man mir liefert, was ich bestellt habe!“
Schweigen!
Ich war zu verwirrt, um schlagfertig zu sein, überlegte kurz, ob ich einfach auflegen sollte. Aber irgendwie hatte ich etwas Bedrohliches aus seinem letzten Satz herausgehört, unterschwellig nur, aber eindringlich genug. Langsam kamen mir meine Worte aus dem Mund.
„Wer zur Hölle sind Sie und was erwarten Sie von mir? Sie schicken mir eine sehr hübsche, aber völlig untalentierte junge Frau hierher, zwingen mich, sie ohne meine Mitarbeiter zu fotografieren und erwarten sich was genau? Das läuft nicht so, das funktioniert nie, okay? Was immer ich auch getan hätte, Carmen wäre dadurch nicht in Stimmung gekommen, wie Sie es genannt haben. Sie kann es einfach nicht! War das deutlich? Und ich lasse mich auch nicht bedrohen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich werde ihre Carmen nie wieder fotografieren, kein Interesse!“
„Sie werden Carmen fotografieren. Aber nicht die Carmen, an die Sie sich erinnern. Sie werden sie nicht wiedererkennen. Ich werde ihr lernen, was sie zu tun hat. Ich werde ihr beibringen, das zu tun ist, was Sie von ihr wollen. Und Sie werden zufrieden sein, das garantiere ich. So läuft das. Wann?“
Ich konnte es kaum glauben.
Was für ein Schwachsinn!
Was für eine Frechheit!
„Sie sagen mir jetzt sofort, wer Sie sind“, zischte ich in den Apparat, „oder diese Unterhaltung ist beendet!“
„Meine Identität tut nichts zur Sache, aber wenn Sie so wollen, bin ich Carmens Gönner. Ich sorge für sie, nicht ganz selbstlos. Und ich bin Ihr äußerst unzufriedener Auftraggeber. Deshalb sage ich es Ihnen ein letztes Mal noch in einem freundlichen Ton. Machen Sie mir die Bilder, die ich haben wollte und ich bin bereit, das Honorar noch einmal zu verdoppeln. Im Voraus, wie letztes Mal.“
Da stand ich nun, auf dem Gehsteig der Ohmstraße in Schwabing, mit einem Verrückten am Telefon, dessen Stimme mich zwang, ihm zuzuhören und dessen Angebot zu gut war, um es auszuschlagen.
Lange Zeit schwiegen wir beide.
Dann, als ich mir ausgemalt hatte, was ich mit den zusätzlichen Einnahmen alles anstellen konnte, brach mein Widerstand.
„Samstag, 14:00 Uhr bei mir im Studio. Kommt Carmen allein?“
„Ja.“
„Sie soll das Geld mitbringen. Kaufen Sie ihr ordentliche, ansprechende Kleidung.“
Ich legte auf, atmete tief durch, nahm hastig die letzten Züge meiner Zigarette und ging zurück ins Studio.
„Alles klar?“, fragte Laura mich. „Wer war das?“
„Ein Verrückter!“, antwortete ich knapp.
„Wie?“
„Vergiss es, Laura. Es geht dich nichts an, wer das war!"
„Hey, sorry, ich wollte dir nicht zu nahetreten. Du wirkst nur ein bisschen ...“
„Schon gut“, unterbrach ich sie. „Können wir weitermachen. Michelle? Seid ihr soweit mit dem Model?“
Nach dem Fotoshooting kam Laura zu mir. Ich ließ sie gar nicht zu Wort kommen.
„Entschuldige, ich wollte vorhin nicht unfreundlich sein.“
Ich kannte Laura schon lange.
Sie hatte als Produktionsassistentin bei einer kleinen Agentur begonnen, eines Tages stand sie dann auf einem meiner Sets und war mir sofort sympathisch. Sie machte ihren Job hervorragend, war stets hilfsbereit und nicht aus ihrer Ruhe zu bekommen. Einen großen Anteil an dem Reiz, der von ihr ausging, hatte ihr fast unendliches Stilbewusstsein. Sie war gerade einmal 28 Jahre alt, eine Grafikstudentin ohne Abschluss und doch auf eine natürliche Art selbstbewusst. Sie war immer perfekt gekleidet, aufreizend und doch alltagstauglich, nie zu viel geschminkt und doch immer so, dass man sie ohne weiteres vor eine Kamera hätte stellen können. Immer freundlich und zuvorkommend, ohne schmeichlerisch sein zu wollen, immer am Punkt mit ihrer Meinung und jederzeit bereit, zu lernen.
Irgendwann später war es ihr sogar gelungen, die hierarchisch weitaus höher gestellten und für gewöhnlich sehr um ihre Ausstrahlung und Erotik bemühten Agenturmädels einfach an die Wand zu spielen.
Und jetzt musste ich meiner Assistentin von Carmen erzählen.
„Also, ich habe letztes Wochenende etwas getan, was ich nicht hätte tun sollen. Vor zwei Wochen ungefähr hat mich jemand angerufen, ein Kunstsammler, oder zumindest jemand, der sich als solcher ausgab. Er wollte Drucke von mir kaufen und ich verwies ihn an unsere Galeristin. Doch dann machte er mir sehr unvermittelt ein Angebot.“
„Was für eins?“
Ich fischte die Zigarettenschachtel von meinem Schreibtisch, bot Laura auch eine an und gab uns beiden Feuer. Wir setzten uns.
„Er bat mich, Bilder extra für ihn zu schießen, eine Auftragsarbeit also. Dann nannte er eine Summe Geld, die hoch genug war, um dafür Gesetze zu brechen. Also nahm ich an, ohne zu wissen, was mich erwarten würde.“
„Aha! Man kann dich mit Geld noch reizen? Wie sehr? Was musstest du dafür tun?“
„Ich musste Carmen fotografieren.“
„Wer zur Hölle ist Carmen?“
„Wenn ich das wüsste! Ich weiß eigentlich gar nichts. Der Typ hat sich bis heute nicht vorgestellt, hat mir nicht gesagt, wofür er die Bilder haben möchte und nur angedeutet, in welcher Beziehung er zu Carmen steht. Er sagte lediglich, er wäre ihr Gönner, was immer das auch bedeuten mag.“
„Wer IST Carmen?“
„Carmen ist das entsetzlichste Model, das ich jemals vor meinen Linsen hatte. Untalentiert, unerotisch, ein selbstwertfreies, stummes, beinahe uninteressiertes, auf jeden Fall aber uninteressantes Mädchen, wenngleich sehr hübsch und gut gebaut. Aber ich hätte genauso gut meine Badewannenquietschente fotografieren können. Sie versprüht den Sex einer aufblasbaren Puppe.“
„Okay, du hast sie also fotografiert. Und? Wo sind die Bilder? Ist etwas daraus geworden?“
„Ich habe die Bilder nicht mehr. Mein Auftraggeber hat Carmen einen Vertrag mitgegeben, in dem klipp und klar vermerkt war, dass sämtliche Originale einschließlich aller Arbeitskopien sofort nach Ende des Fotoshootings auf einen Speicherstick gebrannt werden und direkt an den Auftraggeber gehen sollten. Aber das Fotoshooting war so scheiße, dass ich ohnehin keine Lust hatte, die Bilder zu behalten oder nachzubearbeiten. Ich habe vertragsgemäß alles gelöscht.“
Laura saß mir gegenüber, hatte sich nach vorne gelehnt und ihren Kopf auf die Arme gestützt.
„Hast du dein Geld bekommen?“
„Ja, habe ich. Carmen kam mit einem Kuvert hier an, die ganze Summe in bar!“
„Na, dann ist die Welt doch heil und in Ordnung. Was hältst du davon, wenn du mich zum Essen einlädst, ich habe richtigen Hunger bekommen.“
„Gerne. Aber du hast leider nicht ganz Recht, die Welt ist gar nicht in Ordnung.“
„Wie?“
„Der Anruf vorhin, das war er wieder. Mein Auftraggeber. Besser, mein unzufriedener Auftraggeber.“
„Will er sein Geld zurück? Gut, dann lade ich dich zum Essen ein, du bezahlst die Getränke.“
Laura drückte ihre Zigarette aus und erhob sich.
„Erzähl es mir am Weg. Sushi?“
„Gerne!“
Wir machten das Studio klar, verstauten alles, Lichter aus, rein ins Auto. Laura fuhr und sie fuhr wie immer zu schnell.
„Also?“
„Also: der Typ findet die Fotos wohl genauso scheiße wie ich selbst. Nur schiebt er das nicht Carmen, sondern auf mich als Fotograf!“
„Was?“
„Ja, genau! Er meinte, es sei meine Schuld, dass Carmen nicht in Stimmung gekommen sei. Er hätte diesbezüglich auf meine Professionalität vertraut.“
„So ein Unsinn!“, unterbrach sie mich. „Ich hoffe, du hast einfach aufgelegt!“
„Habe ich nicht. Halt mich für verrückt, aber ich kann es nicht ändern. Der Typ hat mich mit seiner Stimme und mit einer offenbar unverrückbaren Überzeugung geradezu hypnotisiert.“
„Er hat dich hypnotisiert?“
„Ja!“
Wir waren angekommen, Laura parkte schwungvoll ein.
Das Restaurant war eines unserer Stammlokale. Der Besitzer begrüßte uns wie immer grinsend, wies uns rasch einen Tisch am Förderband zu.
Wenig später standen zwei Gläser Rotwein vor uns.
„Das kann ich jetzt gut gebrauchen!“
Ich hob mein Glas und prostete Laura zu.
„Ein Joint wäre auch nicht verkehrt.“
„Lass uns anschließend zu mir fahren, ich habe da etwas, das du noch nicht kennst. Auch hypnotisch, auf gewisse Weise.“
Laura hatte ein paar merkwürdige Freunde von der Sorte, wie man sie besser nie persönlich kennen lernt. Aber sie war dafür stets versorgt mit beinahe allem, was Gott und besonders der Gesetzgeber verboten hat. Allerdings war ich schon am Ende meiner Drogenkarriere angelangt. Ich hatte mich von meinem schlimmsten Feind verabschiedet. Kokain war nie gut gewesen, hatte nie eingehalten, was mir versprochen wurde.
Alles, was mir geblieben war, waren gelegentliche Joints.
Ich erzählte Laura also den Rest der Geschichte, sie schüttelte immer wieder den Kopf und schob sich eine Portion nach der anderen in ihren sinnlichen Mund.
„Okay“, meinte sie am Ende meines Vortrages. „Du hast dich also dazu breitschlagen lassen, es nochmals zu versuchen. Besser noch, du hast Befehle angenommen von jemandem, den du nicht kennst und der dir gedroht hat? Ich sollte meinen Respekt vor dir verlieren angesichts solcher Neuigkeiten.“
Sie grinste bei diesen Worten. Ich wusste, sie meinte es nicht so. Wahrscheinlich war sie sogar in mich verliebt. Wir hatten aber nie über dieses Thema gesprochen. Außer gelegentlichen Sex oder Oralverkehr lief nichts zwischen uns.
„Ich bin mir nicht sicher, ob das eine Drohung war. Aber das war auch gar nicht mehr die Frage, meine Süße. Habe ich schon erwähnt, dass die Gage zehntausend Euro beträgt. Bar!“
„Wie bitte?“
Lauras Mund stand weit offen, Reis fiel zurück auf die kleine Schale in ihrer Hand.