Читать книгу Affären zu viert! - Caroline Milf - Страница 4
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Оглавление„Wann, hast du gesagt, haben wir die Hochzeitsgesellschaft?“, fragte Sandra Auersperg nervös und tippelte mit kleinen Schritten durch die Restaurantküche.
„Heute um neunzehn Uhr“, antwortete Marcel Dahlberg und versuchte angestrengt, Ruhe zu bewahren.
„Heute?! Tatsächlich heute? Ach du lieber Himmel!“, schrie Sandra nun hysterisch und raufte sich die Haare. „Ich habe Frank heute Abend frei gegeben, weil doch sonntags nicht viel los bei uns ist. Und jetzt stehen wir ohne Koch da!“
„Waaas hast du?“, brüllte Marcel außer sich. „Und wer soll jetzt das Abendessen für die vierzig Gäste machen? Ich glaube, ich werde wahnsinnig!“
Sandra fiel auf einen Küchenstuhl und begann leise vor sich hin zu weinen.
„Tut mir wirklich leid, Marcel, aber ich habe es total verschwitzt. Dieser ewige Stress hier schafft mich allmählich. Diese ewige Rein und Raus von Gästen, die Hetze, die endlos langen Nächte; alles das macht mich langsam aber sicher verrückt. Ich glaube allmählich wirklich, dass ich zur Wirtin nichts tauge ... Liebling, bitte verzeih!“
Und wieder weinte sie.
Marcel nahm sie in den Arm.
„Ist schon gut, Kleines. Ich werde versuchen, unseren Koch am Handy zu erreichen.“
Marcel konnte seine Freundin nicht traurig sehen. Er nahm sie fest in die Arme, küsste sie und strich ihr über das erhitzte Gesicht.
„Keine Bange, mein Schatz! Irgendwie kriegen wir das schon hin. Du machst dich schnellstens an die Salate und Desserts; ich bereite inzwischen das Fleisch und Gemüse vor. Wir werden es schon schaffen.“
„Hoffentlich“, seufzte Sandra und stand auf.
Sie lief eilig in den Keller hinunter und holte die verschiedenen Salate, die Tomaten, Gurken und alles andere und begann sie dann oben in der Küche zu putzen.
Marcel stellte inzwischen die Herdplatten an, setzte Fleisch und Gemüse auf und begann mit allen nötigen Vorbereitungen.
„Es wird höchste Zeit, dass wir endlich einmal ausspannen“, sagte er zwischendurch, „wir sind beide mit unseren Nerven am Ende.“
„Und wie stellst du dir das vor? Sollen wir etwa das Lokal einfach zumachen.“
„Wir haben ja noch deine jüngere Schwester. Nicole kennt den Laden in- und auswendig. Weshalb sollte sie uns nicht für einige Zeit hier vertreten? Ja, ich denke, das ist eine gute Idee. Ich werde mit ihr darüber sprechen.“
„Sie ist doch noch ein Kühen, ein unerfahrenes junges Mädchen“, wandte Sandra ein und zerhackte ein Bund Petersilie.
„Sie ist neunzehn, selbstbewusst, fleißig und zuverlässig“, erwiderte Marcel.
Sandra legte für einen Moment die Arbeit hin, setzte sich auf die Tischkante und rührte nachdenklich in dem Salatdressing herum.
„Schön wäre es ja“, dachte sie laut. „Seit dem Tod unserer Eltern sind wir kaum noch aus dem Geschäft herausgekommen. Nichts wie Aufregung und Arbeit hatten wir bis jetzt. Und wo wollten wir früher überall hin...“
„Wir sollten zunächst in unser Ferienhaus am See fahren. Dort ist es ruhig und menschenleer; genau das Richtige für unsere Nerven.“
„Wir können deine Idee im Auge behalten; ich fahre nur zu gern weg. Um ehrlich zu sein, hier bin ich alles schrecklich leid, und außerdem bin ich müde, so sehr müde.“
Sie stand auf, griff zum Messer und feuerte sich und Marcel an. „Jetzt aber ran, sonst muss unsere Hochzeitsgesellschaft verhungern.“
Eine halbe Stunde später kam der Koch, den Marcel am Handy erreicht hatte und der sofort bereit war, an seinem freien Sonntag auszuhelfen. Kurz darauf kamen die beiden Kellnerinnen, deckten die Tische ein, stellten Kerzen und Blumengestecke auf und holten die Getränke aus dem Keller.
Bald darauf kamen auch die ersten Gäste. Zuerst das Hochzeitspaar, dann die übrigen. Es war eine große, muntere Gesellschaft, die das kleine Restaurant schnell mit ihren Stimmen und Lachen füllte.
„Das wird heute wieder spät“, seufzte Sandra und räumte Besteck und Geschirr ein.
„Wie üblich bei solchen Feiern. Wenn du müde bist, kannst du nachher etwas früher nach Hause gehen.“
„Nein, ich bleibe bei dir. Ich helfe dir an der Theke, da wird nachher noch genug Trubel sein.“
Und so war es auch. Die Hochzeitsfeier verlief laut und fröhlich; man lachte und trank viel, und die jungen Leute tanzten unentwegt. Nachts um ein Uhr wurde noch ein neues Bierfass angestochen und etliche Schnapsflaschen kalt gestellt.
Marcel und Sandra hatten alle Hände voll an der Theke zu tun. Endlich kam auch Nicole, die junge Schwester von Sandra, nach Hause. Sie war mit ihrem Freund zum Tanzen gewesen und war jetzt ziemlich aufgekratzt.
„Jetzt löse ich dich ab, Schwesterchen“, lachte sie übermütig und gab Marcel einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. „Du kannst jetzt ins Bett gehen, Sandra. Ich helfe Marcel bis zum bitteren Ende.“
Sie goss sich einen Cognac ein, füllte ihn mit Cola auf und trank genüsslich.
„Himmel, bin ich froh“, stöhnte Sandra erschöpft, „meine Füße drücken schon gegen den Unterkiefer.“
Marcel schubste sie aus dem Lokal und riet ihr: „Trink vorher noch einen Schluck und leg dich dann ins Bett. Aber warte nicht auf mich; es kann sehr spät werden!“
„Früh meinst du wohl!“
Sie nahm noch eine Flasche Wein mit und ging dann in das Wohnhaus hinüber. Nun griff Nicole an ihrer Stelle kräftig mit zu. Mit ihren neunzehn Jahren kannte sie keine Müdigkeit und harrte bis zum Schluss aus.
Gegen drei Uhr gingen schließlich die letzten Gäste. Und während Marcel mit den beiden Kellnerinnen die Kassen abrechnete, fing Nicole an, im Restaurant aufzuräumen. Sie sammelte die Aschenbecher ein, stellte die Blumen weg und rückte die Stühle zusammen.
Als sie fertig war, goss sie sich einen Whisky ein, setzte sich neben Marcel und ließ die Eiswürfel in ihrem Glas klingen. Aufmerksam betrachtete sie Marcel.
„Ist etwas zwischen Sandra und dir?“, fragte sie vorsichtig.
„Nein! Wie kommst du denn darauf?“
„Sie ist in der letzten Zeit so komisch.“
„Was heißt komisch? Sie ist überarbeitet, das ist es.“
„Da muss noch etwas anderes sein. Sandra hat einige Male herumgedruckst und seltsame Andeutungen zu mir gemacht. Irgendetwas bedrückt sie.“
„Hat sie dir was Genaueres gesagt?“
„Nein, eben nicht. Sie hat doch sonst nie Geheimnisse vor mir, aber diesmal verschweigt sie etwas.“
Sie zerbiss einen Eiswürfel und spülte den restlichen Whisky herunter.
„Liebt ihr euch eigentlich?“, fragte sie unvermittelt.
„Aber natürlich. Lebten wir sonst zusammen!?“
„Das heißt nicht viel“, behauptete Nicole. „Ihr beide kennt euch doch von Kindheit an. Und als unsere Eltern verunglückten, wart ihr allein. Du musstest dich um das Restaurant kümmern, selbstverständlich half dir Sandra. Sie zog zu dir, lebt mit dir. Aber ist das Liebe?“
„Sollte Liebe anders sein?“
„Ich weiß es nicht, deshalb frag ich doch ja. Ich stelle sie mir nämlich ganz anders vor. Bei euch fehlt jegliche Romantik und Leidenschaft.“
„Romantik?“
„Ja! Ab und zu mal Händchenhalten, keine Geheimnisse, glänzende Augen, Zärtlichkeit. Bei euch ist alles so normal, so selbstverständlich. Alles geht nach Plan, ohne Höhen und Tiefen. Früher war Sandra ganz anders. Sie hat immer mehr geträumt als gedacht. Und heute?“
Sie stand auf, legte ihre kleine Hand auf seine Schulter und sagte leise: „Ich liebe meine Schwester, Marcel. Ich möchte nicht, dass sie unglücklich wird. Jetzt lebt ihr schon sieben Jahre zusammen, weshalb heiratet ihr nicht?“
Er strich sanft über ihre Wangen und nahm ihr eine blonde Haarsträhne von den Augen.
„Heiraten ist doch längst out. Eure Generation kreiert das doch lautstark.“
Nicole schüttelte heftig den Kopf.
„Ich aber nicht. Ich möchte den Mann, den ich liebe, auch heiraten, Kinder mit ihm gemeinsam haben, zu ihm gehören. Bei euch wird aber nie von Liebe, Heiraten und Kindern gesprochen. Deshalb mach ich mir um Sandra ernsthafte Sorgen. Ich hoffe, du verstehst mich, Marcel.“
„Sicher verstehe ich dich. Und vielleicht hast du sogar Recht; wir haben zu wenig über uns nachgedacht. Wir werden es nachholen. Gerade heute habe ich Sandra vorgeschlagen, ein paar Tage in das Ferienhaus an den Gardasee zu fahren. Würdest du in unserer Abwesenheit das Lokal schmeißen?“
„Aber klar! Was ich dich noch fragen wollte, Marcel: Am nächsten Samstag wollte ich bei uns eine kleine Party machen. Können wir die Kellerbar haben?“
„Keine Einwände.“
Er trank noch einen heißen Tee, rauchte eine Zigarette und musste mit Unbehagen daran denken, was Nicole ihm eben gesagt hatte. Er hatte nie gedacht, dass es zwischen ihm und Sandra irgendwelche Probleme geben könnte. Alles war zu klar, zu selbstverständlich, zu alltäglich bei ihnen. Bis auf seine kleinen stillen Sehnsüchte, die er aber stets zu verdrängen suchte. Ob Sandra auch solche geheimen Wünsche hatte?
Nicole, die gerade die letzten Teller aus der Spülmaschine nahm, fragte ihn plötzlich: „Ist dir eigentlich schon mal der Wunsch gekommen, Sandra mit einer anderen Frau zu betrügen? Sei ganz ehrlich, Marcel?“
„Ich denke schon mal an andere“, gab er offen zu, „und ich sehe ihnen auch manchmal nach.“
„Möchtest du mal mit einer anderen schlafen?“, ließ das junge Mädchen nicht locker.
„Ja, manchmal schon“, erwiderte er leise.
„Und glaubst du, dass Sandra auch gern einmal mit einem anderen Mann schlafen möchte?“
Marcel sah erstaunt auf und zog nervös an seiner Zigarette.
„Das glaube ich nicht. Nicht Sandra!“
„Warum bist du da so sicher, Marcel!? Eine Frau ist neugierig, gerade wenn es um Liebe und Sex geht. Außer von dir weiß sie nicht, wie die Männer in der Liebe und im Bett sind. Meinst du nicht, dass sie sich schon gefragt hat, wie die anderen wohl sind? Ich jedenfalls würde auf diesen normalen Gedanken kommen. Und Sandras Verhalten in der letzten Zeit deutet in allem darauf hin, dass sie auch daran denkt. Ihr solltet euch mal offen darüber unterhalten.“
Sie löschte das Licht in der Küche, gab Marcel einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
„Es ist gleich vier; ich bin hundemüde. Du solltest auch schlafen gehen.“
Als Marcel ins Schlafzimmer kam, schlief Sandra schon fest. Leise betrat er das Bad, duschte sich und schlich dann nackt ins Bett.
Seine Hand glitt zu Sandra hinüber, legte sie auf ihren flachen Bauch und fühlte ihre glatte, warme Haut. Da schienen ihm plötzlich Nicoles Worte absurd. Auch wenn er oder Sandra gelegentlich auf andere Gedanken kam, änderte es nichts daran, dass sie zusammengehörten. Es verband sie mehr als nur der Tod ihrer Eltern und das Geschäft. Vielleicht war es auch nicht die große Liebe, aber es war eine beständige, zuverlässige Liebe, die nicht so schnell zu erschüttern war.
Marcel küsste sanft Sandras Nasenspitze, dann rollte er sich zur Seite und versuchte einzuschlafen.