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4.

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Ich landete sicher zuhause auf dem Weihnachtsmarkt zwischen der bunt geschmückten Getränkebude und dem Schmuckstand.

»Wo kommst du denn her?«, fragte eine bekannte Stimme direkt hinter mir. Ich fuhr herum und erschrak.

Zwei Meter vor mir stand Liam.

Ausgerechnet Liam, der größte Angeber und Besserwisser der ganzen Schule. Ich würde sogar sagen aus der ganzen Stadt und ausgerechnet er ging auch noch in meine Klasse.

»Na..., also aus dem Stand hier«, stotterte ich und zeigte auf den Schmuckstand neben mir. Ich war gedanklich eigentlich noch gar nicht angekommen.

»Aha, ja bestimmt. Du bist doch wie aus dem nichts vor mir aufgetaucht.« Jetzt hätte ich Liam am liebsten den giftigsten Blick zugeworfen, den ich zustande bringen konnte.

»Denkst du etwa, dass ich mich hierher gebeamt habe, oder was?« Ich schaute ihn an, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank.

»Naja, das weiß ich doch nicht, was du so alles machst.«

»Jedenfalls nicht mich irgendwo hinzaubern.« Konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Wieso musste er denn auch genau zu diesem Zeitpunkt genau hier auftauchen?

»Was hast du denn in dem Schmuckstand gemacht?«, fragte Liam lauernd.

»Ich, ähm, also, ich habe nachgeschaut, ob noch alles an Ort und Stelle ist. Meiner Tante gehört der Stand, weißt du?« Diese rettende Antwort machte mich richtig stolz.

»Deiner Tante gehört der Laden?«, fragte Liam.

»Ja, habe ich doch gerade gesagt und jetzt muss ich echt mal los. Wir sehen uns ja bestimmt morgen in der Schule.« Ich wandte mich um und ging ohne ein Wort zu sagen oder mich noch einmal umzusehen, obwohl ich zu gerne sein Gesicht gesehen hätte.

»Und, hast du heute irgendetwas Spannendes erlebt?«, fragte mich mein Vater beim Abendessen.

»Äh, nö eigentlich nicht, und ihr?«, erwiderte ich, um von mir sofort abzulenken.

»Ach, nur ein ganz normaler Arbeitstag«, antwortete mein Vater und schnitt sich eine Scheibe Brot ab.

»Ja, ich auch«, fügte meine Mutter hinzu. »Hast du deine Hausaufgaben für morgen denn schon alle fertig?«

Ich musste mir alle Mühe geben, um nicht erschrocken, schuldbewusst und ertappt dreinzuschauen. Natürlich hatte ich meine Hausaufgaben noch nicht gemacht. Wie denn auch? Ich war ja den ganzen Nachmittag unterwegs gewesen. Deshalb versuchte ich so desinteressiert wie möglich zu entgegnen: »Ja klar!«, damit sich meine Eltern bloß nicht wieder aufregten.

Als ich aufgegessen hatte, erledigte ich eiligst und so unauffällig wie möglich meine Aufgaben, um mich dann endlich todmüde ins Bett legen zu können. Meine Mutter sagte mir noch zusammen mit Finn Gute Nacht, obwohl ich eigentlich nie vor Finn im Bett war. Kaum hatten sie das Zimmer verlassen, schlief ich ein und fiel in einen Traum, in dem große Eisberge vorkamen, die mit glitzerndem Polarstaub bedeckt waren. Zusammen mit dem Weihnachtsmann, Amaliel und den Kobolden saß ich im großen Weihnachtsschlitten. Vier Rentiere zogen uns über die weite Winterlandschaft und über uns leuchtete der Sternenhimmel, doch die traumhafte Kulisse konnte nicht über das zornigangsterfüllte Gefühl hinwegtäuschen, das vom Weihnachtsmann ausging, und das auch nicht von den lustigen Kobolden überspielt werden konnte. Auch sonst war etwas völlig falsch an dem ganzen Bild, denn egal wie schnell wir waren, wir kamen nicht wirklich vom Fleck. Die Landschaft blieb immer gleich und die Eisberge kamen kein Stück näher.

»Linea! Steh endlich auf! Du musst in zwanzig Minuten losgehen!« Meine Mutter stand in der Tür und blickte auf ihre Armbanduhr.

»Was?«

Ich sprang aus meinem Bett und zog eine Jeans und einen Pulli aus dem Schrank. Schnell flitzte ich in die Küche und nahm mir einen Müsliriegel auf die Hand, um das Haus sofort zu verlassen.

»Aber Linea, du musst doch richtig frühstücken«, schimpfte mein Vater, der gerade mit einer Kaffeetasse in der Hand aus der Küche kam.

»Tut mir leid, geht heute leider nicht. Ich bin eh schon viel zu spät dran! Ich muss mich beeilen, tschüss!«, rief ich, während ich meine Sachen zusammensuchte und schloss dann eiligst die Haustür hinter mir. Auf dem Weg zur Schule kaute ich auf meinem Riegel herum und dachte über gestern nach. Was konnte das für ein Hinweis sein? Möglicherweise ein Code, der uns zum Polarstaub führte. Oder aber eine Landkarte. Es konnten aber auch Koordinaten sein. Ich fragte mich nur vor allem, wo ich diesem Hinweis finden sollte. Ich sollte bei mir suchen, das bedeutete ja eigentlich, dass er überall versteckt sein könnte. Nur ich und sonst niemand sollte es finden können, aber so ganz sicher waren sie sich auch nicht. Was für ein Wahnsinn!

~

In der Pause saßen Mette und ich wie immer auf der Mauer neben der Turnhalle und beobachteten die Jungs beim Fußballspielen. Mette erzählte mal wieder die ganze Zeit von irgendwelchen Fußballtalenten und Fußballprofis, aber ich war überhaupt nicht bei der Sache, sondern grübelte immer noch über diesen Hinweis.

»Findest du das nicht auch, Linea? Hallo? Erde an Linea!« Mette wedelte mit ihrer Hand wild vor meinem Gesicht herum und ich schrak aus meinen Gedanken auf.

»Was hast du gesagt?« Unschuldig blickte ich Mette an, die verdrehte jedoch nur die Augen.

»Träumst du eigentlich nur noch? Ich habe gesagt, dass Liam richtig gut Fußball spielen kann und Fußballprofi werden könnte.«

»Ja... Ja, finde ich auch«, antwortete ich schon wieder viel zu abwesend. Ich musste an unsere Begegnung auf dem Weihnachtsmarkt denken und wurde gleich wieder total wütend auf Liam. Mir war eigentlich total egal, was Liam einmal werden könnte.

»Oh man, ich dachte schon, du bist gar nicht mehr ansprechbar. Wen beobachtest du denn eigentlich die ganze Zeit?«, fragte Mette.

»Gar keinen. Wer sagt denn, dass ich jemanden beobachte? Ich denke bloß ein bisschen nach«, meinte ich ausweichend, während mein Blick fest auf Liam fixiert war. Was für ein Schwachkopf.

»Aha«, machte Mette nur und biss in ihre Laugenstange.

Nach Schulschluss ging ich mit Mette zusammen zurück und trennte mich wie üblich am Park und der Flusspromenade von ihr. Meine Eltern waren sowieso noch nicht zu Hause, da meine Mutter Finn erst um drei aus der Kita abholen würde und jetzt noch auf der Arbeit war, genau wie mein Vater. Deshalb konnte ich mir noch Zeit lassen.

Ich grübelte schon den ganzen Tag, machte mir Notizen und überlegte hin und her, was der Hinweis sein könnte. Zu einem richtig guten Entschluss kam ich aber nicht. Ich hatte einfach keine Ahnung, wie ich herausfinden sollte, wo der Polarstaub versteckt sein könnte.

»Hallo Linea!«, rief meine Mutter aus dem Flur und kam mit Finn auf dem Arm herein. Sie setzte ihn auf seinen Autoteppich neben dem Wohnzimmertisch und gab mir dann zur Begrüßung einen Kuss. »Wie war es in der Schule?«, fragte sie und blätterte die Post durch.

»Ja okay, wie die Schule halt so ist.« Das eigentliche Desinteresse, das hinter der Frage meiner Mutter gestanden hatte, zeigte sich, als sie nicht weiter auf meine Antwort einging und stattdessen begeistert aufsah.

»Oh Linea, hier ist ein Brief für dich.« Meine Mutter reichte mir einen Brief, auf dem in geschwungenen Buchstaben „Für Linea“ stand. Wenn das nicht mal verdächtig nach Joulumaa aussah! Diese verschnörkelte Schrift erinnerte mich an die Aufschriften, die sich an den Türen im Haus des Weihnachtsmannes befanden. Mit dem Brief in der Hand flitzte ich in mein Zimmer und riss den Umschlag auf.

Liebe Linea,

hoffentlich bist du wieder heile auf dem Weihanchtsmarkt gelandet. Deine Hilfe ist uns wirklich wichtig, also denk bitte daran, dass sich der Hinweis für den Staub überall verstecken könnte. Wir glauben, dass genau du das Kind bist, das den Hinweis finden kann, weil er dir über den Weg laufen wird. Deshalb bist auch gerade DU zu uns gekommen, denn nur du bist es, die uns helfen kann. Sei aufmerksam und immer vorsichtig! Solltest du etwas finden, so komme direkt zu uns.

Danke, dass du das tust und somit auch das Weihnachtsfest für alle Kinder rettest.

Magische Grüße aus Joulumaa!

Der Weihnachtsmann, Amaliel

und die sechs Kobolde!

Ich faltete den Brief wieder zusammen und verstaute ihn in meiner Nachttischschublade. Der Weihnachtsmann, Amaliel und die lustigen Kobolde glaubten also wirklich, dass ich die auserwählte Entdeckerin des Hinweises war, aber was wäre bloß, wenn ich den Hinweis nicht fand und Joulumaa somit den Polarstaub niemals wieder bekommen würde? Müsste Weihnachten dann meinetwegen für immer ausfallen? Ich versuchte, durch ein energisches Kopfschütteln die negativen Gedanken loszuwerden. Wenn ich schon das Kind war, das nach Joulumaa kam, würde ich auch das Kind sein, das den Hinweis fand. Ich bin bisher einfach nur zu blind gewesen. Der Hinweis war bestimmt irgendwo in meiner Nähe. Ich spürte irgendwie, dass ich in seiner Nähe sein musste, aber wo sollte ich nur suchen?

Magisch geheimnisvoll wie Staub

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