Читать книгу MS - Mein anderes Leben! - Caroline Régnard-Mayer - Страница 7
„Ich bin nicht krank!?“
ОглавлениеWie oft muss ich mir anhören: „Ach, ich habe gehört, sie sind krank?“ oder „Bist du wieder krank wegen der MS?“ oder „Du musst unbedingt kürzer treten, du weißt doch, dass du krank bist!“ oder „Sie sind erkrankt an MS, nicht wahr, da sitzt man irgendwann im Rollstuhl?“
Sarkastisch würde ich so gerne mal antworten: „Krank nicht, aber ich fühle mich etwas unpässlich! Manchmal, aber immer öfters.“
Brennend hat es mich interessiert, was die Google-Maschine mir bei der Eingabe von Gesundheit und Krankheit ausspucken wird. Hier ein paar Auszüge, über die ich mir den Kopf zerbreche:
Gesundheit
Krankheit definiert sich oft im Gegensatz zu Gesundheit. Diese wird meist als idealer Zustand optimalen Wohlbefindens dargestellt und somit wäre eine mögliche Ursache einer Krankheit eine mangelnde Gesundheit. Die Übergänge zwischen Gesundheit und Krankheit sind fließend je nach Sichtweise der Betroffenen.
Die normale Funktion des Menschen, die Gesundheit, ergibt sich durch die Regel-mäßigkeit der Lebensvorgänge. Aber auch hier variieren die Beurteilungen jedes einzelnen Menschen.
(Wikipedia: de.wikipedia.org/wiki/Gesundheit) 20.11.10
Gesundheit ist laut WHO „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“
Hurrelmann (Gesundheitswissenschaftler) definiert Gesundheit als:
„Zustand des objektiven und subjektiven Befindens einer Person, der gegeben ist, wenn diese Person sich in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen und den jeweils gegebenen äußeren Lebensbedingungen befindet.“
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung: „Gesundheit wird als mehrdimensionales Phänomen verstanden und reicht über den „Zustand der Abwesenheit von Krankheit“ hinaus.“ (Wikipedia:
de.wikipedia.org/wiki/Gesundheit)
Krankheit
Als deren Funktionsstörung kann Krankheit verschiedene Bereiche lebendigen Seins betreffen und sich in Wechselwirkungen entwickeln. Die Zuordnung von konkreten Erkrankungen zu definierten spezifischen Krankheitsidentitäten gilt als wichtig im Zusammenhang therapeutischer Bemühungen und administrativer und ökonomischer Rahmenbedingungen. Eine genauere Einteilung erlaubt die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) Eine an den bekannten oder vermuteten Ursachen orientierte Einteilung ist die in: Erbkrankheiten, Infektionskrankheiten, Unfälle, Vergiftungen, Degenerative Erkrankungen, Autoimmunkrankheiten, Tumore, Iatrogene Erkrankungen, Psychische Erkrankungen und Soziale Krankheiten.
(Wikipedia: de.wikipedia.org/wiki/Krankheit) 20.11.10
Seit Jahrhunderten ist die Medizin bestrebt, den allgemeinen Begriff Krankheit eindeutig zu definieren und abzugrenzen. Dabei hat sie sich mit verschiedenartigen Krankheits-bildern und konkreten Erkrankungen auseinander zu setzen. Hat ein Mensch das Gefühl, „krank“ zu sein, oder ist bei jemandem eine Krankheit bereits erkannt worden, spricht man in der Medizin von einem Patienten. Krankheit und Gesundheit sind „dynamische Prozesse“. Der Körper ist ein komplexes Zusammenspiel aus Organen, Muskeln, Blutgefäßen und mehr. Durch die tägliche Nutzung und Umwelteinflüsse, aber auch durch erbliche Vorbelastung können Funktionen des Körpers gestört werden. Dies wird im Allgemeinen als Krankheit angesehen. (Wikipedia)
Eine Krankheit ist eine Störung der körperlichen, kognitiven, sozialen und/oder seelischen Funktionen, die die Leistungsfähigkeit oder das Wohlbefinden eines Lebewesens subjektiv oder intersubjektiv deutlich wahrnehmbar negativ beeinflusst oder eine solche Beeinflussung erwarten lässt. In diesem Umschreibungsversuch sind drei Ebenen angedeutet, die beim Menschen mit „Krankheit“ bzw. „Kranksein“ verbunden sind: der mehr oder weniger objektive, beobachtbare Tatbestand, das subjektive Befinden und das daraus folgende oder erwartete soziale Verhalten, das Krankheitsverhalten.
Auf der Buchmesse lernte ich den Autor Frank Albrecht kennen, der in seiner Infosammlung die Erkenntnisse von Louise L. Hay zitiert, die ich ihnen nicht vorent-halten möchte. Louise L. Hay ist der Meinung, dass wir unsere Krankheiten durch eigene falsche Gedankenmuster auslösen. Herr Albrecht (Bücher: „Es geht nur um Energie“ und „Schmerz-Gedanken Lexikon“) hat erkannt, dass die Gedanken des einen Menschen die Krankheiten des anderen Menschen auslösen. Zusammengefasst bedeutet das:
1. Andere Menschen schwächen unser Immunsystem.
2. Unser geschwächtes Immunsystem kann angreifende Organismen nicht bekämpfen.
3. Die Organismen lösen die Krankheiten aus.
Diese Erkenntnisse regen in meinen Augen zum Nachdenken an! Letztere Erkenntnisse kann ich bestätigen.
Für mich bedeutet Gesundheit ein Leben bei optimalem organischen und psychischen Wohlbefinden, volle Beweglichkeit, Teilhabe am Leben wie Sport und sonstige Freizeitaktivitäten, uneingeschränkte Sinneswahrnehmungen, Teilhabe an der Berufswelt, Lebensqualität und wenigstens vage Zukunftsplanungen. Kein Erwachen am Morgen mit Taubheitsgefühlen oder Sensibilitätsstörungen, einen vollen Geschmackssinn, um Speisen abzuschmecken oder überhaupt das Gericht zu erraten (zum Glück kann ich es sehen!), Erholung nach Schlaf und Ferien und nicht die ständige Erschöpfung (Fatigue), nur leichte seelische Verstimmungen und keine Depressionen, kein kaputtes Geschirr, Saunabesuche, sondern es bedeutet auch gehen soweit die Füße tragen, tanzen, springen und mit den Kindern Karussell fahren oder mit meinem Sohn Fußball spielen und mit meiner Tochter unbegrenzt shoppen gehen.
Selbstverständlich können nicht alle Eltern Karussell fahren und Fußball spielen, aber dies überhaupt nicht tun zu können oder nur begrenzt, ist ein riesiger Unterschied. Mich trifft es oft bis ins Mark, wenn meine Kinder sagen: „Andere Mütter gehen doch auch arbeiten!“ oder „Die anderen müssen doch auch mittags nicht schlafen.“ Da komme ich mir sofort schuldig vor, keine gute Mutter zu sein. Nun könnte ich all die Dinge aufzählen, die andere Eltern gar nicht erst für ihre Kids tun würden und ich könnte die vielen Dinge erwähnen, die ich für meine Kinder mache. Dies wäre nicht fair und entspricht nicht meinen Vorstellungen. Solange ich viel für meine Zwei machen kann, werde ich dies tun und zwar mit Liebe und bestem Gewissen. Alles bedeuten sie mir und es ist eine Selbstverständlichkeit ohne etwas dafür zu verlangen oder ewige Dankbarkeit zu erwarten.
Ich kenne nur wenige Menschen, die in unserer heutigen Gesellschaft und Kultur in einem idealen Zustand des optimalen Wohlbefindens leben. In Zeiten der Fruchtsäfte mit künstlichen Farbstoffen, der Fertiggerichte und des Fastfood ist dies zweifelhaft. Diabetes und psychische Erkrankungen sind auf dem Vormarsch, die Vereinsamung der Menschen nimmt zu und in jedem Kinderzimmer steht ein PC. In zahllosen Stunden im Internet und bei PC-Spielen tauchen unsere Kinder in eine Welt ab, in der sie ihre Zeit oft alleine und ohne Freunde verbringen.
In unserer Gesellschaft ist es leider üblich, dass nur berufstätige Mütter akzeptiert werden und dass sich das ganze Leben nach materiellem Konsum ausrichtet. Dass beispielsweise in den Geschäften die Regale voller unnützer Lebensmittel wie Erdbeeren im Winter stehen, dass die Freizeitaktivitäten der Kinder durchorganisiert sind, Alleingänge und kein Miteinander stattfinden, Plastikspielzeug die Kinderzimmer bevölkert, Elektronik für alle Lebenslagen existiert, und schon die Kleinsten unter Bewegungsmangel leiden.
Mein Sohn erzählte mir ganz fassungslos vor ein paar Wochen: „Stell dir vor, ein Junge in meiner Klasse war noch nie im Wald spazieren!“ So etwas kann ich mir überhaupt gar nicht vorstellen.
Dieser Zustand, wenn ich über die gegoogelte Passage „Gesundheit“ lese und vergleiche, ist doch wohl kein Idealzustand von optimalem Wohlbefinden in unserer heutigen Gesellschaft ?!
Eingestehen muss ich mir nun doch, dass ich krank bin. Meine Leistungsfähigkeit und mein Wohlbefinden sind in der körperlichen, kognitiven, sozialen und seelischen Funktion gestört. Ich bin negativ beeinflusst durch die Krankheit Multiple Sklerose, aber von diesem Satz geht viel negative Energie aus. Denn eigentlich begrenze ich die Zeiten am PC, auch die der Kinder, achte auf unsere Ernährung, sorge für Bewegung in der Natur, pflege soziale Kontakte, trinke statt Coca-Cola nur Wasser und besitze nur ein Handy. Oder bin ich doch nur der eingebildete Patient, den ich vor der Diagnosestellung suggeriert bekam? (siehe erstes Buch)
Und doch bin ich krank, denn die Gesundheit hat sich vor langer Zeit still und leise verabschiedet. Das optimale Wohlbefinden ist ein Wunschdenken, das in meinem Leben keinen Platz mehr hat. Aber seinen Illusionen nachhängen und so weitermachen wie vor der Diagnose, wäre Betrug in eigener Sache.
Zufrieden, sie haben richtig gehört, lehne ich mich zurück, lächle über mein lebenswertes Leben, über meinen Fensterputzer, die Zeiten morgens mit einer Freundin beim Frühstück, die schönen Kurzreisen nach Wien und ins Kloster Münsterschwarzach, über den Rehasport, den ich nach Lust und Laune machen kann, und darüber, einfach Dinge noch zu leben, die mir gut tun und mir Kraft und Freude schenken.
Positiv zu denken ist das Wichtigste für mich, mit Menschen beim Einkaufen oder auf der Straße ins Gespräch zu kommen, die neue Schule meines Sohnes im Elternbeirat zu unterstützen, anderen zuzuhören, immer für meine Kinder da zu sein, im Hier und Jetzt angekommen zu sein. Und das „Loslassen, was dir die Ruhe nimmt“, da bin ich auf dem besten Weg. Viel bewusster lese ich Artikel über Menschen mit Beeinträchtigungen und mittellose Menschen. Wie sehr ich vom Leben belohnt wurde!
Unwichtig sind Tratschgespräche oder Streitigkeiten, ungerechte Behandlungen vom Vater meiner Kinder, Menschen, die meine Energie absorbieren, Vorschriften, wie ich mein Leben führen sollte und Berichte, was richtig und falsch ist. Ich weise solche negative Energie von mir und vertraue auf den Schutz unseres Herrgottes.
Im Internet bin ich auf folgende Zeilen gestoßen:
Wandere
der Sonne
entgegen
und du lässt
den Schatten
hinter dir.
Es geht mir gut! Ich bin heute unpässlich und morgen vielleicht etwas mehr oder auch weniger, aber immer öfters auch nicht! Die Sonne geht jeden Morgen wieder am Horizont auf und vielleicht wird es ein guter Tag.