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Episode 29: Andere Länder

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Da wäre z.B. das

EU

-Land, das die Frechheit besitzt, eine von deutschen Dichtern und Denkern periodisch okkupierte Mittelmeerinsel nicht zur Eingemeindung in das deutsche Staatsgebiet freizugeben. Schon lange

kommt es

so manchem Kegelbruder und Fußballer

spanisch vor

, dass ein Flecken, in dem deutsch gesprochen, deutsch gegessen, deutsch gesoffen und deutsch gegrölt wird immer noch nicht 17. Bundesland ist. Und ein König, Pardon, ein Ministerpräsident würde sich für das eingemeindete Eiland auch schnell finden.

Falls einem etwas spanisch vorkommt, so ist damit gemeint, dass etwas sehr merkwürdig, verdächtig, seltsam erscheint. Die Redewendung hat ihre Wurzeln im 16. Jh. Im Jahr 1519 wurde der spanische König Karl V. (1500-1558) auch noch zum Römischen König gewählt und schließlich bekam er zu guter Letzt 1530 vom Papst die Kaiserkrone aufgesetzt. Der spanische Einfluss nahm im Laufe der Karriere Karls in deutschen Gefilden merklich zu. Selbstverständlich rief schon damals alles was fremd, neu und ausländisch ist zunächst einmal Befremden im gemeinen Volk hervor. Spanische Sitten und Gebräuche, spanische Mode, spanische Gebrauchsgegenstände, kurzum alles Spanische war fremdartig und mutete seltsam an. Spanischer Brauch war auch, mit Hilfe von Folter, Verfolgung und Verbrennung gegen religiöse Besserwisser vorzugehen. Die Anhörung eines bösen deutschen Aufrührers namens Martin Luther (1483-1546) auf dem Reichstag zu Worms im Jahr 1521 endete mit dem Wormser Edikt. Konsequent versuchte der fünfte Karl mit Hilfe der berühmt-berüchtigten spanischen Inquisition auch in Deutschland die verlorenen Schäfchen wieder einzusammeln, was damals auch nicht gerade zur Steigerung der spanischen Sympathiewerte beitrug. Die Protestanten schlugen zurück, wenn auch nicht gewalttätig, da von Anfang an die kultivierteren Bibelinterpreten, sondern lediglich mit diversen Schmähschriften und -reden, die alles was spanisch war, klang, aussah oder anmutete in Misskredit brachten.

Summa summarum: Eine Menge berechtigter Ressentiments hinsichtlich der Spanier jener Zeit führte zu dieser noch heute gebräuchlichen schönen Redewendung, die seit dem 17. Jh. belegt ist.

Heute sind uns die Spanier nicht mehr so fremd und suspekt, zumindest, wenn sie ordentlich Deutsch gelernt haben, damit man sich auch im Urlaub wie zuhause fühlt.

Die Türkei ist ebenso ein beliebtes Urlaubsland der Deutschen. Aber Vorsicht vor türkischen Straßenhändlern, die dickbäuchige Devisenbringer in Sandalen und weißen Tennissocken betrügen wollen! Fallen Sie nicht auf Ware herein, die getürkt ist!

Die Bezeichnung „getürkt“ bzw. das Verb „türken“ ist die kompaktere Ausführung des Originalspruchs einen Türken bauen“. Gemeint ist jeweils, dass gefälscht, fingiert, gelogen, etwas vorgespielt, getäuscht, frei erfunden usw. wird, bzw. dass etwas unecht, nachgemacht, erlogen etc. ist.

Im Umlauf sind zwei Erklärungsvarianten/-vermutungen dieser Wendung. Suchen Sie sich die aus, welche Ihnen besser gefällt; beide haben einen gewissen Reiz:

In der einen Version wird die Redewendung aus einer Posse aus der Kaiserzeit abgeleitet, die sich bei der Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Kanals, heutiger Nord-Ostsee-Kanal, im Jahr 1895 abgespielt haben soll. Zur Eröffnungszeremonie lud Wilhelm II. (1859-1941) selbstverständlich diverse ausländische Delegationen ein, um mit dem deutschen Bauwerk zu protzen, und die Kaiserliche Marine war für die musikalisch-nationale Untermalung der Auftritte der verschiedenen Nationen zuständig. Die Repräsentanten der teilnehmenden Länder sollten anhand der mitgeführten Fahnen identifiziert und mit der entsprechenden Nationalhymne begrüßt werden. Als die türkische Delegation mit ihrer Flagge – die einen Halbmond zeigt – anrückte, musste der Kapellmeister leider erkennen, weder Text noch Melodie der türkischen Hymne parat zu haben. Aus der Not heraus spielte die Marinekapelle einfach „Guter Mond, du gehst so stille“.

Nach diesem amüsanten Erklärungsansatz hat somit die Vortäuschung eines deutschen Volksliedes als türkische Nationalhymne zur Redewendung „einen Türken bauen“ bzw. „türken“ geführt.

In der zweiten geläufigen Erklärungsversion der Wendung wurde wirklich „ein Türke“ gebaut und zwar in Form eines (vermeintlichen) Automaten:

Im Jahr 1769 konstruierte Hofrat Baron Wolfgang von Kempelen (1734-1804), auch als Farkas Kempelen bekannt, einen Schachautomaten, sozusagen einen Deep Blue der Rokoko-Zeit. Dieser Automat sah von vorne aus wie ein Türke, der an einem Schachtisch sitzt, lebensgroß, mit Turban, in orientalische Gewänder gehüllt und mit anderen Utensilien ausgestattet, die auf einen türkischen Mitbürger hinwiesen. Die Puppe soll angeblich am Anfang der Partie ihren Gegenüber begrüßt und sich nach jedem Zug des Gegners das Brett genau angesehen haben; mit einer Hand konnte der künstliche Türke die Figuren ziehen und nach einem falschen Schritt des Gegners schüttelte er den Kopf; bei Schach habe er zweimal genickt, bei Schachmatt dreimal.

„Der Türke“ wurde in Europa schnell zu einer berühmten Attraktion, denn er spielte sehr gut und gewann fast immer. Prominente der Zeit waren bevorzugte Verlierer, auch Friedrich II. (1712-1786) und Napoleon (1769-1821) sollen zu den Opfern gehört haben. Bis eines Tages der Schwindel entlarvt wurde: Der Automat war gar kein Automat; in dem „Türken“ verbarg sich kein „denkender“ Mechanismus, keine gute Schachsoftware, sondern ein Schachmeister aus Fleisch und Blut, der durch einen Hebelmechanismus die Figuren setzen konnte.

Die Schachpartien waren also alle getürkt, Wolfgang von Kempelen war ein Meister des Türkens, mit Hilfe eines wahrlich gebauten Türken.

Wer etwas oder jemanden türkt und sich dummerweise auch noch dabei erwischen lässt, kann hinter schwedischen Gardinen, also im Gefängnis, landen, es sei denn, dieser Jemand hat genug Geld und kauft sich nach einem Ablass-Paragraphen des Strafgesetzbuches frei – sagen wir mal, ganz willkürlich, mit historischen 300.000 DM. Und als Katholik hat man mit dieser Auslegung des Rechtsstaates auch keine großen Probleme.

Die Redewendung stammt aus dem kriminellen Milieu außerhalb der Parlamente und ist seit Ende des 19. Jahrhunderts gebräuchlich. Die Gardinen stehen für die vergitterten Fenster von Gefängniszellen. Ehemals sprach man von „eisernen Gardinen“. Später setzte sich „schwedische Gardinen“ durch, dem Herkunftsland des Materials entsprechend. Des Öfteren importierte man nämlich für die Gitterstäbe extra schwedischen Stahl, der als besonders stabil und haltbar galt.

Dabei dachte ich immer, die Schweden seien Spezialisten im Produzieren von leicht zerbrechlichem, billigem Mobiliar aus Spanplatten!?

Nicht nur schwedischer Stahl sondern genauso altgediente schwedische Soldaten erfreuten sich großer Beliebtheit. Zumindest bei manchem militärischen Entscheidungsträger nach Ende des Dreißigjährigen Krieges, denn die Schweden gingen aus dem langwierigen Gemetzel mit zweifelhaft-legendärem Ruf hervor (Die Schweden kommen!!!). Der preußische Regent Friedrich Wilhelm (1620-1688), der Große Kurfürst, war der Ansicht, auf die alten Haudegen aus Skandinavien bei der Aufstellung seines stehenden Heeres nicht verzichten zu können. Die angeworbenen kriegsbewährten „alten Schweden“ sind i.d.R. als Unteroffiziere eingesetzt worden, um die Rekruten richtig zu drillen, und schließlich wurden sie auch allseits so genannt.

Wegen dieser militärischen Ausbilder begrüßen heute einige von uns kumpelhaft einen guten/alten Bekannten mit „Alter Schwede“, oft mit einem vorangestellten „Na“ oder „Na, du“. Daneben drückt man mit dem Ausruf „Alter Schwede!“ (positives) Erstauen über etwas oder Empörung über jemanden aus.

Wir bleiben in Skandinavien, wechseln lediglich in die Nachbarnation, die ebenfalls immer noch mit einer eigenen Währung aufwartet und diese gleichermaßen als „Krone“ betitelt.

Da ist etwas faul im Staate Dänemark, wenn so ein Zwergstaat mit gerade mal ein bisschen mehr als fünf Millionen Einwohnern den Anschluss an Europa währungsmäßig verpasst, könnte man meinen.

Mit dieser Redewendung drückt man seine Vermutung aus, dass in einem bestimmten Bereich etwas nicht stimmt, dass etwas nicht in Ordnung ist, man aber (noch) nicht genau definieren kann, was denn genau da nicht stimmt.

Die Wendung stammt aus der Tragödie „Hamlet“ (1, 4) von William Shakespeare (1564-1616). Im englischen Original heißt es „Something is rotten in the state of Denmark.“ Der Ausspruch bezieht sind auf die merkwürdigen Vorgänge am dänischen Hofe, wo der König von seinem eigenen Bruder ermordet wurde und die Witwe sich mit dem Mörder verbunden hat. Andere Länder, andere Sitten.

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Redewendungen: Episoden 2002

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