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Episode 30: Black I

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Heute

bekommen

Sie es

schwarz auf weiß

, dass sehr viele Redewendungen mit der dunkelsten Farbe, die kein Licht mehr reflektiert, im Umlauf sind.

Die Wendung etwas schwarz auf weiß zu bekommen oder zu haben, also etwas Schriftliches, meist auf dem altmodischen Trägermedium namens Papier, bezieht sich auf die Druckerschwärze bzw. schwarze Tinte, die in der klassischen Form auf weißen Untergrund aufgetragen wurde und wird (obwohl natürlich heutzutage gräuliches Recyclingpapier die politisch korrektere Alternative ist!).

Allgemein bekannt geworden ist diese Redewendung, die impliziert, dass etwas Mündliches weniger wert ist, als das, was man gedruckt, schriftlich, in physischer Form vor sich liegen hat (und somit dem ausgeprägten typisch deutschen Sicherheits- und Absicherungsbedürfnis entspricht), durch eine Passage aus Goethes „Faust I“. Dort heißt es in der „Schülerszene“, Vers 1966 f.: „Denn, was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.“ Aber schon die alten Römer sprachen von „Quod scriptura capit, firmum manet“, „Was schriftlich festgehalten wird, bleibt sicher.“ Etwa das Kündigungsschreiben des Arbeitgebers oder die Sterbeurkunde von ...

Jedenfalls bezeichnet man einen Tag voller Hiobsbotschaften [siehe Episode 7] auch als schwarzen Tag. Bei den Römern war der „dies alter“ ein Tag, an dem man besser nicht bestimmte riskante Aktionen starten sollte. Als Beispiele werden Eheschließung und Reiseantritt genannt. Denn der römische schwarze Tag war auch ein Erinnerungstag an verlorene Schlachten, wie der wenig ruhmreichen Auseinandersetzung mit den Kelten an der Allia im Jahr 387 v.Chr. Die siegreichen Kelten hatten damals nämlich ganz Rom abgefackelt und beim enthusiastischen Brandschatzen lediglich das Capitol im Eifer des Gefechts vergessen.

Auch gegenwärtig wird das Wörtchen „schwarz“ in den meisten Fällen mit negativer Intention benutzt. Folglich wird alles, was einem nicht gefällt, konsequent schwarzgemalt: Man kann etwas in den schwärzesten Farben sehen oder etwas in den schwärzesten Farben schildern/malen/darstellen, auch könnte man die bekannte rosarote Brille kurz absetzen und als Alternative mal etwas durch die schwarze Brille sehen bzw. für die Zukunft schwarzsehen, und schließlich kommen alle missliebigen natürlichen und juristischen Personen, sämtliche Verdächtige aus der Rasterfahndung auf die oft von einem Despoten aufgestellte Schwarze Liste, die bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit durch den Initiator abgearbeitet wird.

Diese dunkle Liste voller Dunkelmänner und -frauen soll erst in jüngerer Zeit in unseren Wortschatz Eingang gefunden haben. Vorbote der Wendung waren Verbindungen von Begriffen wie „Buch“, „Tafel“, „Register“ u.Ä. mit dem Adjektiv „schwarz“. So wurde etwa ein Gerichts- und Strafbuch, in dem Bußen und Strafen erwischter Sünder verzeichnet waren, als „schwarzes Buch“ bezeichnet. Das Brüderpaar Grimm spekuliert in der legendären Publikation „Das Deutsche Wörterbuch“, dass die Bezeichnung möglicherweise „zunächst auf den Einband“ zurückgeht, „aber die Farbe des Einbands hat dann eine symbolische Bedeutung (...), die schwarze, die des Unheilvollen.“

Da wir gerade bei einem berühmten Buch sind: Die Schwarze Kunst meinte früher das Buchdruckerwesen, wegen der Druckerschwärze. Heute würde man wohl eher an etwas völlig anderes denken, denn die schwarze Kunst steht auch für Zauberei und Magie. Esoterik ist bekanntlich in und trendy, die Staatskirche völlig out und uncool!

Die Wendung an sich scheint auf die volkstümliche Missdeutung des Fremdwortes „Nekromantie“, die Totenbeschwörung (<lat.> necromantia), zurückzugehen. Der Begriff wurde vom gemeinen Volk (absichtlich?) als „Negromantie“ bzw. „Nigromantie“ missverstanden. Aus dem Lateinischen kam es dann zur Fehlübersetzung „schwarze Kunst“, da das lateinische „niger“ für „schwarz“ steht und „manus“ u.a. für „Werk/künstlerische Leistung“.

Heute spricht man, sozusagen als Gegensatz zur „guten Hexerei“ (Weiße Magie), auch des Öfteren gleich direkt von Schwarzer Magie, der „bösen Hexerei“.

Unsere Jugend kennt sich bestens mit solcherlei verwerflichen, da unchristlichen, nicht staatlich autorisierten Eskamotagen aus; die feiert nämlich ab und an eine Schwarze Messe. Diese Art der gemütlichen Abendgestaltung, die jedes Jugendzentrum, das etwas auf sich hält, im Angebot hat, wird vom Teufel [vgl. Episode 2] persönlich geleitet. Mein altes Taschenlexikon beschreibt die traditionelle Teufelsmesse als „vom Mittelalter bis ins 19. Jh. zu Ehren des Teufels oder einer Hexe begangene, der katholischen Messfeier nachgebildete orgiastische und obszöne Feier.“

Das klingt doch interessant! (In der Neuauflage steht bestimmt auch schon 21. Jh.) Die Attraktivität dieser Art von Seminaren kommt wahrscheinlich ebenso daher, dass der Besucher bei jener kreativen Modifikation der kirchlichen Messe nicht regelmäßig per herumgereichtem Klingelbeutel angebettelt wird, und das auch dann, wenn dieser sowieso schon Kirchensteuer und Ablassgelder entrichten musste. Und natürlich, weil echtes Blut statt billiger Rotwein gereicht wird.

Die schwarze Farbe als Pseudonym für alles, was illegal und gesetzwidrig ist; oft nur aufgrund dieser Auszeichnung weisen übrigens Dinge plötzlich gewisse Reize auf. Diesbezüglich muss natürlich auch ein deutsches Hobby Erwähnung finden: Die Schwarzarbeit, die vor allem bei Haus und Auto exzessive Anwendung findet, und mit der man dem Staat eins auswischen kann! Wobei schwarzarbeiten selbstverständlich reine Notwehr ist, um sich die absurd hohen Steuern und Abgaben zu ersparen, die hauptsächlich dazu eingesetzt werden, ein unkündbares, gut versorgtes Riesenheer von Bürokraten und Beamten in Anstalten zu unterhalten, von denen eigentlich niemand so genau weiß, was für eine Funktion sie erfüllen. Die aus der Operette „Der Obersteiger“ (1886) des österreichischen Komponisten Carl Zeller (1842-1898) stammende Arbeitsplatzbeschreibung „Der Bürokrat tut seine Pflicht. Von neun bis eins! Mehr tut er nicht“ klärt leider nicht die Funktionsfrage. Aber dass sich im Bereich der staatlich legitimierten effizienten Geldvernichtung etwas Positives tut, da kann man als Bürger dieser Republik (so lange) warten, bis man schwarz wird.

Diese Redewendung, die ausdrückt, dass man umsonst wartet, hat mit Leichenfäule zu tun. Es dauert nämlich so lange, dass man derweil mit seiner Wartemarke in der Hand verstirbt und sich der Körper durch die einsetzende Verwesung schwarz färbt. Aber vorher wird dem Bürger – nachdem er sich zeitweise schwarzgeärgert hat – noch kurzzeitig schwarz vor Augen, er wird ohnmächtig, und das Letzte, was der treue Steuerzahler sieht, ist eine rapide Verdunklung, bis er schließlich nichts mehr sieht, da er ja nicht mehr bei Bewusstsein ist.

Einen Ohnmachtsanfall ist auch die Analyse von Gehaltsabrechnung und Steuerbescheid wert, die einen des Öfteren zum Schluss kommen lässt, dass der Staat (wer oder was „der Staat“ auch immer sein mag) einem nicht das Schwarze unter dem Fingernagel gönnt.

Aber die verlorenen Moneten [siehe Episode 17] kann man sich vom Staat ja als Schwarzfahrer bei den kommunalen ÖPNV-Anbietern wieder zurückholen. Die Juristen unter den Bürokraten nennen diese Sparmaßnahme übrigens „Erschleichung einer Beförderungsleistung“ (ist strafbar und gibt bis zu ein Jahr Knast bei Wasser und Brot!). Auch in diesem Fall zeigt Vokabular und Strafmaß, dass diese Menschengattung in ihrem ganz eigenen Universum lebt, in dem nicht nur schwarzfahren ein Kapitalverbrechen ist.

Noch lukrativer und ethisch völlig gerechtfertigt ist übrigens die Karriere als Schwarzhörer und -seher. Sie entziehen so einer anderen fetten Verwaltung, die nebenbei einige kleine Sender unterhält, die Gelder, können sich über deren „Leistung“ aber weiterhin lustig machen.

Der Sprung vom Bürokratenstaat zur Pest ist nicht groß. Die Bezeichnung der Schwarze Tod hat sich für diese bakterielle Infektionskrankheit eingebürgert, da die spezielle Form der Beulenpest unschöne dunkle Flecken am gesamten Körper bewirkt. Pest hat eine recht kurze Inkubationszeit von zwei bis fünf Tagen, und unbehandelt folgt des Öfteren recht zügig der Tod des Opfers (das leider nicht Bürokratie heißt); im Fall der Beulenpest ist der (die) Erkrankte im Endstadium zum schwarzen Mann (zur schwarzen Frau) mutiert.

Aber nicht mal die Kinder haben heutzutage noch Angst vorm schwarzen Mann. Das haben gewisse ausgebildete Pädagogen und/oder Eltern noch nicht verstanden. Die Folge: die ominöse Figur wird versuchsweise zur Disziplinierung nervender Kinder eingesetzt: „Wenn du nicht artig bist, dann holt dich der schwarze Mann!“ Kind: „Soll er doch, wenn er Schwarzen Afghanen dabeihat!“

Nach diesem letzten Exkurs in die moderne Jugendkultur hat der Autor fürs Erste seine Schuldigkeit getan, der Autor kann gehen. Weitere schwarze Wendungen – auch positiver Art! – in der nächsten Ausgabe. Und Sie haben mein Wort: Schwarzer Humor ist und bleibt in dieser wissenschaftlich dominierten Kolumne verpönt!

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Redewendungen: Episoden 2002

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