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Vorwort

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Es ist unmöglich, das Leben und die Persönlichkeit eines Menschen in ihren unendlich vielen Facetten in einer Niederschrift festzuhalten. Warum ich es dennoch versuche? Weil mich meine Frau sehr beeindruckt hat, und ich ihr damit vielleicht ein kleines, bescheidenes Denkmal setzen kann. Ich will nicht, dass sie vergessen wird. Ich habe es ihr versprochen. Es ist ein Stück Erinnerung für mich.

Auf dieser Welt kommen gehen fortlaufend Menschen1. Das einzelne Sterben interessiert doch im Grunde niemanden außer die unmittelbaren Angehörigen und Freunde. Manch einer stirbt unbemerkt, einsam und verlassen. Vielleicht kann diese Niederschrift jemandem Mut machen, der einen ähnlichen Weg vor sich hat. Ich weiß es nicht. Nachdem wir unsere Diagnose hatten, habe ich im Internet recherchiert und bin dabei auf viele schreckliche Einzelschicksale und Statistiken gestoßen. Sie haben mich nicht getröstet, beruhigt und hilfreich waren sie auch nicht. Sie haben mich erschüttert. Jedes Schicksal ist individuell, nicht vergleichbar, einzigartig. Ich konnte daraus keinen Verhaltensleitfaden für uns ablesen. Das Einzige, was ich gelernt habe, ist, dass jeder seinen Weg letztlich selber finden und gehen muss, und das haben wir getan.

Dieses Buch enthält unter anderem Auszüge des von mir geführten Tagebuchs, und einige Abbildungen. Es skizziert die Vorgeschichte seit der Diagnose und beschreibt detailliert die letzten Tage. Das Kapitel Gedankensplitter enthält Einträge aus meinem Weblog, in dem ich etwas über mein Leben nach ihrem Tod schreibe. Der Anhang enthält Danksagungen, Kondolenzen, die offizielle Trauerrede, und verschiedene andere Dinge.

Im Kapitel Lebensspuren sammle ich Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit. Ich habe dir versprochen, dass unsere Kinder ein lebendiges Bild von dir bekommen sollen. Da ich nicht weiß, was die Zukunft bringt, schreibe ich lieber meine Erinnerungen auf. Es wäre schön, wenn ich hier einige deiner Erinnerungen notieren könnte. Leider habe ich erst nach deinem Tod mit dieser Arbeit begonnen. Du wolltest deinen Kindern gern eine Videobotschaft hinterlassen, aber das haben wir nicht mehr geschafft. Genauso wenig wie die Tonbandaufzeichnungen. Die Zeit ist uns am Ende einfach weggelaufen. Diese Vorhaben erschienen uns auch merkwürdig surreal, und du warst einfach nicht der Typ, der sich so präsentiert. Wenn man so etwas kurzfristig erzwingen will, fallen einem außerdem keine gescheiten Themen und Fragen ein. So etwas braucht Zeit und eine gute Vorbereitung, und die haben wir uns einfach nicht genommen. Erst nach deinem Tod, als ich begann, meine Erinnerungen aufzuschreiben, fielen mir 1.000 Fragen an dich ein. Deine Erinnerungen fehlen mir sehr. Du hast viele, die ich einfach nicht besitzen kann. Schließlich war ich tagsüber auf der Arbeit, und du hast zum Beispiel viele kleine Erlebnisse mit den Kindern gehabt. Außerdem scheinen sich Frauen generell mehr, und andere Dinge und Details zu merken als Männer. Das habe ich immer gemerkt, wenn wir gemeinsam in Fotoalben gestöbert, und Erinnerungen getauscht haben. Aber die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Jetzt krame ich in meinen Erinnerungen, und versuche möglichst objektiv ein realistisches Bild von dir zu zeichnen. Je mehr ich schreibe, desto mehr fällt mir ein. Das lässt hoffen, da ich zunächst nach deinem Tod überhaupt keine Erinnerungen an dich hatte. Mein Kopf war leer. Dieses Buch wird mit der Zeit inhaltlich wachsen, und durch deine Briefe und einige Fotos ergänzt werden. Es wird eine öffentliche und eine private Version geben, die dann das Kapitel Lebensspuren enthält. Wer weiß, vielleicht erwächst daraus ja mal was besonderes…

Carsten Nichte

Bergisch Gladbach, 31. August 2007

Ps. Einige Namen sind zum Schutzes der Privatsphäre geändert.

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