Читать книгу Der Geist der Djukoffbrücke - Carsten Wolff - Страница 7

Kapitel 3 - Die merkwürdige Bekanntschaft: Arik Milius

Оглавление

Und ich sah die Toten, groß und klein, stehen vor dem Thron,

und Bücher wurden aufgetan. Und ein andres Buch wurde

aufgetan, welches ist das Buch des Lebens. Und die Toten

wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben

steht, nach ihren Werken. ... Und wenn jemand nicht gefunden

wurde geschrieben in dem Buch des Lebens, der wurde

geworfen in den feurigen Pfuhl. (Offenbarung 20,12.15) Aber die Gottesfürchtigen trösten sich untereinander: Der

HERR merkt und hört es, und es wird vor ihm ein Gedenkbuch

geschrieben für die, welche den HERRN fürchten und an

seinen Namen gedenken.( Maleachi 3,16)

Vor ein paar Tagen hat mich eine telefonische Einladung von einem sehr guten Freund Helmut, der seinen 50 zigsten feiern will, erreicht. Er meinte zu mir am Telefon, das sei dringend notwendig, denn damit sei seine sogenannte Midlife-Krise beendet. Ich habe mich nur kurz geräuspert und sagte:

»Mein Freund, wenn du das glaubst, täuscht du dich gewaltig!«, und ich lachte laut auf.

»Ja, ja! Du wieder. Du raubst einem noch den letzten Glauben an das Verflossene und Kommende!«, antwortete er mir etwas sehr wehmütig in der Stimme. Und er fuhr fort:

»Das Jung sein habe ich zur Genüge ausgekostet. Dann vor etwa zehn Jahren hat mich der Hammer mit Zweifeln erwischt. Doch nun habe ich wieder neue Lebenslust angesammelt. Und das will ich auskosten und ausgiebig mit euch feiern!«

»Sag mal, hast du eine neue und viel jüngere Freundin?«, fragte ich zurück.

»Ne, ne, lass mich damit in Ruhe!«

»Dann bin ich beruhigt. Denn diese Situation hätte mir doch Kopfzerbrechen bereitet. Aber lass mich noch etwas sagen. Ein römischer Kaiser soll einmal gesagt haben: „Jung sein bedeute so viel wie den Sieg der Abenteuerlust über den Hang zur Bequemlichkeit“. Das meinst du wohl mit deiner Äußerung. Und weiter soll er gesagt haben: „Alt sein bedeute nicht, viele Jahre gelebt zu haben. Man wird alt, wenn man seine Ideale aufgibt“. Dazu kannst du vielleicht einmal meine 91 jährige Freundin befragen, was sie fühlt!«, reagiere ich schmunzelnd.

»Du wieder mit deiner Philosophie! Aber da ist wohl was dran, was der Römer gesagt hat. Übrigens kannst du das auf meiner Feier mit einem jungen Mann besprechen, der hält auch immer solche Sprüche parat. Den kennst du noch nicht. Der heißt Arik und studiert Slawistik und Philosophie. Aber eins sage ich dir: Wenn ihr gemeinsam nur lahm in der Ecke sitzt und palavert, mische ich euch beide auf. Haha! Bis später!«

»Bis gleich!«

Ein paar Tage später. Natürlich habe ich mir eine kleine Gemeinheit ausgedacht. Zu einem Buchgeschenk stecke ich Helmut einen großen Blumenstrauß in die Hand. Jede weiße Rose ziert ein Babyschnuller: fünfzig Rosen und fünfzig Schnuller als Symbol seiner neu gewonnenen Kraft. Erst stutzt er, lacht dann laut auf.

»So etwas kann man nur von dir erwarten!«, so begrüßt er mich und umarmt mich herzlich.

»Komm rein! Schön, dass du gekommen bist!«

Und ich muss sagen: Respekt! Aus seinem Partykeller seines Hauses ballert die Musik heraus und die vielen Gäste quatschen in einer Lautstärke, als wollten sie die Musik noch übertönen. Und obgleich ich nicht so ein Feierbiest bin, schon aufgrund meiner zusammengeflickten Knochen, die sofort einzeln ins Schwingen geraten wollen, hat mein Freund wirklich nicht übertrieben. Ja, Triebe sind wohl das Stichwort in dieser Situation. Also Schreien ist heute angesagt, sage ich zu mir. Warum eigentlich nicht?

Die meisten der Gäste kenne ich, schließlich sind Helmut und ich seit der Schulzeit befreundet. Er ist sozusagen mein „Chef“, denn er versorgt mich seit meinem Unfall mit speziellen Fällen aus seiner Versicherungstätigkeit. Er ist wirklich ein Klassetyp und hat mir finanziell damit sehr geholfen. Also, ich denke, auch ohne ihn wäre ich wieder ganz gut auf die Beine gekommen, nur eben nicht so schnell. Und während wir vielen uns noch begrüßen und herzen, entdecke ich einen jungen Mann ruhig und unbeteiligt an der hinteren Ecke des Bartresens allein sitzen. Ein wenig verloren und einsam wirkend zugleich. Arik, so nannte mein Freund diesen neuen Bekannten von ihm neulich? Ich nicke ihm zu, worauf er ein kurzes Lächeln zurückschickt, welches auch schnell wieder einfriert. Irgendwann später geselle ich mich zu ihm, nachdem Helmut uns bekannt gemacht hat.

»Ich jobbe ab und zu für Helmut«, so sagt er, »und besuche bei uns im Raum Göttingen Kunden von ihm. Helmut hat vor ein paar Wochen eine Stellungsanzeige im Studentenportal ausgeschrieben. Ich habe mich gemeldet und er hat mir sofort zugesagt.«

»Das kenne ich gar nicht an ihm? Schnelle Entscheidungen? Es muss wohl an seiner wiedererlangten Dynamik liegen!«, antworte ich ein wenig spöttisch und so laut, dass Helmut es mitbekommt.

»Torben, deine doppeldeutigen Andeutungen kenne ich bereits seit vielen Jahren. Arik ist ein Meister darin. Das wirst du noch mitbekommen. Und die Antwort auf deine Frage nach dem „Warum“ ich ihn ausgewählt habe, lautet: Er besitzt die längsten Beine, die man sich vorstellen kann!«

Und in der Tat scheint es so zu sein. Dieser junge Mann ist spindeldürr und besitzt Beine, die in den Boden zu reichen scheinen. Er ist sicherlich 1,95 Meter groß und ich schätze ihn auf höchstens 75 Kilo ein (während des Gesprächs stellt sich heraus, dass ich nur wenig danebenliege: 1,98 Meter und 80 Kilo).

»Helmut, benötigtest du einen Wanderer oder jemanden für deine Versicherungsfälle?«, hake ich ironisch nach, worauf der gut gelaunte schlagfertig antwortet:

»Nein, mein Bester. Ich suchte jemanden für Sterbefälle. Als ich Arik damals das erste Mal gesehen habe, dachte ich sofort an den Tod. So stelle ich mir den dunklen Gesellen vor, der uns irgendwann, vermutlich zu einer unpassenden Zeit, abholen kommt!«, und sofort bricht er in ein schallendes Gelächter aus und steckt damit die Umgebung mit an.

Ich bin leicht irritiert, denn so morbide kenne ich eigentlich meinen langjährigen Freund Helmut gar nicht. Und genau in diesem Moment tritt ein Gast hinzu, der die Lampe zwischen ihm und Arik nur für einen Augenblick verdeckt, sodass das Gesicht des jungen Mannes in den Schatten fällt und dieses noch dunkler als eben zuvor erscheinen lässt.

Bis auf diesen Vorfall, die meisten haben es vermutlich nicht mitbekommen, entwickelt sich der Abend sehr angenehm. Helmut ist bestens amüsiert. Es wird gequatscht, gelacht, getanzt und auch geschwitzt, was die Körper und Beine hergeben, was mich allerdings zu einem Zuschauer degradiert, obwohl mein besseres Bein immer wieder in den Takt mit einfällt.

Später am Abend fährt die Lautstärke langsam zurück und die Runde rückt viel näher zusammen. Es werden nach und nach Geschichten aus der langen Bekanntschaft hervorgeholt. Jeder trägt dazu bei. Darunter befinden sich Erlebnisse, an die ich mich teilweise gar nicht mehr erinnern konnte: Aus der Schulzeit, dem Studium, Hochzeit et cetera. Helmut holt alte Fotoalben dazu, ja, so etwas gibt es noch, und sofort heißt es vielmündig: „Guck mal hier und da! Die Klamotten, die Frisuren, die alkoholischen Getränke und vor allem, es gab niemanden von uns, der nicht eine Zigarette oder sogar Pfeife in den Händen hält. Teilweise wurden die Gesichter von Qualm unscharf oder überdeckt. Und ich muss sagen, vieles davon ist mit der Zeit tatsächlich unscharf geworden, indem die Zeit entweder einen Schleier darüber geworfen hat oder die Erinnerung durch den Qualm der Vergangenheit vernebelt worden ist. Und doch ist es schön, so stellen wir gemeinsam fest, in diesen Moment wieder einmal in den Erinnerungen schwelgen zu können. Vielleicht auch, weil wir damals teilweise noch jugendlich frisch gewesen sind oder die Erinnerung die Erlebnisse geschönt hat. Ich jedenfalls bin zu diesem Zeitpunkt ein großartiger Sportler gewesen und mein Körper hat sich in schönster Wohlordnung und Koordination befunden und nicht in einem so desolaten und unkoordinierten Zustand wie im Jahre 2016. Und ich denke, den meisten anderen gehen ähnliche Gedanken im Kopf herum, wenn ich wie jetzt in die Runde gucke. Doch wie sagte dieser Römer, den ich noch kurz zuvor zitiert habe: „Man wird alt, wenn man seine Ideale aufgibt!“ Recht hat er.

Während der letzten Stunden habe ich gar nicht bemerkt, dass dieser junge Mann Arik immer noch in unserer Runde geblieben ist. Still und wortlos muss er dort gesessen und zugehört haben, sodass seine Erscheinung unbemerkt in den Hintergrund getreten ist. Erst als Helmut uns zu einem erfrischenden Kaffee in sein Wohnzimmer lädt, eigentlich ist es der Rausschmeißer-Kaffee, gelangt dieses spindeldürre Wesen wieder zum Vorschein. Oben angelangt fordert Helmut Arik auf, uns etwas auf dem Klavier vorzuspielen. Zu meiner Verwunderung preist er ihn an.

»Schaut ihn euch genau an«, so spricht er in die Runde, »er ist die Inkarnation des jungen Rachmaninow!«

Oh, oh, zu zweiten Mal verwundert mich Helmut an diesem Abend mit seiner Äußerung, obgleich dieser Gedankengang in mir sogleich wieder verfliegt. Bereits mit den ersten Takten überrascht mich der junge Mann mit seinem überdurchschnittlichen Pianospiel. Nicht, dass er die Qualität eines Martin Stadtfeld an den Tag legt, die eines Rachmaninow schon gar nicht, der möglicherweise als der beste Pianist aller Zeiten gilt, dennoch ich persönlich ihn für sehr bemerkenswert befinde, wenn ich mit meiner laienhaften Einschätzung des Spiels den Kopf augenblicklich wohlwillig erhebe. Und tatsächlich spielt er das „Adagio sostenuto“ aus dem 2. Klavierkonzert Rachmaninows an, bevor er in die sehr schöne Adaption des Eric Carmen aus den Siebzigern „All By Myself“ hinübergleitet (wenigstens das Gekrächzte dieses Sängers nicht nachahmt), welches wiederum von vielen weiteren Künstlern wie Celine Dion zu weiterem Glanz verholfen worden ist. Weiter folgen Chopin, Beethoven, währenddessen wir Verbliebenen uns bequem zurücklehnen und beim Kaffee abschalten und den Abend ruhig ausklingen lassen können.

Ich muss unbedingt morgen davon meiner Freundin Luba erzählen, so denke ich, die ein wahrer Rachmaninow-Fan ist, und die bei ihr Zuhause immer wieder Teile aus seinen Werken vorträgt. Bemerkenswert ist, dass der Russe dieses Werk, während einer Schaffenskrise von Selbstzweifeln geplagt, komponiert hat, so hat mir meine Freundin Luba erzählt, und dass er dieses Klavierkonzert seinem behandelnden Arzt gewidmet hat. Ob das Helmut weiß? Eigentlich egal, denn der Ausklang des Abends oder besser der Nacht ist sehr melodiös schön. Und so verlassen wir Helmut mit besten Wünschen und auf ein nächstes Mal zu einer anderen Zeit und auch Ort.

Als ich zu meinem Auto gehe, tritt hinter einer Ecke ein Schatten hervor. Ich erschrecke leicht, bevor ich diesen als Arik wahrnehme.

»Ich habe auf sie gewartet!«, so spricht er mich an.

»Darf ich ein Stück mit ihnen fahren?«, erkundigt er sich höflich zurückhaltend.

»Warum nicht? Ich fahre ins Zentrum nach Hamburg zurück. Sagen sie mir, wo sie aussteigen wollen. Einen kleinen Umweg nehme ich gern in Kauf (eigentlich nicht, aber ich bin wohlerzogen!).

»Ist mir gleichgültig. Ich finde nachts kaum in den Schlaf«, entgegnet er mir.

»Bemerkenswert! Und doch muss es einen Grund geben, warum sie auf mich gewartet haben, wie sie selber eben bemerkt haben! Ihre Schlaflosigkeit stellt für mich keinen Grund dar!«, behaupte ich.

»Mag sein, mag nicht sein!«, kommt es achselhebend zurück.

»Ist das Philosophie, was sie studieren sollen, wie mir mein Freund Helmut bei der Vorstellung verraten hat?«

»Das Verb „verraten“ ist sehr negativ besetzt. Ich denke, das wollen sie doch hoffentlich nicht auf meine Person beziehen?«

Mittlerweile haben wir das Auto erreicht, krabbeln hinein und fahren los.

»Beziehen hat etwas mit Beziehung zu tun, wenn ich nicht falsch liegen sollte!«, antworte ich und fahre fort: »Und ich kann nun wirklich keinerlei Beziehung zwischen uns feststellen, außer, dass wir uns heute zum ersten Male begegnet und vorgestellt worden sind!«

»Das ist wohl richtig wie falsch zugleich!«, behauptet Arik prompt.

»Wie darf ich das verstehen, junger Mann?«

»Sehen sie es einfach so: Wie können sie für sich behaupten, dass wir uns noch nie begegnet sind? Vielleicht können sie sich nur nicht daran erinnern? Und….«

»Jetzt werden sie anstrengend«, unterbreche ich meinen Mitfahrer, der wieder sehr fahl und dunkel zugleich wirkt, und selbst nicht von der Straßenlaternenbeleuchtung Farbe annehmen will, »und für eine solche Diskussion ist mir eigentlich die Zeit zu spät, denn ich kann im Gegensatz zu ihnen sehr wohl nachts schlafen! Und ich benötige diese Ruhe auch, schließlich bin ich nicht mehr so jung wie sie!«

Mittlerweile haben wir die Elbbrücken von Süden her überquert und sind nur noch etwa zwei Kilometer vom Hauptbahnhof entfernt.

»Sagen sie mir, wo ich sie absetzen soll?«

»Ich habe kein Ziel, das habe ich ihnen gleich zu Beginn gesagt! Ich will mich nur mit ihnen unterhalten. Das verkürzt meine Nachtschwärmerei. Wo sie mich absetzen, ist mir völlig egal?«

»Ein komischer Mensch sind sie!«

»Bewertung und keine Aussage, Herr Jung«, konstatiert er gelangweilt, ohne mir einen Blick zuzuwerfen.

»Offensichtlich werde ich sie nicht so schnell los, das haben sie gerade angedeutet!«

»Bingo!«, kommt es zurück.

»Und weglaufen kann ich ihnen nicht, dass sehen wir ähnlich!«

»Gleich, wenn ich sie verbessern darf!«

»Dann mache ich ihnen einen Vorschlag. Wir trinken am Hauptbahnhof bei „Nagel“ (eine Kultkneipe in Hamburg) etwas und danach trennen wir uns.«

Um diese Zeit finde ich sofort einen Parkplatz auf dem Bahnhofsvorplatz und wir haben nur noch die Straße zu überqueren, um in die Gaststätte zu gelangen. Nur noch wenig Bewegung ist, um uns herum festzustellen. Die üblichen Penner drücken sich in alle möglichen Ecken und auch, so scheint es mir, zwei Polizisten aus der Wache laufen ebenso müde ihren Weg ab. Eigentlich zu träge, um sich um die kriechenden Schnapsleichen zu kümmern. Nur ab und zu taucht noch eine erträgliche Figur auf, die offensichtlich auf dem Heimweg ist. Sonst beherrscht die Nacht das Geschehen, ganz offensichtlich zum Gefallen meines Gesprächspartners. Wenig später steht ein heißer Tee vor mir und vor Arik ein kalter Orangensaft.

Nach einer längeren Pause spreche ich mein Gegenüber an.

»Wissen sie, woran ich sofort gedacht habe, als ich sie heute zum ersten Male, auch wenn sie es bereits bezweifelt haben, gesehen habe?«

»Sie sagen es mir!«, entgegnet er mir abwartend.

»An Giacometti!«

»Sie meinen Alberto Giacometti und denken an den „gehenden Mann“.«

»Genau diesen meine ich. Und der ist mir bei ihrem Anblick sofort über den Weg gelaufen. Und zum zweiten Mal, als ich Helmut heute Abend fragte, ob er einen Wanderer als Mitarbeiter gesucht habe. Lang und dürr zugleich, so wie sie es sind. Sie erinnern es!«

»Wie in dieser Sekunde. Sollte ich es nicht, Herr Jung?«

»Ich durchsteige ihre Gedankengänge nicht. Sie sind mir rätselhaft. Ich weiß nicht einmal, wer sie sind! Ich habe heute Abend wissentlich ihre Bekanntschaft gemacht, habe ihrem Klavierspiel gelauscht, wofür ich ihnen nachträglich meine Anerkennung aussprechen muss, und sitze hier bei Nagel bei Tee und Saft mit ihnen an einem Tisch zusammen, mitten in der Nacht!«

»Und das gibt ihnen Rätsel auf?«

»Ja, das gibt mir Rätsel über mein eigenes Verhalten auf. Und muss sagen, ich bin es nicht gewohnt, mit einem mir Unbekannten nachts in einer Kneipe zu sitzen! Was wollen sie von mir? Ich denke, es ist eine berechtigte Frage!«

»Vielleicht über Giacometti diskutieren, weil sie es gerade angeregt haben? Hören sie: Giacometti stammt aus einem kleinen Gebirgstal Bergell, wenn ich mich nicht täusche…«

»Tun sie nicht«, fahre ich genervt dazwischen.

»Er liebte die Einsamkeit und auch Distanz zu „Allem und Jedem“ in dieser schroffen und groben Umgebung der Berglandschaft, die ihn offensichtlich sehr inspiriert haben muss. Seine Familie liebte er. Ich liebe auch die Einsamkeit und die große Familie, allerdings die der Nacht.«

»Sehr schön, sehr schön, mein Herr. Es wäre mir allerdings lieber, eine Diskussion, meinetwegen auch über den sehr interessanten Giacometti, am Tage zu führen, und nicht eben am Ende des Tages beziehungsweise mitten in der Nacht! Also, bevor ich nach Hause aufbreche, frage ich sie zum letzten Mal: Was wollen sie von mir?«

»Dass sie mich ihrer Freundin Lubow vorstellen!«

»Was wollen sie von mir? Habe ich richtig gehört?«

»Sie haben!«

»Und warum sollte ich es ihrer Meinung nach tun?«

»Die Antwort müssen sie sich selber geben. Ich kann sie nur fragen. So einfach verhält es sich damit!«

»Und das konnten sie mich nicht bereits bei Helmut, oder als sie mich später abgepasst haben, fragen?«

»Es gab keine Gelegenheit bislang dazu!«

»Keine Gelegenheit. Hmmmm!«

»Keine Gelegenheit, habe ich ihnen gerade gesagt!«

»Ich mache ihnen einen Vorschlag. Ich werde mir Gedanken darüber machen und ihnen diese in den nächsten Tagen mitteilen«, kopfschüttelnd stehe ich auf und verlasse die Kneipe und gehe langsam zu meinem Auto, ohne mich noch einmal umzuwenden. Noch von hinterrücks höre ich seine Stimme.

»Sie besitzen aber nicht meine Telefonnummer!«

»Gute Nacht, mein Herr!«

Der Geist der Djukoffbrücke

Подняться наверх