Читать книгу Stranded with You - Cathy McAllister - Страница 5

Оглавление

Kapitel 1

September 1821

Laura

Laura Oakfield starrte auf das endlose Blau, welches sich vor ihr erstreckte. Es ging nahezu nahtlos vom endlosen Ozeans über in das Blau des nachmittäglichen Himmels. Laut Captain Wicker würden sie in Kürze den Hafen von Antigua anlaufen, doch noch war nichts von der Insel zu sehen. Wusste der Himmel, was Captain Wicker unter ‚in Kürze’ verstand. Laura hoffte, dass der Zwischenstopp lange genug dauern würde, dass sie sich ein wenig die Beine an Land vertreten konnte. Bis zu ihrem eigentlichen Ziel, der Plantage ihres Onkel auf Jamaika, würden sie noch ein paar Tage weiter segeln müssen. Nach anfänglicher Seekrankheit ging es Laura zwar gesundheitlich besser, doch es gab einfach nichts zu tun auf diesem elenden Schiff. Außer ihr gab es nur noch drei weitere Passagiere. Mister Thistle, ein älterer Lehrer, welcher eine Schule auf Jamaika leiten sollte, und das Ehepaar Jacob und Marie Blackwater, Kaufmannsleute aus London. Sie würden nicht weiter mit ihnen fahren, da sie einen Laden auf Antigua eröffnen wollten.

„Du solltest deinen Schirm aufspannen, meine Liebe“, erklang die tadelnde Stimme von Marie Blackwater neben ihr. „Die Sonne wird deine Haut ruinieren. Ich sehe jetzt schon ein paar Sommersprossen auf deiner Nase. Dein zukünftiger Gatte wird sicher nicht erfreut darüber sein.“

„Mein zukünftiger Gatte ist Farmer, Mistress Blackwater, ich bin sicher, dass er sich nicht allzu sehr über ein paar Sommersprossen echauffieren wird“, erwiderte Laura leicht genervt.

Sie hatte den Mann, den sie zum Gatten nehmen sollte, nie zuvor gesehen. Sie hatte keine Ahnung, wie alt er war oder wie er aussah. Alles was sie wusste war, dass ihm die Plantage neben der ihres Onkels gehörte. Laura war dazu erzogen worden, einmal die Herrin ihres eigenen Haushalts zu sein und ihrem Mann zu dienen, dennoch sah sie dem Kommenden mit gemischten Gefühlen entgegen. Sie hatte eigentlich auf eine gute Partie in London gehofft. Lord Devon, den sie beim letzten Ball der Saison kennengelernt hatte, wäre ihr als Gatte sehr willkommen gewesen, doch nachdem ihre Eltern bei einem Kutschenunfall ums Leben gekommen waren, hatte ihr Tante, die derzeit in London verweilte, ihre Pläne zunichte gemacht. Tante Jane hatte sie einfach auf das nächstbeste Schiff gesteckt, das in die Karibik fuhr, und nun sah sich Laura dem Schicksal einer Farmersgattin entgegen. Tante Jane würde in einigen Monaten nachkommen, doch sie hatte bereits ihren Gatten über die Ankunft seiner Nichte unterrichtet, und ihn gebeten, die Heirat mit Luke Hamilton zu arrangieren, welcher offenbar auf der Suche nach einer Gattin war. Wenn er so dringend eine Frau suchte, dass er bereit war eine Frau zu akzeptieren, die er nie gesehen hatte, dann musste er ziemlich verzweifelt sein. Wahrscheinlich war er alt, oder hässlich. Oder beides.

„Wer wird nur auf dich acht geben, wenn Jacob und ich in Antigua an Land gehen? Ein junges Ding wie du, ganz allein auf diesem Schiff mit all diesen ... zwielichtigen Gestalten. Deine Tante hätte dir eine Gesellschafterin zur Seite stellen sollen. Es ist nicht recht, eine junge Lady ganz allein reisen zu lassen.“

Laura seufzte innerlich. Sie war ganz froh, die letzten Tage ohne die permanenten Ermahnungen von der älteren Matrone verbringen zu können. Da Laura allein reiste, schien Marie Blackwater es als ihre Pflicht anzusehen, auf ihre Tugend und Sicherheit zu achten. Eigentlich war Laura tadellos erzogen und hatte sich bisher nie aufmüpfig gegeben, doch der Gedanke, einen ihr unbekannten Mann fern ihrer Heimat ehelichen zu müssen, hatte eine gewisse Rebellion in ihr entfacht. Sie hatte sogar daran gedacht, mit den Blackwaters in Antigua von Bord zu gehen und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Leider scheiterte diese Idee schon allein an der Tatsache, dass sie gar keine eigenen Mittel zur Verfügung hatte. All ihr Besitz würde bei der Heirat auf ihren Mann übergehen, im Moment befand sich alles unter der eisernen Hand von Tante Jane. Alles was Laura bei sich hatte, waren vier Schiffskoffer mit Kleidung und einer mit anderen Kleinigkeiten wie Schuhen, Hüte, Schleifen, Schmuck und dergleichen. Kurz hatte sie in Erwägung gezogen, den Schmuck zu Geld zu machen, doch sehr viel würde es nicht ausmachen und wenn das Geld zu Ende ginge, stünde sie erneut vor dem Nichts. Es war einfach zum verrückt werden.

„Da!“, rief Jacob Blackwater, der soeben das Deck betreten hatte. „Möwen. Wir müssen jetzt nahe der Küste sein.“

„Vielleicht sollte ich lieber mit dir nach Jamaika reisen, um dich dort sicher in die Hände deines Onkels zu übergeben. Dann könnte ich ein Schiff von Jamaika nach Antigua nehmen“, überlegte Marie Blackwater.

„Das ist nicht nötig, vielen Dank. Das kurze Stück werde ich auch noch überstehen“, wehrte Laura ab.

„Ich weiß nicht. Ich ...“

„Ich verspreche Euch, dass mir nichts widerfahren wird. Ich werde die letzten Tage auf meiner Kabine bleiben und auch meine Mahlzeiten dort einnehmen“, warf Laura ein.

Nicht, dass sie wirklich solches vorhatte, doch sie wollte auf keinen Fall, dass Marie Blackwater sie weiter begleitete.

„Das ist eine vernünftige Idee, mein Kind“, erwiderte Marie Blackwater erleichtert. „Vergiss aber nicht, deine Kabine zu verriegeln.“

„Ganz bestimmt nicht.“

„Gut. Ich gehe dann jetzt besser unter Deck und mache mich für den Landgang bereit. Ich wünsche dir noch eine gute Reise, Miss Oakfield.“

„Danke, und Euch alles Gute mit dem Geschäft.“

Rick

Rick starrte auf das sich dem Hafen nähernde Schiff, welches ihn nach Jamaika bringen sollte. Der Gouverneur hatte nichts dem Zufall überlassen. Vier bewaffnete Männer sollten dafür sorgen, dass er nicht abhanden kam. Seine Hände waren hinter dem Rücken gefesselt. Im Moment hätte er nicht einmal gewusst wohin er fliehen sollte. Die Black Rose war beschlagnahmt und wurde von Soldaten bewacht, seine Crew, sofern sie nicht fliehen konnten, war eingesperrt worden. Ihre Verhandlung würde irgendwann in den nächsten Tagen stattfinden. Nur Rick, als Captain der Black Rose, würde nach Jamaika überstellt werden. Seine kleine Plantage hingegen sollte sicher sein. Niemand kannte die Verbindung zwischen Ricardo Davino, dem Schwarzen Teufel, und Richard Barnes. Ersteres war der Name, unter dem er Piraterie betrieben hatte, Letzteres sein richtiger Name. Er hatte die Plantage vor drei Jahren mit Geld aus seiner Beute erworben und wollte sich eigentlich zur Ruhe setzen, doch der letzte Coup war gründlich in die Hose gegangen. Er musste einen Verräter an Bord der Black Rose gehabt haben. Wenn er nur wüsste wer diese Ratte war, und er ein wenig mehr Zeit hätte, Rache an dem Mistkerl zu nehmen. Doch er wusste weder wer ihn verraten hatte, noch hatte er Zeit und Möglichkeit zur Rache. In ein paar Tagen würde er hängen.

Die Madeline lief in den Hafen ein. Männer beeilten sich, das Schiff zu vertäuen. Eine Gestalt auf dem Deck erregte seine Aufmerksamkeit. Eine junge Frau mit blonden Haaren und einem lilafarbenen Kleid mit schwarzer Spitze stand mit einer älteren Matrone und einem älteren Herrn zusammen. Offenbar die Eltern der jungen Frau. Eigentlich war die junge Frau gar nicht sein Typ, viel zu steif und vornehm, dennoch konnte er seinen Blick nicht von ihr wenden. Okay, sie war schön, zumindest von hier aus gesehen, doch er hatte in seinem Leben unzählige schöne Geliebte gehabt. Exotische Schönheiten waren darunter gewesen. Es gab keinen Grund, der Lady mehr als einen flüchtigen Blick zu gönnen.

Die Gangway wurde herab gelassen, und ein älterer Herr schritt hinter ein paar Matrosen über die Planken hinab. Das ältere Paar trennte sich von der jungen Frau, um ebenfalls das Schiff zu verlassen. Scheinbar blieb die Blonde an Deck. Würde sie etwa weiter nach Jamaika reisen?

Was interessiert dich das? Erstens ist sie nichts für dich. Zweitens wirst du wohl kaum Gelegenheit haben, sie näher kennen zu lernen. Wahrscheinlich bekommst du sie nicht einmal mehr zu Gesicht!

Trotzdem verspürte Rick eine gewisse Aufregung bei dem Gedanken, dass die Schönheit mit ihm reisen würde.

Laura

Die Blackwaters waren von Bord gegangen, und Laura atmete erleichtert auf. Einige Waren, die für Antigua bestimmt waren, wurden von der Mannschaft an Land gebracht. Frischwasser wurde aufgefüllt und ein paar Dinge an Bord geladen. Laura wollte gerade wieder unter Deck gehen, als ihr Blick auf einen Mann in Ketten fiel. Er war groß und breitschultrig. Das schwarze Haar fiel ihm in dicken Locken ins Gesicht. Sein Blick war geradewegs auf sie gerichtet. Ihr Herz tat einen Sprung. Da war etwas an diesem Mann das ihr Angst einjagte. Auch ohne die Ketten und bewaffneten Wachen hätte sie sofort sagen können, dass es sich um einen Kriminellen handelte. Er strahlte Gewalttätigkeit aus und eine Arroganz, die so gar nicht zu seinem niedrigen Stand passen wollte.

Oh mein Gott! Sie werden diese Bestie doch nicht an Bord bringen?

Ihre schlimmsten Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten, denn einer der Wachmänner stieß den Mann mit einer Muskete in die Seite und der setzte sich in Bewegung. Mit langen Schritten kam er auf die Gangway des Schiffes zu. Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie schleunigst in ihre Kabine flüchten sollte, doch ihre Beine schienen auf den Schiffsplanken festgewachsen zu sein. Starr vor Schock stand sie da, während der kriminelle Unbekannte die Gangway hinauf kam. Als er an Bord ging, fiel sein Blick erneut auf sie. Er war nur wenige Schritte von ihr entfernt. Dunkle, beinahe schwarze Augen starrten sie durchdringend an. Ihr Herz klopfte wild, und ihr Magen schien sich verknotet zu haben.

„Aus dem Weg, Miss!“, sagte einer der Wachmänner.

Sie erwachte aus ihrer Starre und sprang mit einem entsetzten Keuchen ein paar Schritte beiseite, als der Gefangene an ihr vorbei geführt wurde. Erst als man ihn unter Deck gebracht hatte, beruhigte sich allmählich ihr galoppierendes Herz. Sie wusste nicht, was für ein Verbrechen dieser Kerl begangen hatte, doch sie war sicher, dass es mit einer Menge Toten zu tun hatte. Wenn sie jemals einen Mörder zu Gesicht bekommen hatte, dann war es dieser Mann. Es war gut, dass er gefasst worden war. Gott behüte, dass so ein Tier frei herum lief. Sie hoffte nur, sie würde ihn nie mehr zu Gesicht bekommen müssen.

Rick

Man brachte ihn in den Laderaum, wo es eine vergitterte Zelle für Gefangenentransport gab. In Gedanken war er bei der blonden Lady. Sie war schön von der Entfernung gewesen, doch aus der Nähe war sie einfach atemberaubend. Ihre grünen Augen hatten ihn mit Angst, aber auch mit Interesse angesehen. Ihr Teint war etwas goldiger, als es sich für eine Lady schickte und er hatte sogar ein paar Sommersprossen auf ihrer Nase ausmachen können. Ihre vollen Brüste luden geradezu dazu ein, sein Gesicht darin zu vergraben. Ein Hauch von Lavendel war ihm in die Nase geweht, als er an ihr vorbei geführt worden war. Für eine Frau war sie relativ groß gewachsen und er konnte ihre langen schlanken Beine vor seinem geistigen Auge sehen, auch wenn ihre Röcke dies leider vollständig verborgen hatten. Die Haut dort würde natürlich nicht golden, sondern cremig weiß sein. Zumindest hatte er nun etwas, womit er sich die Zeit vertreiben konnte, solange die Reise dauerte. Er konnte sich ausmalen, wie er die stolze Lady dazu brachte, sich ihm und seinen Gelüsten zu unterwerfen. Er würde sie auf die Knie zwingen und sie würde seinen Schwanz aus seiner Hose befreien und ...

„Mach mir ja keinen Unsinn!“, wurde er brutal aus seinen erotischen Tagträumen gerissen.

Der Wärter stieß ihn in die hinterste Ecke des Käfigs und Rick stieß sich schmerzhaft die Schulter an einem großen Metallbolzen. Mit einem Knurren fuhr er herum, doch der Mann hatte die gitternde Zelle bereits verlassen und schloss das Schloss mit einem großen Schlüssel, der an einem Band um seinen Hals hing. Sollte der Bastard jemals wieder an seine Zelle kommen, würde Rick versuchen, den Schlüssel zu ergattern und sich aus dem Loch hier zu befreien. Er könnte über Bord springen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie nah zur Küste fuhren war relativ groß und wenn nicht, so war es immer noch besser zu ertrinken, wie ein Seemann, als wie ein Pirat zu hängen.

Laura

Obwohl Laura den Gefangenen seit der Abreise von Antigua nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, kreisten ihre Gedanken ständig um ihn. Jedes Mal, wenn sie sich die kurze Begegnung ins Gedächtnis rief, schlug ihr Herz wie verrückt. Sie fragte sich, wie es ihm wohl ergehen mochte. Brachte man ihm etwas zu Essen in seine Zelle? Hatte man ihn geschlagen, vielleicht sogar misshandelt? Was hatte er verbrochen? Was für eine Strafe erwartete ihn? Ein Bild tauchte vor ihrem geistigen Auge auf. Der unheimliche Fremde baumelte leblos an einem Strick. Eine grauenhafte Vorstellung, die ihr ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend bescherte.

Sei nicht albern, Laura! Dieser Kerl hat den Tod sicher mehr als verdient! Wer weiß, wie viele unschuldige Frauen und Kinder der Verbrecher auf dem Gewissen hat? Du solltest keinen Gedanken an so einen Unhold verschwenden!

Doch so sehr sie auch versuchte, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, ihre Gedanken kehrten stets zu dem Gefangenen zurück.

Es klopfte an der Tür.

„Miss Oakfield?“

„Ja, einen Moment!“, antwortete Laura und erhob sich von ihrer Koje, um die Tür zu öffnen.

Einer der Schiffsjungen stand in dem schmalen Gang.

„Wir werden von Delfinen begleitet. Captain Wicker dachte, dass Mylady es vielleicht gerne sehen möchten.“

„Oh! Ja, natürlich! Ich komme.“

Laura ergriff ihren Sonnenhut und eilte aus der engen Kabine. Sie folgte dem Jungen die Leiter hinauf an Deck. Einige Matrosen standen an der Reling, um die Delfine zu beobachten. Auch Laura gesellte sich zu ihnen. Die putzigen Tiere sprangen aus dem Wasser, als führten sie Kunststücke auf. Laura lachte vergnügt. Sie hatte nie zuvor etwas so Wundervolles gesehen. Sie musste an ihren Vater denken. Er hätte dieses Schauspiel ebenso sehr genossen wie sie. Plötzlich wurde ihr das Herz schwer. Sie vermisste ihre Eltern, ihren Vater jedoch ganz besonders. Sie waren sich sehr nah gewesen. Nachdem ihr älterer Bruder im Alter von sieben Jahren an einer Lungenentzündung gestorben war hatte ihr Vater seine ganze Aufmerksamkeit seiner Tochter geschenkt. Er hatte sie verwöhnt. Sehr zum Missfallen ihrer Mutter, welche die Meinung vertreten hatte, eine junge Lady sollte vor allem Bescheidenheit und Demut lernen.

Nach und nach verschwanden die Delfine. Der kurze Moment des Glücks war vergangen. Wenn sie doch nur frei und unbeschwert wie die Delfine sein könnte. Stattdessen rückte ihr Schicksal immer näher. Bald würden sie Jamaika erreicht haben, und dann war sie dem Wohlwollen eines ihr völlig fremden Mannes ausgeliefert, der über ihr Leben bestimmen würde. Wäre sie ein Mann, dann würde sie sich in irgendein Abenteuer stürzen. Vielleicht eine Weltreise. Oder sie könnte nach New York gehen und einen der berüchtigten Gentlemen Clubs besuchen. Sie würde im Glücksspiel viel Geld gewinnen und sich eine Farm im wilden Westen kaufen um dort Pferde zu züchten.

Laura Oakfiel! Du bist kein Mann, sondern eine Frau! Hör auf mit diesen dummen Tagträumen, die zu nichts führen. Du wirst dein Schicksal ebenso wenig bestimmen können, wie du dein Geschlecht ändern kannst!

Stranded with You

Подняться наверх