Читать книгу Fürchte den Killer: Sieben Action Krimis - Cedric Balmore, Alfred Bekker, Frank Rehfeld - Страница 19
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Um zum Battery Park zu fahren, benutzten Milo und ich einen unscheinbaren Chevrolet aus den Beständen unserer Fahrbereitschaft. Schließlich hätte die Gegenseite den Weg des Wagens mit Hilfe des GPS-Gerätes jederzeit verfolgen können und außerdem wollten wir unseren Spezialisten noch die Gelegenheit geben, vielleicht doch noch das eine oder andere über das Innenleben des Apparates herauszufinden.
Wir waren pünktlich am angegebenen Ferry Terminal, von wo aus die Touristenfähren nach Liberty Island im regelmäßigen Takt aufbrachen.
Es war ein freundlicher, sonniger Tag. Aus Richtung des Atlantiks wehte ein kräftiger, kühler Wind, der das Wasser kräuselte.
Milo blickte durch eines der Münzfernrohre und warf einen Blick zur Freiheitsstatue, die sich auf Liberty Island erhob und ihre Fackel in die Höhe reckte.
Es wurde zwei Uhr, aber Clement tauchte nicht auf.
Wir warteten eine halbe Stunde, ohne dass er eintraf. Ich rief die Nummer des Prepaid Handys zurück, mit dem er mich immer angerufen hatte. Es meldete sich lediglich eine lapidare Ansage. Der Teilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar.
„Wenn du mich fragst, ist das kein gutes Zeichen, Jesse“, lautete Milos Kommentar.
Auch am folgenden Tag hörten wir nichts von Clement. Offen ermitteln konnten wir in der Sache nicht. Dann wäre die ganze Operation, durch die wir Robert Dawn fassen wollten, in Gefahr geraten. Es wäre einfach aufgefallen, wenn sich plötzlich FBI-Agenten in seinem Club ‚Rolling Bones’ in der Avenue B getummelt hätten.
„Möglich, dass diesem Clement der Boden einfach zu heiß wurde und er sich aus dem Staub gemacht hat“, lautete Clives Vermutung, als wir uns später in Mr McKees Büro zur Besprechung trafen.
„Jedenfalls war der Club ‚Rolling Bones’ gestern Abend geschlossen“, stellte Orry fest. „Und ich bin gespannt, ob er je wieder aufmacht...“
„Die Frage ist einfach, ob wir die ganze Aktion jetzt abbrechen“, meinte Mr McKee.
„Und uns damit die Chance entgehen lassen, Robert Dawn endlich das Handwerk zu legen?“, fragte ich und schüttelte den Kopf. „Ich bin für das Rennen als Fahrer gemeldet, jetzt ziehen wir das Ganze auch durch.“
„Je nachdem, was unserem Informanten zugestoßen ist, könnte sich Ihr Risiko dadurch sehr erhöhen, Jesse!“, gab Mr McKee zu bedenken. „Angenommen, jemand hat aus Clement alles über seine Zusammenarbeit mit dem FBI herausgequetscht. Dann ist dabei auch Ihr Name gefallen!“
„Aber das Risiko nehme ich auf mich“, entschied ich und wandte mich an Milo. „Es sei denn, mein Beifahrer ist nicht mehr dabei!“
Am Abend bekam ich die Startzeit auf den GPS-Empfänger. Ab 12 Uhr Mittags am Tag darauf durfte ich mit dem Sportwagen den 75. Längengrad überschreiten.
Dieser Längengrad durchschnitt die Staaten New York und New Jersey etwa auf einer Linie Ottawa-Philadelphia. Milo und ich hatten uns natürlich längst mit Hilfe des im Wagen installierten Navigationssystems eine Route nach Seattle angeben lassen. Wir fuhren zunächst über den Lincoln Tunnel nach Jersey City und von dort aus weiter Richtung Newark, wo wir auf die Interstate 80 Richtung Pennsylvania wechselten. Kurz vor Stroudeburg an der Grenze zwischen Pennsylvania und New Jersey verlief der 75. Längengrad, unsere Startlinie.
Da man auf einem Interstate Highway nicht einfach stehen bleiben darf, verbrachten wir die letzten anderthalb Stunden auf einem Parkplatz, der sich etwa ein Meilen östlich von Stroudeburg befand.
Wir stiegen aus, um uns noch mal kurz die Beine zu vertreten.
Gleich mehrere Sportwagen, die von ihren technischen Daten her für eine Teilnahme am Northern Cannonball geeignet gewesen wären, befanden sich auf dem Parkplatz. Zwei Ferraris – einer ein rot und einer in gelb - , ein Lamborghini, ein Maserati und ein Porsche 911 Turbo.
Allerdings sah der Fahrer von letzterem vollkommen anders aus, als die Fahndungsfotos, die von Robert Dawn existierten. Da die letzten Fotos, die wir von dem Killer hatten, von einer Verhaftung stammten, die ihn in einem Alter von 22 erwischt hatte, besaßen wir Aufnahmen, die unser Zeichner Agent Prewitt künstlich hatte altern lassen.
Robert Dawn war jetzt dreiundvierzig Jahre alt.
Der Kerl im Porsche allerdings nicht. Selbst eine Theatermaske hätte ihn so nicht verändern können. Er hatte rotes Haar, Sommersprossen, war keine dreißig und vor allem einen ganzen Kopf kleiner als die Unterlagen es von Robert Dawn behaupteten.
„Jetzt sag’ nur noch einer, dass dieses Sportwagentreffen unweit des 75. Längengrades reiner Zufall ist, Jesse!“, meldete sich Milo zu Wort.
Ich grinste. „Wahrscheinlich sieht es an einem guten Dutzend anderen Highway-Parkplätzen in der Nähe der Startlinie ebenso aus!“
Da ja nicht an einem bestimmten Ort, sondern an einem Längengrad gestartet wurde, gab es auch andere Routen die ebenso günstig sein konnten. Aber spätestens ab Cleveland würden wohl alle Teilnehmer dieselben Highways benutzen, denn von da an war es ziemlich eindeutig, woher man fahren musste. Und dass angesichts der hohen Startgelder jemand die gebührenpflichtigen Highway-Abschnitte in Pennsylvania und Ohio mied, war nicht anzunehmen. Die Highways des mittleren Westens zogen sich gerade durch die Landschaft. Und das Netz an ausgebauten Highways war so dünn, dass sich der Weg von selbst ergab und es eigentliche keine Alternativen gab. Wir hatten einen Weg vor uns, der nach Berechnungen unseres Navigationssystems 2851 Meilen betrug, wozu man eine reine Fahrzeit von 42 Stunden benötigte.
Die Entscheidung fiel wahrscheinlich auf den letzten anderthalb tausend Meilen, die durch die Bundesstaaten North Dakota, Montana, Idaho und Washington führten. Es war wohl für jeden Fahrer eine Art taktischer Frage, ob er sich in den relativ dicht besiedelten Gebieten mit einer hohen Frequenz an Highway Patrouillen noch einigermaßen an die Verkehrsregeln hielt, um nicht von der Polizei gestoppt zu werden. Spätestens in North Dakota war die Wahrscheinlichkeit, von einer Streife erwischt zu werden einfach sehr viel geringer und wahrscheinlich drehten die meisten Teilnehmer von da an auch so richtig auf.
Andere setzten vielleicht gleich alles auf eine Karte.
Ich sah auf die Uhr. „Wetten, wenn der erste in den Wagen springt und losrast, werden ihm die anderen sofort folgen?“, fragte ich.
Milo zuckte mit den Schultern. „Soll mir gleichgültig sein.“
„Vielleicht disqualifizieren sich ja gleich ein paar von ihnen, weil sie übereifrig sind und die Startlinie vor der Zeit überschreiten!“
„Glaube ich ehrlich gesagt nicht, Jesse.“
„Ach, nein?“
„Die sehen alle ziemlich abgebrüht aus. Auch der Kerl mit dem Porsche – obwohl er noch so jung ist.“
Der Fahrer des gelben Ferrari kam auf Milo und mich zu. Er grüßte leger und deutete auf den Sportwagen.
„Ein feiner Wagen!“
„Danke.“
„Aber für so was wie den Northern Cannonball vollkommen ungeeignet. Ich habe schon den Gumball 3000 mitgemacht. Außerdem den Australian Gumball und den Classic Cannonball von New York nach Los Angeles und ich sage euch, mit dieser Karre kommt ihr nicht weit.“ Er trat gegen den hinteren linken Reifen. „Muss ein Schweinegeld gekostet haben...“
„Lass uns einfach abwarten, wer von allen als Erster in Seattle ist“, sagte ich.
Ich war nämlich nicht auf Streit aus und dieser Kerl schien einfach nur seine innere Anspannung irgendwie loswerden zu müssen.
„Nichts für ungut“, erwiderte er und ging zu seinem Partner zurück, mit dem er noch ein paar abfällige Bemerkungen über die Wagen der anderen austauschte.
Dann ging es endlich los.
Der gelbe Lamborghini machte den Anfang. Wir fuhren auch los. Es war schon eigenartig zu sehen, wie sich eine auffällige Ansammlung hochwertiger Sportwagen mit der Mindestgeschwindigkeit fortbewegte, obwohl die Interstate 80 gut ausgebaut und zu dieser Tageszeit und an diesem Abschnitt wenig frequentiert war. Aber natürlich wollte niemand den 75. Längengrad überschreiten, bevor es an der Zeit war. Das GPS-Gerät, das wir bekommen hatten, zeigte uns jeweils im Takt von einer halben Minute unsere gegenwärtige Position an. Wir näherten uns der fraglichen Linie.
Der rote Ferrari überholte uns, war aber anschließend gezwungen, dafür umso langsamer zu fahren, um nicht disqualifiziert zu werden.
Ich ertappte mich selbst dabei, wie ich immer wieder auf die Uhr schaute.
„Es ist zwölf Uhr, Jesse!“, stellte Milo schließlich fest. „Und dahinten etwa bei der Häusergruppe muss der 75. Längengrad verlaufen.“
Die Fahrer des roten und des gelben Ferrari schienen das genauso zu beurteilen, denn sie traten plötzlich in die Eisen und brausten los.
Ungefähr 380 Meilen lagen bis Cleveland vor uns. Die Interstate 80 zog sich in ost-westliche Richtung durch den gesamten Bundesstaat Pennsylvania. Die einzigen Fahrtunterbrechungen, mit denen wir rechnen mussten, waren die Stopps an den Maut-Stationen für die gebührenpflichtige Abschnitte und die Stopps zum tanken.
„Na los, Jesse, jetzt versuch mal mit der Konkurrenz Schritt zu halten!“, stichelte Milo.
Ich beschleunigte und blieb an der Gruppe dran. Der Porsche mit dem auffallend jungen Fahrerteam brauste an uns vorbei. Der Beifahrer machte ein paar provozierende Gesten in unsere Richtung. Da die Interstate 80 ziemlich frei war, beschleunigte er auf Höchstgeschwindigkeit. Wie ein Geschoss raste der Porsche Richtung Westen und verschwand bald hinter dem Horizont.
„Haben wir da einen der Favoriten gesehen?“, fragte Milo.
„Abwarten, Milo.“
„Dass das schöne Wort, dass die Ersten die Letzten sein werden, hier gilt, glaube ich nicht.“
Wir brauchten allerdings nur bis zur ersten Maut-Station zu warten, um es doch bestätigt zu finden. Das junge Porsche-Team war von Beamten der Highway-Patrol herausgefischt worden. Jetzt standen sie auf dem Seitenstreifen und führten eine gestenreiche, aber völlig sinnlose Diskussion mit den Ordnungshütern, während wir unsere Gebühr bezahlten und weiterfahren konnten.