Читать книгу Die Entstehung der Arten - Charles Darwin - Страница 21

Aus „Die Fahrt der Beagle“ 18. März 1832

Оглавление

Wir verließen Bahia. Einige Tage später, wir waren nicht sehr weit von den Abrolhos-Inseln entfernt, wurde meine Aufmerksamkeit auf eine rötlich-braune Erscheinung auf dem Meer gelenkt. Durch ein schwaches Glas schien die gesamte Wasseroberfläche wie von gehackten und an den Enden gezackten Stücken Heu bedeckt. Dabei handelt es sich um winzige zylindrische Confervae in Bündeln oder Flößen von jeweils zwanzig bis sechzig. Mr. Berkeley teilt mir mit, dass es sich dabei um dieselbe Art (Trichodesmium erythraeum) wie jene handelt, die auf weiten Flächen im Roten Meer angetroffen wird, woher sich auch der Name »Rotes Meer« ableitet.Ihre Zahl muss unendlich sein: Das Schiff glitt durch mehrere Streifen, wovon eine ungefähr zwölf Yard breit war und, nach der schlammähnlichen Farbe des Meeres zu urteilen, wenigstens zweieinhalb Meilen lang. Beinahe nach jeder langen Reise wird von diesen Confervae berichtet. Besonders heimisch scheinen sie im Meer nahe Australien zu sein, und vor Kap Leeuwin habe ich eine verwandte, aber kleinere und offenbar andere Spezies angetroffen. Kapitän Cook bemerkt auf seiner dritten Reise, die Seeleute hätten dieser Erscheinung den Namen See-Sägemehl gegeben.


Botofogo Bay, Rio de Janeiro.

Der große Umfang von Veränderungen, die sich in unseren Kulturpflanzen langsamer- und unbewussterweise angehäuft haben, erklärt die wohlbekannte Tatsache, dass wir in den meisten Fällen die wilde Mutterpflanze nicht wiedererkennen und daher nicht anzugeben vermögen, woher die am längsten in unseren Blumen- und Küchengärten angebauten Pflanzen abstammen. Wenn es aber Hunderte oder Tausende von Jahren bedurft hat, um unsere Kulturpflanzen bis auf deren jetzige dem Menschen so nützliche Stufe zu veredeln, so wird es uns auch begreiflich, warum weder Australien, noch das Kap der Guten Hoffnung oder irgendeine andere von ganz unzivilisierten Menschen bewohnte Gegend uns eine der Kultur werte Pflanze geboten hat. Nicht als ob diese an Pflanzen so reichen Gegenden infolge eines eigenen Zufalles gar nicht mit Urformen nützlicher Pflanzen von der Natur versehen worden wären; sondern ihre einheimischen Pflanzen sind nur nicht durch unausgesetzte Züchtung bis zu einem Grad veredelt worden, welcher mit dem der Pflanzen in den schon längst kultivierten Ländern vergleichbar wäre.

Was die Haustiere nicht zivilisierter Völker betrifft, so darf man nicht übersehen, dass diese in der Regel, zu gewissen Jahreszeiten wenigstens, um ihre eigene Nahrung zu kämpfen haben. In zwei sehr verschieden beschaffenen Gegenden können Individuen von einerlei Organismenart aber zweierlei Bildung und Tätigkeit der Organe oft die einen in der ersten und die anderen in der zweiten Gegend besser fortkommen und dann durch eine Art natürlicher Züchtung, wie nachher weiter erklärt werden soll, zwei Unterrassen bilden. Dies erklärt vielleicht zum Teil, was einige Gewährsmänner von den Tierrassen der Wilden berichten, dass dieselben mehr die Charaktere besonderer Spezies an sich tragen als die bei zivilisierten Völkern gehaltenen Abänderungen.

Nach der hier aufgestellten Ansicht von dem äußerst wichtigen Einfluss, den die Züchtung des Menschen geübt, erklärt es sich auch, wie es komme, dass unsere veredelten Rassen sich in Struktur und Lebensweise so an die Bedürfnisse und Launen des Menschen anpassen. Es lassen sich daraus ferner, wie ich glaube, der so oft abnorme Charakter unserer veredelten Rassen und die gewöhnlich äußerlich so großen, in inneren Teilen oder Organen aber verhältnismäßig so unbedeutenden Verschiedenheiten derselben begreifen. Denn der Mensch kann kaum oder nur sehr schwer andere als äußerlich sichtbare Abweichungen der Struktur bei seiner Auswahl beachten, und er bekümmert sich in der Tat nur selten um das Innere. Er kann durch Wahl nur auf solche Abänderungen verfallen, welche ihm von der Natur selbst in anfänglich schwachem Grad dargeboten werden. [ * So würde niemals jemand versuchen, eine Pfauentaube zu machen, wenn er nicht zuvor schon eine Taube mit einem in etwas unregelmäßiger Weise entwickelten Schwanz gesehen hätte, oder einen Kröpfer zu züchten, ehe er eine Taube mit einem größeren Kropf gefunden. Je eigentümlicher und ungewöhnlicher ein Charakter bei dessen erster Wahrnehmung erscheint, desto mehr wird derselbe die Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Doch wäre der Ausdruck »versuchen eine Pfauentaube zu machen« in den meisten Fällen äußerst unangemessen. Denn der, welcher zuerst eine Taube mit einem etwas stärkeren Schwanz zur Nachzucht ausgewählt, hat sich gewiss nicht träumen lassen, was aus den Nachkommen dieser Taube durch teils unbewusste und teils planmäßige Züchtung werden könne. Vielleicht hat der Stammvater aller Pfauentauben nur vierzehn etwas ausgebreitete Schwanzfedern gehabt, wie die jetzige javanische Pfauentaube oder wie Individuen von verschiedenen anderen Rassen, an welchen man bis zu 17 Schwanzfedern gezählt hat. Vielleicht hat die erste Kropftaube ihren Kropf nicht stärker aufgebläht, als es jetzt die Möventaube mit dem oberen Teil des Schlundes zu tun pflegt, eine Gewohnheit, welche bei allen Taubenliebhabern unbeachtet bleibt, weil sie keinen Gesichtspunkt für ihre Züchtung abgibt.


Gans, Lithographie von Elizabeth Gould aus The Zoology of the Voyage of the H.M.S. Beagle.


Rio de Janeiro.

Es lässt sich nicht annehmen, dass es erst einer großen Abweichung in der Struktur bedürfe, um den Blick des Liebhabers auf sich zu ziehen; er nimmt äußerst kleine Verschiedenheiten wahr, und es ist in des Menschen Art begründet, auf eine wenn auch geringe Neuigkeit in seinem eigenen Besitz Wert zu legen. Auch ist der anfangs auf geringe individuelle Abweichungen bei einer Art gelegte Wert nicht mit demjenigen zu vergleichen, welcher denselben Verschiedenheiten beigelegt wird, wenn einmal mehrere reine Rassen dieser Art hergestellt sind. Manche geringen Abänderungen mögen unter solchen Tauben vorgekommen sein und noch vorkommen, welche als fehlerhafte Abweichungen vom vollkommenen Typus einer jeden Rasse zurückgeworfen worden. Die gemeine Gans hat keine auffallende Varietät geliefert, daher die Toulouse- und die gewöhnliche Rasse, welche nur in der Farbe als dem biegsamsten aller Charaktere verschieden sind, bei unseren Geflügelausstellungen für verschiedene Arten ausgegeben wurden.

Diese Ansichten mögen ferner eine zuweilen gemachte Bemerkung erklären, dass wir nämlich nichts über die Entstehung oder Geschichte einer unserer veredelten Rassen wissen. Denn man kann von einer Rasse, so wie von einem Sprachdialekt, in Wirklichkeit schwerlich sagen, dass sie einen bestimmten Anfang gehabt habe. Es pflegt jemand und gebraucht zur Züchtung irgendein Einzelwesen mit geringen Abweichungen des Körperbaues, oder er verwendet mehr Sorgfalt als gewöhnlich darauf, seine besten Tiere miteinander zu paaren; er verbessert dadurch seine Zucht und die verbesserten Tiere verbreiten sich unmittelbar in der Nachbarschaft. Da sie aber bis jetzt noch schwerlich einen besonderen Namen haben und sie noch nicht sonderlich geschätzt sind, so achtet niemand auf ihre Geschichte. Wenn sie dann durch dasselbe langsame und stufenweise Verfahren noch weiter veredelt worden, breiten sie sich immer weiter aus und werden jetzt als etwas Ausgezeichnetes und Wertvolles anerkannt und erhalten wahrscheinlich nun erst einen Provinzialnamen. In halbzivilisierten Gegenden mit wenig freiem Verkehr mag die Ausbreitung und Anerkennung einer neuen Unterrasse ein langsamer Vorgang sein. Sobald aber die einzelnen wertvolleren Eigenschaften der neuen Unterrasse einmal vollständig anerkannt sind, wird das von mir sogenannte Prinzip der unbewussten Züchtung langsam und unaufhörlich – wenn auch mehr zu einer als zur anderen Zeit, je nachdem eine Rasse in der Mode steigt und fällt, und vielleicht mehr in einer Gegend als in der anderen, je nach der Zivilisationsstufe ihrer Bewohner – auf die Vervollkommnung der charakteristischen Eigenschaften der Rasse hinwirken, welcher Art sie nun sein mögen. Aber es ist unendlich wenig Aussicht vorhanden, einen geschichtlichen Bericht von solchen langsam wechselnden und unmerklichen Veränderungen zu erhalten.

Die Entstehung der Arten

Подняться наверх