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Aus „Die Fahrt der Beagle“

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Anzahl, Zahmheit und abstoßende Lebensweise der Aas fressenden Falken Südamerikas machen diese für jeden, der nur die Vögel Nordeuropas gewöhnt ist, ganz besonders auffallend. In dieser Liste können vier Arten des Caracara oder Polyborus aufgeführt werden, der Truthahngeier, der Gallinazo und der Kondor. Die Caracaras werden von ihrer Struktur her zu den Adlern gezählt: Wir werden bald sehen, wie schlecht ihnen ein so hoher Rang ansteht. Mit ihrer Lebensweise nehmen sie gut den Platz unserer Aaskrähen, Elstern und Raben ein, ein Vogeltribus, der in der übrigen Welt weit verbreitet ist, in Südamerika hingegen völlig fehlt. Um mit dem Polyborus brasiliensis zu beginnen: Es ist ein verbreiteter Vogel und hat eine große geografische Reichweite; auf den Grassavannen von La Plata (wo er den Namen Carrancha trägt) ist er stark vertreten und auf den gesamten unfruchtbaren Ebenen Patagoniens keineswegs selten. In der Wüste zwischen den Flüssen Negro und Colorado lauern sie beständig an der Straße, um die Kadaver der erschöpften Tiere zu fressen, die dort an Ermattung und Durst eingehen. Obwohl er in diesen trockenen und offenen Ländern gut vertreten ist, ebenso an den ariden Küsten des Pazifik, trifft man ihn doch auch in den feuchten, undurchdringlichen Wäldern von Westpatagonien und Feuerland an. Die Carranchas wie die Chimangos sind ständige Gäste der estancias und Schlachthöfe. Stirbt ein Tier auf der Ebene, beginnt der Gallinazo sein Festmahl, und danach picken die beiden Arten des Polyborus die Knochen sauber. Obwohl diese Vögel ständig zusammen fressen, sind sie doch keineswegs Freunde. Sitzt der Carrancha ruhig auf einem Ast oder auf der Erde, so fliegt der Chimango häufig lange noch in einem Halbkreis hin und her, auf und nieder, wobei er jedes Mal am unteren Ende des Halbkreise versucht, seinen größeren Verwandten zu packen. Der Carrancha nimmt wenig Notiz davon, wippt nur mit dem Kopf.

Obwohl sich die Carranchas oftmals in großer Zahl versammeln, sind sie nicht gesellig; in Wüstengegenden trifft man sie einzeln an, häufiger aber noch als Paar. Der Carrancha soll sehr verschlagen sein und große Mengen Eier stehlen. Auch versucht er, zusammen mit dem Chimango, den Grind vom wunden Rücken der Pferde und Maultiere zu picken. Hier das arme Tier, die Ohren schlapp, der Rücken gekrümmt, und dort der über ihm schwebende Vogel, wie er aus einem Yard Entfernung den abstoßenden Leckerbissen beäugt: Das prägt ein Bild, welches von Kapitän Head mit der ihm eigenen Lebendigkeit und Genauigkeit beschrieben worden ist. Diese falschen Adler töten lebende Vögel oder Tiere nur äußerst selten; und ihre dem Geier ähnliche Aas fressende Lebensweise ist jedermann, der einmal auf den trostlosen Ebenen Patagoniens eingeschlafen ist, klar ersichtlich, denn wenn er erwacht, sieht er auf jedem Hügel in der Umgebung einen dieser Vögel sitzen und ihn geduldig mit einem bösen Blick fixieren: Das ist ein Merkmal der Landschaft dieser Länder, welches jeder wiedererkennt, der sie durchwandert hat. Zieht eine Gesellschaft mit Hunden und Pferden auf die Jagd, wird sie am Tage von mehreren dieser Gefährten begleitet. Nach dem Fressen ragt der entblößte Kropf hervor; dann, wie überhaupt allgemein, ist der Carrancha ein träger, zahmer und feiger Vogel. Sein Flug ist schwerfällig und langsam, wie jener der englischen Saatkrähe. Nur selten erhebt er sich; gleichwohl habe ich zwei Mal einen gesehen, wie er in großer Höhe mit schöner Leichtigkeit durch die Lüfte glitt. Er rennt (im Gegensatz zum Hüpfen), aber nicht ganz so schnell wie manche seiner Verwandten. Zuweilen ist der Carrancha geräuschvoll, nicht aber grundsätzlich: Sein Ruf ist laut, sehr rau und eigen, man könnte ihn mit dem Klang des spanischen gutturalen g vergleichen, gefolgt von einem rauen doppelten rr, und wenn er diesen Schrei ausstößt, hebt er den Kopf immer höher, bis er schließlich bei weit aufgesperrtem Schnabel beinahe das hintere Ende des Rückens berührt. Dieses Faktum, das man bezweifelt hat, ist absolut wahr; ich habe mehrmals welche mit zurückgebogenem Kopf in einer völlig verdrehten Haltung gesehen. Zu diesen Beobachtungen darf ich noch, mit dem großen Azara als Gewährsmann, hinzufügen, dass sich der Carrancha von Würmern, Muscheln, Schnecken, Grashüpfern und Fröschen ernährt, dass er junge Lämmer tötet, indem er ihnen die Nabelschnur zerreißt, und dass er dem Gallinazo so lange nachsetzt, bis dieser Vogel das Aas hervorwürgt, das er erst kurz davor verschlungen hat. Schließlich führt Araza aus, dass sich mehrere Carranchas, fünf oder sechs, zusammentun, um große Vögel zu jagen, selbst solche wie den Reiher. Das alles zeigt, dass es ein Vogel mit sehr vielseitigen Gewohnheiten und beträchtlicher Findigkeit ist.

Die Entstehung der Arten

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