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Kapitel Fünf

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Auf meinem Weg zurück zu Yzebels Tischen hielt ich nach Tendao Ausschau, aber sah ihn nirgendwo entlang der Pfade.

Ich kam zu Lotaz’ Zelt. Es war im Inneren erleuchtet und ich konnte ihre Silhouette durchdie Flamme ihrer Lampe flattern sehen – ein unscharfer Schatten gegen den Stoff. Jemand war bei ihr. Der dunkle Schatten eines großen Mannes, steif in der Haltung, stand sehr nahe bei ihr. Sein Schatten flatterte ebenfalls hin und her, als ob er unsicher war, ob er ihr näherkommen oder vor ihr zurückweichen sollte. Er trug einen merkwürdigen Hut, vorne hoch und hintennieder.

Ich ging entlang der gegenüberliegenden Seite des Pfads weiter, blieb weit weg vom Zelt. Ich konnte die Augen von Lotaz’ Sklave auf mir spüren. Er musste irgendwo in der Dunkelheit außerhalb des Zelts versteckt sein und beobachten.

An der Gabelung im Weg hielt ich inne, um die Elefanten Straße hinunter zu blicken. Eine leichte Brise sammelte die gefallenen Blätter ein und wisperte sie entlang des Pfads. Ich hörte nur ein gedämpftes Rumpeln von ein paar der Tiere – ein deutlicher Kontrast zu früher am Tag, als ich die ganze Herde in einen Aufruhr versetzt hatte. Ein paar hängende Lampen schwangen an Ästen und manche der Tiere mampften das Letzte ihres Heus, aber die meisten von ihnen ließen sich nieder, um zu schlafen, oder dösten auf ihren Füßen. Ein einzelner Wasserjunge arbeitete noch an seiner Aufgabe.

Als ich die Elefanten Straße verließ, fragte ich mich, wie Obolus schlief. Würde er sich hinknien, sein beträchtliches Gewicht auf seinen Knien ruhen lassen, oder würde er sich auf seine Seite drehen? Sicherlich würden seine Rippen unter seiner beträchtlichen Masse brechen. Möglicherweise schlief er in einer stehenden Haltung, aber dann könnte er bei Nacht vielleicht umkippen. Ich beschloss eines Nachts dorthin zu gehen, um zu sehen, wie er ruhte.

Bald kam ich an den Ort, wo das Sklavenmädchen früher daran gearbeitet hatte Garn zu spinnen, aber ich sah sie nicht. Das Zelt war im Innerendunkel.

Der Lärm von Yzebels Tischen erreichte mich, bevor ich die letzte Kurve auf dem Pfad umrundete. Ich schätzte, es mussten die Soldaten sein, die scherzten und lachten, während sie ihr Abendbrot aßen. Ich erschauderte beim Gedanken daran, dass sie sich wieder lustig über mich machten. Aber sogar noch mehr graute es mir vor dem Ausdruck auf Yzebels Gesicht, wenn ich ihr meinen Unfall mit dem Wein gestand.

Einer der Soldaten verkündete meine Ankunft, bevor ich die Gelegenheit hatte mit Yzebel zu sprechen. Er wandte mir sein haariges Gesicht zu, als ich am ersten Tisch vorbeiging.

»Gib mir etwas von dem Brot, Mädchen!«, brüllte er. »Wie erwartest du von mir, diesen Eintopf ohne Brot zu essen?«

Yzebel drehte sich beim Geräusch der Stimme des Soldaten und verkippte beinahe eine Schüssel heißesContu Luca auf den Schoß des Mannes. Ihr Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Überraschung und Verärgerung, während sie mich anstarrte, aber er verwandelte sich bald in Erleichterung. Sie schaute dann mit einem wütenden Ich-habe-es-dir-gesagt-Blickzu ihrem Sohn Jabnet. Er stand am ersten Tisch, goss Wein in eine Trinkschale, die ihm von einem der Soldaten hingestreckt wurde.

Ich beobachtete Jabnet, wie er mich anstarrte, seine Augen groß und sein Mund offen.

»Zur Hölle mit dir, Junge!«, schrie der Mann mit der Trinkschale, als der purpurfarbene Wein sich über den Rand ergoss und seinen Arm herunterlief. »Geh weg, bevor ich dich niederschlage.«

Ich legte mein Bündel am Ende des Tischs ab und begann den Knoten aufzumachen. Einer der Männer schnappte sich ein Laib aus dem Tuch, bevor ich es gelöst hatte. Er riss einen Brocken vom Laib und reichte ihn einem anderen Mann weiter. Der Soldat, der gegenüber von ihm saß, nahm ebenfalls einen Laib und warf ihn zum nächsten Tisch. Er schnappte sich dann einen weiteren und warf ihn in die wartenden Hände eines Mannes am vierten Tisch.

Bald verblieb nur noch ein Laib. Der Mann griff danach, aber ich riss ihn weg. Dieser eine gehörte mir und ich hatte nicht die Absicht ihn ohne Kampf aufzugeben. Der Mann funkelte mich an und ich dachte, dass er mich schlagen würde, aber einer seiner Kameraden warf einen Brocken Brot nach ihm. Er prallte von seiner Nase ab und fiel in seine Schüssel. Er schnappte das Brot, schenkte mir ein Grinsen mit Zahnlücke und machte sich an seinen Eintopf.

Überall entlang der Tische saugten die Soldaten geräuschvoll ihren Eintopfsaft auf und schlangen ihn wie ein Rudel wilder Tiere herunter.

Ich eilte zum Feuer und stellte mein Bündel neben der Kochstelle ab.

»Hier«, sagte Yzebel, schob einen schweren Holzkessel in meine Hände. »Füll jede Schüssel, die leer ist, mit diesem Contu Luca, außer sie sagen dir das Gegenteil. Dann mach das Gleiche mit dem Eintopf vom Topf über dem Feuer.«

»Ja, das werde ich.«

Das köstliche Aroma des Essens erinnerte mich daran, dass ich hungrig war, aber ich würde warten, bis die Soldaten gefüttert waren. Als ich entlang des Tischs begann, jede Schüssel füllte, die mir hingestreckt wurde, nahm Yzebel Jabnet am Arm und zog ihn zur Seite. Sie gab ihm ein paar starke Worte und schüttelte ihren Finger vor seinem Gesicht, aber ich konnte nicht hören, was sie sagte.

Am dritten Tisch hatte ein Mann die komplette Seite für sich. Gegenüber von ihm drängten sich fünf Männer zusammen und verschlangen ihr Essen, nahmen manchmal Bissen von der Schüssel ihrer Nachbarn. Dieser Mann saß still, seine Augen folgten jeder Bewegung um sich herum. Ich mochte seine Züge; weit auseinanderstehende Augen, starke Kieferpartie, fast quadratisches Kinn, sein langes Haar war dick und dunkel. Die meisten anderen Soldaten waren älter als er. Ich dachte jedoch, dass er sich auf eine reifere Weise verhielt als jeder von ihnen.

Ich hielt den Holzlöffel über seine leere Schüssel, um sie mit dampfenden Hartweizen und Hammel zu füllen, aber er winkte meine Hand weg.

»Nichts mehr«, sagte er. »Aber ich werde eine weitere halbe Schale eures Weins nehmen.« Er streckte seine leere Trinkschale aus und blickte mich zum ersten Mal an. »Wenn es recht ist«, fügte er hinzu.

Ich wusste nicht, ob es seine Höflichkeit, ordentliche und saubere Erscheinung oder Augen war. Sie hielten einen Ausdruck, den ich nur als ruhige Stärke beschreiben konnte, aber mein junges Herz vollführte irgendeinen neuen Trick in meiner Brust. Sein Duft brachte den Geruch neuen Leders und strapaziöser Anstrengung in meinen Sinn. Bei einem unbedeutenderen Mann hätte es unangenehm sein können.

Ich blinzelte, als eine haarige Faust auf einen Tisch in der Nähe hämmerte, wo ein ungebetener Neuankömmling nach Essen schrie.

Es brauchte nur einen Blick von dem Mann neben mir, um den anderen zum Schweigen zu bringen. Ausgenommen von Tendao und Bostar schienen alle Männer im Lager abstoßend, ungestüm und unausstehlich. Dieser Mann war keines dieser Dinge. Er war jung; sein Bart fing gerade an zu wachsen. Seine Augen hatten ein dunkles Braun und sein Auftreten war stark, aber nicht überheblich. Seine Haut war um ein paar Schattierungen der Bräune dunkler als meine. Die Farbe erinnerte mich an eine Feder eines Falkenflügels.

»Ja«, sagte ich schließlich und stellte meine Servierschüssel auf den Tisch. Ich nahm die Trinkschale aus seiner Hand. »Ich hole Euch Wein.«

Ich eilte dorthin, wo Jabnet am letzten Tisch Wein einschenkte. Nachdem ich mir den Weinkrug von ihm schnappte, füllte ich die Trinkschale des Mannes zur Hälfte, stieß dann den Krug in Jabnets Hände.

Zurück am Tisch des Mannes stellte ich die Trinkschale vor ihn. »MöchtetIhr mehr Eintopf? Wir haben etwas auf dem Feuer.«

Er schüttelte leicht seinen Kopf und nahm die Trinkschale auf, entließ mich mit einer lockeren Handbewegung. All das geschah so geschmeidig, wenn er gesprochen hätte, hätte er vielleicht gesagt: »Nein, danke. Du kannst jetzt gehen und deinen Pflichten nachgehen.«

Ich machte mit meiner Arbeit weiter, nahm die Schüssel mit Contu Luca, um den anderen Männern aufzutischen. Am Ende des vierten Tischs war meine Schüssel leer. Ich ging zur Kochstelle und begann sie vom Topf zu füllen. Yzebel stand am Feuer, schöpfte das Letzte des Eintopfs heraus.

»Wer ist dieser Mann?«, flüsterte ich Yzebelzu.

»Welcher?«, flüsterte Yzebel auch.

»Dieser.« Ich nickte meinen Kopf nach hinten, aber schaute nicht in seine Richtung. »Der allein sitzt.«

Yzebel machte einen raschen Blick über meine Schulter. »Aber, das ist Hannibal. Sohn von General Hamilkar.«

Ich erinnerte mich daran, dass Hannibals Name am Fluss von Tendao erwähnt worden war.

Yzebel lehnte sich zu mir hin, flüsterte noch immer. »Ich hoffe, diese Männer füllen bald ihre Bäuche. Das ist der Rest vom Eintopf.«

»Und dem Contu Luca.« Ich schöpfte den verbliebenen Hartweizen und Fleisch mit dem Holzlöffel.

Yzebel zwinkerte mir zu. »Nun ja, lass uns sehen, was passiert. Verteil es, gib jedem Mann nur ein bisschen.«

»Wir haben noch einen Brotlaib.« Ich nickte auf mein Bündel auf dem Boden beim Feuer. »Wenn sie wütend auf uns werden, können wir es auf den Weg werfen und sie werden losrennen, um sich wie eine Horde Schakale darauf zu stürzen.«

Yzebels Gesicht hellte sich auf und ich dachte, sie würde lachen, aber tat sie nicht.

»Komm jetzt«, sagte Yzebel mit einem Lächeln, »lass uns zurück an die Arbeit gehen.«

* * * * *

Irgendwann nach Mitternacht gingen die letzten Soldaten. Sie hatten jede Schüssel saubergeleckt.

Ich war froh sie gehen zu sehen.

Jabnet begann einen der Tische abzuräumen, aber Yzebel hielt ihn auf, sagte, dass er es bis am Morgen lassen könnte. Wir drei sammelten all die Kupfermünzen und den Schmuck ein, welche die Männer auf den Tischen gelassen hatten, und legten sie zusammen an das Ende des ersten Tischs. Jabnet und ich setzten uns dann gegenüber von Yzebel und beobachteten, wie sie durch die Gegenstände ging.

»Silber.« Sie hielt eine große glänzende Münze ins Lampenlicht.

»Ich denke, Hannibal hat das hiergelassen«, sagte ich.

»Wirklich?« Yzebel drehte sie herum, um auf die andere Seite zu schauen. »Sie ist Römisch.«

»Römisch?«

Sie reichte mir die Münze. »Das sind die Menschen jenseits des Meeres. Diejenigen, die General Hamilkar im letzten Krieg besiegt haben.«

»Sie sieht wirklich alt aus. Ist das ein Pferd mit Flügeln?«

»Ja«, sagte Yzebel. »Die Römer nennen ihn Pegasus. Verrückte Menschen, denken, dass Pferde fliegen können.«

Auf der Rückseite der Münze war der Umriss vom Gesicht eines Mannes und ein paar Worte um die Kante herum. »Wer ist das?«, fragte ich, reichte die Münze zurück an Yzebel.

»Irgendein toter Römer.« Sie schleuderte die Münze zurück auf den Haufen.

»Ich habe Hunger«, sagte Jabnet.

Yzebel blickte auf all die leeren Schüsseln, dann auf die Töpfe am Feuer; sie waren ebenfalls leer. »So wie ich«, sagte sie, »aber sie haben alles gegessen.«

»Nein, haben sie nicht.« Ich rannte, um mein Bündel von der Kochstelle zu holen. Ich brachte es zurück an den Tisch und zog den letzten Laib Brot heraus. »Ich habe diesen aufgespart.«

Yzebel lachte und nahm den Laib. Sie zerbrach ihn, gab jedem von uns ein großes Stück des Brots, griff dann nach einem Krug auf dem Tisch. Sie schüttelte den Krug und fand vor, dass er noch immer ein wenig Wein enthielt. Ich nahm drei Trinkschalen von einem anderen Tisch und Yzebel goss Wein hinein, teilte ihn gleichmäßig zwischen den drei Schalen auf.

»Jabnet, bring mir den Wasserschlauch«, sagte sie.

Er glitt von der Bank und latschte auf die Feuerstelle zu, murmelte etwas über den Wein. Als er mit dem Wasserschlauch zurückkehrte, verwässerte Yzebel den Wein; Jabnets und meinen viel mehr als ihren.

Wir aßen unser Brot, während Yzebel ein Paar Ohrringe mit großen goldenen Schlaufen und einen Kamm aus Elfenbeinuntersuchte.

Ich hatte beinahe den Mut aufgebracht Yzebel von dem Wein zu erzählen, den ich auf der Elefanten Straße verschüttet habe, als sie einen Ring von dem Haufen Schmuck aufnahm und ihn Jabnet gab. Er studierte ihn, versuchte dann ihn über seinen Daumen zu ziehen, aber er wollte nicht passen.

Nachdem er den Ring auf seinen kleinen Finger gleiten lassen hat, sagte er: »Das ist alles, was ich bekomme?«

Yzebel ignorierte den Jungen und sah weiter den Schmuck durch, während sie ihr Brot mampfte. Schließlich hob sie einen weiteren Gegenstand auf, schaute ihn einen Moment lang genau an, reichte ihn dann mir.

Meine Augen wurden groß und ich atmete durch. »Für mich?«, flüsterte ich.

Hannibals Elefantenmädchen Buch Eins

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