Читать книгу WIDERSTAND UND BEFREIUNG 1934 - 1945 - Charlotte Rombach - Страница 7
Rudolf Spirik: Das Erste Österreichische Freiheitsbataillon
ОглавлениеRudolf Spirik wurde 1924 in Schwechat, Niederösterreich, in einer sozialdemokratischen Familie geboren.
Frage: Rudi, wie bist Du in die Sowjetunion und nach Slowenien gekommen?
Mein Vater, Rudolf Spirik sen., war Mitglied des Republikanischen Schutzbundes. Bei den Kämpfen in unserer Heimatstadt Schwechat am 12. Februar 1934 wurde er von einem Gendarmen erschossen. Meine Schwester Erika und ich erhielten durch die illegale Organisation „Rote Hilfe“ die Möglichkeit, in die Sowjetunion zu emigrieren, wo wir von August 1934 bis Kriegsbeginn im Kinderheim Nr. 6, das eigens für die österreichischen Schutzbundkinder in Moskau geschaffen wurde, lebten [4]. Ich lernte und arbeitete in Moskau, besuchte 1942-1943 die Kominternschule in Kuschnarenkowo (Baschkirien) und wurde mit anderen Genossen in einer Spezialschule für den Partisaneneinsatz vorbereitet.
Frage: Wann und wo wurdet ihr schließlich eingesetzt?
1944 wurden einige Gruppen österreichischer Kommunistinnen und Kommunisten nach Jugoslawien geflogen. Als erste flogen im August Franz Honner, Ferdinand Gotthardt als Funker und Franz Gebhard aus Moskau nach Slowenien und sprangen mit dem Fallschirm in Südslowenien ab. Ein zweites Flugzeug mit Auguste Timischl (Funkerin) und anderen Genossen an Bord stürzte noch auf sowjetischem Gebiet ab.
Mit dem dritten Flugzeug flog noch eine Gruppe von Österreichern aus Moskau, Sowjetunion, zum Partisanen-Einsatz nach Slowenien, um die jugoslawischen Partisanen im Kampf gegen die Deutsche Wehrmacht zu unterstützen. Der Gruppe gehörten u.a. an: Max Bair, Franz David, Friedl Fürnberg, Willi Högl, Ferdinand Leitner, Auguste Samek und ich. Das Flugzeug landete bereits in befreitem Partisanengebiet. Mit dem nächsten Flugzeug wurden Willi Frank, Laurenz Hiebl, Richard Wagner und der Nachschub sowie das umfangreiche Gepäck befördert. Sie alle waren aus Österreich in die Sowjetunion emigriert und dort vor dem Abflug in der Schule in Kuschnarenkowo ausgebildet worden.
Wir flogen in einer Höhe von nur 500-600 Metern über die Ukraine nach Odessa und sahen, wie verwüstet das Land durch die Deutschen war – von den Dörfern waren nur Ruinen geblieben, Reste von gemauerten Öfen und Herden mit in den Himmel ragenden Schornsteinen. Nach einer Übernachtung im Flugzeug ging es weiter nach Craiova (Rumänien), in einer Höhe von 3000 Metern überquerten wir die Frontlinie, sahen deutlich das Aufblitzen von Artilleriefeuer. In Südslowenien landeten wir in der Bjela Krajina, in der Nähe einer Flussbiegung. Ein Ochsengespann nahm die Ausrüstung auf, und wir marschierten, nach einigen Kontrollen durch Partisanen-Wachposten, in Richtung Kwasice, einem Dorf, das der Gruppe für eine Weile als Standort diente.
Frage: Was war Eure Aufgabe?
Es war geplant, eine österreichische Militäreinheit auf zu bauen. Dafür wurden aus verschiedenen Gefangenengruppen zusätzlich Österreicher angeworben, die bereit waren, für die Befreiung Österreichs von den deutschen Faschisten und für die Wiedererrichtung eines freien, demokratischen Österreich zu kämpfen. Dazu stießen noch Österreicher, welche bereits in verschiedenen Partisaneneinheiten die Jugoslawen unterstützen. Im Dorf Tribuce südlich von Crnomelj wurde das künftige Erste Österreichische Freiheitsbataillon stationiert und ausgebildet.
Seine Teilnehmer wurden nicht nur militärisch geschult, sondern auch über den Krieg und den Sinn ihres Einsatzes aufgeklärt. Österreich, das eine selbstständige Nation, mit eigener Kultur und Mentalität war, wurde im März 1938 gewaltsam vom faschistischen Deutschland angeschlossen und von dessen Terrorregime unterdrückt. Es war wichtig, gemeinsam für die Befreiung Österreichs zu kämpfen – egal ob Sozialist, Kommunist, Katholik, Arbeiter, Bauer oder Intellektueller, alle hatten die Verpflichtung dazu.
Der erste Kommandant des Bataillons war Max Bair, ein Bauer aus Tirol (er wurde übrigens von einem eingeschleusten SS-Mann schwer verwundet). Er kam aus einer gläubigen katholischen Familie und kämpfte über ein Jahr lang mit sich selbst, ob er aktiv etwas gegen den zunehmenden Vormarsch des Faschismus unternehmen sollte oder nicht. Schließlich verkaufte er seine drei Kühe und fuhr mit dem Erlös über Frankreich nach Spanien, wo er in den Reihen der Internationalen Brigaden gegen die faschistischen Franco-Truppen kämpfte. Nach der Niederlage der Republikanischen Truppen gelang es ihm, in die Sowjetunion zu entkommen. Von dort meldete er sich später zum Jugoslawien-Einsatz.
Frage: Warst Du direkt an Kämpfen beteiligt?
Ich war als Funker eingesetzt. Am 24. November 1944 wurde das Erste Österreichische Freiheitsbataillon vereidigt und von Franz Honner verabschiedet. Es vereinigte sich mit der Slowenischen Volksbefreiungsarmee.
Das Hauptlager befand sich in den Bergen. Ich kam als Funker zur Leitung, die aus Franz Honner und Friedl Fürnberg bestand. Diese wurden bereits von Auguste Samek und Ferdinand Gotthardt unterstützt. Das Lager war gut getarnt, schwer zugänglich und von einer Partisaneneinheit bewacht.
Nur über einen Steig konnte man es betreten. Damals, Ende 1944 war dieser schon verschneit, der Schnee lag meterhoch auf den Wegen und im Wald. Der Strom für die Funkstation kam von einem Handgenerator und 6-Volt-Batterien, die Antenne war zwischen Bäumen gespannt.
Nach Entspannung der militärischen Lage übersiedelte die leitende Gruppe der Österreicher näher zu Crnomelj in ein Winzerhaus in den Weinbergen. Dort wohnte sie, dort gab es für die Funkstation ein Benzinaggregat, vor dem Haus wurde ein Mast aufgestellt und darauf die Antenne befestigt.
Eine kleinere Gruppe des Bataillons war Richtung österreichische Grenze marschiert, sie sollte sich nach Österreich durchschlagen, um sich dort mit den Widerstandskämpfern zu vereinigen. Die Gruppe wurde aber von einer faschistischen Einheit aufgegriffen und in ein schweres Gefecht verwickelt. Dabei fielen Willi Frank und Willi Högl, ihre Gräber liegen in Zuzemberk und Smuka in Slowenien.
Der erste Kampf des Ersten Bataillons fand am 16.1.1945 statt. Am 9. Mai 1945 zog das Erste Österreichische Freiheitsbataillon mit den jugoslawischen Partisanenabteilungen und der slowenischen Volksarmee in Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens, ein. Am 7. Juni 1945 traf es in Wien ein.
Als Anfang April 1945 die Rote Armee, d.h. die 3. Ukrainische Armee in Österreich einmarschiert war und den Osten sowie Wien und Umgebung von den Deutschen befreit hatte, fuhr das leitende Komitee der Österreichischen Freiheitsfront nach dem Süden. Zu ihr gehörten: Dr. Franz David, Friedl Fürnberg, Franz Honner, Erwin Scharf, Dr. Tschubar und 15 österreichische Freiheitskämpfer. Am 14. April fuhr die Gruppe mit LKWs los, als Vor- und Nachhut eine Motorrad-Patrouille von Partisanen. (Das ganze Partisanengebiet war Kampfgebiet, eine Front gab es nicht.)
Sie überquerte den Fluss Kupa, wo sie auf die Vorhut der 4. Jugoslawischen Armee traf, die nach Norden im Vormarsch war. Die Österreicher kamen gut in Zadar an, von dort wurden sie über Belgrad nach Papa in Ungarn geflogen, von wo sie auf LKWs nach Wien fuhren. Am 20. April fuhren sie in der Nacht über die Triesterstraße in Wien ein – überall waren zerstörte Häuser, Schuttberge, unpassierbare Gassen zu sehen.
Nach und nach trafen die fünf Österreichischen Freiheitsbataillone in Wien ein und wurden in der Hofburg stationiert (als erstes das Zweite Bataillon, das über den Ring zur Hofburg marschierte).
Frage: Hast Du, habt ihr irgendeine Anerkennung seitens offizieller Stellen bekommen?
Am 17. Jänner 1979 überreichte der Botschafter der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien in Österreich einer Gruppe österreichischer Freiheitskämpferinnen und Freiheitskämpfer des Ersten Österreichischen Freiheitsbataillons Orden und Medaillen, mit denen sie Präsident Josip Broz Tito am 3. November 1978 ausgezeichnet hatte. Mit Entschließung vom 14. Juni 1982 hat schließlich auch der österreichische Bundespräsident einigen österreichischen Freiheitskämpferinnen und Freiheitskämpfern, darunter auch mir, das Ehrenzeichen für die Verdienste um die Befreiung Österreichs verliehen.
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