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Kapitel 3 Die große Flucht Izzy

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Als wir in die Bar zurückgingen, schien das niemanden zu interessieren. Rebel betrachtete mich von oben bis unten und schlug Blue kurz auf den Rücken. Sie sprachen miteinander, als ich mich hinsetzte, und dass ich mich nicht wohlfühlte, bewiesen meine Tränenspuren im Gesicht. Sie dachten, es sei wegen des Sex’, den ich nicht gewollt hatte, dabei war es nur wegen des Abschieds von meinem Bruder.

Nach einer Runde Drinks mit Tommys Arm um meine Schultern, womit er mich beschützte und für sich beanspruchte, machte die Gruppe für heute Feierabend. Partys fanden überall in Daytona statt, und sie hatten noch eine Clubbesprechung, bevor sie ins Bett gehen würden.

„Sie fährt mit mir“, verkündete Tommy, als wir nach draußen gingen und von der wattigen, feuchten Luft Floridas empfangen wurden, die nach Meer roch.

„Was immer du sagst, Bruder“, meinte Rebel und stieg auf sein Bike.

„Wo ist Flash?“, fragte ich und sah mich ein letztes Mal nach ihm um.

„Vergiss Flash, Darling“, knurrte Tommy und reichte mir einen Helm.

„Aber …“, begann ich, bemerkte dann jedoch seinen strengen Blick.

„Der wurde zu anderen Clubverpflichtungen geschickt.“ Er drückte mir den Helm fester in die Hand. „Steig endlich auf. Wir haben keine Zeit für deinen Weiberkram“, rügte er mich und startete das Bike.

Beim Röhren der Maschine zuckte ich zusammen, zog schnell den Helm an und schnürte ihn zu. Als ich auf das Bike stieg, wurde mir klar, dass dies das letzte Mal für viele Monate sein würde, dass ich meinen Bruder sah. Die anderen fuhren los, als ich mich gerade hinter Tommy gesetzt hatte.

Nachdem zwischen den Bikes und uns genug Abstand war, drehte sich Thomas zu mir um und lächelte. „Ruf James an, Izzy. Ich hab dich lieb, Schwesterchen.“ Er drehte sich um und fuhr los, holte die anderen schnell ein.

Ich rief James Nummer an, um ihm zu signalisieren, dass wir losgefahren waren. Thomas hatte gesagt, dass uns James gleich anhalten würde. Er hatte mir ein Päckchen Kokain in die Handtasche gesteckt. James würde es finden und mich festnehmen.

In der Biker-Woche war Daytona voller Cops und Beamten der Drogenbehörde. Wahrscheinlich alle in Zivil, denn ich hatte keine Mengen an Polizeiwagen gesehen, besonders nicht, wenn die Stadt bei der Veranstaltung von Bikern nur so wimmelte.

Rebel fuhr ganz vorn und Tommy blieb hinten. Er hatte es so gewollt, damit wir leichter von James angehalten werden konnten. Ich dachte lieber nicht an das, was mir bevorstand, sondern konzentrierte mich auf meinen großen Bruder und was ihn ausmachte. Stärke, Güte, Fürsorge und Beschützerinstinkt. Als ich ein kleines Mädchen war, hatte er mich zum Lachen gebracht, mich an den Armen gehalten und wie ein Rotorblatt eines Ventilators durch die Luft gewirbelt. Meine Mutter bekam einen Schreianfall, doch Tommy und ich hatten nur gelacht und uns kichernd fallen lassen. Sein Gesicht war damals weicher gewesen. Die Jahre des Undercover-Dienstes und die Strapazen des Bikerlebens hatten ihn noch nicht erreicht. Ich fragte mich, ob er je wieder dieser fröhliche, sorglose Mann sein konnte. Ich hoffte es, doch ein solches Leben musste einen zwangsläufig auf irgendeine Art verändern und das würde auch erhalten bleiben.

Ich hörte Polizeisirenen. Mein Herz raste und ich öffnete die Augen. Das rote und blaue Licht reflektierte von Tommys Jacke. Ich drückte ihn kurz, als er den anderen Bikern zuwinkte und langsamer wurde.

Er fuhr an den Straßenrand und der Polizeiwagen stoppte hinter uns. Die Lichter drehten sich weiter, doch die schrille Sirene stoppte noch ehe ich die Autotür zufallen hörte.

„Sir“, sagte die mir bekannte Stimme, als er näher kam.

Allein bei seiner Stimme zog sich meine Pussy zusammen. Meine verfluchte Pussy war schon immer das Problem gewesen. Ich mochte James nicht einmal.

Ich musste meine Libido beruhigen und nicht an seinen Schwanz denken. James war nicht der Mann, den ich haben wollte.

Ich konnte ihn nicht übertreffen.

Thomas blieb still sitzen und sah in den Seitenspiegel, bis James neben uns stand. Die anderen waren schon weit fort, ließen uns allein mit den Cops fertig werden.

„Schaff sie schnell hier weg. Der Stoff ist in ihrer linken Jackentasche.“

„Hi, Iz“, sagte James und betrachtete mich von Kopf bis Fuß.

Ich hob das Kinn und sah ihn ohne zu lächeln an. „Jimmy“, sagte ich und konnte ein Zucken meines Mundwinkels nicht verhindern.

Gott, er sah verdammt gut aus. Nein, gut war nicht das richtige Wort. Er sah umwerfend aus in seiner Uniform. Das braune Oberhemd schmiegte sich um seine Muskeln und wirkte wie eine zweite Haut auf seiner Bräune. Die billige Polyesterhose, die sie den Jungs verpassten, klebte an seinen muskulösen Schenkeln und betonte jede Kurve seines Körpers. Die Knarre an seinem Gürtel erinnerte mich daran, dass er ein Mann war, dem man sich besser nicht in den Weg stellte, auch wenn ich es mochte, ihn zu reizen. Er konnte mich spielend leicht besiegen, und aus irgendeinem Grund machte mich das an.

Als ich seinen Namen sagte, zuckte ein Muskel an seinem Kiefer. Er hasste es, Jimmy genannt zu werden, denn das erinnerte ihn an ein Kind. Ich tat es, um ihn zu ärgern und ihm unter die Haut zu gehen, so wie er unter meine ging.

Tommy reichte ihm seinen Führerschein und die Versicherungspapiere, drückte sie in dessen Hand, während dieser mich nur anstarrte.

Dann sah James Thomas an und räusperte sich. „Was willst du denen erzählen?“ Er deutete auf die in der Ferne verschwindenden Rücklichter.

„Das überlege ich mir noch. Für sie ist sie nur irgendeine Frau. Sie ist weder eine Clubhure noch eine Old Lady und somit unbedeutend.“

„Männer sind solche Schweine“, spuckte ich aus. „Wie kannst du es nur bei diesen Mistkerlen aushalten? Du denkst doch nicht etwa auch so, oder?“ Ich sah Tommy an.

„Ach was. Ich spiele nur meine Rolle. Mom hat mich nicht so erzogen.“

James lachte, sodass ich ihn ansah. Warum musste er unbedingt so gut aussehen? Ich meine, Himmel noch mal! Wieso konnte er nicht einfach stinklangweilig und nicht so fantastieankurbelnd sein?

„Und du?“, fragte ich ihn. Ich wünschte, ich könnte dieses freche Grinsen aus seinem Gesicht wischen.

„Oh nein, Süße. Ich liebe Frauen. Nicht alle sind nur was zum Vernaschen. Nicht mal die, die einfach aus meinem Hotelzimmer schleichen, ehe die Sonne aufgeht.“ Er grinste.

Ich weitete die Augen und hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Er würde es nicht wagen, es meinem Bruder zu erzählen, oder? Ich meine, der Mann war ein Meister der Frechheit, aber er wäre doch nicht so dumm, und würde meinem Bruder von unserer Bettgymnastik erzählen?

Tommy schüttelte den Kopf und drehte sich zu mir um. „Kann ich darauf vertrauen, dass du auf ihn hören wirst?“ Er verengte die Augen.

„Ich werde ihm zuhören“, sagte ich. James lachte in sich hinein. Ich sah Thomas an. „Ich kann nicht versprechen, alles zu tun, was er sagt, aber ich werde ihm zuhören und dann machen, was ich für richtig halte.“

„Um Himmels willen, Izzy. Tust du bitte einmal im Leben was man dir sagt? Ich weiß, dass du dich keinem Mann ergibst, aber jetzt geht es um dein Leben. Ich habe schon genug Sorgen, und will mir nicht auch noch Gedanken machen müssen, ob du sicher nach Hause kommst.“

„Ich werde nett zu ihr sein“, versprach James, hörte auf zu lachen und räusperte sich erneut. „Ich werde sie nicht aus den Augen lassen und sie beschützen. Du hättest sie nicht in fähigere Hände geben können.“ James lächelte und zwinkerte mir zu.

Ich wandte mich an Tommy, da ich das arrogante Grinsen in James’ Gesicht nicht mehr ertragen konnte, und sagte ihm, was er hören wollte. „Ja, ich verspreche dir, dass ich alles Nötige tun werde, um sicher nach Hause zu kommen.“

„Dann steig ab, Lady. Ich muss dich abtasten. Dich auch, Blue“, befahl James und trat zurück.

Wir stiegen ab, wobei mir mein Bruder half, und drehten James den Rücken zu. Er tastete Tommy zuerst ab. Ich richtete mich kerzengerade auf und sah zu, wie er schnell und effizient meinen Bruder untersuchte, aber nichts fand. Es war ja alles nur Theater. Doch ich wusste, dass ich nicht so leicht davonkommen würde. Als er sich an mich wandte, schloss ich die Augen und wartete.

Bei mir würde er sich sicherlich mehr Zeit lassen. Er würde es für Außenstehende und Tommy nicht so aussehen lassen, doch ich wusste noch, wie sich seine Hände anfühlten. Welche Lust sie mir geschenkt hatten. Das Gefühl von ihnen auf und in mir, war unvergleichlich gewesen.

„Steigen Sie wieder auf, Sir“, ordnete er an. „Ma’am, Hände hinter den Kopf nehmen, sofort“, befahl er in meine Gedanken hinein.

Tommy setzte sich aufs Bike und hielt Ausschau nach eventuellen Nachzüglern des Clubs. Ich seufzte und faltete die Hände an meinem Hinterkopf, dankbar, dass ich mit dem Rücken zu James stand. In dieser Position musste ich die Brüste herausstrecken, was mich ihm noch mehr auslieferte. Er begann an meinen Handgelenken, strich mit seinen rauen Fingern meine Haut entlang. Kleine Blitze schossen durch meine Arme und direkt zu meinen Brustspitzen. Ich öffnete die Augen, sog Luft ein und schloss sie wieder.

Ich musste sein Gesicht nicht erst sehen, um zu wissen, dass er grinste. Seine großen Hände hielten an meinen Rippen an. Seine Fingerspitzen berührten meine Brüste, strichen über meinen Oberkörper, bis zur Taille.

Egal wie sehr ich mich bemühte, meine Reaktion im Griff zu haben und an etwas anderes als seine Hände an mir zu denken, reagierte mein Körper automatisch. Ich zuckte zusammen und fluchte innerlich. Bei dem Gefühl, besiegt worden zu sein, verdrehte ich die Augen. In diesem Moment merkte er, dass er eine Wirkung auf mich hatte.

Ich war erledigt.

Ich spürte seinen Atem an meinem Ohr. Mein Körper erbebte und mein Herz setzte einen Schlag aus, und dann glitten seine Hände an meinen Beinen entlang.

Bitte nicht …

Mistkerl.

Seine Hände fuhren meine Schenkel hoch und seine Daumen berührten meine intimste Stelle. Als er dort ankam, erstarrte ich und mein Herz schien gänzlich stehenzubleiben. Ich atmete zischend ein, senkte den Blick und versuchte, mich zu beruhigen.

Ich war froh, dass er meine Beine verließ, bis er meinen Hintern streichelte, alles im Namen der Untersuchung, doch ich wusste, dass es ihm viel zu viel Spaß machte, als er meinen Po kurz und fest drückte.

„Muss das sein?“, wisperte ich, als er meine Taschen untersuchte.

„Ja“, flüsterte er dicht an meinem Ohr. „Denk daran, wie viel Spaß es machen wird, wenn ich dich jetzt mit auf einen wilden Ritt nach Hause nehme.“

„Arschloch.“ Ich drehte den Kopf und sah sein Gesicht im Profil.

„Diesen Teil von dir habe ich noch nicht erkundet“, wisperte er in mein Ohr, sodass Tommy es nicht hören konnte.

Ich schluckte, schloss die Augen und musste meine ganze Willenskraft aufbringen, um ihm nicht die Meinung zu geigen. Vor meinem Bruder konnte ich nichts sagen, oder vor anderen Augen, die uns vielleicht beobachteten.

„Na, was haben wir denn hier, Ma’am?“, fragte James und hielt mir ein Tütchen vor die Nase.

„Das gehört mir nicht, Officer“, jammerte ich, schüttelte den Kopf und spielte meine Rolle.

„Nehmen Sie die Hand hinter den Rücken. Sie sind verhaftet“, sagte er, ergriff meinen Arm und führte ihn hinter meinen Rücken.

„Müssen wir das unbedingt durchziehen?“, fragte ich Tommy.

Er zwinkerte mir zu und gab mir ansonsten keinen anderen Hinweis, dass alles gut so war.

„Müssen wir, Süße. Gib mir deine andere Hand.“

Ich rümpfte die Nase und knirschte mit den Zähnen, als ich die Handschellen um meine Handgelenke spürte. Na super. Ich befand mich nicht nur in seinem Gewahrsam, sondern war auch noch gefesselt und ihm ausgeliefert, ohne eine Fluchtmöglichkeit. Bei den Männern des MC hatte ich weniger Angst gehabt, als von James gefangen gehalten zu werden.

„Ich mache sie locker, damit sie dich nicht einquetschen, aber es geht nicht ohne. Zumindest jetzt noch nicht“, sagte er leise und sein Lachen kitzelte mein Ohr.

Ich starrte Tommy finster an und nicht James, als mich dieser zu seinem Polizeiwagen führte. Er legte eine Hand auf meinen Kopf, als ich hinten einstieg.

„Bleib da drin“, befahl er, während ich meine Beine hineinzog.

„Wo sollte ich auch hin, du Genie?“, platzte es aus mir heraus und meine Stimme ließ deutlich meinen Ärger hören. Meine Hände waren gefesselt und ich war dabei, in ein Polizeiauto eingeschlossen zu werden. Alles sehr unerfreulich.

„Pass lieber auf, was du von dir gibst, Klugscheißerin.“ Er grinste und lehnte sich an den Wagen.

„Oder was? Willst du es mir dann so richtig zeigen, Jimmy?“ Ich rutschte tiefer in den Sitz und versuchte, eine bequeme Stellung zu finden.

„Ich würde nur ungern Widerstand gegen die Festnahmen dem Tatbestand hinzufügen.“ Sein Grinsen wurde unverschämter. Er wackelte mit den Augenbrauen und leckte sich die Lippen.

„Lass uns einfach alles schnell hinter uns bringen, damit wir hier wegkommen“, zischte ich und fand ihn heute ganz und gar nicht charmant.

„Wie Sie wünschen.“ Er warf die Tür zu, ging zu Tommy hinüber und ließ mich mit meinen Gedanken allein.

Ich sah zu, wie die beiden hitzige Worte austauschten. Zumindest ließen sie es so aussehen. Ein dumpfer Schmerz packte mich bei dem Anblick. Es war das letzte Mal für lange Zeit, dass ich meinen Bruder sah. Die Ungewissheit war dabei das Schlimmste. Tommy sah mich zwischendurch immer mal wieder an. Meine Nase kitzelte, als mir die Tränen kamen.

Als sich James hinters Lenkrad setzte, sprach er nicht. Er startete den Wagen und fuhr los, nachdem Tommy bereits abgefahren war.

„Wann nimmst du mir endlich die blöden Handschellen ab?“, fragte ich. Das Metall schnitt mir bereits in die Haut.

„Morgen“, antwortete er gelassen und sah mich im Rückspiegel an.

Seine Augenpartie änderte sich durch sein Lächeln, das ich nicht sehen konnte, aber wusste, dass es da war.

„Du kannst mich nicht bis morgen gefesselt lassen!“ Wut kroch in mir hoch. Innerlich vibrierend starrte ich ihn im Spiegel an. Mir war klar, dass ich jetzt eine Schachfigur in seinem Spiel war. Ich musste nach seinen Regeln spielen. Ich war wütend auf Thomas, weil er mich James übergeben hatte, und auf das Arschloch Flash, dass er ein Idiot war und nicht wusste, in welche Schwierigkeiten er mich brachte.

James sah auf die Straße und seine Augenwinkel zeigten kleine Fältchen. „Auf diese Weise ist es schwerer für dich, mir auszubüchsen. Außerdem bist du verdammt sexy, wenn du sauer bist, Izzy.“

„Hör zu, Jimmy, ich bin nicht …“

„James.“ Kurz sah er mich im Rückspiegel an.

„James“, zischte ich und dehnte das Wort aus. „Was ich getan habe, tut mir leid.“ Ich starrte auf meine Knie und biss mir auf die Lippe.

„Mir nicht“, sagte er knapp.

„Es war nicht nett von mir, ohne Abschied zu gehen. Ich habe mich idiotisch benommen. Kannst du mir verzeihen?“ Eigentlich tat mir nichts leid, aber ich wollte die verdammten Handschellen loswerden.

„Das funktioniert nicht, Izzy.“

„Was?“

„Deine gelogene Entschuldigung.“

An einer roten Ampel blieb er stehen und sah mich im Spiegel an. Sein Gesicht leuchtete im Schein der Ampel. So sah er tatsächlich aus wie der Teufel, der er war. Solange ich mich in seinen Händen befand, würde er es ausnutzen, mich zu foltern.

Ich öffnete den Mund und hätte am liebsten geschrien. „Ich habe nicht …“

„Doch, hast du.“

Ich knirschte mit den Zähnen, als sein Gesicht wieder eine andere Farbe annahm und er weiterfuhr. „Ich hatte Spaß mit dir und wir beide haben bekommen, was wir in dieser Nacht wollten.“ Ich schluckte und erinnerte mich an seine Haut auf meiner. Seine vollen, frechen Lippen, die mich gerade auf die Palme brachten, hatten mir so viele Orgasmen beschert, dass ich nicht mitgezählt hatte, und die Menge an Alkohol trübte noch dazu mein Erinnerungsvermögen.

„Vielleicht bin ich sensibel und wollte einen Abschiedskuss?“ Er neigte den Kopf leicht zur Seite und sah mich an.

Ich sah seine Mundwinkel, die fast bis zu seinen Augen hoch reichten. Er amüsierte sich prächtig.

Ich seufzte und nahm die Schultern zurück. „Das ist totaler Blödsinn.“

„Kann sein.“ Er sah wieder nach vorn. „Aber ich wollte diesen Kuss trotzdem.“

Verdammt, seine Stimme war so sexy. Sie passte sehr gut zu ihm. Gigantisch in allen Aspekten. „Du wirst das hier nicht fair spielen, oder?“ Ich kannte die Antwort bereits.

„Hast du das denn getan?“

„Ich bin sicher, dass du schon sehr oft morgens rausgeschlichen bist, James. Das nennt man den Weg der Schande gehen.“

„Süße, ich habe mich noch nie dafür geschämt, die Nacht mit einer schönen Frau verbracht zu haben. Besonders nicht bei dir.“

Ich hatte einen Knoten im Magen und es fühlte sich so an, als ob James mit seinen großen Händen hineingriff, um ihn aufzulösen. Er verursachte mir ein seltsames Kribbeln im Bauch, und das passte mir gar nicht. Ich zog einen Schmollmund und nahm nicht den Blick von seinem Hinterkopf. „So war es für uns beide einfacher“, sagte ich leiser und versuchte, meine Stimme nichts verraten zu lassen.

Er schüttelte den Kopf. „Du kannst einfach nicht aufhören, so einen Scheiß zu reden, was?“

„Sind wir bald da?“ Ich ärgerte mich und war wütend. James hatte kein Recht, meine Ehrlichkeit anzuzweifeln.

„Auf dem Polizeirevier, ja. Aber nicht am Ziel.“

„Ich finde allein nach Hause. Ich bin eine erwachsene Frau.“

„Und wann fängst du an, dich auch so zu benehmen?“, fragte er sarkastisch.

Es fühlte sich an, als hätte er mir in den Magen geboxt. Niemand durfte so mit mir sprechen. Zumindest kein Schwanzträger. Die einzigen Menschen, die mich auf meine Unzulänglichkeiten ansprechen durften, waren meine Freundinnen, aber kein Mann. Nicht mal meine Brüder oder mein Vater.

„Ich benehme mich erwachsen. Ich kann ein Auto mieten und selbst nach Tampa fahren. Die Fahrt dauert höchstens zwei Stunden.“

„Izzy, hör gut zu, denn genau so wird es ablaufen.“ Er fuhr an den Straßenrand und hielt an. Dann legte er einen Arm auf die Lehne des Beifahrersitzes und drehte sich zu mir um. „Ich habe deinem Bruder versprochen, dich nach Hause zu bringen. Und dass ich auf dich aufpassen werde. Deshalb werde ich dich nicht dir selbst überlassen.“ Er leckte sich die Lippen, was meinen Blick magisch anzog. „Es ist nach zwei Uhr morgens und ich bin müde. Wir werden uns für die Nacht ein Hotelzimmer nehmen und morgen früh nach Hause fahren. So lautet der Plan, und ich will nicht, dass sich dein Bruder Sorgen machen muss, dass wir ihn nicht einhalten. Er hat genug andere Probleme im Moment. Verstanden?“ Er sah mich an und wartete auf meine Antwort.

„Wow. Ich wusste nicht, dass du so viele Worte kennst.“ Ich grinste und sah, dass er ein Lächeln unterdrückte. „Na gut, aber ich will ein Einzelzimmer“, forderte ich, und wusste, dass ich nichts an dem Plan ändern konnte. Doch ich würde auf keinen Fall in dasselbe Zimmer mit ihm gehen.

Ein Zimmer mit Doppelbett“, knurrte er, drehte sich um und fuhr wieder auf die Straße.

„Kommt nicht infrage. Ich werde mir mit dir kein Zimmer teilen.“

„Das dient nur deinem Schutz.“

„Vergiss es.“ In der Ferne sah ich bereits das Schild der Polizeistation.

„Hör auf, dich gegen mich aufzulehnen, Weib.“

„Ich will nicht die Nacht in deinem Zimmer verbringen.“

„Unser Zimmer, und doch, das wirst du.“

„Mann, du machst mich rasend.“

„Touché.“

„Oh, der Mann kann Französisch. Ich wusste gar nicht, dass Neandertaler zweisprachig sind.“

„Musst du immer so klugscheißen?“ Er parkte den Wagen auf einem reservierten Platz.

„Es kann nichts Gutes dabei rauskommen, sich ein Zimmer zu teilen.“ Ich setzte mich auf und konnte das unsichere Gefühl nicht loswerden. Ich musste aus diesem Wagen raus.

„Ich erinnere mich an eine Menge ohrenbetäubendes Stöhnen, als wir uns das letzte Mal ein Zimmer geteilt haben. Ich würde sagen, es kann nur Gutes dabei herauskommen.“ Er lachte tief und rollend in sich hinein, ehe er ausstieg.

„Arschloch“, murmelte ich, als er seine Tür zuwarf.

„Steig aus, Süße.“

Als er die Tür öffnete, traf mich die heiße, feuchte Luft. Er griff nach meinem Arm, wollte mir hinaushelfen, und ich unterdrückte den Drang, mich zu wehren.

„Ich hasse das“, sagte ich und stieg aus. Er hatte immer noch die Hand an mir.

„Was denn, Süße?“ Er grinste und drückte meinen Arm.

Süße. Das ist erniedrigend“, zischte ich und sah ihn an.

„Solange du mich Jimmy nennst, nenne ich dich Süße. Und was machst du da?“, fragte er und packte mich an der Schulter.

„Du sollst mir die Handschellen abnehmen.“ Ich sah ihn genervt an. Warum musste er alles nur so schwer machen?

„Das geht jetzt noch nicht. Man kann nie wissen, wer einen in der Polizeistation alles beobachtet.“ Er lachte.

„Du bist ein Schwein.“

„Du sagst alle Worte, die ich gern höre. Was hast du sonst noch zu sagen?“ Er lächelte und zog mich zur Eingangstür.

„Lass es uns einfach hinter uns bringen.“ Ich versuchte, mit ihm Schritt zu halten.

„Ich genieße das voll“, wisperte er mir ins Ohr, als er mir die Tür aufhielt. „So sehr.“

Ich erbebte innerlich. Sein Tonfall erzeugte einen Kurzschluss in meinem Hirn. Jahrelang hatte ich versucht, Kerle wie ihn zu ignorieren, und zwar erfolgreich. Doch James war nochmal eine ganz andere Nummer. Ich konnte nicht mit ihm umgehen. Er hatte immer das letzte Wort. Es machte mich rasend.

Ich öffnete die Augen und machte den letzten Schritt ins Präsidium und hoffentlich in die Freiheit, oder zumindest fort von ihm.

Resist Me - Widersteh Mir

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