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1. Eine walisische Werfttochter in Südafrika


Eliza wurde am 6. Dezember 1869 nahe der Stadt Cardiff in Wales geboren. Ihre Eltern, May und James Elliott, sind sehr fürsorgliche Menschen, die ihre drei Kinder „Lizzi“, Martin und „Bekky“ mit großer Sorgfalt erziehen. Die Mutter May war schon früh Vollwaise, hatte aber das Glück, bei Onkel und Tante ein Zuhause zu finden. Sie wuchs behütet und geliebt auf und erbte nach dem Ableben ihrer Zieheltern etliche Wertpapiere.

Nach der Heirat mit James Elliott waren diese Papiere das Startkapital zum Erwerb einer Bootswerft in Cardiff. James war gelernter Schiffs- und Bootsbauer. Täglich schuftete er mit seinen Gehilfen, aber wenn es seine Zeit zuließ, tischlerte er am Abend noch Möbel für Bedürftige. Bei dieser Tätigkeit sang er lauthals fromme Lieder. Von seiner Stimme angelockt, kauerte sich Lizzi in die Ecke der Werkstatt, um ihrem Vater zu lauschen.

Jeden Tag schlenderte sie zum Hafenbecken und nahm auf einem Poller Platz, um die beste Sicht auf das Leben und Treiben im Hafen zu haben. Ihr sehnsüchtiger Blick galt den Schiffen, die je nach Wetterlage im Wasser dümpelten oder schaukelten, anlegten oder ablegten. Ihr Traum war, eines Tages selbst eines dieser Schiffe zu besteigen, um die Welt zu erkunden.

Ihre ganze Liebe galt aber den Büchern. Mit diesem Schatz zog sie sich in das elterliche Gartenhaus zurück. Hier hortete sie ihre Bücher, um in eine fremde Welt einzutauchen. Den Eltern war nicht entgangen, dass Lizzi sich nicht wie andere Mädchen verhielt. Sie wollte lernen und so erlaubten die Eltern ihr den Besuch einer Privatschule. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, wie Eltern des vorletzten Jahrhunderts über den Werdegang ihrer Töchter dachten. Möglichst nach dem zwanzigsten Lebensjahr sollten sie verheiratet oder sprichwörtlich unter der Haube sein, um in das Versorgungsinstitut der Ehe zu gelangen. Das genau war für Lizzi jedoch ein Albtraum. Sie wollte schon damals ihren ganz eigenen Weg gehen.



Elisabeth Elliott (genannt Lizzi oder Eliza; Bild 2).


Sie bestand darauf, in London eine Ausbildung zur Nanny zu erlangen, also Kindermädchen zu werden. Auch diesen Wunsch erfüllten ihr die Eltern. Sogar eine Schiffsreise ermöglichten sie ihrer Tochter. Nach dieser Reise war der Knoten endgültig geplatzt und Lizzi beschloss, nach Südafrika zu gehen. Ja, Südafrika war das Ziel ihrer Träume. Ihr Wille, einen anderen Kontinent kennenzulernen, stand fest.

Mit 21 Jahren machte sie sich auf den Weg nach Port Elizabeth. Nach einer langen Schiffsreise erreichte sie endlich ihr Ziel. Am Hafen wurde sie von einer Kutsche ihres neuen Arbeitgebers abgeholt. Langsam näherte sich das Gefährt dem Anwesen der Familie Clark. Lizzi traute ihren Augen nicht, als sie das herrliche Anwesen sah. Eine weiße Villa, umgeben von einem Park im englischen Stil, würde nun ihr Zuhause sein.

Mr. Clark war verantwortlich für den gesamten Ausbau des Eisenbahnnetzes in Südafrika. Mrs. Clark übertrug Lizzi die gesamte Erziehung der drei Töchter. Zur Versorgung der Kinder standen dem neuen Kindermädchen mehrere einheimische Bedienstete zur Seite. Damen wie Mrs. Clark widmeten sich derweil den schönen Künsten und organisierten die Bewirtung der zahlreichen Gäste. Lizzi genoss das Leben und Treiben im Hause Clark. Bei einem der Feste begegnete ihr sogar der berühmte Kolonialpolitiker und Unternehmer Cecil Rhodes. Cecil John Rhodes (* 5. Juli 1853 in Bishop’ s Stortford, Hertfordshire, England; † 26. März 1902 in Muizenberg bei Kapstadt) war ein britischer Unternehmer und Politiker. In der Hochphase des Imperialismus war er einer der führenden Akteure des Wettlaufs um Afrika. Die von ihm für das britische Weltreich erworbenen Kolonien wurden nach ihm Nord- und Südrhodesien genannt. Letztere wurde der international nicht anerkannte Staat Rhodesien, heute Simbabwe.

England war damals Weltmacht, Südafrika englische Kolonie. Unter dem Schutzmantel ihres geliebten Englands fühlte sich Lizzi völlig geborgen. Auch musste sie sich nicht der Mühe unterziehen, eine Fremdsprache zu erlernen. Es wurde eben Englisch gesprochen. Bei den Clarks lernte sie, wie man großzügig wirtschaftet. Eine tiefgreifende Erfahrung für ihr zukünftiges Leben.



Wilhelm Nübel in jungen Jahren (Bild 3).


Mein Großvater Wilhelm verbrachte seine Kinder- und Jugendzeit weit entfernt. Am 13. März 1872 kam er in Osnabrück zur Welt. Die Eltern, Lisette und Gottfried Nübel, waren glücklich über die Geburt ihres ersten Kindes. Sie waren strebsam, sparsam und gottesfürchtig, eben durch und durch preußisch.

Vater Gottfried hatte es durch endlosen Fleiß bis zum Bahnrat gebracht und bekam als Krönung seiner Beamtenlaufbahn den so begehrten Preußischen Adlerorden verliehen.

Nach dem Besuch des Gymnasiums trat Wilhelm als Lehrling in das Kohlekontor Duisburg ein. Schon während der Lehrzeit war der Inhaber, Commerzienrat Lehnkering, auf Wilhelm aufmerksam geworden. Sein Eifer gefiel ihm sehr. Wilhelm war genauso strebsam wie sein Vater. Er war an allem interessiert. Ganz auf sich selbst gestellt, baute er seine Sprachkenntnisse aus. Latein half ihm, schnell Spanisch und Französisch zu lernen. Nach seiner Lehre war deshalb bald eine Weiterbeschäftigung in der Antwerpener Filiale des Kontors angezeigt gewesen.


Eine deutsch-englische Verbindung überschattet von zwei Weltkriegen

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