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Vorwort

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Die Geschichte des größten Wirtschaftsskandals im wilhelminischen Kaiserreich ist noch nicht geschrieben worden. Sie wird auch hier nicht erzählt. Die hochriskanten Geschäfte des Fürstentrusts – ein gemeinsames Projekt der schwerreichen Fürsten Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen und Max Egon II. zu Fürstenberg – waren nicht nur selbst für intime Kenner unüberschaubar, vielmehr hatten, damals wie heute, alle Beteiligten aus naheliegenden Gründen das größte Interesse, der Öffentlichkeit jeden Einblick zu verwehren. Als die Handelsvereinigung AG – so die amtliche Bezeichnung des Fürstentrusts – zusammenbrach, vernichteten die Fürsten wichtige Unterlagen; der Großteil der Akten und Urkunden, die für eine präzise Rekonstruktion des Skandals nötig sind, ruht jedoch in den Archiven der hochadligen Familien in Neuenstein (Hohenlohe-Öhringen) und Donaueschingen (Fürstenberg), die Anträge auf Akteneinsicht ebenso höflich wie ausnahmslos zurückweisen.1

Nicht nur deshalb ist der Skandal heute vergessen. Selbst Experten der Wirtschaftsgeschichte haben von ihm bestenfalls gehört. Weil er sich unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg ereignete, galt er nur kurz als Sensation und verschwand dann schnell in Giftgasschwaden und Schützengräben. Aber die Schneise der Verwüstung, die die Geschäfte des Fürstentrusts vor allem in die Vermögensverhältnisse der Magnaten schlugen, hat Spuren hinterlassen in öffentlichen Archiven, in Zeitschriften, Büchern und Chroniken. Wer ihnen folgt, begegnet Zentauren. Christian Kraft und Max Egon waren die Chefs ihrer fürstlichen Häuser, Feudalherren alter Schule, die auf Schlössern residierten und als Waidmänner Furore machten; zugleich waren sie moderne Finanzbarone, die dem schnellen Geld so entschlossen nachsetzten wie dem Fuchs auf der Hetzjagd. Ihr Fall ist ungewöhnlich, denn für ihre ruinösen Geschäfte haben vor allem die Fürsten selber bezahlt. Das unterscheidet sie von Spekulanten der Gegenwart, die in Sekundenschnelle an den sogenannten Finanzmärkten auf fremde Rechnung Millionen verdampfen lassen. Im Übrigen aber ist der Fall unverändert aktuell: Der Dilettantismus, die Rücksichtslosigkeit, die Habgier, die die Fürsten und ihr Personal an den Tag legten, sind dem heutigen Zeitgenossen bestens vertraut. Allerdings hat sich die Rolle, die die Banken dabei spielen, seitdem offenkundig verändert. Damals beauftragte sie der Kaiser mit der Rettung der Fürsten (womit sie glänzend verdienten); heute lassen sie sich selbst von den Regierungen retten (und verdienen wiederum glänzend). Damals wie heute gilt: Unabhängig vom System ist Systemrelevanz eine Überlebensgarantie.

Sollte der Leser oder die Leserin an manchen Stellen dieser physiognomischen Skizze befürchten, den Überblick zu verlieren, ist das kein Grund zur Sorge. Noch jeder, der die Geschäfte des Fürstentrusts aus der Nähe zu betrachten versuchte, wurde früher oder später von Schwindelgefühlen erfasst.

Der Fürstentrust

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