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Der gefährliche Unsinn an dem Max nun so lebhaft denken musste, als wäre es gestern gewesen, bestand aus Willis sagenhaften Tauchexperimenten. Eine richtig gemeine Schnapsidee hatte Willi an einem dieser unbeschwerten Badetage. Aber Willi hatte sich ja damals überall und bei jedem durchgesetzt. Sein Wort galt halt etwas unter den Freunden.

Also machten sie notgedrungen alle mit. Wer wollte schon gerne als Feigling oder Drückeberger bezeichnet werden? Die immer wieder zu bestehenden Mutproben galten in der Clique als ein wichtiger Bestandteil, um dazuzugehören. Wer nicht mitmachte, konnte sich gleich neue Freunde suchen. Deshalb scherte keiner aus. Auch Max nicht. So ohne Weiteres hätte sich Willi nicht durchgesetzt, doch er hatte den Vorteil, dass er alle diese waghalsigen Mutproben als Erster bestanden hatte. Er machte es problemlos vor, da blieb den anderen nichts anderes als nachzuziehen.

Der Pummelsee, nur wenige Kilometer von Bimpelstadt entfernt, war einer der wenigen natürlich entstandenen Seen in der Gegend. Deshalb gab es um den See herum ausgiebige Vegetation die damals, als Max noch ein Kind war, weitgehend unberührt und sich selbst überlassen war. Das Freibad hatte man erst einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt. Es wurde schnell zu einem beliebten Treffpunkt in der ganzen Gegend.

Links und rechts neben dem Bad hatte man die Bäume, Büsche und das Schilf ungehindert weiterwachsen lassen. Ein hoher Zaun, der weit in den See hineinreichte, verhinderte, dass sich die Leute um den ganzen See hin ausbreiteten und das Schutzgebiet beschädigten. Das meterhohe, undurchdringbare Schilf neben dem Strand hatte es Willi besonders angetan.

Dieser Wald aus dichten Halmen übte eine mystische Faszination aus. Als würde sich darin ein uraltes Geheimnis verbergen. Wahrscheinlich lag es aber bloß an dem Warnschild, das vor der Zone aus dem Wasser ragte.

,Baden verboten‘ stand darauf. Und in roter Warnschrift

,Lebensgefahr!‘

Darunter.

Dazu war sogar noch ein Totenkopf mit gekreuzten Knochen darunter abgebildet.

Das Schilf, dessen Halme zwei, drei Meter aus dem Wasser heraus wuchsen,

war so dicht, dass man sich nur mit Mühe hindurchschlängeln konnte. Unter Wasser gab es jede Menge von Schlingpflanzen und zahlreiche Blutegel. Die Blutegel waren jedoch harmlos. Aber vor den Schlingpflanzen hatte Max eine Heidenangst. Eine unheimliche Geschichte machte immer wieder die Runde: Angeblich waren schon Dutzende Menschen im Schilf ertrunken. Die Schlingpflanzen hinderten Eindringlinge am Schwimmen und zogen sie unbarmherzig auf den Grund des sumpfigen Wassers. Die meisten der Leichen wurden nie gefunden, weil weiter unten im Wasser riesige Blutegel und meterlange Raubfische ihr Unwesen trieben und die Toten samt Knochen restlos auffraßen. Ausgerechnet dort in dieser Todeszone eines Badesees wollte Willi seine neuesten Mutproben durchführen. Blutegel! Schlingpflanzen! Das musste man sich mal vorstellen!

Die ständigen Mutproben waren zwar lästig, aber Willi bestand auf die Leistungsbeweise seiner Freunde. Ein wichtiger Auslöser für Mutproben waren natürlich die Mädchen. Schließlich wollte jeder Jungs den Mädchen imponieren. Ohne bestandene Mutproben hatte man nämlich keine Chancen bei den Mädchen. Das stimmte sogar zum großen Teil.

Die meisten Mädchen himmelten Willi wegen seines Mutes und seinem blendenden Aussehen an. Willi war ein echt starker Typ, das musste man ihm lassen. Im Grunde eiferten ihm alle anderen Jungs nach.

Da blieb gar nichts anderes als mitzumachen. Keiner wollte als Außenseiter dastehen. Max schon mal gar nicht.

Willi war an einem dieser Nachmittage wild entschlossen, dass alle die weiterhin zur Bande gehören, wollten wieder einmal eine Art spezieller Prüfung ablegen mussten. Wenn sich einer weigern sollte, musste er sich eben eine andere Clique suchen. Eine Clique für Feiglinge. Dann gehörte er nicht mehr zu seinem auserwählten Club der Starken und den Mutigsten. Ausreden ließ Willi grundsätzlich nicht gelten. Willi träumte damals immer von einem Club, einer Bande, die durch dick und dünn ging. Alle für einen, einer für alle. Nur die besten und mutigsten waren für die Bande geeignet. Furchtlose, stahlharte Jungs, die füreinander einstanden. Das war die Vision, die Willi beseelte.

Natürlich hatten alle seine Freunde schon x-mal ihre Solidarität unter Beweis stellen müssen. Max dachte nur ungern an die ständigen Forderungen von Willi. Aber von diesen anderen, speziellen Prüfungen ein andermal.

Willi sah schon den ganzen Nachmittag auf den See hinaus. Immer wieder schwenkte sein Blick zum Schilfgebiet. Er beteiligte sich nicht einmal am Kartenspiel, das sie stundenlang miteinander spielten. Plötzlich zog er an der Decke, die ihnen als Kartentisch diente. Die Karten in der Mitte purzelten durcheinander.

„Schluss jetzt!“, befahl er mit schneidender Stimme.

„Was ist denn los?“, wollte Berti wissen.

„Es wird Zeit, dass wir noch mal ins Wasser gehen. Das Bad macht bald zu. Los, alle gehen mit“ forderte Willi seine Freunde unmissverständlich auf.

Die Mädchen starrten ihn ungläubig an.

„Ihr bleibt natürlich hier und passt auf unsere Sachen auf“, teilte er den Mädchen unmissverständlich mit. Sie glaubten darauf hin die Karten wieder zusammen ohne ein Wort des Widerspruchs. Willi war schließlich der Chef.

Willi nahm einen kleinen Plastikbeutel aus seiner Badetasche. Geschwind stand er auf, steckte den Beutel in die Hose. Dann zog er sich seine Badehose zurecht und stolzierte zum Ufer. Willi hielt sich nicht lange auf mit Abfrischen, sondern stürzte sich sogleich in das Wasser. Er schwamm in Richtung des Schilfgebietes, bis er nicht mehr richtig stehen konnte. Als er sich zum Strand hin umdrehte und das Zögern der anderen bemerkte, begann er zu laut zu rufen und zu winken.

„Na los, beeilt euch“.

Sie waren zu sechst, als sie sich mühsam einen Weg in das düstere Schilfgebiet gebahnt hatten. Ein paar Meter weiter im Dickicht des Schilfes drückten sie die morschen Halme zur Seite um mehr Platz zu haben. Die Gruppe bildete einen kleinen Kreis. Max und Mikke, der eigentlich Mike genannt werden wollte, der schmächtige, aber superschlaue Andi, der dickliche, gemütliche Berti, der ruhige, riesenhafte Paul, und natürlich ihr Anführer, der Tausendsassa Willi.

„Kann einer von euch noch stehen?“, fragte Willi prüfend in die Runde.

Jeder schüttelte den Kopf und führte zur Bestätigung heftige Schwimmbewegungen aus. Sogar Paul konnte nicht stehen. Gespannt warteten die Jungs, was Willi Besonderes mit ihnen vorhatte.

Max Muckel Band 6

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