Читать книгу Max Muckel Band 2 - Christian Manhart - Страница 4
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ОглавлениеEs waren bestimmt schon weit über vierzig Jahre vergangen. Das konnte man getrost eine kleine Ewigkeit bezeichnen. Ein halbes Leben sogar. Damals hatte Max ein außergewöhnliches Mädchen kennengelernt, das ihn auf ähnliche Art und Weise fasziniert hatte. Doch das Kennenlernen war damals leider nicht so verlaufen, wie er sich das vorgestellt hatte. Es war die Zeit, als Max gerade seine Lehre abgeschlossen hatte und die intensive Suche nach einer passenden Freundin seine Freizeit beherrschte. Immerhin war damals die freie und ungezwungene Liebe auf dem Vormarsch. Miniröcke, Hotpants, lange Haare und bunte Kleidung prägten das Straßenbild. Natürlich verzichteten die meisten Mädchen auch noch auf den BH! Es gab wirklich was zu sehen damals! Flower Power Zeit nannte man die Jahre um 1970 herum. Die Männerwelt war von den offen zur Schau gestellten weiblichen Reizen total aus dem Häuschen!
Max stand der neuen Mode, sich in nie gekannter Art freizügig zu kleiden, wie die meisten Männer natürlich absolut positiv gegenüber.
So manche, spezielle Modeerscheinungen, wie das Tragen von Stirnbändern und Jesuslatschen, empfand Max allerdings als zu lächerlich, als dass es ihm einfiel, damit herumzulaufen. Aber Schlaghosen und Batikshirts mussten schon sein.
Bei den Mädchen waren es gerade die in den langen bunten Kleidern, zu denen er sich magisch hingezogen fühlte. Es gab diverse Lokale, in denen solche Mädchen verkehrten. „Haschkneipen“ wurden sie von den Älteren, auch seinen eigenen Eltern abfällig genannt. Max störte das nicht besonders. Im Gegenteil. Die Erwartung etwas Außergewöhnliches zu sehen und zu erleben, lockte ihn in diese alternativen Wirtschaften. Zu
gewöhnlich und spießig empfand er seine Kollegen, Nachbarn und Eltern. Seine Freunde stammten allesamt aus bürgerlichen oder Arbeiterhaushalten. Deshalb erzählte er niemand von seinen Exkursionen in diese andere Welt. Max hatte Angst abgestempelt oder sogar als Softie ausgelacht zu werden. Was hatte denn ein normaler Handwerkergeselle in einer Kneipe voll mit langhaarigen Hippies zu suchen? Das waren nach den Worten seiner Mutter lauter Gammler! Nach den Worten seines Vaters zu urteilen, trieben sich in derartigen Lokalen ausnahmslos linke Krawallbrüder herum. Nein, Max ging da lieber allein hin, ohne dass er irgendjemand davon einweihte.
An einem gewöhnlichen Werktag machte sich Max auf den Weg in eine der verrufensten Hippiekneipen der Stadt. Die „Rote Nachteule“ war ehemals eine stinknormale Wirtschaft. Nun hatte
sie den Ruf als alternativer Studententreff. Die neuen Betreiber hatten eine gewaltige Musikanlage installiert um die neuste englische und amerikanische Musik zu spielen. Alles nur keine deutschen Schlager. Am Wochenende war es unmöglich hinein zukommen, so groß war der Andrang. Aber unter der Woche war es kein Problem einen Platz zu finden.
Ja, also er sass damals an einem der kleinen Tische, hatte ein Bier vor sich und rauchte eine Zigarette. Aus Langeweile beobachtete Max das muntere Treiben in dem Lokal. Dabei fiel sein Blick immer wieder auf zwei besonders hübsche Mädchen, die sich offenbar über ihn unterhielten. Sie steckten ständig die Köpfe zusammen und lächelten zu ihm herüber. Max witterte eine einmalige Gelegenheit. Er lächelte zurück machte allerlei Gesten um die Aufmerksamkeit der beiden auf sich zu lenken. Das Getue ging so eine Weile. Plötzlich winkte ihm die eine zu und klopfte mit der flachen Hand auf die Tischkante des kleinen Bistrotisches.
Eine Einladung! Max zögerte keinen weiteren Moment. Er nahm sein Bier und den Stuhl und setzte sich kurzerhand zu den Mädchen. Es war wirklich einfacher als befürchtet. Beide Mädchen hatten lange Haare, die weit über die Schultern reichten. Die dunklere von den beiden trug ein gemustertes Stirnband. Aber besser gefallen hatte Max das andere Mädchen. Es hatte sich links und rechts einen dünnen Zopf geflochten und damit ihr üppiges rotes Haar wie mit Schnüren hinter die Ohren gebunden. Sie hatte sehr hübsche Ohren! Sie wickelte sich ununterbrochen Haarsträhnen durch die Finger ihrer linken Hand.
Aber das Beeindruckendste an ihr waren die Augen. Nie zuvor hatte Max so leuchtend grüne Augen gesehen! Max stellte sich vor:
„Ich bin der Max!“
„Susen“ quiekte die rothaarige Haarwicklerin.
„Melinda“ kicherte Stirnband.
Schnell entwickelte sich ein lebhaftes, aber belangloses Gespräch. Zuerst wollten die beiden Mädchen wissen, welche Schule Max besucht. Er erklärte ihnen, dass er die Schule bereits angeschlossen und schon einen Beruf als Werkzeugmacher erlernt hatte. Susen und Melinda waren Schulfreundinnen und gingen in dasselbe Gymnasium. Sie waren in der diesjährigen Abiturklasse. Sie redeten davon nach der Schule eine Weltreise zu machen. Dabei waren sie nur unwesentlich jünger als Max.
Susen funkelte ihn mit ihren grünen Augen an, dass Max gar nicht mehr wusste, wo er sonst noch hinschauen sollte. Er rückte immer näher zu ihr heran.
Aber irgendwie wurde die Musik immer lauter und die drei verstanden bald ihre eigenen Worte nicht mehr. Der Zeitpunkt zu gehen war gekommen. Max beeilte sich den Mädchen zu folgen. Er war fest entschlossen der hübschen Susen nicht mehr von der Seite zu weichen. Er musste unbedingt mehr von ihr wissen. Als sie draußen vor dem Lokal unschlüssig herumstanden, meinte Susen:
„Wir könnten noch zu Elke und Bernd gehen. Was meinst du, Melinda?“
„Ja, warum eigentlich nicht.“
„Max kommst du mit?“
„Ja, gerne. Ist ja noch viel zu früh zum heimgehen.“
So zogen sie zu dritt los. Susen und Melinda plapperten ununterbrochen drauflos. Max war unheimlich stolz auf seine neuen Bekanntschaften. Max überlegte fieberhaft, wie er es am besten anstellen könnte, an die faszinierende Susen mit den grünen Augen heranzukommen, ohne dass Melinda sich einmischte.
Sie gingen ein paar Straßen kreuz und quer. Das Viertel, in das sie gegangen waren, genoss keinen besonders guten Ruf in der Stadt. Viele dunkle Gewerbebauten, verlassene Altbauten, übrig gebliebene Ruinen des Zweiten Weltkrieges, und einige schnell hochgezogene Sozialbauten waren zu sehen. Insgesamt keine gute Wohngegend. Vor einem gewaltigen, dunklen, kaum beleuchteten alten Kasten von Haus blieben sie schließlich stehen. Melinda drückte routiniert gegen einen Flügel der Haustür.