Читать книгу Perry Rhodan 3103: Angriff des Lichtfressers - Christian Montillon - Страница 9

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4.

Eindringling

Der Alarm erklang nicht schiffsweit, sondern nur in der Krankenstation.

Ein Holo baute sich auf. Es zeigte Oona Zocalo. »Vahma«, sagte die Kommandantin. »Bist du allein? Kannst du sprechen?«

»Perihan Leko und Anzu Gotjian sind bei mir«, sagte die Chefmedikerin. »Wir untersuchen ...«

»Es ist in Ordnung, die beiden können es hören. Perihan, komm in die Zentrale! Dich, Vahma, brauche ich in einer Privatkabine. Anzu soll dich begleiten. Wir haben einen Todesfall.«

»Was ist ...«

»Du solltest es dir selbst ansehen.« Oona Zocalo nannte Deck- und Quartiernummer. »Es ist ernst. Wie ernst, wird sich vermutlich rasch zeigen.« Die Kommandantin kappte die Verbindung.

Perihan war bereits unterwegs, nun verließen auch Anzu und Vahma die Medozentrale. Das Ziel lag zwei Ebenen höher. Sie nutzten einen nahe gelegenen Antigravschacht und eilten von dort aus weiter.

Vor dem genannten Quartier stand ein TARA. Die Maschine ließ sie anstandslos passieren.

Hinter der Tür erwartete sie die Kommandantin persönlich und kam ohne einleitende Worte direkt zum Kern der Sache. »Vahma, ich brauche deine medizinische Einschätzung.« Sie ging einen Schritt beiseite, die beiden Neuankömmlinge traten ein.

Anzu fiel auf, wie kalt es im Zimmer war. Die Tür schloss sich.

Oona Zocalo deutete in Richtung des holografischen Fensters, doch das wäre gar nicht nötig gewesen.

Man konnte die Leiche, die davor lag, nicht übersehen.

Sie lag in leicht verkrümmter Haltung auf dem Boden, die Hände gegen die Schläfen gepresst. Der Mund stand offen, die Augen waren aufgerissen. Es gab weder Blut noch sichtbare Verletzungen.

Vahma Spoúr ging neben dem Toten in die Knie, tastete über den Hals, berührte den Unterarm, zog ihn zur Seite.

»Wieso hast du mich mitkommen lassen?«, fragte Anzu die Kommandantin. »Und vorher schon der Chefmedikerin empfohlen, mich ebenfalls zu rufen, um mir diese schwarze Masse zu zeigen?«

»Weil Perry Rhodan in dir eine Art Joker sieht. Vielleicht reagierst du auf Dinge, die mit diesem Chaoporter in Zusammenhang stehen. Das ist für mich durchaus Grund genug, es mit dir zu versuchen.«

»Und du glaubst, dass dieser Mord ...«

»Wir wissen nicht, ob es ein Mord war«, stellte die Kommandantin klar.

»... dass der Todesfall mit dem Chaoporter zusammenhängt?«

»Ich weiß es nicht. Das ist das Problem.«

Anzu fühlte sich in der Rolle als Joker nicht sonderlich wohl; es klang unberechenbar. Und so, als hinge am Ende alles von ihr ab.

»Ich weiß nicht, was in meinem Schiff vor sich geht«, fuhr die Kommandantin fort. »Falls überhaupt etwas vor sich geht. Noch könnte es ... na ja, Zufall sein.« Es hörte sich nicht so an, als glaubte sie selbst daran. »Die seltsame Ortung, die schwarze Masse, dieser Todesfall.« Bei jedem Punkt dieser Aufzählung streckte sie einen Finger aus. »Wir wissen nicht, ob es einen Zusammenhang gibt. Wir wissen gar nichts.«

»Doch«, widersprach Vahma, die in diesem Moment aufstand und auf ihr Multifunktionsarmband blickte. »Ich kann dir sagen, wie dieser Mann gestorben ist.«

»Tizion Lergas«, ergänzte Oona Zocalo.

Die Chefmedikerin nickte. »Er ist erfroren.«

»Erfroren?«, entfuhr es Anzu. »Hier, mitten in seinem Quartier in einem perfekt funktionierenden Raumschiff?«

»Die Frage lautet, warum die Zimmerpositronik nicht reagiert und Alarm gegeben hat«, sinnierte Vahma. »Ihr merkt selbst, wie kühl es im Raum ist, aber zum Todeszeitpunkt – vielleicht vor einer Stunde – muss es um ein Vielfaches kälter gewesen sein.«

»Ich habe es bereits überprüft«, sagte die Kommandantin. »Die Positronik ist ausgefallen.«

»Was es noch weniger wahrscheinlich macht«, sagte Anzu, »dass das alles ein Zufall sein soll.«

»Genau deshalb habe ich einen TARA vor der Tür positioniert, und ein Techniker ist bereits unterwegs«, informierte sie Kommandantin Zocalo.

*

Wenige Minuten später saßen sie zu viert in einem Besprechungsraum. Die Kommandantin war in der Zentrale aufgehalten worden – sie würde aber jeden Augenblick dazustoßen. Außer Vahma und Anzu nahmen zwei Besatzungsmitglieder teil, denen Anzu bislang nicht begegnet war.

Zum einen der von der Chefmedikerin bereits erwähnte Cheborparner LoT, dessen kompletten Namen sie sich gar nicht erst zu merken versuchte. Der Xenobiologe war in ein Zweiergespräch mit Vahma vertieft.

Außerdem ein Echsenwesen – der Topsider Hroch-Tar Kroko, der stellvertretende Leiter des Raumlandekommandos der BJO BREISKOLL. »Du fragst dich vielleicht, warum ich hier bin«, sagte Hroch-Tar.

Eigentlich tat sie das nicht.

»Und nicht mein Chef, Blaise Carrera«, fuhr er fort. »Könnte daran liegen, dass er den interessanten Teil gewählt hat und mich das Langweilige erledigen lässt.«

»Danke«, sagte Anzu. »Sehr schmeichelhaft.«

»Oh, so war das nicht gemeint!« Die roten Augen des Topsiders weiteten sich etwas über der weit vorgewölbten Schnauze. »Nichts gegen dich! Es ist nur ... ich kann Besprechungen nicht leiden.«

»Vergiss es. Es war witzig, auf ganz spezielle Art und Weise.«

»Ich kenne keinen Humor«, sagte Hroch-Tar. »Ebenso wenig wie Angst oder sonst eine Krankheit.«

»Das solltest du dir noch mal überlegen«, schlug Anzu vor. »Angst kann ziemlich nützlich sein. Genau wie Humor.«

»Meiner Meinung nach ist Angst nichts anderes die Art, wie man unangenehme Situationen betrachtet. Die man entweder sowieso nicht beeinflussen kann – oder die man schleunigst ändern muss. In beiden Fällen ändert sich durch Angst nichts.«

»Außer man bringt sich in Sicherheit, anstatt zu sterben.«

»Interessante Sichtweise«, sagte der Topsider. »Nun, ich lebe noch.«

»Genau wie ich«, versetzte Anzu. »Und ich glaube, es ist gut, dass du gekommen bist und nicht dein Chef. Wie hieß er doch gleich?«

»Blaise Carrera. Er bespricht sich mit den Raumlandetruppen und sorgt dafür, dass sie sich ständig bereithalten. Wo liegt deiner Auffassung nach der Vorteil, dass ich hier sitze?«

»Ich gehe davon aus, dass du der interessantere Gesprächspartner bist.«

»Ha!«

»Siehst du – du hast doch Humor.«

»Das war kein Lachen. Ich habe lediglich ...«

»Vergiss es! Jedenfalls beruhigt es mich zu wissen, dass die Truppen bereitstehen. Die Bedrohung liegt geradezu spürbar in der Luft. Oder bilde ich mir das nur ein?«

Bevor Hroch-Tar Kroko antworten konnte, öffnete sich die Tür, und Oona Zocalo trat ein. Die Kommandantin eilte zum Tisch und setzte sich. Die Gespräche verstummten, alle wandten sich ihr zu.

»Wir haben ein Problem«, sagte die Kommandantin. »Perihan hat nach dem Auffinden der Leiche im Schiff geortet. Mit BJOS Unterstützung hat sie nach kleinsten Spuren gesucht. Nach Hinweisen auf die Elemente, die sie auch im All gefunden hatte – und die selbstverständlich ebenfalls im Inneren auftauchen. Aber eben nicht überall, und nicht in exakt diesen Verteilungen. Um es kurz zu machen ...« Sie atmete tief ein. »Es gibt einen Eindringling an Bord. Und das Problem besteht darin, dass wir ihn lokalisieren können.«

»Das klingt nicht nach einem Problem«, sagte Hroch-Tar, »sondern eher nach einer Lösung.«

»Unter normalen Umständen würde ich dir zustimmen.« Oona Zocalo trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte; ein enervierendes Geräusch. »Aber dieser Eindringling ist überall.«

Erstes Zwischenspiel

Danon Burligo diente seit mehr als 90 Jahren als Techniker auf terranischen Schiffen, und er war stolz darauf. Seiner Meinung nach – nur fragte üblicherweise niemand danach – gab es weitaus schlechtere Möglichkeiten, seine Tage zu verbringen.

In diesen neun Jahrzehnten war er weit herumgekommen, wenn auch nie so weit wie in diesen Wochen. Vor dieser aktuellen Reise war sein exotischstes Ziel die Eastside der Milchstraße gewesen – eine diplomatische Mission seines damaligen Schiffes, die ihm sogar einen Austausch mit einem Jülziish-Kollegen ermöglicht hatte. Diese Arbeitswoche an Bord des Gataserraumers würde er wohl nie vergessen, ganz im Unterschied zum unaussprechlichen Namen der Einheit, der unglaublich viele I und J und Y enthalten hatte ... und im Original außerdem einige für Terraner tatsächlich unaussprechliche Ultraschalllaute.

Als klar geworden war, dass die RAS TSCHUBAI für ihre weite Reise nach Cassiopeia zusätzliche Techniker suchte, hatte sich Danon voller Begeisterung als einer der ersten gemeldet. Wann bekam man schon einmal die Chance, eine andere Galaxis zu sehen, auf dem Silbertablett serviert? Er war angenommen worden, wenn auch nur in einem der Beiboote, aber seiner Meinung nach – ob die jemand wissen wollte oder nicht – war die BJO BREISKOLL ebenso gut wie das Mutterschiff selbst.

Selbstverständlich war nicht alles immer angenehm, und erst recht nicht bequem. Es gab einige Drecksarbeit zu erledigen, das gehörte eben dazu.

Und nicht überall konnten Roboter die Arbeit tun, vor allem nicht, sobald es um außergewöhnliche Defekte ging, deren Ursache man nur fand, wenn man kreativ genug war. Da versagte selbst die ausgefeilteste Programmierung ... da brauchte es Pfiffigkeit, jahrzehntelange Erfahrung und eine Intuition, wie sie keine Maschine simulieren konnte. Ein alter Haudegen wie Danon Burligo hatte jede Verrücktheit gesehen und erlebt, die an Bord eines Raumschiffes schiefgehen konnte.

Jede.

Das hätte er zumindest bis vor Kurzem behauptet, wenn ihn jemand nach seiner Meinung gefragt hätte. Nun jedoch sah die Sache anders aus.

»Ganz anders«, murmelte er vor sich hin. »Ganz, ganz anders.«

Die Blechbüchse neben ihm reagierte nicht auf die Worte. Der TARA war zu seiner Bewachung abgestellt, solange er sich in diesem Quartier aufhielt. Danon glaubte zwar nicht, dass er diesen Schutz brauchte, aber er wehrte sich nicht dagegen; wieso sollte er? Er wäre dumm, unnötige Risiken einzugehen.

Er fand keinen Grund für den Ausfall der Kabinenpositronik des bedauernswerten Tizion Lergas, der erfroren war. Das heißt – sie musste nicht nur ausgefallen sein, sondern auch den extremen Temperatursturz ausgelöst haben, denn wie sonst sollte es derart kalt geworden sein?

Dass dieses Schrottding nicht mehr funktionieren konnte, lag auf der Hand. Sämtliche Verbindungen waren tot, und damit war es von jeder Energiequelle abgeschlossen. Aber das Warum stand auf einem völlig anderen Blatt. Es gab keine Zerstörungen, keine energetischen Blockaden ... nichts. Alle Leitungen, alle Übertragungen, alle Verbindungen müssten eigentlich korrekt arbeiten.

Stattdessen – nichts.

Darum war es in dem Quartier auch immer noch so erbärmlich kalt. Oder ... war es nicht sogar viel kälter? Wahrscheinlich kam es ihm nur so vor. Schließlich hatte er den TARA angewiesen, einen Teil seiner Energie in Wärme zu verwandeln und ...

Seine Gedanken stockten, als er sich umdrehte. Der TARA stand neben der Tür, genau wie vorhin – wie sollte es anders sein? Aber es gab kein Anzeichen, dass er auch nur ein Fünkchen Aktivität in sich trug. Weder ging Wärme von ihm aus, noch leuchtete irgendeine Diode.

»TARA, ein Angriff!«, rief Danon testhalber. »Bau ein Schutzfeld auf!«

Die Maschine reagierte nicht.

Er wandte sich ihr zu, versuchte sie manuell zu aktivieren. Keine Chance. Der Roboter war nicht mehr als ein energetisch toter, nutzloser Haufen Metall. Und zum ersten Mal kam Danon der Gedanke, dass er den Schutz des TARAS tatsächlich brauchen könnte.

Übelkeit stieg in ihm hoch, zuerst im Gedärm, dann im Magen, und einen Augenblick später begannen die Kreuzschmerzen. Er kannte diese psychosomatischen Symptome nur zu gut, wenngleich er sie seit vielen Jahren meistens unter Kontrolle hatte. Sein Herz schlug rascher, und er glaubte, es würde sich im Brustkorb drehen.

Also gut.

Sicherheit ging vor!

Danon eilte zur Tür, um das Zimmer zu verlassen. Halb rechnete er damit, dass sie sich nicht öffnen und er gefangen bleiben würde, aber diese düstere Befürchtung erfüllte sich nicht. Wenigstens das. BJOS Kontrolle über die Tür funktionierte nach wie vor, und so stand Danon nur Sekunden später auf dem Korridor.

Die Angstattacke schwächte sich ab, aber die Übelkeit und vor allem diese ärgerlichen Kreuzschmerzen blieben. Er brauchte ein Schmerzmittel, wenn er sich nicht den ganzen Tag damit herumquälen wollte.

Was war in der Kabine los gewesen? Wieso war der TARA ausgefallen?

Etwas Kaltes legte sich auf Danons Nacken, fast wie die Berührung einer eisigen Hand. Instinktiv griff er danach, und für einen Moment glaubte er, einen materiellen Widerstand zu fühlen, doch dann berührten die Fingerspitzen nur die Haut unter dem Haaransatz.

Schmerz raste von dort aus in den Kopf und den Rücken hinunter; es fühlte sich an wie verbrannt.

Er aktivierte den Armbandkommunikator und stellte eine Funkverbindung zur Zentrale her. Das heißt, er wollte es. Nichts geschah.

»BJO!«, rief er.

Es gab keine Antwort.

Danon rannte los, den Korridor entlang. Verdammt, warum war sonst niemand in der Nähe? Er hetzte an einer T-Kreuzung nach rechts und blieb stehen, so abrupt, dass er fast gestürzt wäre.

Eine Frau lag vor ihm auf dem Boden, mit dem Gesicht nach unten, der Borduniform nach ebenfalls eine Technikerin – ein Schritt mehr, und er wäre über sie gestolpert. Sie regte sich nicht.

»BJO, wir brauchen medizinische Hilfe!«, rief er, ohne Hoffnung, dass die Biopositronik ihn hören konnte. Oder sonst irgendjemand.

Er durfte nicht einfach fliehen und diese Frau zurücklassen. Also bückte er sich und drehte sie vorsichtig auf die Seite. Ihre Gesichtszüge hingen schlaff. Die Augen standen offen, die Iriden waren wunderschön rehbraun, mit fast goldfarbenen Sprengseln. Das Weiße rundum war blutunterlaufen. Und auch unter den Nasenlöchern gab es ein wenig Blut, nicht viel, wohl nur zwei Tropfen, über der Oberlippe getrocknet.

Danon tastete nach dem Puls der Technikerin und fand nichts.

Seine Kreuzschmerzen nahmen zu.

Dann traf ihn die Kälte wie ein Schlag. Er drehte sich um, noch immer kauernd. Raureif lag auf der Wand, und im Korridor ...

Ja, was ... was war das? Nebel?

Er meinte, ein Muster in den Schwaden zu sehen und ein Sirren zu hören, oder sogar Silben. War das ein verständliches Wort, das jemand raunte?

»Licht«, glaubte er zu vernehmen, und mit einem Mal war es dunkel. Undurchdringlich finster.

Er stand auf, ging einen Schritt weiter, versuchte sich zu erinnern, wo und in welchem Winkel genau die Technikerin am Boden lag, um nicht über sie zu fallen, und berührte mit der rechten ausgestreckten Hand die Wand.

Seine Finger klebten augenblicklich an dem eiskalten Metall fest. Er riss sie los, spürte scharfen, entsetzlichen Schmerz, hastete weiter, verfing sich an etwas und stürzte.

Noch ehe er aufschlug, flossen Kälte und Dunkelheit in ihn, so extrem, dass seine Sinne schwanden.

Perry Rhodan 3103: Angriff des Lichtfressers

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