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2. Regelung des Staatskirchenrechts unter dem Grundgesetz

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Ebenso wurde auch bei der Entstehung des Grundgesetzes diskutiert, wie die Trennung von Staat und Kirche nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus57 verankert werden könne.58 So waren insbesondere in zwei Anträgen zunächst weitreichende Kirchenartikel durch die Fraktionen der CDU/CSU, des Zentrums und der Deutsche Partei vorgeschlagen worden. So formulierte der erste Antrag noch: „Die Kirchen werden in ihrer Bedeutung für die Bewahrung und Festigung der religiösen und sittlichen Grundlagen des menschlichen und staatlichen Lebens anerkannt und vom Staat geachtet und geschützt. Aus eigenem Recht ordnen und verwalten sie ihre Angelegenheiten selbstständig und dürfen in ihrer freien Entfaltung nicht beschränkt werden.“59 Im zweiten Antrag hieß es sodann in abgeschwächter Form: „(1) Die Kirchen werden in ihrer Bedeutung für die Wahrung und Festigung der religiösen und sittlichen Grundlagen des menschlichen Lebens anerkannt. […] (2) Die Kirchen und Religionsgemeinschaften ordnen ihre Angelegenheiten selbständig aus eigenem Recht. […]“60

Diese Anträge stießen insbesondere bei SPD und FDP auf Bedenken und erwiesen sich nicht als konsensfähig. Grund dafür war die Frage nach der bundesrechtlichen Kompetenz; so sollte die Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche den Ländern vorbehalten bleiben. Ungeklärt war zudem, welche Konsequenzen sich aus einer Abweichung von den Weimarer Vorschriften für das Verhältnis von Kirche und Staat ergeben könnten.61 Zustimmung erfuhr schließlich der Kompromissvorschlag, dass die in der Weimarer Verfassung getroffene Regelung zum Staatskirchenrecht auch im Grundgesetz ihren Niederschlag finden solle.62 Einigen konnte man sich auf die vom Fünfer-Ausschuss vorgeschlagene Fassung des Art. 140 GG. Nach einigen kleineren Änderungen wurde dieser Artikel in der noch heute geltenden Fassung durch den Hauptausschuss beschlossen.63 Der konkrete Inhalt von Art. 137 Abs. 3 WRV wurde hingegen nicht mehr beraten.64

Trotz des „eigentümlichen parlamentarischen Entstehungsvorgangs“65 ist nicht zu verkennen, dass die Staatskirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung durch Art. 140 GG als unmittelbares und gleichwertiges Verfassungsrecht einbezogen sind.66 Mit Blick auf die Auslegung von Art. 137 Abs. 3 WRV und das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen haben die bereits zur Weimarer Zeit bestehenden antagonistischen Standpunkte durch die Inkorporation auch unter dem Grundgesetz weiter ihre Bedeutung. Durch die „Einbettung in das gesamte Wertsystem des Grundgesetzes“67 ist der Antagonismus jedoch nicht allein innerhalb der Vorschrift aufzulösen, sondern es muss immer das gesamte Grundgesetz als Wertentscheidung in den Blick genommen werden.68

Der Antagonismus hat auch heute noch seine volle Bedeutung; nach der Wiedervereinigung hielt die Gemeinsame Verfassungskommission – trotz geäußerter Bedenken in einzelnen Parteien – eine Änderung der Staatskirchenartikel nicht für notwendig.69 Die Bedeutung der Kirchen in der Gesellschaft mag zwar abgenommen haben, ihre verfassungsrechtlichen Gewährleistungen haben dadurch aber – jedenfalls bisher – nicht an Kraft verloren.70

Dienstvereinbarungen nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD)

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