Читать книгу Dienstvereinbarungen nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD) - Christian Warns - Страница 20

II. Kirchliche Perspektive

Оглавление

Ein Perspektivenwechsel soll nun noch einen Einblick ermöglichen, wie die Kirche die ihr seitens des Staates garantierte Regelungskompetenz wahrnimmt. Bedarf es zur Klärung der rechtstheologischen Frage nach der innerkirchlichen Legitimität von Kirchenrecht noch der näheren theoretischen Grundlegung in weiteren Arbeiten85, soll es für die vorliegende Arbeit ausreichen, sich an der praktischen Einschätzung der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Gliedkirchen hinsichtlich der Setzung von Kirchenrecht zu orientieren.86

Das Bewusstsein für ein selbstbestimmtes kirchliches Wirken tat sich in der evangelischen Kirche erstmals vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus auf. Als ein Meilenstein des protestantischen Selbstverständnisses, dass kirchliche Regelungen zur Wahrung des innerkirchlichen Propriums notwendigerweise vom Staat unbeeinflusst zu treffen sind, ist die Barmer Theologische Erklärung von 1934 anzuführen; die dort formulierten Grundsätze finden über Art. 1 Abs. 3 S. 1 GO-EKD auch Eingang in die Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Evangelische Kirche in Deutschland und ihre Gliedkirchen haben vor diesem Hintergrund allesamt eigenes Kirchenrecht erlassen und gehen zugleich von ihrer Eigenlegitimation aus. Nach Auffassung der Kirche ist die eigene Rechtsetzung auf ihren Auftrag – die Verkündigung des Evangeliums – bezogen und nimmt ihm gegenüber eine dienende Funktion ein.87

Dass der Kirche durch das Grundgesetz die Freiheit eingeräumt ist, ihre eigenen Angelegenheiten zu ordnen und zu verwalten, hat indessen ebenfalls Einfluss auf den praktischen Umgang mit der eigenen Rechtsetzungsbefugnis.88 Die verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheit bedarf zum einen der Ausfüllung durch den kirchlichen Gesetzgeber, zum anderen geht mit der verfassungsrechtlichen Verankerung zugleich eine Rücksichtnahme auf die übrige Verfassungsordnung einher. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das kirchliche Recht auch von anderen Notwendigkeiten – beispielsweise durch Gesichtspunkte der „Regelhaftigkeit“ und „Erwartungssicherheit“ – nicht unbeeinflusst bleibt und es insoweit anderen „Institutionalisierungsprozessen“ vergleichbar ist.89

Festhalten lässt sich daher für den Blickwinkel der EKD, dass die Kirche die verfassungsrechtlich gewährte Freiheit annimmt und im Hinblick auf den kirchlichen Auftrag ausgestaltet.90 Hierbei hat das Kirchenrecht zwar gegenüber dem kirchlichen Auftrag eine dienende Funktion; die praktische Ausgestaltung folgt jedoch nicht allein geistlichen, sondern durchaus auch weltlich-pragmatischen Erwägungen.

Dienstvereinbarungen nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD)

Подняться наверх