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1.1 Werbearbeit anders angehen

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Ein Unternehmer erzählte mir: „Wir haben letztes Jahr werblich über einen Monat richtig Gas gegeben, um ein neues Finanzprodukt zu promoten. Dafür ließen wir professionell Facebook-Anzeigen schalten mit einem tollen Bild und frecher Headline. Das war die mutigste Werbung, die wir je gemacht haben. Die Facebook-Anzeige hat dann auf eine extra eingerichtete LandingpageLandingpage weitergeleitet, sodass wir den Werbeerfolg direkt messen konnten. Und die Zahlen waren enorm: über 200.000 Klicks auf die Facebook-Anzeige. Es waren somit tatsächlich tausende Leute auf unserer Landingpage zum Produkt. Das Formular zum Kennenlernen des Produktes haben dann aber tatsächlich nur drei User ausgefüllt. Die ganze Aktion hat uns am Ende gar nichts gebracht. Die hat nur gekostet.“

Kennen Sie das? Immer wieder hoffen Firmen, dass der eine große „Werbe-Big-Bang“ für ordentlich Aufsehen sorgt und anschließend Aufträge oder Kunden in hoher Zahl wie von selbst ins Haus fliegen. Der Glaube ist verbreitet, hat man nur den einen unübersehbaren Messestand, die eine Knaller-Betreffzeile für den NewsletterNewsletter oder die eine frech-unübersehbare Werbeanzeige, dann – ja dann – geht alles wie von selbst. Die Motivation dahinter: Ein großer finanzieller oder kreativer Aufwand erzeugt eine große Werbewirkung und das bringt in der Folge automatisch ein großes Umsatzvolumen. Wenn es so einfach wäre.

In Sachen Werbung ist nicht immer 1 + 1 = 2

Es wirkt, als hätte der Finanzdienstleister mit seiner Aktion rein rechnerisch alles richtig gemacht – tolle Anzeige plus LandingpageLandingpage, die als Miniwebsite mit Formular zu einer prompten Reaktion einlädt, gerade übers Handy. Trotzdem wurde die Werbeaktion ein Flop. Warum eigentlich?

Im Grunde ist es ähnlich wie beim Musikhit. Wüssten die Plattenfirmen genau, wie man aus 1 (junge Sängerin) + 1 (melodischer Song) = 2 (Chartstürmer) macht, dann würden nur Hits produziert. Gleiches gilt für Hollywoodfilme. Es gibt genug Beispiele für Filme, in denen 1 (Top-Schauspieler) + 1 (emotionale oder witzige oder actionreiche Story) ≠ 2 (Kassenschlager) ergeben haben. So erwischte es mit 100-Millionen-Dollar-Film-Flops selbst Hollywood-Größen wie den Komödienkönig der 1980/90er-Jahre Eddie Murphy oder Oscar-Preisträgerin Halle Berry. Jedes neue kreative Projekt ist mit einem gewissen Risiko verbunden.

Ist das eine Rechtfertigung, um Musik, Filme oder Werbung ganz sein zu lassen? Nein! Es ist eine Motivation, das eigene Handeln zu verändern. Darum bleiben wir kurz noch beim Thema Film und lernen es besser zu machen von … Bond, James Bond.

Die Filme über den Doppelnullagenten James Bond wirken wie ein Garant für volle Säle. Wir schauen etwas neidisch auf dieses perfekte Selbstläuferprodukt mit seinen enorm hohen Einspielsummen für Kinos, Verleiher und Produzenten. Ein einfaches Geschäft. Ja? Von wegen! James Bond ist das beste Beispiel für Erfolg durch „Anti-Single-Aktionen“ in der Eigenwerbung.

Ich frage Sie: Kennen Sie den aktuellen Bond-Darsteller? Hat er seinen Vertrag verlängert oder wer ist als neuer Bond im Gespräch? Haben Sie schon gehört, wie der nächste Bond-Film heißt oder wer das nächste Bond-Girl spielt?

Ohne Kinoexperte zu sein oder extremer Bond-Fan, haben Sie auf mindestens eine der Fragen die Antwort sofort parat. Denn: Wir alle werden lange vor dem Kinostart als Zuschauer angeworben. Durch Infohäppchen zu Filmtitel, Darstellern, Bond-Girl, Titelsong, Drehorte.

Via Tageszeitung, TV, Facebook und News-App erreichen uns Berichte zu den Bond-Schauspielern schon vor, während und nach den Dreharbeiten. Wir lesen von Verletzungen bei Stunts oder von Drehterminen z.B. in Berlin.

Übrigens: Die Vorgehensweise, mit noch unfertigem Material bereits zu werben, nennt man „Seeding“. Hier wirft man bildlich eine Saat aus, um später reiche Ernte einzufahren (mehr dazu unter dem Stichwort Social-Media-Aktivitäten in Kapitel 3.3).

Damit noch nicht genug, wenn es um 007 geht: Ist der Bond fertig gedreht, beginnt die nächste PR- und Werbestufe. Der Filmsong wird veröffentlicht, Berichte und Anzeigen in Kinomagazinen erscheinen, Werbung auf Facebook schickt uns zu den verschiedenen YouTube-Trailern. Zuletzt sehen wir Fotos großer Abendroben, teurer Limousinen und tiefschwarzer Smokings rund um die Bond-Premieren in aller Welt. Wir sehen diese Bilder in der Tagespresse, in Online-Medien und natürlich auch auf den Instagram-/Facebook-Accounts der Schauspieler. Für Darsteller gehört Online-Filmmarketing längst zum Handwerk.

Das Ergebnis: Der neue Bond begegnet uns überall und immer wieder. Darum ist schlussendlich nicht die Frage, ob wir uns den Film ansehen, sondern nur noch wann, wo und mit wem. In Vertriebsdeutsch gesprochen: Wir kaufen auf jeden Fall. Wir erwerben eine Eintrittskarte, die DVD oder zahlen für den Download. Welche Werbung hat für den Kauf gesorgt? Keine, weil: alle!

Das heißt: nicht ein Werbekontakt, nicht ein Trailer, nicht das XXL-Banner vor dem Kino hat den Kaufwunsch in uns ausgelöst, sondern die Summe aller „Bond-Häppchen“.

Wir werden sehr bewusst und gekonnt über Monate angefüttert mit kleinen Infos rund um den Film. Es wird gefühlt zur Selbstverständlichkeit für uns, den neuen Bond anzusehen – und wenn es nur ist, um mitreden zu können.

Was lernen Sie daraus für Ihre Werbung? Wie die Aufzählung gerade zeigte, hat die Bond-Industrie über einen längeren Zeitraum viele verschiedene Werbe- und PR-Register gezogen. Das können Sie auch. Wie Sie das machen? Da Sie nicht Hollywood sind und eigentlich in Sachen Werbung Zeit, Geld und Energie sparen wollten, sage ich Ihnen zuerst, was Sie sich sparen können:

Machen Sie Schluss mit viel zu teuren Single-Aktionen, selbst wenn ein Riesenbanner oder ein XXL-Messestand wie ein Erfolgsgarant wirken. Es ist selten der Einzelimpuls, der überzeugt.

Aus diesem Grund hat auch die großartige Facebook-Anzeige für das Finanzprodukt nicht funktioniert. Denn:

1 die Produkt-Präsentation auf der LandingpageLandingpage war weder so frech noch so frisch, wie die Anzeige – der Interessent war sofort enttäuscht.

2 das Unternehmen trat an keiner anderen Stelle so frech-frisch auf – der Interessent war verwirrt.

Enttäuschung und Verwirrung kosten das höchste Marketing-Gut: Vorschussvertrauen. Wenn es nicht entstehen kann oder nach dem guten ersten Eindruck sofort wieder weg ist, wird kein Geschäft gemacht.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass aufgrund des besonders mutig-kreativen Auftretens in dieser einen Facebook-Anzeige viele Leute einfach aus purer Neugierde auf die Landingpage des Finanzdienstleisters geschaut haben, ohne überhaupt zur möglichen Käufergruppe für das Finanzprodukt zu gehören. Solche Klicks bringen wenig. Darum werden wir gleich in Kapitel 2 intensiv am Zielgruppenverständnis arbeiten.

Werbung, die Sie sich sparen können

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