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Eine lutherische Pfarrerin begegnet den ignatianischen Exerzitien in einer evangelischen Communität

Im Sommer 2007 begann ich die berufsbegleitende Fortbildung »Geistliche Begleitung« im Kloster Wülfinghausen. Sie lockte mich, weil ich meine seelsorgerliche Arbeit in der Gemeinde ausbauen und vertiefen wollte.

Von Anfang an war in diesem Kurs und an diesem Ort nahezu alles ökumenisch: katholische und evangelische Referentinnen und Supervisoren, die Stundengebete der Communität, die sich liturgisch aus beiden Traditionen speisen, sowie eine theologisch gebildete und menschliche Weite, die mich von Anfang an faszinierte.

In Vorträgen, Diskussionen und Übungen haben wir im Laufe von zwei Jahren Traditionen geistlicher Begleitung bei unseren Müttern und Vätern im Glauben aufgespürt und von ihnen wertvolle Anregungen für unsere eigene pastorale und seelsorgerliche Arbeit bekommen.

Das Herzstück der Fortbildung: die neuntägigen Exerzitien in der Mitte der Kurszeit. Kompetent angeleitet und liebevoll begleitet von den Schwestern und Kursleitern, machten wir uns auf die Reise in die Stille. Hörendes Verweilen vor Gott, betendes Betrachten biblischer Texte und gemeinsame abendliche Feiern des Abendmahls. Dabei habe ich noch einmal neu das Staunen gelernt.

Im Mitleben des klösterlichen Rhythmus’ von »ora et labora«, bei der Arbeit im Klostergarten genauso wie im Mitfeiern der Stundengebete, spürte ich den Segen der Unterbrechung.

Und ich bin reicher geworden um die kostbare Erfahrung, selbst begleitet zu werden im Zurückschauen auf gegangene Lebens- und Glaubenswege ebenso wie auf den gegenwärtigen Spuren meiner Sehnsucht.

Viel habe ich in dieser Zeit und im Fortgang des Kurses über ignatianische Spiritualität und ihre heutige Vermittlung erfahren. Zugleich ist mir klar geworden, wie sehr Martin Luther – nicht zuletzt durch seine monastische Prägung – selbst ein leidenschaftlicher Beter und Gebetslehrer war. Was er uns an spirituellen Schätzen hinterlassen hat, lohnt sich jenseits konfessioneller Dogmatik wieder neu zu entdecken.

Manchmal frage ich mich, was geschehen wäre, wenn Luther und Ignatius einander zu Lebzeiten begegnet wären. Welcher Dialog wäre wohl zwischen ihnen entstanden? Bei ihrem Temperament hätten die beiden über manche Themen gewiss streiten können. Aber vermutlich hätten sie auch festgestellt, dass es im Blick auf ihr geistliches Leben und auch auf ihr seelsorgliches Anliegen viele Berührungspunkte gab.

Über diese Berührungspunkte können die beiden in diesem Buch miteinander in ein »fiktives Gespräch« kommen.

Christiane Brendel

Martin Luther und Ignatius von Loyola

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