Читать книгу Ein Geschenk vom Universum - Christiane Gohl - Страница 6
Kapitel 2
Оглавление»Und wie sah’s mit Männern aus?«
Jana hatte Mareike vom Flieger abgeholt. Anschließend teilten die beiden sich eine Flasche spanischen Rotweins in Mareikes ebenerdiger Wohnung in einem etwas verschlafenen Vorstadtviertel. Das Apartment war ein Traum, ein echter Glücksfall. Es gab sogar einen Garten, der jetzt allerdings schmuddelig und verregnet wirkte. Keine Spur von Frühling, dabei war beinahe April.
Entsprechend neidisch lauschte Jana Mareikes Erzählungen von südlichen Palmengärten. Um dann allerdings rasch zum Thema zu kommen. Kein Traumurlaub ohne Ferienliebe.
»Braungebrannte, bodybuildinggestählte Tennisspieler?«, phantasierte sie.
»Davon gab’s massig«, erklärte Mareike und leerte ihr Glas. »Im Schwulenclub zwei Kilometer weiter. Einer schöner als der andere, aber irgendwie sind sie sich selbst genug.«
Jana seufzte. »Und was machen wir jetzt?«, erkundigte sie sich. »Ich meine ... du willst doch auch nicht allein bleiben ...?«
Mareike schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil. Ist mir viel zu gefährlich. Sonst werde ich womöglich so wunderlich wie diese Karina. Ich werde die Sache jetzt ganz gezielt angehen. Am besten übers Internet. Profil anlegen, in den entsprechenden Portalen ins Netz stellen und – Bingo!«
Jana runzelte die Stirn. »Bist du sicher? Das ist doch irgendwie seelenlos. Katja meinte, es gäbe da jetzt so Angebote über ... na ja, Partnersuche über gemeinsame Erfahrungen in früheren Leben ...«
Mareike verdrehte die Augen. »Jana, ich hatte auch in früheren Inkarnationen viel dafür übrig, dass mein Seelenverwandter mir nicht auf der Tasche lag. Eine gewisse Lebenstüchtigkeit liegt mir seit der Steinzeit am Herzen. Das bedeutet im 21. Jahrhundert: Er hat eine E-Mail-Adresse und kann eine Suchmaschine bedienen. Wenn er mich finden will, findet er mich. Warum also in früheren Existenzen gründeln? Damit Katjas Guru was verdient?«
Jana seufzte. »So was Ähnliches habe ich Katja auch gesagt«, gestand sie dann. »Aber sie meinte nur ...«
Mareike blinzelte. »Dir fehlt noch die nötige Einsicht«, imitierte sie Karinas sanft vorwurfsvollen Ton. »Du bist zweifellos eine sehr junge Seele!«
Die beiden kicherten, während Mareike die zweite Flasche entkorkte.
Jana war nicht zufrieden mit Mareikes Profil für die Partnersuche im Internet.
»So ist es langweilig!«, behauptete sie. »Blond, blaue Augen ... Schreib wenigstens ›goldblond‹!«
Mareike tippte sich an die Stirn. »Da müsste ich wohl Stroh zu Gold spinnen!« Sie fuhr durch ihr Haar, das in mitleidlosem Deutsch der Haarfärbetabellen eher als »aschblond« bezeichnet wurde.
Jana ließ sich nicht irritieren. »Und vielleicht ›zartblau‹?«
»Klingt wie das zeitlose Nachmittagskostümchen für Damen ab fünfzig«, erwiderte Mareike. »Außerdem ist ein Foto dabei. Schwindeln lohnt sich also nicht. Oder rätst du mir auch noch zur Bildbearbeitung?«
»Bevor er deine inneren Werte erkennt, muss er erst mal an deinem Äußeren vorbei!«, bemerkte Jana kryptisch.
»Vielen Dank«, kommentierte Mareike.
»Und hier ...« Jana fuhr fort. »›Hobbys: Lesen, Musik hören, ›in den Mond gucken‹. Die Typen müssen dich für hoffnungslos langweilig halten!«
»Ich fand ›In den Mond gucken‹ originell«, verteidigte sich Mareike. »Und was soll ich deiner Ansicht nach hinschreiben? Heilen mit Steinen? Malen nach Zahlen? Hexenkunst?«
»Ein bisschen Voodoo macht eine Frau interessant!«, behauptete Jana.
»Dann schreibe ich unter Beruf vielleicht lieber ›Bodyguard‹ statt ›Versicherungsfachfrau‹.« Mareike lachte. »Nein, im Ernst, Jana, ich bin es einfach leid, mich aufzutakeln – ob mit Make-up oder Worten. Ich möchte ich selbst sein, und ich bin kein Modepüppchen und kein Sexobjekt, ich bin einfach nur ich. Wenn den Typen das nicht reicht, kann ich ihnen auch nicht helfen. In früheren Leben sah ich übrigens auch nicht besser aus. Sollte mein Seelenverwandter also auf der Suche nach mir sein, würde es ihn eher abschrecken, wenn ich plötzlich aussähe wie Claudia Schiffer.«
Jana zuckte die Achseln. »Es waren nur wohlmeinende Ratschläge«, bemerkte sie. »Wir werden ja sehen, welche Männer auf Natur pur stehen.«
Mareike beschloss, sich nicht entmutigen zu lassen. Sie hatte tatsächlich ein Bild ins Netz gestellt, das sie gänzlich ohne Make-up zeigte, aber sie fand sich darauf keineswegs nichtssagend. Es war ein Urlaubsfoto, und eins musste man Karina lassen: Fotografieren konnte sie. Was wiederum kein Wunder war, hatte sie sich den Fünf-Sterne-Urlaub doch als Profi-Fotografin verdient. Auf ihrem Lieblingsbild stand Mareike in ihrem neuen, blauen Kleid am Strand, der Wind zerzauste malerisch ihre Haare. Ihre Haut zeigte zarte Bräune, ihre Augen blickten verträumt, und ihre Lippen waren nur zu einem leichten Lächeln geöffnet. Karina hatte den feinen Schnitt ihres schmalen Gesichts eingefangen, der es an guten Tagen elfenhaft wirken ließ – in schlechten Zeiten allerdings eher hager. Dann wirkte ihre Nase auch ein bisschen spitz und vorwitzig – aber davon war auf Karinas Bild wirklich nichts zu erkennen. Mareike fand sich schön – und hatte ihrer Urlaubsbekanntschaft umgehend sämtliche esoterischen Ergüsse verziehen, als sie das Foto als »Abschiedsgeschenk« in Empfang nahm.
»Dein Stein ist eindeutig der Aquamarin!«, hatte Karina ihr dann noch mit auf den Lebensweg gegeben. »Er verhilft dir zu Weitblick und Erkenntnis und vertieft in der Partnerschaft Liebe und Treue.«
Mareike erinnerte sich daran, als sie die ersten beiden Antworten auf ihre Partnerschaftsanzeige ausdruckte und mit ins Büro nahm. Sie war neugierig gewesen und hatte gleich beim Frühstück in ihre Mailbox gesehen. Aber dann fehlte ihr die Zeit zur genaueren Auswertung. Sie steckte rasch ein paar Aquamarinohrringe an, um für alles gewappnet zu sein, und rannte los. Vielleicht reichte es ja noch für einen Kaffee mit Jana, bevor der Trubel richtig losging.
Da hatte sie jedoch kein Glück. Mareike brauchte bis fast zehn Uhr, um auch nur die dringlichsten Anfragen zu erledigen. Schließlich bat sie ihre Sekretärin um einen Cappuccino und ein paar telefonfreie Minuten und schlüpfte in Janas Büro.
Vergnügt wedelte sie dabei mit den Ausdrucken. »Hier. Ich scheine in früheren Leben äußerst aktiv gewesen zu sein. Jedenfalls stand das Bild noch keine drei Stunden im Netz, da fanden sich auch schon die ersten Seelenverwandten!« Sie warf die Profile auf Janas Schreibtisch.
Die Freundin vertiefte sich gleich in den Anblick der Fotos. Nummer eins war ein schlanker, fast hagerer junger Mann mit schmalem, durchgeistigtem Gesicht. Auffällig waren die seelenvollen, lang bewimperten Augen hinter einer dezenten Brille. Mareike las derweil die Angaben zu Beruf und Hobbys vor.
»Er spielt tatsächlich Geige?«, meinte Jana ungläubig.
Mareike lächelte triumphierend.
Gestern hatte sich Jana noch über ihre »Vorstellungen bezüglich Ihres künftigen Partners« lustig gemacht.
Ich wünsche mir einen Mann mit romantischer Ader. Er soll mir an Regentagen Rosen schenken, vor meinem Zimmer Geige spielen oder im Mondschein mit mir Sekt trinken. Manchmal soll er die Welt für mich anhalten – und doch nicht vergessen, den Müll rauszubringen, wenn sie sich wieder in Bewegung setzt.
Jana fand diese Formulierung »aufgesetzt«.
»Er schreibt auch Gedichte«, bemerkte Mareike. »Das ist nun schon fast unheimlich. Was ist er denn von Beruf? Philosoph?«
Sie suchte in ihren Zetteln.
Jana fand die Angaben unter dem Foto. »Psychologe«, las sie vor. »Psychoanalytiker, genauer gesagt. Er wird dein Inneres lesen wie ein Buch!«
Mareike runzelte die Stirn. »Ob ich das so will?«, fragte sie zweifelnd. »In Sachen ›Wünsche an die Partnerin‹ bezeichnet er sich als ›für alles offen‹. Und als Hobby gibt er ›Reitern‹ an. Ist das nicht mehr ein Mädchensport?«
»Also schwul wird er ja nicht sein, sonst würde er keine Partnerin suchen«, erklärte Jana. »Ich finde, er klingt interessant. Vielleicht der Typ ›Zorro‹! Des Nachts reitet er mit schwarzer Maske und wildem Hengst zum Haus seiner Liebsten, Schwert und Geige geschultert, um erst vor ihrem Fenster aufzuspielen und dann eventuell protestierende Nachbarn oder Ehemänner in den Hades zu schicken. Probier es auf jeden Fall aus! Und der andere?«
Der andere wirkte eher kantig männlich als sensibel. Sein Foto zumindest zeigte einen optimistisch dreinblickenden Sportler- oder Managertyp: gebräunt, mit kantigem Kinn, noch vollem Haar, das aber schon einen leichten Ansatz zu Geheimratsecken erkennen ließ. Als Hobbys gab er Golf und Tennis an, von Geigen oder Gedichten schrieb er nichts. Dafür umriss er seine Vorstellungen von einer künftigen Partnerin sehr viel genauer: Ich wünsche mir eine feste Partnerschaft mit einer schönen und seelenvollen Frau, die ganz in unserer Gemeinschaft aufgehen möchte.
»Was soll das denn heißen? Will er dich fressen?«, fragte Jana.
»Er fragt jedenfalls schon ganz konkret nach, wann ich ihn kennenlernen möchte«, erklärte Mareike. »Der andere ist da schüchterner. Ich glaub, dem maile ich zuerst. Irgendwie bringt er mehr Seiten in mir zum Schwingen ...«
»Seiten oder Saiten?« Jana lachte.
Mareike runzelte die Stirn. »Junge Seelen verstehen das nicht«, beschied sie ihre Freundin. »Also los, gehen wir wieder an die Arbeit. Ich werde vorher allerdings rasch noch eine kleine E-Mail schreiben ...«
»Und? Wie war’s?«
Am nächsten Morgen wartete Jana bereits mit dem Kaffee in Mareikes Büro und hatte alle ratsuchenden Mitarbeiter mit dem Verweis auf eine dringliche Besprechung der Geschäftsleitung auf später vertröstet. Mareikes Psychologe hatte gestern noch am selben Nachmittag zurückgemailt. In etwas umständlichem Deutsch hatte er sein unbeschränktes Entzücken über Mareikes Mail bekundet und sie gleich am selben Abend zu einem Glas Wein »und vielleicht einem kleinen Abendessen« in ein ziemlich feines Restaurant eingeladen.
»Es war seltsam«, meinte Mareike nach kurzer Überlegung. Sie wirkte nicht sonderlich übernächtigt. Zu heißem Sex auf dem Küchentisch war es also sicher nicht gekommen. Aber Freudianer hätten das wahrscheinlich ohnehin nicht unter »Romantik« verbucht, sondern eher unter »Neurose«. »Also Geige spielt er wohl wirklich. Aber der Typ ›Zorro‹ ...?« Sie kicherte. »Eher der Typ Don Quichotte! Oder wie hieß noch mal dessen Knappe, der diesen Esel ritt?«
»Er reitet einen Esel?«, erkundigte sich Jana. »Komm, verkohl mich nicht!«
»Ein Maultier«, präzisierte Mareike. »Sein Kindheitstraum, den er sich vor kurzem endlich verwirklichen konnte. Und darüber hat er denn auch den ganzen Abend gesprochen. Im Ernst, jedes andere Gesprächsthema konntest du knicken. Er hat seit Jahren kein Kino betreten, besitzt keinen Fernseher. Musikalisch findet er, glaube ich, so Beethoven den letzten Schrei, und wenn er verreist, dann höchstens mit ›Studiosus‹. Oder er macht Wanderritte mit seinem Maultier. Übrigens eine Stute, daher vielleicht die innige Beziehung.«
»Komm, Mareike, jetzt sei mal ernst. Er kann unmöglich ein Maultier ...«
»Wenn ich genug Phantasie hätte, mir so was auszudenken, würde ich Horrorcomics zeichnen.« Mareike nahm einen tiefen Schluck Kaffee. »Sein größter Traum ist übrigens, das Auto abzuschaffen und mit dem Vieh in die Praxis zu reiten. Er könnte es da anbinden, und ...«
Jana lachte. »Und seine Patienten ...?«
Mareike zuckte die Schultern. »Zumindest fänden sie einen Seelenverwandten. Im Ernst, Jana, der Mann wirkt ungemein heilsam. Schon nach drei Minuten weiß man, dass die eigenen Ticks eher nichtig sind ... Mich fand er übrigens ganz toll. Würde die Bekanntschaft gern vertiefen. Muss ich mir jetzt Sorgen machen?«
Jana runzelte die Stirn. »Vergiss ihn einfach und mail den anderen an! Wo ist noch mal das Profil?«
Kandidat Nummer zwei machte vage Angaben zu seinem Beruf: Mittleres Management in einem großen Mineralölkonzern, Aufstiegschancen. Mareike sandte eine Mail in sein Büro. Eine halbe Stunde später rief er sie an.
»Auch der hat’s eilig«, berichtete sie Jana gleich darauf. »Morgen zum ›Lunch‹. Das macht man jetzt in Sachen ›Dating‹: Keine Zeit verlieren, kein Alkohol, gegenseitiges Abchecken mit kühlem Kopf. Am Telefon klang er ganz nett, sehr zielstrebig. Ob er das mit der Romantik in meinem Profil überlesen hat?«
»Sentimental wird er vielleicht erst nach Feierabend«, mutmaßte Jana. »Dann sattelt ihr eure Maultiere und reitet in den Sonnenuntergang ...«
Mareike tat, als wollte sie einen Textmarker nach ihr werfen.
»Jedenfalls macht er’s preiswerter als Sancho Pansa«, meinte sie dann. »Den ›Lunch‹ gibt’s im Bistro um die Ecke.«
Der nächste Morgen verlief etwas hektisch für Mareike und Jana. Sie hatten diesmal wirklich geschäftliche Besprechengen, und Mareike wirkte ziemlich abgehetzt, als sie sich – etwas zu spät – auf den Weg zu ihrem Date machte.
»Was soll’s? Er ist Geschäftsmann, er sollte das verstehen«, murmelte sie, während sie rasch ihr Make-up auffrischte. So ganz ernst nahm sie es nun doch nicht mit »Natur pur«. »Ich hoffe bloß, er ist nicht anstrengend ... Eigentlich hätte ich jetzt lieber Entspannung als ›Abchecken‹ ...«
»Du kannst es ja kurz machen«, meinte Jana. »Es sei denn, der Funke springt wirklich über.«
Tatsächlich war Mareike bereits nach einer Stunde wieder da und wirkte eher gestresster als vorher. Im Büro war allerdings Ruhe eingekehrt. Die Mitarbeiter arbeiteten gelassen ihre Fälle ab, Jana hatte die Pause genutzt, um rasch ein Memo bezüglich der morgendlichen Sitzung zu diktieren, und frischen Kaffee gab es auch. Mareike ließ sich aufatmend in ihren Schreibtischstuhl fallen.
»Hast du schon mal Äthiopisch gegessen?«, fragte sie ins Leere.
Jana runzelte die Stirn. »Hm? Seit wann kocht das Bistro um die Ecke afrikanisch? Ansonsten – ja. Eigentlich ganz lecker, zumindest wenn man Linsen mag. Aber der Typ ist doch kein Schwarzer, oder? Also das kriegte man auch mit Bildbearbeitung ...«
»Natürlich nicht. Höchstens politisch«, unterbrach sie Mareike. »Die Erwähnung diverser exotischer Restaurants diente nur der Ich-Erhöhung ...«
»Hm?« fragte Jana nochmals. »Seit du mit Psychologen verkehrst, drückst du dich seltsam aus. Was war jetzt mit Äthiopien?«
»Mit Äthiopien war gar nichts. Es war nur so, dass er wirklich jede Kleinigkeit, von der Bestellung eines Sandwichs bis zur Frage ›Cappuccino oder Espresso?‹ zum Anlass nahm, seine geistige, weltgewandte und finanzielle Überlegenheit über den Rest der Welt zum Ausdruck zu bringen. ›Haben Sie schon mal Äthiopisch gegessen? Also bei meinem letzten Geschäftsessen ...‹ – ›Kaffee ist ja nicht gleich Kaffee, wissen Sie? Also wir achten jetzt streng darauf, zumindest bei Vorstandssitzungen nur noch kolumbianischen zu servieren ...‹ – Zu blöd, dass er damit bei mir so gar nicht punkten konnte. Ich habe auch schon mal Äthiopisch gegessen. Und Hawaiianisch. Und woher mein Kaffee kommt, ist mir vollkommen egal. Hauptsache, er macht wach. Tja, und mein Job ist ja nun auch vorzeigbar ... ›Ach, Sie arbeiten bei einer Versicherung? Da könnten Sie mir doch gleich ein Angebot für meinen Jaguar machen. Die Kfz-Versicherung ist derart teuer ...‹«
»Hast du ihm zu bedenken gegeben, dass die meisten Besitzer der Kisten nun mal mehr Geld als Fahrpraxis haben? Mal ganz abgesehen von der Relation zwischen PS-Zahl und IQ?«, fragte Jana grinsend.
Mareike nickte. »Mit Vergnügen. Woraufhin er mit Golf anfing. Also nicht mit dem Auto, sondern dem Sport. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht spiele, woraufhin er mir wortreich erklärte, dass ich dadurch zweifellos intellektuell und bewegungstechnisch verarmen würde. Hätte ja auch was Meditatives, dieses Spiel. Er gab einem das Gefühl, er wäre Tiger Woods. Hat aber Handicap 54 ...«
»Ist das nicht das schwächste?« Jana kramte in ihren geringen Golfkenntnissen.
»Auch das«, meinte Mareike salbungsvoll, »habe ich ihm aufs Sandwich geschmiert. Am Schluss meinte er, das wäre wohl doch nicht so das Wahre mit uns beiden. Nach meinem Profil hätte er gedacht, ich wäre ... weiblicher, formbarer ...«
»Formbarer?« Jana gab eine Art Quietschen von sich.
»Ja. Wie’s aussieht, sucht er eine Art Heimchen am Herd, das ihn rückhaltlos anbetet, wenn er ihm mal bei Mondschein die Driving Range zeigt. Blond und romantisch gleich doof wie ein Golfball.«
Mareike räkelte sich auf ihrem Stuhl.
»Und? Hast du auch was gesagt?«, fragte Jana.
Mareike lächelte sardonisch. »Ich sagte, ich hätte mir meinen Partner etwas emanzipierter vorgestellt. Aber bei ihm hätte ich das Gefühl, er wäre noch ein wenig in patriarchalischen Strukturen verhaftet. Deshalb eben auch das Steckenbleiben im mittleren Managementbereich. Sollte er mal dran arbeiten ...«
Jana ließ beinahe die Kaffeetasse fallen. Sie bog sich vor Lachen.
»Also wieder nichts«, stellte sie schließlich fest. »Und was machst du jetzt? Speed Dating? In der Zeitung ist eine Anzeige. Nächste Woche steigt eins – in einem Internet-Café ...«
Mareike zuckte die Achseln. »Warum nicht? Die Idee ist an sich nicht schlecht: maximale Erstkontakte bei minimalem Zeitaufwand.«
»Du klingst schon wie der ›Lunch Dater‹!«, stichelte Jana.
»Ich bin eben lernfähig«, gab Mareike zurück. »Jedenfalls verliert man nicht gleich einen ganzen Abend, wenn sich der Typ als Flop entpuppt. Und es ist eine interessante neue Erfahrung. Wo findet es statt? Und kostet das was?«