Читать книгу Schleuderkurs - Christina Hupfer - Страница 7
Kapitel 5
ОглавлениеBrief und Handy zittern in meinen Händen. Ich kann das alles nicht begreifen.
Gott sei Dank! Ich atme keuchend aus. Zum Glück habe ich am vergangenen Donnerstag nicht kehrt gemacht. Ich habe immer noch Herrn Bäuerles wohlwollendes Gesicht vor Augen, wie er mich das Formular zur Rückgabe dieser Fehlüberweisung ausfüllen ließ, während er für seine Unterlagen eine Kopie von meinem Kontoauszug anfertigte. Wie er unruhig auf die Uhr schaute als er mir anschließend den Disporahmen erweiterte. Ich hatte es gerade noch rechtzeitig geschafft, denn seine Kollegin schloss bereits den Schalterraum ab, und ich musste die Bank durch den Seitenausgang verlassen.
Diese Nachricht. Mir wird schlecht. Das ist doch ungeheuerlich. Ich muss das melden! Aber die Ansage wird in ein paar Minuten nicht mehr existieren, hat die Stimme gesagt.
Ich tippe mindestens fünfmal daneben, bis ich an meinem Laptop das Radio ausschalten und die Film-Aufnahme-Funktion aktivieren kann. Dann drücke ich mit fliegenden Fingern auf meinem Handy die Wahlwiederholung und stelle den Lautsprecher auf Mithören: „Verehrte Frau Werner, bitte passen Sie sehr gut auf...“
Während diese unglaublichen Worte ertönen, filmt mein Laptop mich mit meinem Handy. Danach sitze ich auf meinem Stuhl und kann mich nicht rühren, denke immer wieder nur: Gott sei Dank!
Nachdem ich mich einigermaßen beruhigt habe frage ich mich: was war denn das?!!! Inzwischen muss der, wer auch immer aus mir eine Spionin machen will, hoffentlich gemerkt haben, dass ich die gesamte Summe zurückgegeben habe. Er wird mir diese verdammte Speicherkarte nicht schicken, und ich bin für ihn deshalb auch keine Gefahr. Ich habe ja nur diese seltsame Gewinnbenachrichtigung in der Hand. Er weiß nichts von meiner Aufnahme. Er muss denken, falls ich jemandem davon erzählen würde, dass niemand es ernst nähme. Ich hätte ja nicht die geringsten Beweise.
Aber ich muss doch mit jemandem darüber sprechen. Mit wem von der Firma? Mit einem von der Abteilung Compliance? Ich weiß nicht recht. Doch zu wem soll ich gehen? Wenn der oder diejenigen, die das angeleiert haben, mich dabei beobachten sollten, würden die das sicher nicht besonders lustig finden.
Onkel Martin! Unser langjähriger Nachbar, ein Kriminalrat a. D., der mich als Kleinkind schon auf seinen Knien geschaukelt hatte, fällt mir ein. Natürlich, zu wem denn sonst?! Morgen in aller Frühe werde ich ihn anrufen. Vielleicht nicht gerade von diesem Handy, das ich immer noch wie ein giftiges Insekt in der Hand halte. Es wäre sicher besser, die Telefonzelle im Bahnhof zu benutzen, wenn ich Frühstücksbrötchen hole. Da gibt es, soviel ich weiß, noch eine. Bei diesem Gedanken überkommt mich eine unsagbare Erleichterung und gleichzeitig vollkommene Erschöpfung. Ich will nur noch ins Bett, und es gelingt mir tatsächlich, zu schlafen.