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Kapitel 3 Carla und der Riese

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Carla steht im goldgelben Kornfeld. Sie pflückt einen blauen Kornblumenstrauß für Papa. Er hat heute Geburtstag. Sie schaut nach oben und blickt auf zum hellen Himmel, den Kopf weit in den Nacken gestreckt. Sie sieht ein großes, weißes Windrad, das sich lautlos im Wind dreht.

„Wer bist du, du großer weißer Riese?“, fragt Carla.

„Ich bin ein Windrad!“ „Warum stehst du hier so ganz allein?“ „Ich bin nicht allein“, sagt das Windrad, „da hinten stehen noch viel mehr Windräder. Schau, ich mache Sport.“

Carla schaut und staunt. Das Windrad dreht sich ganz sanft und leise im Wind. Es hat drei Arme, die kreisen und kreisen. Es ist schlank und rank und ganz viele Meter hoch. Dabei lacht es und dreht unentwegt seine Arme.

„Toll“, staunt Carla, „wie lange machst du denn schon Sport, bist du nicht langsam müde?“ „Nein, sieh nur, ich kann mich auch ganz langsam drehen. Man wird nicht so schnell müde und es macht Spass!“ „Kannst du dich auch schneller drehen?“, fragt Carla neugierig. „Ja, aber ich habe keine Lust, es ist zu warm und die Sonne scheint so schön. Ich kann mich natürlich auch ganz schnell drehen.“ „Zeig einmal!“, ruft Carla begeistert.

„Dazu muss ich den Wind rufen, der schläft noch. Außerdem drehe ich mich jeden Tag und jede Nacht, bei Regen, Schnee und bei Sturm. Immer und immer. Und darum genieße ich jetzt die Sonne.“

„Du bist aber komisch, machst du denn gar keine richtige Pause?“, fragt Carla weiter, „du musst doch auch einmal schlafen, das ist gesund und hält einen fit.“ „Ja, manchmal mache ich Pause, aber nicht oft“, erwidert das Windrad.

„Mama sagt, man muss regelmäßig schlafen, das macht gesund und stark.“ „Da hat deine Mama recht, aber ich bin ja kein Mensch, ich bin nur eine Maschine.“ „Ach so, du wirst also nie müde“, überlegt Carla.

„Nein, ich werde nicht müde“, sagt das Windrad. Dabei dreht es sich anmutig leicht und langsam weiter. Es streckt sich und lässt dabei ganz sanft die Flügel gleiten.

„Das sieht toll aus, so leicht und locker ohne Pause. Aber warum stehst du denn hier so ganz allein?“

„Ich habe dir doch gesagt, da hinten stehen auch noch andere Windräder. Schau in die Weite und nicht nach oben! Siehst du meine Geschwister Luga, Logo und Lugi?“

„Ja, ich sehe sie. Sie stehen aber still!“ „Sie schlafen noch“, sagt das Windrad leise, „sie haben den Bauch vollgestopft mit ganz viel Energie. Wir haben gestern eine Windparty gefeiert. Sie sind noch ganz satt und müssen sich nun ausruhen und ganz langsam ihre Energie verdauen, so lange, bis sie alle wieder Hunger haben.“ „Machst du das auch so?“, fragt Carla. „Ja, aber heute bin ich noch etwas hungrig. Ich muss mich noch ein wenig drehen.“

„Energie, was ist das?“, bohrt Carla.

„Das ist, wenn du zum Beispiel zu Hause das Licht einschalten möchtest.“ „Was hat das denn mit Licht zu tun?“, fragt Carla wieder neugierig.

Das Windrad erklärt: „Licht braucht Strom, also Energie.“ „Ach so, und du machst den Strom“, staunt Carla.

„Ja, so ähnlich. Ich mache Energie und aus der Energie wird dann Strom. Strom ist wichtig, darum stehen auch meine Geschwister hier, meine Tanten und Onkel, mein Großpapa, meine Großmama, meine Cousinen, mein Vater und meine Mutter. Wir sind eine richtig große Familie und alle brauchen uns, aber viele mögen uns auch nicht.“

„Warum nicht?“, fragt Carla weiter. „Weil wir manchmal zu dicht zusammenstehen, und dann sieht das in der Landschaft nicht mehr so hübsch aus.“ „Mh, dann drängelt ihr euch?“ Das Windrad lacht: „Nein, das nicht, aber zu viele sind nun einmal zuviel.“

„Aber viele machen viel Energie und die brauchen wir“, bemerkt Carla. „Ja, wenn dein Papa heute den Kühlschrank öffnet und kalte Getränke für die Gäste holt, oder wenn deine Mama kochen oder backen möchte, dann wird Strom oder Energie gebraucht.“ „Das stimmt“, überlegt Carla.

Das Windrad erklärt weiter: „Oder, wenn es dunkel wird, dann braucht der Mensch noch mehr Energie oder Strom. Zum Beispiel im Winter, abends, wenn es dunkel wird, dann müsst ihr früher das Licht einschalten.“

„Gut, jetzt zeig einmal, was du kannst, du großer weißer Riese“, fordert Carla ihn lachend auf. Eins, zwei, drei, alles dreht sich ganz schnell im Kreise, schnell und immer schneller. Die Flügel der Tanten, Omas, Opas, des Vaters und der Mutter folgen im schnellen Schlag.

„Hört auf, das reicht, ich bekomme Angst!“, ruft Carla. „Siehst du, jetzt weißt du, wie es geht“, lacht das Windrad. „Danke, du großer weißer Riese, ich gehe jetzt nach Hause. Bis zum nächsten Mal!“

Carla pflückt ihren Kornblumenstrauß und schlendert langsam nach Hause. Sie trifft Oma. „Was ist denn, Carla, du bist so nachdenklich?“, fragt Oma besorgt.

Carla setzt sich auf Omas Schoß und erzählt ihr die Geschichte vom Windrad. „Ja, das ist richtig, was dir das Windrad erzählt hat“, sagt Oma nachdenklich.

„Oma, was macht man, wenn man keine Energie oder Strom hat?“

„Dann muss man improvisieren, das heißt man muss eine andere Lösung finden. Das ist etwas komplizierter, aber es klappt auch. Zum Beispiel das Licht. Wie machst du das Licht an, Carla, wenn du keinen Strom hast?“

„Weiß ich nicht“, zuckt Carla mit der Schulter. „Aber ich“, sagt Oma. „Man nimmt einfach eine Kerze und zündet sie an.“ „Ja, richtig, Oma! Oma, und wenn man friert, zündet man sich im Ofen ein Feuer an!“ „Siehst du Carla, man muss bloß überlegen“, schmunzelt Oma freundlich.

„Und wenn man kochen möchte, kocht man über dem Feuer“, ergänzt Carla weiter. „Genau“, freut sich Oma. „Aber das riecht ja so und ist so kompliziert, Oma.“

„Nein, das stimmt nicht ganz“, sagt Oma. „Das kann sehr gemütlich sein, es kommt nur darauf an, wie man es gestaltet. Heute gibt es moderne Kamine, wie bei euch zu Hause. Wenn du dann mit Papa und Mama vor dem Kamin sitzt und Papa liest dir Geschichten vor und das Feuer knistert und es ist wohlig warm, das ist doch gemütlich! Oder wenn ihr im Sommer ein Lagerfeuer anzündet, draußen im Garten, wie heute an Papas Geburtstag, und ihr die leckeren Fleischstäbchen in das Feuer haltet. Schöner kann es nicht sein!“

„Aber mühsam für jeden Tag, Oma!“ „Ja, da hast du Recht, Carla. Heute ist das etwas anders, heutzutage muss alles viel schneller gehen - hoppla hopp! Und dafür haben wir ja schließlich die neue Technik. Aber die Technik braucht wieder Strom und Ernergie und dein Windrad gehört auch dazu. Und die Waschmaschine, das Bügeleisen, der Fernseher, das Radio, der Kochherd, der Kühlschrank, der Computer, das Telefon und so weiter. Dein Windrad hat Recht! Es gibt aber noch andere Stromerzeuger, wie zum Beispiel das Wasser, aber das erzähle ich dir später, Carla. Jetzt müssen wir aber rasch den Geburtstagskuchen für deinen Papa backen! Du stellst deine schönen Kornblümchen auf seinen Geburtstagstisch, und beim Kaffeetrinken kannst du ihm und uns deine Geschichte vom Windrad erzählen.“

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