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Vorwort.

Die hier versammelten Texte dokumentieren eine Auseinandersetzung mit der Haltung der Kulturindustrie und ihrer Rolle innerhalb der gesellschaftlichen Tendenz zu einer Meinungseinebnung.

Kulturindustrie ist Funktion der menschenverachtenden Diktatur der Profitmaximierung. Sie konditioniert die Menschen, eine Politik zu akzeptieren, die über Leichen geht. Sie spiegelt ein Leben vor, das alles Lebendige abtötet.

Ihre Aufgabe ist es, bei diesem Prozess der Selbstvernichtung der Menschheit Menschen zu Marionetten zu machen. Sie ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Menschen sich das Leben zur Hölle machen, obwohl sie nach jahrtausendelanger Anstrengung endlich die materiellen Voraussetzungen geschaffen haben, das Paradies auf Erden zu verwirklichen.

Das Buch beginnt mit Dokumentationen und Reflexionen über den bis heute letzten Versuch, diesen furchtbaren Prozess umzukehren: das verzweifelte Aufbäumen der Roten Armee Fraktion als bereits aussichtslosem Ausläufer der kulturrevolutionären Bewegung der sechziger und siebziger Jahre.

Es folgen selbstkritische Betrachtungen, in denen die falschen Mittel von den richtigen Zielen unterschieden werden.

Schließlich Beispiele dafür, dass das Bewusstsein von der Ungerechtigkeit auf diesem Globus in dem Maß gewachsen ist wie die Ungerechtigkeit selbst.

Einige dieser Texte schafften es bis zur Veröffentlichung, einige führten zu Hasstiraden.

So finden sich in diesem Band veröffentlichte, vor allem aber auch nicht veröffentlichte, gar mit Schaum vor dem Mund zurückgewiesene Kommentare.

Das 1980 gegen mich geführte Verfahren wegen Mitgliedschaft in der RAF fand damals auch deshalb besonderes Medieninteresse, weil ich zehn Jahre davor noch der »deutsche James Dean« des Neuen Deutschen Films gewesen war, die Zeitungen schrieben: »Von Engelchens Welt in den Untergrund«, »RAF statt Hollywood«.

Was ich mitzuteilen hatte, wurde freilich nicht referiert. Dieses Versäumnis wird hier im ersten Beitrag dieses Bandes nachgeholt:

Auch wenn ich das Wesentliche, was ich in unserer »Erklärung zur Sache« sagte, heute nicht mehr mit den selben Worten ausdrücken würde, dokumentieren diese Überlegungen nicht nur eine damalige Haltung, sondern gewähren auch Einblicke in damals relevante Zusammenhänge und machen damit Handlungen aus diesen Jahren nachvollziehbar – ohne sie zu rechtfertigen, was man ja leider selbst heute immer noch dazu sagen muss. Vielleicht ist dieser Text sogar angesichts von IS mehr denn je virulent: »Die Geschichte wird uns freisprechen«.

Die Aktionen der RAF waren ebenfalls höchst umstritten. Hier ist eine sehr ungewöhnliche Interpretation zu lesen – die Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers als Gründungslegende der Bundesrepublik Deutschland: »Und Ödipus tötete Kain«.

Die Haftbedingungen der Gefangenen aus der RAF waren ein höchst umstrittenes Thema – hier werden sie ausführlich beschrieben im »Frankenthal-Bericht«.

Einerseits sind sich alle einig, dass Gewalt verabscheuenswert und zu verurteilen ist, andererseits kann sie sich im Fernsehen hemmungslos austoben: »›Im Schmerz geboren‹ – Der Film zum Krieg«.

Wir haben dagegen in Wirklichkeit Kultur. Die geben wir – gratis! – weiter, wir zahlen sogar fürs Weitergeben. Da brauchen wir die davon Beglückten gar nicht vorher zu fragen. Die können froh sein, dass wir uns überhaupt um ihre kulturelle Erweckung kümmern: »Schwarzafrika, das weiße Blatt Papier«.

Alle Terroristen sind krank – ihre Motive brauchen wir nicht zu diskutieren. Unsere globalen ökonomischen Verhältnisse haben nichts mit den Angriffen auf sie zu tun, aber wer Drohnen sät, wird Selbstmordattentäter ernten: »Schießen statt reden. Ein Spiegelbild«.

Hilfe, daran nicht zu verzweifeln, finden wir auf einer Salami-Verpackung: »Mit Wurst zur Erleuchtung«.

Wenn der Krieg der Vater aller Dinge ist, ist die Werbung die Mutter.

Kulturindustrie ist die Werbeabteilung der Politik. Sie ist Teil des Krieges.

Christof Wackernagel, 5.6.2015

Verlogen, dumm und unverschämt

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