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Warum dieses Buch?

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Warum dieses Buch?

Knapp die Hälfte aller Frauen in Deutschland im gebärfähigen Alter nutzen hormonelle Verhütungsmittel. Einige Antibabypillen stehen seit 2014 verstärkt in der Schusslinie öffentlicher Kritik – vor allem diejenigen mit Hormonen der neueren Generationen. Befeuert wird die Kritik durch eine Reihe bekannt gewordener schwerer, teilweise tödlicher Fälle von Thrombose n und Lungenembolien durch die Einnahme dieser Mittel. Aber auch eine Vielzahl von negativen Berichten von Frauen heizen die Diskussionen seither an. Von ihnen wird das Prinzip von Pille & Co. zunehmend infrage gestellt, da diese Mittel stark in die natürliche Funktionsweise des weiblichen Hormonhaushaltes eingreifen. Das Thema hat neben scharfen Kritikern aber auch überzeugte Fürsprecher auf den Plan gerufen, die die Vergabe hormoneller Medikamente an große Teile der Bevölkerung rechtfertigen und verteidigen.

Die gesellschaftliche Diskussion zu hormoneller Verhütung soll in diesem Buch differenziert wiedergegeben und es sollen umfangreiche Informationen zu den Risiken nach aktuellem wissenschaftlichen Stand dargelegt werden.

Auch der Fortschritt in Medizin und Technik wird insgesamt beleuchtet und neben konkreten Sachfragen rund um das Gesundheitssystem gilt es, das Natur- und Technikverständnis der Bevölkerung, der Ärzte und der Institutionen in den Fokus zu rücken.

Ärzte und Krankenkassen, staatliche Stellen, aber vor allem Frauen kommen ausführlich zu Wort und es wird nicht zuletzt auf die Pharmakonzerne als wichtige Akteure eingegangen.

Kontroversen um Verhütung und Gleichberechtigung

Fragen der Verhütung sind für viele Menschen von großer Wichtigkeit – meistens vor allem für Frauen, die die Hauptlast dabei tragen. Auf der einen Seite gilt es, eine einfache und unkomplizierte Sexualität zu genießen, aber auch, die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern herzustellen. Wichtig ist daneben die körperliche wie psychische Unversehrtheit der verhütenden Menschen.

Zudem soll die Frage beleuchtet werden, welche Rolle der weibliche Körper in der Leistungsgesellschaft spielt und welche Auswirkungen dies auf die Wahl der Verhütungsmethoden hat. Eng mit diesem Thema verwoben ist die Frage nach den Machtverhältnissen und Geschlechterrollen in Gesellschaft und Medizin. Weshalb gibt es etwa bisher keine Pille für den Mann?

Ein Teil der in der Öffentlichkeit geäußerten Kritik gilt der Fehlmedikation von Pillen, wenn diese jenseits ihres eigentlichen Zwecks der Verhütung – etwa aus kosmetischen Gründen – eingesetzt werden, was häufig junge Mädchen betrifft.(47) Hier spielt insbesondere die Frage eine Rolle, ob es legitim ist, Minderjährigen starke Medikamente zur Empfängnisverhütung zu verschreiben, denn schließlich ist das Urteilsvermögen bei Kindern und jungen Heranwachsenden weniger geschärft als bei Erwachsenen. Viele Wirkungen und langfristige Konsequenzen können von jungen Menschen weniger gut abgesehen werden als von Erwachsenen. Auch die Zuverlässigkeit bei der Verhütung mit der Pille, die viel Disziplin erfordert, ist bei Mädchen nicht immer gegeben.

Es soll in diesem Buch daher auch verglichen werden, wie sich die Zuverlässigkeit hormoneller Verhütung – gerade gegenüber nicht hormonellen Alternativen – darstellt.

Hormonelle Verhütung birgt einige Implikationen, die auf den ersten Blick nicht erkennbar sind oder im öffentlichen Bewusstsein keine Rolle spielen. Zu diesen Themen gehört der Einsatz von Verhütungspillen unter dem Deckmantel sogenannter Entwicklungshilfe. Auch Schäden am Ökosystem sind nicht immer auf den ersten Blick offensichtlich und werden entsprechend aktueller Erkenntnisse beschrieben.

Nebenwirkungen, Frauenärzte und Pharmaindustrie

Die große Bandbreite der Wirkungen und Nebenwirkungen von Pille & Co. sind ein weites Feld und sorgen für gesellschaftliche Diskussionen. Dieses Buch beschreibt, welche Nebenwirkungen in welcher statistischen Verbreitung vorkommen und wie groß ihre Tragweite im Einzelnen ist – ob nun Libidoverlust oder die Störung des Zyklus, ob Depressionen, Migränen, Thrombose n, Schlaganfälle; ob Wassereinlagerungen, Krebs, Wesensveränderungen oder Veränderungen im Partnerwahlverhalten.

Wie in den folgenden Kapiteln dargelegt wird, positionieren sich viele Frauenärzte und das Gesundheitssystem klar im Sinne hormoneller Verhütung und gegen andere Verhütungsmittel. Und so kommen verträglichere Alternativen in Deutschland seltener zur Anwendung. Wie auch gezeigt werden soll, ist gerade im internationalen Vergleich auffällig, dass in anderen Teilen der Welt häufig zu einem größeren Anteil mit ebenso sicheren, nicht hormonellen Methoden verhütet wird. 7 Viele der beschriebenen Probleme erklären sich aus dem Umstand, dass ein großer Teil der Ärzte hierzulande Zuwendungen von der Pharmaindustrie für Dienstleistungen und die Vergabe bestimmter Medikamente erhält – und diese Abhängigkeit einen kritischeren Blick auf künstliche Hormone und ihre Nebenwirkungen zu verhindern scheint.

Dazu kommt, dass eine Reihe großer Pharmakonzerne in Deutschland aktiv sind, die über massive finanzielle Mittel für PR und Werbung verfügen.(8) Dadurch haben sie eine große ökonomische und gesellschaftspolitische Macht.

Im Zuge der Kritik an den offenkundigen Verflechtungen zwischen Ärzten und Industrie, die bis hin zur Korruption reichen(96), werden derzeit vor allem vonseiten vieler Frauen die grundlegende Herangehensweise und die Technokratie im Gesundheitssystem infrage gestellt. Dies wird anhand vielfältiger Aussagen in diesem Buch gezeigt.

Kein Mediziner war in den letzten Jahren hierzulande dazu bereit, ein umfassendes Buch zur kritischen Auseinandersetzung mit hormonellen Verhütungsmitteln zu schreiben. Dieses Buch soll die Lücke nun schließen. Die hormonelle Verhütung wird aus einer kritischen Außenperspektive heraus beleuchtet und so wird ein gut verständlicher und für alle nachvollziehbarer Überblick geschaffen.

Inhaltliche Grundlagen sind wissenschaftliche Studien und Fachpublikationen sowie journalistische Artikel und Äußerungen aus der Bevölkerung.

Das Buch richtet sich an Interessierte der Themen Gesundheit und Verhütung, an Frauen, die selber hormonell verhüten, die es vorhaben oder die durch künstliche Hormone geschädigt wurden. Des Weiteren dürften die Ausführungen interessant sein für Männer, die sich für die Auswirkungen auf Körper und Geist ihrer Partnerinnen interessieren (sollten), aber auch für Ärzte und andere Personen des Gesundheitssystems, die mit hormonellen Verhütungsmitteln zu tun haben.

Kurzer historischer Abriss

Empfängnisverhütung spielt eine große Rolle im Alltag vieler Menschen und ist wichtig, um sexuelle Freiheit zu gewährleisten und Überbevölkerung zu verhindern. Historisch betrachtet war Verhütung bis zum 20. Jahrhundert meist unzuverlässig. Ein Umstand, der für den Großteil der Bevölkerung mit vielen Problemen einherging. Ob nun verhütet wurde mit Fischblasen- oder Blinddärmen als Vorgänger heutiger Kondome, pflanzlichen Extrakten verschiedener Art, mit Diaphragmen aus halben Zitronen oder dem Coitus interruptus: Die Effektivität der Verhütung konnte erst im 19. und dann vor allem im 20. Jahrhundert gegenüber den vorherigen Zeiten stark erhöht werden.(1,2)

Die Pille und hormonelle Ver­hü­tung

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