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Teil IOrganisationsaufstellungen – Wissen in Szene setzen

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Wir erzählen zunächst drei Geschichten aus dem Managementalltag. Sie alle haben etwas gemeinsam:

•Ein Managementteam sieht sich herausgefordert durch eine unentscheidbare Frage.

•Die herkömmlichen Methoden der Problemlösung und Entscheidungsfindung führen zu keinem sinnvollen Ergebnis.

•Irgendwie drehen sich die Diskussionen im Kreis – Argumente und Gegenargumente halten sich die Waage.

•Nach und nach greift eine gewisse Verdrossenheit um sich.

Übergangener gesunder Menschenverstand

Ein Freizeitpark mit ausgedehnter Bäderanlage, mehreren Shopping-Zentren und einem Hotelkomplex ist in die Jahre gekommen. Früher einmal war der Standort ein Vorzeigeobjekt des Einzelhandelsunternehmens, zu dem es gehört. Die Geschäftsleitung entschied sich deshalb für eine umfassende Neugestaltung. Dabei sollte auch der Hotelkomplex an Attraktivität gewinnen, denn die unterdurchschnittlichen Belegungszahlen gaben Anlass zu Unzufriedenheit.

Mehrere Geschäftsbereiche waren an dem Vorhaben beteiligt. Auf der Basis eines zu entwickelnden Marketingkonzepts sollte ein Relaunch des gesamten Standortes erfolgen. Ziel war, an die glanzvollen früheren Zeiten anzuknüpfen. Die Sache wollte allerdings nicht so richtig in die Gänge kommen. Das Marketingkonzept blieb Stückwerk. Einzelne Teilvorhaben wurden hingegen zügig umgesetzt. Daraufhin entschied die Geschäftsleitung, sämtliche Aktivitäten in einem Projekt zusammenzufassen. So sollte das Ganze – basierend auf einem integralen Konzept – beschleunigt werden. Doch das Gegenteil geschah. Der Relaunch nahm auf dem Papier gigantische Dimensionen an. Plötzlich gab es Differenzen um die organisatorische Eingliederung des Komplexes. Resigniert warf der Projektleiter das Handtuch. Die Geschäftsleitung wähnte sich vor einem Scherbenhaufen.

Und dann passierte etwas, das niemand für möglich gehalten hatte.

Das Projektteam wurde aufgelöst. Die Differenzen ließen sich im Handumdrehen bereinigen. Die Mitglieder der Geschäftsleitung einigten sich auf einen Aktionsplan und erklärten das Vorhaben zur Chefsache. Ganz besonders zufrieden war der Finanzchef: Ihm, dem zuvor jeweils der Schwarze Peter zugeschoben worden war, wurde – endlich – der Dank ausgesprochen für sein besonderes Engagement in dieser Sache.

Unterlassene Kommunikation

Die »Business Unit« einer Produktionsfirma hatte infolge mangelnder Produktqualität einen wichtigen Kunden verloren. In der Folge konnte die Qualität mit erheblichem Entwicklungsaufwand gesteigert werden. Sie übertraf nun sogar die des Konkurrenten, der in die Bresche gesprungen war. Allein, der verlorene Kunde ließ sich nicht wieder zurückgewinnen. Das ratlose Managementteam hatte nach eigenen Aussagen »bereits alles versucht« und wollte nun unbedingt herausfinden, was es bei seinen umfangreichen Aktivitäten unterlassen hatte.

Dann passierte etwas, das niemand für möglich gehalten hatte.

Die Produktionsfirma schickte eigens einen kommunikationsstarken Entwickler zum umworbenen Kunden, der die Qualität der Produkte mit seinen dortigen Berufskollegen und weiteren Fachleuten auf deren konkrete Bedürfnisse abstimmte. Das Ergebnis nach einem Jahr: Das Produktionsunternehmen gewann »seinen« Kunden zurück. In der Folge verstärkte es die Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Entwicklung von Produkten. Heute ist die Produktionsfirma Schlüssellieferant dieses Kunden. Das Element »Kommunikation« des Marketingmix’ hat sich zu einer Exzellenz der »Business Unit« herausgebildet: Entwickler fokussieren nicht mehr nur auf die eigenen Produkte, sie reden direkt mit den Entwicklern ihres Kunden über deren Wünsche.

Verlorene Hoffnung

Die italienische Niederlassung eines deutschen Unternehmens war mitsamt Stammhaus von einem japanischen Konzern übernommen worden. Der selbstbewusste Geschäftsleiter stellte in der Folge mit seinem Managementteam Überlegungen an, wie die italienische Niederlassung im neuen Gebilde eine tragende Rolle spielen könnte. Bei diversen Besprechungen spürte er deutlich die Skepsis, mit der seine Manager dieser Absicht begegneten: Was sollte die Japaner davon abhalten, die Fertigung eines relativ standardisierten Produkts in ein Billiglohnland zu verlagern und das italienische Werk zu schließen? Diese Befürchtungen und Ängste der Manager beruhten vor allem auf Vorurteilen und nicht auf konkreten Maßnahmen der Japaner. Sie waren keine gute Voraussetzung, um Strategien für die Zukunft zu entwickeln.

Doch dann passierte etwas, das niemand für möglich gehalten hatte.

Die Manager entschieden sich, mit der Produktion der deutschen Mutter einen Schulterschluss einzugehen. So etwas wäre früher undenkbar gewesen! Ein weiterer Schritt bestand darin, die italienische Vertriebsstruktur von der italienischen Produktion zu entkoppeln und an die übrigen Vertriebsstrukturen des Konzerns anzunähern. Bisher hatte sich der italienische Vertrieb vorwiegend auf die Vermarktung der im eigenen Lande hergestellten Produkte konzentriert. Die Veränderungen passten hervorragend in das gesamteuropäische Vertriebskonzept, das die Japaner wenig später verabschiedeten. Die Italiener waren bereits gut darauf vorbereitet und arbeiteten ohne die sonst üblichen Bedenken konstruktiv an der Implementierung mit.

In allen drei Geschichten haben wir ein Moment ausgeblendet und damit möglicherweise die Geduld unserer Leser etwas strapaziert. Was passierte denn Entscheidendes, so dass ein Umschwung in die Richtung einer überraschenden, neuen Lösung stattfinden konnte?

Da war als Erstes bei den Managern die Einsicht gewachsen, das Problem könne nur gelöst werden, wenn sich alle Betroffenen gemeinsam an der Lösungssuche beteiligen. Das müßige Spiel mit der wandernden heißen Kartoffel kam damit an sein Ende. Einsames nächtliches Brüten und stilles Taktieren hinter dem Rücken des Kollegen wich dem gemeinsamen Diskurs über erfolgsrelevante Sachverhalte.

Auch waren die Manager zu der Überzeugung gelangt, keine zusätzlichen Ressourcen in Analysen, Expertisen und Konzepte zu stecken. Schließlich verfüge man im Team über ausreichend Erfahrung, um zu plausiblen und für alle Beteiligten sinnvollen Lösungen zu gelangen. Im Übrigen schienen die »Papierlösungen« eher vom Wesentlichen abgelenkt zu haben.

So hatten sich die Manager für ein Vorgehen entschieden, mit dem sie die »kollektive Intelligenz« ihres ganzen Teams ins Spiel bringen konnten. Denn ihnen war klar geworden: Wenn es um Fragen der Zukunft geht, hilft es oft nicht weiter, sich ausschließlich auf rationalistische Ansätze zu berufen. Wie auch die neuesten Ergebnisse der Neurobiologie belegen, spielen Wünsche, Sehnsüchte, Intuition und die in der Praxis gehärtete Erfahrung die zentrale Rolle bei Entscheidungen, welche die Zukunft betreffen. Allerdings: Alle diese »Erfolgsfaktoren« senden nur schwache Signale aus. Und oft genug werden sie von Menschen abgewertet, die meinen, »es« besser zu wissen.

Doch welche Instrumente sind sensibel genug, auch verborgenes, so genanntes implizites Wissen aufzuspüren? Und welche davon sind gleichzeitig intelligent genug, die gewonnenen Daten so zu interpretieren, dass daraus Informationen entstehen, die einen Orientierungsrahmen für das zukünftige Handeln abgeben?

Mit dem im nächsten Kapitel vorgestellten und in der Folge detailliert besprochenen Instrument der Systemaufstellungen hat das Management eine Methode erhalten, mit dem sich in unübersichtlichen (Entscheidungs-)Situationen die Risiken besser abschätzen lassen und für die Beteiligten klare Orientierung – das heißt: Gewissheit – schaffen lässt. Dies führen wir in Abschnitt 1.3 eindrucksvoll und praxisnah anhand unseres obigen Beispiels der italienischen Niederlassung vor Augen.

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