Читать книгу Wer ist Blue-Ray? Oder Erdmännchen sind putzig! - Claudia Feltkamp - Страница 5

2.

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Sie rannte die Treppen hinab und auf die Straße, wo ihr Schuh noch lag. Sie hob ihn auf und zog ihn sich an.

Als sie sich umdrehte, erblickte sie den Mann. Er war dicker und kleiner als er von oben gewirkt hatte. Dazu schwitze er nun auch unangenehm, weil er vom vielen Treppenstegen ganz erhitzt war. Sein rundes Gesicht war rot und er wischte sich mit der Hand den Schweiß von der Stirn. Seine Aktentasche hielt er in seiner anderen Hand fest und vergewisserte sich nun, ob diese auch noch gut verschlossen war.

„Wo bleibst du denn? Wir wollten doch frühstücken gehen.“

„Du könntest dich ein wenig dankbarer zeigen“, meinte der Fremde ein wenig beleidigt.

„Natürlich.“

Lissy trat zu ihm und umarmte ihn so kurz oder lang, wie sie es eben für angebracht hielt.

„Ich danke dir so sehr, dass du mich gerettet hast. Du bist mein Retter“, übertrieb sie gekonnt.

„Oh, ehrlich?“, fragte er nach und überlegte kurz. „Ja, du hast wirklich Recht. Ich bin dein Retter. Ein Held sozusagen.“

Er strahlte über das ganze Gesicht, nur Lissy tat das nicht.

„Nun übertreib es mal nicht. Lass uns gehen. Ich kenne da ein nettes Café wo es leckeres Frühstück gibt, da können wir hingehen, es ist nicht weit von hier.“

Sie hackte sich bei dem Mann ein und ging los.

„Findest du nicht, dass du es mit der Schminke ein wenig übertrieben hast?“, wollte der Mann wissen. Was fiel dem denn ein sich über ihre Schminke auszulassen?, dachte Lissy.

„Übrigens heiße ich Lissy“, antwortete sie ohne auf seine Frage einzugehen, „eigentlich Elisabeth, doch ich finde den Namen so altmodisch und Lissy klingt doch viel kecker.“

„Lissy? So hieß mal mein Goldfisch.“

„Dein Goldfisch hieß Lissy?“

„Ja, es war ein Mädchen und sie war rot mit einem winzig kleinen, schwarzen Punkt auf der rechten Flosse.“

„Aha.“

Plötzlich blieb der Mann stehen.

„Was ist los?“, fragte Lissy und blieb auch stehen. Ihr Magen begann zu knurren. Hoffentlich kriegte der sich bald ein. Sie hatte schließlich Hunger.

„Die Katze des Nachbarn hatte sich eines Tages in das Haus geschlichen und meine Lissy gefressen.“

Lissy schaute ihn überrascht an. „Oh Mann, du fängst jetzt doch nicht an zu heulen oder?“

„Sie war mein Liebling“, verteidigte er seine Trauer und schniefte leise.

„SIE war ein FISCH! Kauf dir einen neuen.“

Lissy versuchte ihn weiter zuziehen, denn sie hatte wirklich Hunger.

„Sie war nicht nur ein FISCH!“, bekräftigte der Mann. „Sie war ein ganz besonderer Goldfisch, rot mit...“

„Mit einem kleinen schwarzen Punkt auf der linken Flosse.“

„Der rechten Flosse“, verbesserte er sie.

„Wie auch immer“, sagte Lissy genervt. Irgendwie langweilte sie dieser Kerl. Sie überlegte kurz und blieb stehen.

„Oh nein“, rief sie.

„Was ist?“

„Ich habe meine Tasche auf dem Dach vergessen. Ich muss wieder zurück und wir vergessen das mit dem Frühstück einfach. Okay?“

Sie zog ihren Arm unter seinem vor und ging eilig davon.

„Ja, aber sie haben ihre Tasche doch um.“

„Eine andere Tasche natürlich“, rief Lissy ihm zu.

„Gut, aber nicht wieder springen.“

„Nein, nein. Keine Sorge. Davon habe ich erst einmal genug. Bye“

Er winkte ihr nach und ging weiter. Lissy fand, dass sie mit diesem Herren wirklich nicht so viel Glück hatte, wie mit dem anderen zuvor. Der spann doch mit seinem Goldfisch. Sie beschloss, dass sie sich einfach ein belegtes Brötchen kaufen würde um sich dann in den Balboa Park zu setzen.

Der Tag verging und der Abend brach langsam herein. Lissy schlenderte durch die Straßen von San Diego, Jill freute sich über ihren ersten gelungenen Arbeitstag und ich traf mich, wie jeden Freitagabend, mit meinem besten Freund Corey in unserer Lieblingsbar. Corey und ich kannten uns vom Studium für Journalismus und waren seitdem Freunde. Im Gegensatz zu mir hatte Corey das Studium allerdings beendet und arbeitete seitdem bei der Union-Tribune, einer Tageszeitung von San Diego.

Corey war ein gutaussehender junger Mann. Er erinnerte mich ein wenig an die Barbiepuppe Ken, nur das Corey nicht ganz so muskulös war wie Ken. Am Liebsten trug er Jeans und körperbetonte T-Shirts, ab und zu auch mal ein Hemd.

„Wie war denn dein Tag Fin?“, fragte Corey mich, nachdem wir uns mit unserem Bier an einen freien Tisch gesetzt hatten.

„Ich habe sie wiedergesehen“, erklärte ich Corey wie verzaubert.

„Wen?“

„Jill.“

„Wer ist Jill?“

„Meine erste große Liebe“, schwärmte ich verträumt.

„Ich wusste gar nicht, dass du eine erste große Liebe hattest.“

„Auf der Highschool waren wir das Traumpaar.“

„Und was passierte dann?“

„Sie ging zur University nach San Francisco und brach den Kontakt ab.“

„Wieso brach sie den Kontakt ab?“

„Das habe ich nie herausgefunden.“

„Und nun ist sie wieder hier in San Diego?“

„Ja.“

„Das ist doch schön.“

„Ja. Ich schüttete ihr einen Kaffee über ihren Blazer.“

„Einen Kaffee?“

„Ja, sie stand plötzlich hinter mir im Starbucks und ich rempelte sie an.“

„Volltreffer!“

„Danach stieß ich ihr meinen Ellenbogen gegen die Stirn weil ich Servietten geholt hatte.“

„Du hast ja eine wirklich nette Art deine große Liebe zu begrüßen“

„Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass es Jill war.“

„Du wusstest es noch nicht?“

„Nein, denn sie blickte bis dahin immer nach unten zu ihrem Blazer.“

„Wann habt ihr es denn endlich gemerkt?“

„Als ich ihr einen neuen Kaffee kaufen wollte, schaute sie zum ersten Mal in mein Gesicht und da erkannten wir uns.“

„Wie rührend und nun seht ihr euch bald wieder?“

„Ich weiß es nicht.“

„Wieso nicht?“

„Sie musste schnell los und wir trennten uns.“

„Ohne ein Treffen auszumachen oder Telefonnummern auszutauschen?“

„Ja.“

„Oh, wie konntest du sie nur gehen lassen?“

„Ich weiß nicht, es passierte alles so schnell.“ Ich seufzte und nahm einen großen Schluck von meinem Bier. Als ich durch das Fenster auf die Straße blickte, schaute jemand durch die Scheibe zu uns und ich erkannte sie sofort.

„Oh, nein“, rief ich entsetzt aus.

„Was ist?“, Corey sah zum Fenster hin, doch er sah niemanden.

„Da ist sie wieder“, erklärte ich ihm.

„Jill?“

„Nein, die andere Frau.“

„Du hast heute noch jemanden getroffen? Du hast ja ein Glück.“

„Glaube mir, es ist kein Glück diese Lissy getroffen zu haben. Sie redet ununterbrochen. Oh, nein sie kommt hierher.“

„Hey, da schaue ich eben so durch das Fenster und sehe tatsächlich dich hier sitzen. Siehst du, es ist Bestimmung gewesen, dass wir uns heute begegnet sind.“

Lissy setzte sich zu uns und begann gleich ein Gespräch mit Corey.

„Hey, ich bin Lissy. Eigentlich Elisabeth, doch ich finde den Namen so altmodisch und da nenne ich mich einfach Lissy. Und wer bist du?“

„Corey“, antwortete er und sah mich fragend an. Ich zuckte mit den Schultern.

„Nett dich kennen zu lernen Corey und wie heißt du doch gleich noch einmal?“

„Finley.“

„Aha, hey darf ich einen Schluck Bier?“

Sie wartete meine Antwort erst gar nicht ab, sondern griff nach meinem Bier und trank einen kräftigen Schluck davon.

„Ah, das tut gut. Danke Frey.“

Corey beugte sich zu mir herüber und flüsterte: „Warum nennt sie dich Frey?“

„Wahrscheinlich deshalb, weil sie sich meinen Namen nicht merken kann.“

Lissy kicherte und wechselte Blicke mit Corey, der nicht wusste, wohin das alles noch führen würde. Ich wollte sie schnell loswerden und zwar am besten für immer.

„Bin ich froh, dass ich dich eben gesehen habe. Er hat mir heute nämlich das Leben gerettet musst du wissen.“ Sie blickte Corey an und zwinkerte mir dann mit einem Auge zu.

Corey sah mich überrascht an: „So, das Leben hast du ihr also gerettet. Wie hat er das denn gemacht?“

Er schaute interessiert zu Lissy hinüber.

„Na ja, ich stand da so auf dem Dach eines Hauses und wollte springen und da fiel mir mein Schuh herunter und genau vor seine Füße. Er rannte die vier Stockwerke nach oben und überzeugte mich davon, nicht zu springen. Danach sind wir einen Kaffee trinken gegangen.“

„Du ranntest vier Stockwerke hinauf um sie zu retten?“

„Ja. Wieso verwundert dich das denn so?“, fragte ich verwirrt.

Corey lachte: „Weil ich das nicht von dir erwartet hätte.“

„Als er oben ankam hat er ein wenig gepustet und nach Luft gejappt“, verkündete Lissy und kicherte vor sich hin.

„Stimmt doch gar nicht“, protestierte ich und war etwas gekränkt.

„Er mag es nicht, wenn man so etwas sagt. Er ist einfach mein...“

„Retter!“, grinste Corey mich an und ich schüttelte nur energisch mit dem Kopf.

„Ja“, rief Lissy aus und tätschelte meinen Oberschenkel. „Es ist unsere Bestimmung, dass wir zusammen sein sollen.“

„Was?“, rief Corey plötzlich. „Du willst mir mit einer Frau fremdgehen?“

Während ich Corey noch irritiert ansah, zog Lissy augenblicklich ihre Hand von meinem Bein zurück und machte ein schockiertes Gesicht.

„Nein, nun sagt mir nicht, dass ihr beide ein schwules Paar seid.“

Corey grinste: „Doch, genau das sind wir. Ist es nicht so?“

Corey streichelte mir mit seiner Hand über den Arm und zwinkerte mir aufmunternd zu.

Ich verstand, dass er mir durch diese Aussage nur helfen und Lissy loswerden wollte und spielte mit.

„Ja, das sind wir. Natürlich.“

Ich sah zu Lissy und erklärte ihr: „Ich wollte es dir heute morgen nicht gleich sagen, doch nun weißt du es.“

Lissy sah zwischen uns hin und her und konnte es nicht fassen. Sie war tatsächlich sprachlos.

Corey legte noch einen drauf als er verkündete: „Wir haben uns gesehen und es sprühte sogleich Funken zwischen uns.“

„Ja genau“, bestärkte ich seine Äußerung. „Funken, überall.“

Um meine Aussage zu bekräftigen wirbelte ich mit meinen Armen herum und demonstrierte dadurch die Funken.

Lissy fand ihre Sprache wieder und sagte: „Das ist ja wirklich schade. Ich meine, nicht für euch, sondern für mich.“

Wir nickten beide mit dem Kopf und zuckten zugleich mit den Schultern.

„Worüber habt ihr gerade gesprochen?“, fragte Lissy schnell, weil sie das Thema wechseln wollte.

„Über einen Film“, meinte Corey.

„Toll, ich mag Filme. Über welchen denn?“

„Wächter der Wüste.“

„Uh, hört sich gut an.“

„Mit Erdmännchen.“

„Aha.“

„Eine Dokumentation.“

„Mit Erdmännchen?“ Lissy überlegte.

„So ist es.“

„Nie gehört.“

„Sehr interessant“, Corey machte eine kurze Pause und fügte hinzu: „Blue-ray.“

„Wer ist Blue-ray?"

„Du kennst Blue-ray nicht?"

„Nein. Heißen die Erdmännchen so?”

Corey und ich grinsten.

„Du kennst doch Blue-ray?“, fragte ich sie.

„Nein, heißt der Schauspieler so?

„Der Schauspieler?“, ich musste lachen.

„Blue-ray aus der Werbung“, ergänzte Corey.

„Wer macht Werbung? Die Erdmännchen oder der Schauspieler?“

Wir waren kurz davor laut loszulachen. Wollte sie uns verarschen oder verstand sie uns tatsächlich nicht?

„Du kennst doch die Werbung in der es um die Nachfolger der DVD´s geht. Die Blue-ray heißen.“

„Ach so“, rief sie und schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. „Erdmännchen meint ihr, diese kleinen Tiere“, sagte Lissy und lachte plötzlich laut auf, „ich dachte ihr sprecht von einem Fantasyfilm, in dem es um irgendwelche Wesen geht, die Erdmännchen ähnlich sind. So wie die kleinen Rumpelwichte bei Ronja Räubertochter.“

Wir drei lachten nun laut los und die Gäste neben uns schauten zu uns herüber.

„Erdmännchen“, lachte Lissy und japste nach Luft, „die finde ich ja so putzig. Die sind so klein und süß. Wie die immer Männchen machen und knabbern. Erdmännchen sind einfach so putzig.“

„Ja und weißt du das blue-screen der Bruder von Blue-ray ist?“, setzte Corey noch einen drauf.

„Wer ist blue-screen?“, fragte Lissy verdutzt.

„Ach, das ginge jetzt zu weit“, meinte Corey und wehrte mit der Hand ab. Ein breites Grinsen durchzog sein Gesicht.

Corey sah mich an und tippte mit dem Zeigefinger an seine Stirn. Ich nickte nur. Lissy schien seine Geste bemerkt zu haben. Sie erhob sich nämlich diesbezüglich und rückte den Stuhl an den Tisch heran.

„Tja, die attraktiven und interessanten Männer sind doch immer schwul. Dann will ich mal wieder gehen und euch beiden Hübschen hier alleine lassen.“

„Ich habe mich gefreut dich kennen zu lernen“, meinte Corey und lächelte sie an.

„Ja. Ich mich auch“, entgegnete Lissy, „und dich sowieso.“

Lissy sah mich an und seufzte. „Es ist einfach zu traurig, aber da kann man nichts machen.“

„Leider nicht“, erklärte Corey und tätschelte mit seiner Hand demonstrativ meine Wange. Ich musste mich zusammenreißen, um meinen Kopf nicht abzuwenden.

Stattdessen setzte ich ein süßes Lächeln auf und blickte ihn freudestrahlend an. Ich wuschelte ihm durch sein Haar, was er überhaupt nicht mochte und fügte noch hinzu: „Er ist einfach so ein kuscheliger Puschelbär, mit dem ich mein Leben und meine Leidenschaft teilen möchte.“

Als ich zu Lissy sah, konnte ich ihre weitgeöffneten Augen und ihren offenen Mund sehen. Endlich reichte es ihr und sie war im Begriff zu gehen.

„Kannst du mir vielleicht noch fünf Dollar geben?“, fragte sie mich.

„Wieso denn das?“, wollte ich wissen.

„Ach, nun gib sie ihr doch schon“, meinte Corey.

Ich sah ihn wütend an, griff dann jedoch in meine Hosentasche und zog eine fünf Dollarnote heraus.

„Hier hast du das Geld und nun geh bitte.“

„Danke“, Lissy grinste und winkte uns zum Abschied zu.

„Bye, bye ihr beiden und weiterhin viel ... Spaß.“

„Danke, den werden wir haben“, meinte Corey und strahlte mich an. Ich erwiderte sein Lächeln und dann winkten wir Lissy zum Abschied zu und sahen, wie sie die Bar verließ. Als sie endlich verschwunden war, konnten wir nicht mehr an uns halten und lachten los.

„Du warst sehr überzeugend“, sagte ich ihm.

„Du warst auch nicht schlecht. Die bist du endgültig los.“

„Ja, das denke ich auch. Was für ein Glück.“

„Mann, was konnte die reden. Erdmännchen sind ja so putzig“, äffte er sie nach.

„Wer ist Blu-ray?“, imitierte ich sie.

„Der große Bruder von blue-screen natürlich“, antwortete Corey belustigt.

Wir lachten wieder beide und prosteten uns dann mit unseren Bieren zu.

„Auf die Liebe“, verkündete Corey.

„Gut, auf die Liebe“, sagte ich und dann nahmen wir einen kräftigen Schluck Bier.

Nachdem wir uns offenbart hatten, verbrachten wir noch einen vergnügten Abend zu zweit.

Wer ist Blue-Ray? Oder Erdmännchen sind putzig!

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