Читать книгу Wer ist Blue-Ray? Oder Erdmännchen sind putzig! - Claudia Feltkamp - Страница 6

3.

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Am nächsten Morgen hatte ich ein Taxi für meine Freundin Gina gerufen und stand mit ihr nun unten an der Straße, wo das Taxi sie abholen sollte. Nachdem meine Freundin beim Einparken gegen eine Mauer gefahren war, befand sich ihr Wagen nun in der Werkstatt. Das Lustige an dieser Aktion war, dass sie danach behauptete, dass die Mauer dort vorher nicht gestanden hätte, denn sonst wäre sie schließlich niemals dagegen gefahren. Als ich sie daraufhin fragte, wie denn die Mauer ihrer Meinung nach, dorthin gekommen sei, meinte sie ganz nüchtern, dass diese in ihrer Abwesenheit gemauert worden sein musste. Schließlich war sie zwei Stunden einkaufen gewesen. Ich sah sie einfach verständnislos an. Was sollte man dazu noch sagen?

Heute hatte sie sich mit ihrer Mutter zum Brunch und anschließend für eine Shoppingtour verabredet. Ich war froh darüber, denn ich hasste es mit ihr shoppen zu gehen. Sie konnte sich stundenlang in jedem Geschäft aufhalten und wollte immer meine Meinung zu jedem Kleidungsstück erfahren, dass sie sich anzog. In ihrer Wohnung hatte sie sogar ein ganzes Kleidungszimmer, indem sich ein Schrank allein für ihre Schuhe befand. Als ich sie einmal fragte, ob sie weiß wie viele Paar Schuhe sie besitzt, wusste sie sofort die Antwort. Sie besaß stolze 123 Paar Schuhe, wobei das Meiste High-Heels, in den verschiedensten Farben und Formen, waren.

Einmal waren wir zusammen in einer Mall und sie wollte zum anderen Ende der Mall, um in ein bestimmtes Geschäft zu gehen. Deshalb schlug sie vor, dass wir den Weg auch mit dem Auto zurücklegen könnten. Ich sah sie ungläubig an und fragte nach, ob sie wirklich vorhatte Benzin zu vergeuden, obwohl sie doch zu Fuß von hier bis an das andere Ende der Mall viel günstiger und schneller gelangen würde? Sie sah es ein und wir begaben uns zu Fuß an das andere Ende der Mall. Nach einer guten Stunde hatten wir die andere Seite der Mall endlich erreicht. Gina war nun 150 Dollar losgeworden und ich durfte ihre Tüten schleppen, da sie doch tatsächlich auf dem Weg durch die Mall, in einigen Geschäften unbedingt etwas kaufen musste, dass sie im Schaufenster gesehen hatte. Ich musste mir eingestehen, dass wir mit dem Auto nicht nur schneller, sondern auch günstiger davon gekommen wären.

Eigentlich hatten Gina und ich keine richtige Beziehung. Corey hatte sie mir auf einer Party vorgestellt und danach gingen wir einige Male aus, bevor wir zum ersten Mal im Bett landeten. Seitdem waren nun zwei Monate vergangen und wir trafen uns immer noch. Gina sah sehr attraktiv aus. Sie war 1,78 Meter groß, sehr schlank, hatte schulterlange dunkelbraune Haare und sie war erfolgreich in ihrem Job. Sie war Innenarchitektin und hatte in ihrer Wohnung viele schöne und teure Gegenstände stehen. Ich war jedes Wochenende bei ihr, da sie meine Wohnung zu klein fand. Außerdem mochte sie meine einfache Einrichtung nicht und meinte, dass ich keinen besonders guten Geschmack hatte.

Als das Taxi anhielt, gab ich ihr einen Kuss und öffnete die hintere Tür des Wagens. Bevor Gina einstieg, wurden wir durch eine laute Stimme abgelenkt.

„Na sieh mal einer an“, sagte jemand. Wir drehten uns beide um und erblickten eine junge Frau, die auf uns zukam.

„Lissy“, sagte ich überrascht.

„Weiß dein Freund Corey von ihr?“, sie zeigte mit dem Finger auf Gina und kicherte leise vor sich hin.

„Was?“, fragte ich erschrocken und schaute zu Gina und dann wieder zu Lissy. „Nein, bitte, du wirst doch nicht ...?“

Lissy wehrte mit der Hand ab. „Nein, nein. Keine Sorge. Dein süßes Geheimnis ist sicher bei mir aufgehoben.“

Sie zwinkerte mir belustigt zu. Ich sah Ginas angewiderten Blick, als sie Lissy anstarrte. Doch Gina hatte sich sogleich wieder unter Kontrolle.

„Wärst du so nett und würdest mich aufklären?“, fragte Gina mich misstrauisch und lächelte trügerisch.

„Natürlich. Das ist eine junge Frau ...“

„... die gestern vom Dach eines Hauses springen wollte und er hat mich gerettet“, ergänzte Lissy meinen angefangen Satz.

„Ach, wirklich? Davon hast du mir ja gar nicht berichtet.“

„Steigen sie nun ein Miss?“, fragte der Taxifahrer.

„Ja. Natürlich“, entgegnete Gina und stieg ein. „Du kannst mir ja heute Abend erklären, was das für ein süßes Geheimnis ist, dass du und Corey hütet.“

„Natürlich“, versicherte ich ihr und schloss die Tür. Ich klopfte auf das Dach des Taxis und der Fahrer fuhr davon.

„Also, du bist mir ja vielleicht ein heißer Typ“, flüsterte Lissy und lächelte mich süß an.

„Lissy bitte. Ich kann dir das erklären.“

„Da bin ich ja mal gespannt.“

„Also, diese Frau habe ich auf einer Party kennen gelernt. Wir haben etwas zu viel getrunken gehabt, wodurch wir dann anschließend im Bett gelandet sind.“

„Und warum hast du ihr nicht gesagt, dass du schwul bist und einen Freund hast?“

„Na, ja. Nun... weil ich ...“, ich überlegte eifrig was ich sagen sollte.

„Ja, weil du was?“, drängte Lissy mich.

„Weil ich bisexuell bin. Ja, genau das bin ich. Nur weiß Corey nichts von ihr, weil ich ihm gesagt habe, dass er der Einzige ist. Du wirst ihm doch nichts sagen und Gina natürlich auch nichts von ihm?“

„Nein natürlich nicht.“ Lissy grinste vor sich hin. „Bisexuell ja? Na, dann klappt es vielleicht ja doch noch mit uns beiden?“

„Was?“, fragte ich entsetzt. „Nein, das denke ich nicht. Ich will nämlich dieses Wochenende noch die Sache mit Gina beenden und Corey treu sein.“

„Wirklich?“, Lissy grinste frech und ich bezweifelte, dass sie mir glaubte.

„Ich muss nun los. War nett dich wiedergesehen zu haben.“

Ich drehte mich um und ging einfach los. Da ich keine Schritte mehr hinter mir hörte, dachte ich, dass sie in die andere Richtung gegangen war. Kurz bevor ich um den nächsten Häuserblock ging, schaute ich noch einmal zurück und stieß plötzlich mit jemandem zusammen. Als ich mich erschrocken umdrehte sah ich, dass die Frau, die ich eben angerempelt hatte, eine Mappe mit Zetteln fallen gelassen hatte. Ich bückte mich natürlich sofort, um ihr beim Aufsammeln behilflich zu sein.

„Es tut mir sehr leid“, entschuldigte ich mich bei ihr.

„Finley“, die Frau sah mich überrascht an. „Du schon wieder.“

„Hallo Jill. Ich verstehe wirklich nicht, warum wir uns immer auf diese Weise begegnen.“

Jill lächelte und sammelte die Zettel zusammen.

„Was ist das?“, fragte ich überrascht, als ich eine kleine Flasche mit einer gelben Flüssigkeit aufhob, die sie ebenfalls fallen gelassen hatte.

„Ach, nur eine Probe meines Urins.“

„Deines was?“, fragte ich, obwohl ich sie laut und deutlich verstanden hatte. Ich reichte ihr das Fläschchen mit einem angewidertem Gesichtsausdruck.

Jill lachte laut los. „Du müsstest dein Gesicht sehen.“

„Was ist damit?“

„Du denkst wirklich, dass ich mit meinem Urin spazieren gehe.“

„Ist es kein...?“

„Nein, natürlich nicht. Es ist Apfelsaft.“

„Apfelsaft. Natürlich. Das wusste ich doch.“

„Du wusstest es nicht.“

„Nein“; ich schüttelte den Kopf.

Jill lachte, ordnete ihre Zettel und legte sie in die Mappe zurück. Wir erhoben uns beide wieder und sie wischte sich einige Locken aus dem Gesicht.

„Du bist schlimmer als ein Elefant in einem Porzellanladen“, meinte sie lächelnd.

„Nein“, konterte ich, „schlimmer als ein Elefant im Porzellanladen ist ein Igel in einer Kondomfabrik.“

Jill lachte und es war das schönste Lachen, dass ich je gehört hatte.

„Ich weiß auch nicht, was unsere Begegnungen zu bedeuten haben, doch ...“

Sie konnte nicht weitersprechen, weil sich hinter mir eine Frau zu Wort meldete. Ich erkannte sofort, dass es sich dabei um Lissy handelte, die mir anscheinend doch gefolgt war. Ich drehte mich zu ihr um, doch sie quasselte schon los.

„So was, so was, so was“, sagte sie und schüttelte langsam den Kopf. „Du kennst wirklich eine Menge Frauen.“

„Lissy, sei bitte still“, fauchte ich sie an. Die hatte mir gerade noch gefehlt.

„Ich bin Lissy“, sagte sie und hielt Jill ihre Hand hin.

„Hallo Lissy. Ich bin Jill“, antwortete Jill und nahm ihre Hand. Sie schaute mich an und ich lächelte zaghaft.

„Ich habe ihr einmal geholfen und seitdem verfolgt sie mich“, erklärte ich Jill kurz.

„Er hat mir das Leben gerettet“, erklärte Lissy und beugte sich zu Jill vor. „Ich verfolge ihn gar nicht. Es ist einfach unsere Bestimmung, dass wir uns immer wieder begegnen. Schicksal eben!“

„Schicksal“, wiederholte Jill und sah mich an.

Ich lächelte nur und hoffte, dass Lissy jetzt einfach ihren Mund halten würde. Bevor sie etwas sagen konnte, verkündete ich laut: „Lissy muss nun wieder weitergehen.“

Um meiner Aussage mehr Überzeugung zu geben, zog ich sie am Arm an mir vorbei und drängte sie darauf, nun endlich zu gehen.

„Warum soll ich denn gehen?“, widersetzte sich Lissy meiner Aufforderung.

„Ich werde gehen, denn ich muss ins Büro“, erklärte Jill und verabschiedete sich von uns beiden.

„Nein“, meinte ich und es klang fast wie ein Jammern. „Gehe nicht, bevor du mir nicht deine Telefonnummer gegeben hast.“

„Oh, dann steckt also wirklich mehr Interesse dahinter“, kicherte Lissy vor sich hin.

Jill verstand nicht, was sie meinte und erklärte nur, dass sie jetzt leider keine Zeit mehr hatte. Sie ging einfach fort, ohne sich noch einmal zu uns umzudrehen. Ich blieb zurück, mit dem Wissen, dass ich sie nicht erreichen konnte und einer Frau an meiner Seite, die mich langsam wahnsinnig machte. Aus diesem Grund drehte ich mich nun zu ihr um, faste sie an den Oberarmen und sagte ernst: „Höre mir jetzt einmal genau zu. Du lässt mich von nun an in Ruhe und wirst mir nicht mehr folgen. Hast du verstanden?“

„Hey, lass mich los. Du tust mir ja weh.“

Ich ließ sie los und sie rieb sich den rechten Oberarm.

„Was bist du denn so empfindlich?“, fragte sie bestürzt nach.

„Ich bin nicht empfindlich“, verteidigte ich mich.

„Doch und ich weiß auch warum.“

„So?“

„Ja, du willst Corey treu sein und kannst doch nicht von schönen Frauen loskommen. Du willst sowohl Frauen als auch Männer haben. Ist doch so“

Ich lächelte nur müde und ließ sie mit ihrer Meinung stehen.

„Vielleicht könnten wir uns ja doch einmal ...“ Sie fummelte an meinen Hemdknöpfen herum. Ich stieß ihre Hand weg.

„Nein, vergiss das. Lass mich bitte in Ruhe.“

„Ich würde dich für immer in Ruhe lassen, wenn du mir einen Gefallen tun würdest.“

„Was für einen Gefallen denn?“

„Ich bin in diesen Distrikt gekommen, weil mein Ex-Freund meinen Verlobungsring geklaut und zu einem An- und Verkauf hier in der Umgebung gebracht hat. Hilf mir das Geschäft zu finden und kaufe mir meinen Ring zurück. Ich habe nämlich zu wenig Geld dafür“

„Wieso hat dein Ex-Freund deinen Verlobungsring geklaut?“

„Oh, er hat sich eines Abends vor mich hingekniet, mir diesen Ring gegeben und hat mich gefragt, ob ich ihn heiraten will. Als ich den Ring an meinem Finger sah, der seiner Großmutter gehörte, da wollte ich gerne ja sagen. Doch dann habe ich kurz an meine nächsten Jahre mit ihm zusammen gedacht und sagte, dass ich es mir überlegen muss. Er meinte daraufhin, dass ich den Ring behalten kann. Später am Abend stritten wir uns und ich sagte, dass ich ihn nicht heiraten will. “

„Du sagtest nein?“

„Ja, der Kerl hat keinen festen Job, nie Geld und hat zu viel Alkohol getrunken. Danach hat er sich furchtbar aufgeregt und geschimpft. Noch in derselben Nacht hat er mir den Ring vom Nachttisch gestohlen und ist mit allen seinen Sachen abgehauen.“

„Es ist doch auch sein Ring gewesen.“

„Nein, er hat ihn mir geschenkt“, fauchte Lissy wütend los und ich mochte ihr nicht mehr widersprechen.

„Und wieso denkst du, dass dein Ring hier in einem Geschäft liegt?“, erkundigte ich mich.

„Er hat mir in seiner Wut gesagt, dass er den Ring in ein Geschäft mit dem Namen „Kevins An-, und Verkauf“ bringt, damit er dafür wenigstens viel Geld bekommt. Mit dem Geld will er dann nach Mexico fahren.“

Ich überlegte kurz.

„Kevins An-, und Verkauf?“

„Ja, er kennt Kevin, den Besitzer.“

„Ich weiß nicht“, stöhnte ich leise vor mich hin.

„Ich lasse dich dann für immer in Ruhe“, wiederholte Lissy.

„Also gut. Wenn ich dir helfe, deinen Ring wieder zu bekommen, dann lässt du mich für immer in Ruhe?“

„Klar. Wenn ich den Ring habe, dann bin ich wieder weg von hier.“

„Wie kann ich mir denn sicher sein, dass ich dich dann wirklich nie wiedersehen werde?“

„Ich gebe dir mein Wort.“

„Dein Wort?“, fragte ich und lachte kurz auf. „Gibt es nicht eine andere Zusicherung?“

„Hey, was soll das denn heißen?“, protestierte Lissy.

„Das ich dir irgendwie nicht ganz glauben kann.“

„Dieses Mal kannst du mir glauben, denn dieser Ring ist mir sehr wichtig und wenn ich ihn habe, muss ich noch etwas anderes erledigen, das ebenso wichtig für mich ist. Wenn ich das alles geschafft habe, dann hält mich gar nichts mehr in dieser Stadt. Das kannst du mir wirklich glauben.“

Ich musterte sie eindringlich. Zum ersten Mal erschien sie mir glaubwürdig und ich war überzeugt. Sie wirkte entschlossen und zielstrebig.

„Nun sieh mich nicht so an“, meinte sie, „du kannst mir wirklich glauben. Sobald ich diese zwei Dinge erledigt habe, bin ich weg von hier.“

„Gut, ich glaube dir. Lass uns also losziehen und deinen Ring wiederfinden.“

„Super“, juchzte sie los. „Ich war in den beiden Geschäften unten in der Nähe des Horton Plaza.“

„Gut, dann gehen wir jetzt in eine Telefonzelle und suchen im Telefonbuch nach dem Geschäft.“

„Das ist ja eine richtig gute Idee. Darauf bin ich gar nicht gekommen.“

„Kann ich mir vorstellen.“

Wir gingen los und ich hoffte nur, dass wir ihren Ring nun auch ganz schnell finden würden, damit sie mich für immer in Ruhe lassen würde.

Als Jill in ihrer Wohnung ankam, legte sie die Mappe mit den Zetteln auf den Tisch. Sie ging in die Küche, nahm sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und setzte sich auf ihr Sofa. Irgendwie ist es doch erstaunlich, unter welchen merkwürdigen Umständen Finley und sie sich wieder getroffen hatten, dachte sie bei sich. Sie nahm einen Schluck aus der Flasche mit Wasser.

Früher hatten sie eine tolle gemeinsame Zeit gehabt, erinnerte sie sich. Eigentlich hatte er sich äußerlich kaum verändert. Er war immer noch der gutaussehende, hochgewachsene Kerl, mit den strahlenden blauen Augen und dem frechen Grinsen. Seine dunkelblonden Haare waren heute vorne länger und fielen ihm nun manchmal in die Augen, wodurch er seinen Kopf dann immer mit einer schnellen Bewegung nach hinten weg drehte, oder den Pony mit der Hand aus den Augen entfernte. Früher hatte sie seinen Mund immer als so schön empfunden und erinnerte sich daran, wie aufregend es war, seine zarten, vollen Lippen zu küssen. Sie lächelte und überlegte, ob sie ihn wohl wiedersehen würde? Vielleicht dieses Mal ohne, dass er ihr etwas über den Blazer schüttete oder aus der Hand stieß.

Lissy und ich mussten einige Blöcke gehen, bis sie plötzlich rief: „Da ist das Geschäft.“

„Wie schön“, meinte ich.

Sie ging in den Laden und schaute sich sogleich die Ringe in den Schaukästen an.

„Das ist mein Verlobungsring,“ rief sie aufgeregt und deutete auf einer der Ringe.

„Meinen sie diesen Ring hier?“, fragte der Verkäufer und holte einen Ring aus dem Schaukasten.

„Ja, genau. Das ist er.“

„Toll, wir haben ihn endlich gefunden“, jubelte ich und zog meine Geldbörse aus der hinteren Hosentasche.

„Was kostet er?“, wollte ich wissen.

„Es ist ein wertvoller Ring“, erklärte der Verkäufer während Lissy ihn zwischen ihren Fingern drehte.

„Ist mir egal. Was kostet er?“

„Er kostet 300 Dollar.“

„300 Dollar?“, fragte ich entsetzt.

„Ich sagte dir doch, dass er wertvoll ist und ich kein Geld dafür habe.“

„Ja, schon. Aber 300 Dollar?“

„Er ist alt, sehr alt“, erklärte der Verkäufer mit seinem dauerhaftem Grinsen, dass mir gar nicht gefiel.

„Ja, er gehörte der Großmutter meines Freundes, Ex-Freundes“, betonte Lissy.

„Ich habe jetzt gerade keine 300 Dollar bei mir Lissy. Dafür muss ich erst zu einem Automaten und Geld holen. Nehmen sie auch einen Scheck?“

„Nein, keine Schecks“, wehrte der Verkäufer ab, „damit habe ich schlechte Erfahrungen gemacht. Sie glauben gar nicht, was die Leute sich alles einfallen lassen, um eine Frau rumzukriegen.“

„Was denn so?“, fragte ich interessiert.

„Da war ein Kunde, der kam mit einer hübschen Dame herein, die sich ein Armband aussuchte. Der Herr gab mir einen Scheck und ich fragte ihn, ob dieser denn auch gedeckt sei. Da schickte der Herr die Dame aus dem Geschäft und erklärte mir, dass er morgen das Armband wieder zurück bringen würde, denn bis dahin hätte er sie schon längst gef... Sie wissen schon, was ich meine und dann bräuchte er das Armband nicht mehr.“

Ich grinste.

„Männer gibt es, das ist echt schlimm“, bemerkte Lissy. Ich grinste vor mich hin.

„Holst du nun das Geld am Automaten?“, fragte sie mich.

„Das ist viel Geld Lissy.“

„Ich weiß, doch wir haben schließlich eine Absprache getroffen.“

Sie grinste mich breit an und mir blieb nichts anderes übrig, als das Geld zu besorgen. Ich versuchte noch zu handeln.

„250?“, fragte ich zaghaft.

„250? Für so einen schönen Ring. Nein, dass kann ich unmöglich machen.“

„270?“, versuchte ich es weiter.

„Was ist denn mit dir los?“, fragte Lissy bestürzt. „Ist dir deine Freiheit so wenig wert?“

Ich lächelte müde und gab mich geschlagen.

„Ich bin gleich mit dem Geld zurück.“

„300 Dollar“, bekräftigte der Verkäufer.

„300 Dollar“, wiederholte ich verdrießlich.

Ich verließ das Geschäft, suchte den nächsten Geldautomaten und schimpfte leise vor mich hin. Wieso hatte ich sie nicht einfach vom Haus springen lassen? Damit hätte ich mir viele Unannehmlichkeiten erspart und billiger wäre es allemal gewesen.

Als ich mit dem Geld wieder in das Geschäft zurückkam, plauderte Lissy mit dem Verkäufer, der sich prächtig zu amüsieren schien. Warum hatte er sie nicht gerettet?

„Oh, da bist du ja wieder“, freute sich Lissy.

„Hier sind die 300 Dollar“, sagte ich mürrisch und legte das Geld auf den Tresen. Der Verkäufer griff sofort nach dem Geld und zählte nach. Ich wurde langsam ungeduldig, doch er ließ sich viel Zeit beim Nachzählen des Geldes.

„300 Dollar“, verkündete er freundlich. „Der Ring gehört ihnen.“

„Oh, super“, jubelte Lissy.

„Dann kann ich jetzt gehen“, sagte ich und verließ das Geschäft.

„Hey“, rief sie hinter mir her und ich verdrehte die Augen.

„Haben wir nicht abgemacht, dass du mich in Ruhe lässt, sobald du den Ring wieder hast?“

„Ja. Natürlich. Ich wollte mich nur bei dir bedanken.“

„Gut. Das hast du nun hiermit getan.“

Ich drehte mich wieder um und ging weiter. Ich verließ das Geschäft und hörte, wie sie hinter mir erlief. Bitte lass sie stolpern und liegen bleiben, dachte ich bei mir.

„Warte“, rief sie mir hinterher.

„Was ist denn nun noch?“

Sie kam zu mir und schaute mich an.

„Ich möchte, dass du ihn mir an den Finger steckst.“

„Was? Wieso?“

„Weil du ihn mir gekauft hast und ich es schön finde.“

„Oh, Lissy, wir haben eine Abmachung.“

„Nur noch diesen klitzekleinen Gefallen und dann lasse ich dich für immer in Ruhe. Bitte, bitte, bitte.“

Ich wollte nicht, doch sie hüpfte wie ein kleines Kind vor mir auf und ab und bettelte herum.

„Okay, doch dann drehst du dich sofort um und gehst deinen eigenen Weg.“

„Versprochen“, sagte sie und klatschte in die Hände.

Sie reichte mir den Ring und streckte mir ihre Hand entgegen. Ich steckte ihr den Ring an den Finger und sie jubelte vor Glück. Als ich mich umdrehte, sah ich Jill. Sie hatte alles beobachtet.

„Darf ich gratulieren“, fragte sie, als sie auf uns zukam.

„Nein“, wehrte ich ab.

Lissy sah von ihrem Ring auf und rannte auf Jill zu.

„Sieh doch mal, wie hübsch er ist. Er ist von meinem Verlobten.“

„Du bist verlobt?“, fragte Jill mich überrascht.

„Nein. Und schon gar nicht mit ihr“, versicherte ich Jill.

„Nein, er ist von meinem Ex-Verlobten.“

„Wieso steckst du ihr einen Verlobungsring an den Finger, wenn ihr euch getrennt habt?“

„Wir waren nie zusammen“; sagte ich verzweifelt.

„Zumindest noch nicht“, verkündete Lissy schmunzelnd.

„Und das werden wir auch niemals sein“, bekräftigte ich.

„Wer weiß“, grinste Lissy.

Jill sah mich überrascht und verwirrt zugleich an. Ich konnte sie verstehen, denn es war ja auch alles sehr verwirrend.

„Jill, lass es mich dir bitte erklären. Ich weiß, dass sich alles etwas verrückt anhört. Vielleicht gehen wir etwas trinken?“

„Oh, ich möchte euch beide nicht stören.“

„Das tust du nicht“, versicherte ich ihr.

„Ein wenig vielleicht“, meinte Lissy leise und schaute ihren Ring wieder an.

„Überhaupt nicht“, beteuerte ich.

Jill machte große Augen.

„Ich wäre begeistert, wenn er mich heiraten würde, aber ich denke, dass funktioniert nicht“, erklärte Lissy.

„Ach und wieso nicht?“, wollte Jill wissen und kam noch ein paar Schritte näher auf uns zu.

„Er hat schon jemanden.“

„Nein, so ist es doch gar nicht“, protestierte ich sofort.

„Ist es nicht?“, fragte Lissy überrascht aus, „na, dann klappt es ja doch mit uns.“

„Nein“, ich fing an zu verzweifeln.

„Erst sagst du, dass du deinem Freund treu sein willst, dann küsst du die Frau und nun willst du auf einmal wieder solo sein. Wer soll da noch durchblicken.“

„Oh Lissy, du bringst alles durcheinander. DU bist an allem schuld.“

„ICH“, fragte sie empört, „was habe ich denn mit deinem turbulentem Liebesleben zu tun?“

„Viel“, rief ich aus und fasste mir an den Kopf. Diese Frau war unglaublich. Seitdem ich sie getroffen hatte, brachte sie mein Leben völlig durcheinander.

„Viel? Na, dass musst du mir erklären, denn ich verstehe es nicht.“

„Ich denke, dass ich euch besser alleine lassen werde“, verkündete Jill und war bereit zu gehen.

„Lass es mich dir bitte erklären Jill“, bettelte ich.

„Ich weiß nicht. Es klingt alles so kompliziert.“

„Der Typ ist kompliziert. Zumindest, was sein Liebesleben angeht“, erklärte Lissy und deutete mit dem Zeigefinger auf mich.

„Lissy“, keifte ich sie an.

„Na, stimmt doch.“ Sie spielte die Beleidigte.

„Wolltest du nicht gehen und mich für immer in Ruhe lassen?“

„Nein, du schuldest mir wenigstens eine Erklärung und zwar jetzt sofort.“

Lissy stemmte ihre Hände in die Seiten und blitzte mich wütend an. Ich wedelte aufgeregt mit den Armen herum und Jill drehte sich um und ging. Sie ging einfach fort und ich konnte sie nicht aufhalten und das alles nur, wegen dieser Elisabeth.

„Elisabeth“, sagte ich streng und sah, wie sehr es ihr missfiel, dass ich sie so nannte. „Ich habe dir das Leben gerettet und mehr nicht. Seitdem verfolgst du mich allerdings und bringst mein Leben durcheinander. Ich will einfach nur, dass du mich in Ruhe lässt, selbst wenn ich dein Retter bin und von mir aus auch dein Held.“

„Pah“, machte sie, „jetzt höre mir mal gut zu, denn jetzt werde ich dir sagen, warum ich dort oben auf dem Haus stand. Ich mache das öfter so und warte darauf, dass unten ein attraktiver Mann langgeht, der mich rettet und mich dann zum Essen einlädt oder besser noch, mir Geld gibt. Verstehst du? Ich wollte gar nicht springen. Es ist so eine Masche von mir euch Männer auszunehmen. Von dir wollte ich den Ring haben, denn ich wusste, dass du ihn mir kaufst wenn ich dir dafür verspreche dich in Ruhe zu lassen. Und wie du siehst, ist mein Plan aufgegangen.“

Elisabeth stand da und grinste. Ich dagegen war sprachlos. So eine Dreistigkeit hatte ich ihr nicht zugetraut. Ich dachte, dass sie ein junges, unerfahrenes und trauriges Mädchen ist, das von ihrem Freund und allen anderen verlassen wurde. Doch in Wirklichkeit war sie ein hinterhältiges und listiges Biest, die uns Männer schamlos ausnutzte.

„Nun höre du mir mal gut zu“, ging ich in den Gegenangriff über und zeigte mit dem Finger auf sie. „Du wirst mich ab sofort in Ruhe lassen und verschwinden, denn sonst gehe ich zur Polizei und werde denen eine schöne Geschichte über dich erzählen.“

„Ha, glaubst du wirklich, dass du mich damit einschüchtern kannst?“, fragte sie stichelnd.

„Mir wird da schon etwas einfallen. Über deinen Ex-Freund, den Ring, dem vorgetäuschten Selbstmord und noch einiges mehr. Sei dir nicht zu sicher. Ich kann auch gemein sein Elisabeth.“

Lissy sah mich wütend an. „Ich hasse es, wenn du mich so nennst. Aber gut. Ich werde gehen. Schließlich habe ich nun das, was ich wollte und brauche dich nicht mehr. Leb wohl.“

Elisabeth drehte sich um und ging fort. Ich hoffte, dass sie weit weg ging und nie wieder zurückkehrte. So, die eine war ich los und wie bekam ich Jill nun wieder zurück? Ich musste mit ihr sprechen. Ihr alles erklären. Sie würde mich sicherlich verstehen.

Wer ist Blue-Ray? Oder Erdmännchen sind putzig!

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