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Vorwort
ОглавлениеVon Klaus-Dieter Welker
Funken wirbelten wie Glühwürmchen in den nächtlichen Himmel, als eine einzelne Windböe das Lagerfeuer am Rande der Dünen erfasste.
„Ein leichter Nordwest“, murmelte eine der dunklen Gestalten. „Hoffentlich bringt er nicht noch mehr Schnee mit.“
„Nein, danach sieht es nicht aus. Ich glaube, bald klart es auf.“
Ein bärtiges Gesicht tauchte aus der Dunkelheit auf und legte ein weiteres Scheit auf die Flammen.
„Das wäre auch nicht schlimm“, ließ sich eine weitere Stimme vernehmen. „Weiße Weihnachten, was gibt es Schöneres?“
„Na, Weihnachten unter Palmen“, lachte eine diesmal weibliche Stimme. „Stellt es euch doch mal vor: eine warme, klare Nacht. Keine jagenden Wolken, kein kalter Wind.“
„Ohne Schnee würde mir etwas fehlen. Und eine festlich geschmückte Kokospalme: nein, so sehr ich Kokos auf Makronen liebe, mir ist ein schöner Tannenbaum lieber.“
Es war eine bunt zusammengewürfelte Schar, die sich um das Feuer versammelt hatte. Männer und Frauen, junge und ältere. Aus ganz Deutschland hatten sie sich zusammengefunden, von den Küsten der Nord- und Ostsee, den hessischen Wäldern, den Ufern des Rheins und der Mosel bis weit hinunter in den Süden. Und so verschieden wie ihre Herkunft, ihr Alter und ihr Geschlecht, so unterschiedlich waren ihre Geschichten. Ein jeder von ihnen hatte seine eigenen Erfahrungen gemacht, hatte gute und schlechte Zeiten erlebt.
Eins aber hatten sie alle gemein: sie liebten Geschichten. Es konnten wahre sein, die sie selbst erlebt hatten und die für sie – und vielleicht auch für andere – eine besondere Bedeutung hatten. Aber ebenso konnten sie aus dem Reich der Phantasie stammen, einer anderen, ganz besonderen Welt mit ihrem Zauber. Sie konnten besinnlich, nachdenklich, manchmal traurig, aber ebenso heiter und voller Lebenslust sein.
Sie waren wie das Lagerfeuer, an dem sie nun saßen und das sie wärmte. Das heitere Knistern harziger Kiefernzweige oder ein Funkenregen weckte bei dem einen Erinnerungen an lustige kleine Begebenheiten, die rote Glut brachte den anderen zum Träumen von längst vergangenen Zeiten, von Liebe, von funkelndem rotem Wein. Die lodernden Flammen waren ein Aufbruch, die Kraft der Jugend. Die Wärme war Geborgenheit, war Vertrauen. Und der Wind, der sie umwehte, erzählte seine eigene Geschichte.
„Weihnachten. Das ist mehr als eine Geschichte. Es ist etwas ganz Besonderes, für jeden von uns auf seine eigene Art“, sagte Claus leise und blickte in die Runde. „Ich würde euch gerne eine Geschichte erzählen, wenn ihr wollt. Und vielleicht fällt euch ja auch etwas ein, das ihr uns erzählen könntet.“
Ja, das wollten sie, darum waren sie hier. Und so rückten sie näher an das Feuer, das sich in ihren Augen spiegelte.