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++DeWald++

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06:50Uhr

Alan DeWald konnte schon behaupten, dass er seinen Beruf liebte. Schon seit der Grundschule wollte er unbedingt Polizist werden, wie sein Großvater. Sein Vater und seine Mutter hatten etwas gegen seinen Berufswunsch, versuchten alles, um es ihm auszureden. Das Ergebnis: Er wollte umso mehr ein Cop werden und er hatte es auch geschafft.

Der Beruf faszinierte ihn, die Verantwortung die man trug, Schießereien, Verfolgungsjagden, Verhaftungen; alles an dem Beruf liebte DeWald. Ständig passierte etwas, es wurde ihm nie langweilig.

Bis auf eines.

Eine Sache gab es die ihm mehr abverlangte als alles andere: Den Papierkram.

Es war unglaublich, für alles gab es Formulare. Antrag auf Verhaftungen, Antrag auf einen Dienstwagen, eine Dienstwaffe. Urlaubsanträge und noch weit aus mehr. Seit er Chef auf dem Revier in Bakersfield war, landeten alle Anträge und Berichte auf seinem Tisch. Er musste sie alle prüfen, korrigieren und gegenzeichnen. Früher hatte er dies alles in seinem Büro auf dem Revier bearbeitet, hatte dabei aber nie seine Ruhe gehabt. Seit einigen Monaten nahm er sich die lästige Arbeit mit nach Hause. Als überzeugter Single lebte er alleine in einem kleinen Apartment, das für ihn groß genug war. Dort hatte er niemanden, der ihn störte.

Viele Beamte in der Großstadt waren der Meinung, in einer Kleinstadt würden nicht so viele Verbrechen passieren. Die hatten alle keine Ahnung. Es heißt ja so schön, auch Kleinvieh macht Mist – und das nicht wenig.


Um sieben Uhr morgens klingelte sein Wecker, es war Zeit um Aufstehen. Die ganze Nacht über hatte er mit dem Papierkram zu tun gehabt. Wenigstens schmeckte sein eigener Kaffee viel besser als der im Revier.

Er sprang schnell unter die Dusche, zog sich neue Klamotten an, packte die fertigen Berichte und Anträge ein und fuhr ins Revier. Auf halber Strecke hielt er vor einem Bäcker zum Frühstücken. Erst jetzt schaltete er sein Handy ein, über Nacht hatte er es ausgemacht, damit er nicht gestört werden würde, auch wenn er nachts selten gerufen wurde. Kaum, als er den PIN eingegeben hatte, fing sein Handy an zu klingeln, im Dauertonus. Eine SMS nach der anderen.

„Was soll das denn?“, fragte er mehr zu sich selbst. Er sah in sein Postfach, alle Mails kamen ausschließlich von seiner Kollegin Diane Cochran. Er öffnete die erste. Gesendet wurde sie gestern Abend gegen zehn Uhr. Die Nachricht war kurz und knapp:

Vermisstes Kind!“

DeWald öffnete weitere Nachrichten, sie alle enthielten eine Aufforderung zum Rückruf. DeWald fackelte nicht lange, er zwickte Geld fürs Essen unter die Tasse und eilte sofort zu seinem Wagen.

Beim Revier angekommen suchte er als erstes Cochran, sie stand an einer Tafel und delegierte Aufgaben an andere Officers weiter. Ihre Erleichterung, über die Ankunft ihres Vorgesetzten, konnte DeWald ihr regelrecht ansehen. „Serge, na endlich! Seit Stunden versuche ich sie zu erreichen!“ Sie schüttelten sich kurz die Hände zur Begrüßung.

„Jetzt bin ich ja da. Geben Sie mir die Kurzfassung“

„Die Vermisste ist Jesse Carson, zehn Jahre alt. Sie kam gestern von einem Freund nicht nach Hause. Der Vater hatte es auf dem Handy probiert, wurde aber weggedrückt, danach meldete sich nur die Mailbox. Auch den Freund und dessen Mutter konnte er nicht erreichen. Er kam schließlich her und hat die Anzeige aufgegeben.“

„Carson sagst du? Etwa wie Reverend Carson?“ Cochran nickte. DeWald sah auf seine Armbanduhr. „Okay, wir haben jetzt zwanzig Minuten nach Acht. Wann wurde das Mädchen das letzte Mal gesehen?“

„Gestern Morgen vor der Schule.“

„Gibt es eine Bestätigung, dass das Mädchen bei dem Freund auch angekommen ist?“

„Nein, bisher nicht. Wir konnten sie weder telefonisch erreichen, noch hat jemand beim Haus des Freundes die Tür geöffnet. Ich hatte vor einigen Stunden bereits einen Streifenwagen hingeschickt.“ DeWald wies einen vorbeigehenden Beamten an, ihm einen Kaffee zu holen. Er musste die Information von Cochran erst einmal sacken lassen. „Was hast du bereits in die Wege geleitet?“ Der Officer brachte den Kaffee, den DeWald dankend annahm. Cochran zählte auf. Sie ließ sich vom Vater eine Beschreibung des Mädchens, einschließlich deren Kleidung geben sowie ein aktuelles Foto. Sie setzte eine Großfahndung an nach dem Mädchen sowie nach dessen Freund und Mutter. Eine Beschreibung des Fahrzeugs, welches auf die Mutter zugelassen war, ging ebenfalls in die Suchmeldung. Nachbarn wurden aus dem Bett geholt und befragt, sowie eine Überprüfung der Unfallmeldungen der letzten Nacht. Auch die umliegenden Krankenhäuser wurden informiert, falls das Mädchen eingeliefert worden wäre.

„Und, ich hab das FBI angefordert!“, fügte sie schnell noch hinzu.

„Das FBI?! Musste das sein?“

„Serge, es ist Vorschrift, wenn ein Kind verschwindet! Das wissen sie genauso gut wie ich! Beamte des CAC Unit sind auf dem Weg hierher, müssten eigentlich jeden Moment eintreffen.“ DeWald ging nicht weiter darauf ein. Einerseits konnte er das FBI nicht leiden. Arrogante Anzugträger die immer alles an sich reißen und einen auf ganz wichtig machen wollten. Aber auf der anderen Seite konnte er vermutlich jede Hilfe gebrauchen, die er kriegen konnte. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass dieser Vermisstenfall nicht einfach werden würde.

Fast wie aufs Stichwort betraten vier Personen in Anzügen, eine davon eine Frau, das Revier. DeWald spürte stets eine kleine Freude, wenn er sah, dass er nicht der einzige schwarze Amerikaner im Polizeidienst war, noch dazu wenn es sich um eine Frau handelte.

„Keine Frage, das sind die FBI Leute.“ DeWald und Cochran warteten, bis die Agents zu ihnen gekommen waren, dann stellte er sich und seine Kollegin vor. „Morgen, mein Name ist SSA Frank Wilson“, einer der Agents streckte ihm seine Hand entgegen, noch bevor DeWald mit der Begrüßung anfangen konnte. „Ich bin Sergeant Alan DeWald, der Chef hier.“

„Das sind meine Agents Jeryl Donaldson, Billy Riggs und David Hoffman.“ Jeder der Agenten nickte, als sein Name fiel. DeWald hielt sich nicht lange mit Höflichkeitsfloskeln auf, sondern berichtete gleich über den Fall Jesse Carson.

„Gut. Sie und ihre Leute suchen weiter die Straßen ab. Befragen Mitschüler und Lehrer.“ Sofort übernahm Agent Wilson das Kommando und erteilte Befehle.

„Und was machen Sie?“ Typisch für das FBI, nur weil die eine bessere Gehaltsstufe aufwiesen, dachten sie wohl sie könnten machen was sie wollten.

„Wir machen auch unsere Arbeit“, gab Wilson patzig von sich. „Wo können wir uns breit machen?“ Cochran verwies auf den Konferenzraum. DeWald wurde in seiner Abneigung gegen das FBI bestätigt. Dieser Frank Wilson war in DeWalds Augen ein riesengroßes, arrogantes Arschloch.

Der leitende Agent bedankte sich zwar bei Cochran, doch es war in DeWalds Augen mehr oberflächlich als ernst gemeint.

Riggs und Hoffman kümmerten sich um die genaue Überprüfung der Familie Paciello und der Familie Carson. Finanzübersicht, mögliche Strafakten, Beruf und so weiter. Donaldson und Wilson fuhren zu den Eltern des Mädchens, um sie zu befragen.

„Die Eltern wurden bereits befragt, steht alles in der Akte, die sie erhalten haben!“ DeWald achtete nicht darauf freundlich zu klingen. Es schien Wilson nicht zu interessieren, dass die Carson schon befragt wurden, er bestand trotzdem auf seinen Besuch. DeWald schloss sich den Agents an, er musste das FBI unbedingt im Auge behalten.

„Warum überprüfen sie die Carsons? Denken Sie etwa, die haben etwas mit dem Verschwinden ihrer eigenen Tochter zu tun?“ DeWald blickte weiter auf die Straße. Wilson saß neben ihm, Agent Donaldson hinter ihrem Kollegen auf der Rückbank. Sie übernahm das Antworten. „Erfahrung und gleichzeitig Routine. Wir müssen einfach wissen, mit wem wir es zu tun haben.“

„Das kann ich Ihnen auch sagen. Reverend Carson, der Vater des Mädchens, lebt mit seiner Familie bereits seit zwanzig Jahren hier in Bakersfield und ist der Pastor unserer Gemeinde. Er setzt sich stets für andere Menschen ein, kümmert sich um alle Belangen. Der hat keine Leichen im Keller!“ Die Agents schwiegen. Doch DeWald fühlte, dass Agent Wilson etwas sagen wollte, es sich dann aber anders überlegt hatte. Diese Arroganz des FBI kotzte DeWald dermaßen an.







Jesse

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