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Der Pleven-Plan und die Europäische Verteidigungsgemeinschaft

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Die Hoffnung in Moskau und Ost-Berlin auf unüberwindliche Differenzen zwischen Bonn und Paris war nicht unbegründet. Zum einen verweigerten sich führende französische Politiker wie Robert Schuman und Vincent Auriol weiterhin einer deutschen Beteiligung an einem westlichen Militärbündnis57, zum anderen besaß das Maß an Supranationalität, das die verantwortlichen Politiker dem Integrationsprozess zugestehen wollten, ein stetiges Konfliktpotenzial. Während Westdeutschland nur wenig nationale Souveränität „auf dem Altar der Supranationalität“ opferte58, bedeutete die europäische Integration für Frankreich in vielerlei Hinsicht Verzicht und lieferte den Befürwortern französischer Unabhängigkeit willkommene Argumente. Die Franzosen konnten allerdings auch die Augen nicht davor verschließen, dass sich die Kräfteverhältnisse in der Welt mit der Zündung der ersten sowjetischen Atombombe im Sommer 1949 und dem Angriff der nordkoreanischen Truppen auf den südlichen Landesteil verändert hatten. Da die Westeuropäer eine kommunistische Aggression auf dem europäischen Schauplatz nicht mehr ausschließen wollten und die politische Sicherheitsgarantie der USA für nicht ausreichend erachtet wurde, waren immer mehr Stimmen zu hören, die den Aufbau einer westeuropäischen Militärmacht forderten. Der Koreakrieg und der Aufbau einer Volkspolizei bzw. paramilitärischer Betriebskampfgruppen in der DDR schürten die Ängste vor einer militärischen Auseinandersetzung in Mitteleuropa, die Adenauer nicht ohne Hintergedanken am Lodern hielt, denn indem er die Bedrohungslage bewusst überzeichnete, erhöhte er den Wert der Bundesrepublik für die gemeinsame Verteidigung des Westens. Unterstützung für westdeutsche Aufrüstungspläne vermutete der Kanzler vor allem bei den verantwortlichen Politikern in Washington. Wollte Frankreich eine deutsche Nationalarmee verhindern und nicht von den in Bewegung geratenen Ereignissen überrollt werden, musste es eine ernst zu nehmende Alternative anbieten. Paris befand sich dabei keineswegs in einer Position der Stärke, brauchte es doch die amerikanische Finanz- und Militärhilfe, um den Krieg in Indochina erfolgreich fortführen zu können und seine Streitkräfte in Europa gefechtsbereit zu halten.

Wollte Frankreich in dieser Situation die Zügel wieder in die Hand bekommen, um die Wirkungen des Schuman-Plans nicht verpuffen zu lassen, musste es ein weiteres Mal die Flucht nach vorn antreten. Am 24. Oktober 1950 legte schließlich der französische Ministerpräsident René Pleven einen Plan vor, der eine europäische Armee für eine gemeinsame Verteidigung Westeuropas vorsah und einen westdeutschen Wehrbeitrag ermöglichen wollte, ohne eine westdeutsche Nationalarmee zu schaffen. Nach Vorbild der Montanunion war eine oberste militärische Behörde mit einem europäischen Verteidigungsminister vorgesehen, der einer europäischen Versammlung verantwortlich und einem Ministerrat untergeordnet sein sollte. Der Vorschlag beinhaltete zudem einen integrierten Generalstab mit einem französischen General an der Spitze und zielte auf eine indirekte Kontrolle der westdeutschen Wiederaufrüstung ab. Während Paris die nationale Führung über Teile seiner in Frankreich stationierten Truppen sowie der Kolonialtruppen und der Marine behalten sollte, wurde den Deutschen nicht gestattet, Teile ihrer nationalen Armee außerhalb der Europaarmee zu halten. Auf der Basis „kleinstmöglicher Einheiten“ sollten die westdeutschen Soldaten integriert und unter die Befehlsgewalt eines integrierten Kommandos gestellt werden, während die anderen Mitglieder das Recht behielten, „mit ihren nationalen Armeen auch weiterhin eine eigene Verteidigungs- und Kolonialpolitik zu betreiben“59.

Das Echo in den westlichen Hauptstädten war verhaltener als noch einige Wochen zuvor beim Schuman-Plan. Washington vermutete hinter der französischen Initiative ein Ablenkungs- und Verzögerungsmanöver; London machte sich über die mangelnde Effizienz des Vorschlages lustig, eine Meinung, die auch von französischen Militärs geteilt wurde, und in Bonn sah Adenauer die Bundesrepublik nicht als gleichberechtigten Partner akzeptiert60. Auch aus heutiger Sicht lässt sich der französische Vorschlag als Diskriminierung der Deutschen bezeichnen61. Hans-Peter Schwarz geht noch weiter und spricht von einer „europäisch drapierten Fremdenlegion“62. Bei aller berechtigter Kritik stellt sich jedoch auch die Frage, ob es nicht erstaunlich ist, „dass ein französischer Ministerpräsident fünf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg überhaupt den Vorschlag machte, deutsche Soldaten aufzustellen“63.

Eher pragmatisch verhielt sich in der Folge auch Adenauer, der die westdeutschen Möglichkeiten in einer ersten Phase ausloten wollte. Da eine NATO-Lösung in Paris vorerst nicht durchzusetzen war und er den Bruch mit Frankreich nicht riskieren wollte, schien die Idee der Europaarmee für den Moment die praktikabelste Lösung. Für sein Entgegenkommen in den EVG-Verhandlungen und die formelle Anerkennung der deutschen Auslandsschulden wurden der Bundesrepublik am 6. März 1951 weitere Lockerungen des Besatzungsstatuts zugestanden, so dass u.a. am 15. März 1951 die Wiedereröffnung des Auswärtigen Amts feierlich begangen werden konnte, auch wenn die Bundesrepublik noch keine diplomatischen Beziehungen aufnehmen durfte.

Für die europäische Integration und damit auch die deutsch-französischen Beziehungen begann jedoch mit der Verkündung des Pleven-Plans eine vierjährige europäische Leidensgeschichte, denn neben der fehlenden Integration Großbritanniens und dem ungeklärten Verhältnis der sich abzeichnenden Europaarmee zur NATO sorgten insbesondere die in dem Vorschlag formulierten supranationalen Strukturen („eine vollständige Verschmelzung von Mannschaften und Ausrüstungen herbeizuführen“) in Frankreich für heftigen Widerspruch, den Moskau immer wieder zu schüren versuchte, um die Öffentlichkeit gegen die westlichen Vorhaben aufzubringen und die Verhandlungen auf diese Weise zum Scheitern zu bringen. Am 11. September 1951 sandte die Sowjetunion eine Note an Großbritannien und Frankreich und warf beiden vor, der Bundesrepublik freie Hand bei ihren Kriegsvorbereitungen zu lassen64. Dem Kreml war zudem nicht entgangen, dass die am 15. Februar 1951 von den beteiligten Staaten aufgenommenen Verhandlungen schnell ins Stocken gerieten, was Stalin mutmaßen ließ, die militärische Integration der Bundesrepublik über die Mobilisierung der dortigen Öffentlichkeit zum Scheitern bringen zu können65. Eingebunden in diese Kampagne war auch die DDR, die mit nationaler Rhetorik Pluspunkte gegenüber dem westdeutschen Rivalen gewinnen sollte66.

Am 10. März 1952 erfolgte schließlich das überraschende Angebot Stalins, die Einheit Deutschlands durch freie Wahlen wiederherzustellen und dem vereinigten Deutschland einen neutralen Status zu verleihen. Die sogenannte „Stalin-Note“ sah weiterhin vor, die Streitkräfte der Besatzungsmächte abzuziehen und Deutschland eine eigene Armee zur Verteidigung des Landes zuzugestehen. Als Gegenleistung forderte er eine strikte Bündnisfreiheit und die dauerhafte Fixierung der Oder-Neiße-Linie. Ob Stalins Angebot ernst gemeint war, bildete über lange Jahre Stoff für Diskussionen unter Politikern und Historikern, die bis heute andauern67. Die Vorschläge des sowjetischen Führers entwickelten sich in Deutschland wie in Frankreich zu einem „Zankapfel“68. Die DDR stellte sich ihrerseits als Garant des Friedens zwischen Deutschen und Franzosen dar, wie in der im November 1952 veröffentlichten Erklärung von Wilhelm Pieck, in der er sich direkt an das französische Volk wandte und proklamierte, dass es die DDR „nie und nimmer dulden [werde], dass von deutscher Seite jemals wieder Krieg gegen das französische Volk geführt wird“69.

Diese Kampagnen konnten jedoch nicht verhindern, dass die Bundesrepublik mit den drei Westmächten am 26. Mai 1952 den Generalvertrag bzw. den Deutschlandvertrag „auf der Grundlage der Gleichberechtigung“ unterzeichnete und damit die „volle Macht“ über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten erhalten sollte. Dafür sicherten sich die Alliierten gewisse Vorbehaltsrechte in Bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes einschließlich der Wiedervereinigung Deutschlands und einer friedensvertraglichen Regelung. Eine endgültige Festlegung der deutschen Grenzen wurde bis zum Abschluss eines Friedensvertrags aufgeschoben; bis dahin wollten die Vertragspartner auf ein „gemeinsames Ziel“ hinarbeiten, „ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine freiheitlich-demokratische Verfassung ähnlich wie die Bundesrepublik besitzt und das in die europäische Gemeinschaft integriert ist“70.

Am nächsten Tag unterzeichneten die Außenminister von Frankreich, der Bundesrepublik, Italiens, der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs den Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG), der nicht nur chronologisch in direktem Zusammenhang mit dem Deutschlandvertrag stand. Da Frankreich stets darauf achtete, die Bundesrepublik erst in die Souveränität zu entlassen, nachdem die Modalitäten der militärischen Integration abschließend geregelt waren, hatte es auf einem Junktim zwischen beiden Vertragswerken bestanden: Das Besatzungsstatut sollte erst mit der Ratifizierung des EVG-Vertrages aufgehoben werden. Nach leidenschaftlichen Debatten im Bundestag und dem Scheitern einer von der SPD beim Bundesverfassungsgericht angestrengten Normenkontrollklage erfolgte die Verabschiedung von Deutschland- und EVG-Vertrag am 19. März 1953; die Ratifizierung im Bundesrat geschah zwei Monate später, am 15. Mai. Damit hatten die Vertragswerke die parlamentarischen Hürden in der Bundesrepublik genommen, so dass Frankreich nun am Zug war, wo die Ratifizierung durch die Nationalversammlung immer noch ausstand.

Welche Ängste ein wiedervereinigtes Deutschland nicht nur in Frankreich weiterhin auslöste71, zeigte sich wenige Monate später, als in der DDR der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 ausbrach72. Entsprechend der von Georges-Henri Soutou so bezeichneten Politik der „doppelten Sicherheit“73 blieb die Aufmerksamkeit der französischen Betrachter immer auf die Rückwirkungen des Aufstandes hinsichtlich einer deutschen Wiedervereinigung und damit zusammenhängend auf die sowjetische Deutschlandpolitik konzentriert. In der Furcht vor einer neuerlichen deutschen „Schaukelpolitik“ auf der Basis einer gesamtdeutschen Bewegung „von unten“ drängten die verantwortlichen französischen Politiker und Diplomaten in Paris, Bonn und Berlin immer wieder auf Ruhe, Deeskalation und Rückkehr zur Normalität. Weil der Bundeskanzler in dieser die Gemüter bewegenden Phase den Primat der Westintegration jedoch nicht in Frage gestellt hatte74, entwickelte er sich für viele französische Politiker zu einer Art Lebensversicherung vor gesamtdeutschen Phantasien.

Die inneren Verbindungen zwischen den Ereignissen vom 17. Juni 1953 und den französischen Diskussionen um die Europäische Verteidigungsgemeinschaft waren nicht zu übersehen, als letztere in den folgenden Wochen in ihre entscheidende Phase traten. Vom ursprünglichen Pleven-Plan war in den Gesprächen und Verhandlungen nur wenig übrig geblieben, denn ein gemeinsames Verteidigungsministerium hatte einem neunköpfigen Kommissariat mit vornehmlich technischen Befugnissen Platz gemacht, das über 40 Divisionen à 13.000 Mann, davon 14 französische und 12 deutsche, und ein gemeinsames Budget verfügte. Die militärischen Einheiten sollten sich nun unterhalb des Armeekorps aus national-homogenen Truppen zusammensetzen, so dass die Integration nicht mehr auf der Basis der kleinstmöglichen Einheit, sondern auf der Ebene des Armeekorps vollzogen wurde. Alle wesentlichen Entscheidungen hatte ein Ministerrat einstimmig zu treffen, und die Ausbildung sowie Rekrutierung der Soldaten oblag auch weiterhin der Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten. Jean Monnet stellte bedauernd fest, dass von der Supranationalität einzig die gemeinsame Uniform geblieben sei. Demgegenüber hatte Frankreich zwei seiner wichtigsten Ziele erreicht: Die westdeutsche Aufrüstung war verzögert worden, und die Bundesrepublik besaß keine Spielräume mehr für eine wie auch immer zu denkende Neutralitätspolitik. Gleichzeitig, und das wog bei den innerfranzösischen Diskussionen nun immer schwerer, wurde Frankreich stärker als ursprünglich gedacht „in die Zucht einer EVG“75 genommen, in der alle Mitgliedsstaaten mit gleichem Recht ausgestattet sein sollten, während die anfänglich im Pleven-Plan noch enthaltenen Diskriminierungen gegenüber der Bundesrepublik – nicht zuletzt auf amerikanischen Druck hin – einem gleichberechtigteren Verhältnis Platz gemacht hatten.

Aufgrund der kritischen Haltung in der französischen Öffentlichkeit und der sich daraus ergebenden realen politischen Kräfteverhältnisse wagte es Ministerpräsident René Mayer (8. Januar–21. Mai 1953) auf der einen Seite nicht, die Verträge der französischen Nationalversammlung zur Abstimmung zu stellen, auf der anderen bemühte er sich bei den EVG-Vertragspartnern um „Präzisierungen“, die vor allen Dingen den „nationalen“ Sektor der französischen Streitkräfte stärken sollten76. Dass Paris die gewünschten Änderungen nicht erreichen konnte, erklärt u.a., warum die Ratifizierung der EVG schließlich in der französischen Nationalversammlung am 30. August 1954 mit 319 zu 294 Stimmen scheiterte. Selbst der französische Ministerpräsident Pierre Mendès France (Juni 1954–Oktober 1955), der anfänglich zu den Befürwortern einer Europaarmee gehört hatte, enthielt sich bei der entscheidenden Abstimmung in der Nationalversammlung der Stimme. Adenauer bezeichnete die französische Entscheidung als „großes Unglück“77 bzw. als „entscheidenden Rückschlag“78, drohte sich die Übertragung der Souveränitätsrechte auf den westdeutschen Staat doch nun wegen des Junktims zwischen Wehrbeitrag und dem Inkrafttreten des Deutschlandvertrages weiter hinauszuzögern.

Bei der Suche nach den Gründen für diesen „schwarzen Tag für Europa“ (Adenauer) stoßen wir auf ein ganzes Ursachenbündel. Zum einen blieb „die Sorge um die Unberechenbarkeit der wirtschaftlich wiedererstarkenden Deutschen“79 in Frankreich weiterhin virulent, zum anderen muss die missliche Lage der französischen Streitkräfte in Indochina angeführt werden, die am 7. Mai 1954 in Dien Bien Phu eine empfindliche Niederlage erlitten hatten. Durch die erwartete, aber ausgebliebene amerikanische Unterstützung in den entscheidenden Momenten der militärischen Auseinandersetzung sowie die vermittelnde Rolle der Sowjetunion fühlten sich jene Kräfte bestätigt, die angesichts der mangelnden amerikanische Solidarität auch in Zukunft nicht auf nationale französische Streitkräfte verzichten wollten und weiterhin direkte Verhandlungen mit Moskau forderten. Anders als die Regierungen in Washington, London und Bonn nahmen sie gerade nach dem Tod von Stalin die Moskauer Vorstöße und Angebote ernst und sahen in ihnen keineswegs nur simple Manöver, um die EVG zum Scheitern zu bringen. Über das kommunistische80 und gaullistische Milieu hinaus wartete man nur auf ein akzeptables sowjetisches Angebot und forderte, den Sowjets eine letzte Chance für Verhandlungen einzuräumen81. Manche sahen eine Bestätigung in dem Moskauer Vorschlag zur Schaffung eines Systems kollektiver Sicherheit in Europa, das der sowjetische Außenminister bei den vierseitigen Verhandlungen in Berlin (25. Januar – 18. Februar 1954) seinen Gesprächspartnern als Alternative zur westlichen Bündnispolitik vorschlug. Zum großen Gelächter der westlichen Delegationen war jedoch vorgesehen, die USA an diesem Zusammenschluss nicht zu beteiligen, so dass sich die Frage stellt, ob die Sowjetunion selbst an die Annahme dieses Vorschlags glaubte82. Der Kreis um Robert Schuman unterstellte dem Kreml nunmehr, die Gespräche und Konferenzen um einen Friedensvertrag in die Länge zu ziehen und zu einer Viermächtekontrolle zurückkehren zu wollen, um die Integrationsanstrengungen des Westens zu unterlaufen und seinen eigenen Einfluss weiter nach Westen auszudehnen83.

Waldemar Besson urteilte vor längerem, dass Paris als Gegenleistung für das sowjetische Verhalten zu weit reichenden Konzessionen bereit gewesen sei: „Die Opferung der EVG war der Preis, den Mendès France für den Frieden in Indochina zahlte“84. Georges-Henri Soutou verweist solche Vermutungen jedoch in das Reich der Legenden. Plausibler erscheint in der Tat, dass es der französischen Regierung bei realistischer Einschätzung der intersystemischen Möglichkeiten in der bipolaren Weltordnung doch eher darum ging, den Beweis für die Kompromissunfähigkeit der Sowjets zu erbringen. So musste Paris erst einmal auf Zeit spielen und eine Viermächtekonferenz sorgfältig vorbereiten, um den Sowjets keinen Vorwand zu geben, dem Westen die Schuld für ein Scheitern in die Schuhe zu schieben. Bidaults Annahme, dass die Sowjetunion in der deutschen Frage zu keinen weiteren Zugeständnissen bereit sei, förderte seine Bereitschaft zu einer Gipfelkonferenz, denn ihr eingeplantes Scheitern bot die Gelegenheit, den EVG-Gegnern in Frankreich den fehlenden Willen Moskaus zu einer Einigung vor Augen zu führen85. Für Jacques Bariéty ist es darüber hinaus entscheidend gewesen, dass die französischen Militärs erste Anstrengungen zum Aufbau einer eigenständigen Atomstreitmacht unternommen hatten, der jedoch die potenziellen Beschränkungen der französischen Souveränität im waffentechnischen Bereich im Rahmen einer supranationalen europäischen Armee im Wege gestanden hätten86. So konnte auch die Konferenz der Außenminister der Sechs Mächte in Brüssel im August 195487 das Scheitern der EVG nicht mehr verhindern, womit sowohl die europäische Integration als auch die deutsch-französischen Beziehungen vor dem Nichts zu stehen schienen. Schnell zeigte sich jedoch, dass der Misserfolg bereits den Keim für seine Überwindung enthielt.

1 Vgl. zur Außenpolitik Stalins: ZUBOK 2007 [280].

2 DÜLFFER 1998 [248], S. 232.

3 Vgl. BLANK 1995 [388].

4 Vgl. MAELSTAF 2000 [626], S. 135.

5 Vgl. ERSIL 1993 [285], S. 164; AMOS 1999 [281].

6 Vgl. MAELSTAF 1997 [625].

7 Vgl. zur französischen Berichterstattung: Les rapports mensuels d’André François-Poncet, Haut-Commissaire français en Allemagne 1949–1955, hg. von Hans Manfred Bock, 2 Bde., Paris 1996; MIARD-DELACROIX 2004 [1071].

8 Vgl. dazu LOHSE 1995 [616], S. 82f.

9 Vgl. BECKER 1991 [282], S. 71ff.

10 Vgl. PFEIL 2004 [483], S. 61.

11 Vgl. SOUTOU 2005 [681].

12 Télégramme du haut commissaire de la République française au ministère des Affaires étrangères, 3novembre 1951; MAE, EU 44–60, ALL, 681, Bl. 71f. Die Deutschlandperzeption des französischen Hochkommissars war von seinen Impressionen der Zwischenkriegszeit dominiert, so dass seine Analysen oftmals an den Realitäten vorbeigingen; vgl. zu André François-Poncet: BOCK 1987 [444]; MIARD-DELACROIX 2004 [1071].

13 Vgl. zur Deklaration über die europäische Zusammenarbeit vom Frühjahr 1944: GASTEYGER 2001 [417], S. 38f.; LIPGENS 1968 [24].

14 KAELBLE 2000 [323], S. 253; KAELBLE 2005 [324]; vgl. allgemein zur Europäischen Integration: BITSCH 1999 [308]; GERBET 1983 [318].

15 LOTH 2000 [332], S. 30.

16 Nicht vergessen werden sollte, dass Frankreich und Großbritannien noch im Februar 1947 mit dem Vertrag von Dünkirchen eine Defensivallianz unterzeichneten, in der sich beide Länder im Falle eines deutschen Angriffes Unterstützung zusagten.

17 Vgl. POIDEVIN 1976 [657]; POIDEVIN 1986 [88].

18 BARIÉTY 2005 [512], S. 64.

19 Vgl. TRAUSCH 1995 [345].

20 WIRSCHING 2007 [346], S. 157.

21 Vgl. DUROSELLE 1990 [315], S. 570.

22 Vgl. LOTH 1991 [331], S. 73f.

23 Vgl. HUDEMANN 2005 [575].

24 SCHÖLLGEN 1999 [233], S. 28.

25 WIRSCHING 2007 [346], S. 158.

26 JARAUSCH 2004 [405], S. 148.

27 Vgl. BIRKE 1997 [387], S. 17.

28 Vgl. PFEIL 2004 [483], S. 59ff.

29 Vgl. LEMKE 1997 [289], S. 42.

30 Vgl. BARIÉTY, DEFRANCE 1999 [511], S. 221–223; HUDEMANN, HEINEN 2007 [576].

31 SCHÖLLGEN 1999 [233], S. 20.

32 PFEILER 1995 [294], S. 2013f.

33 Vgl. WETTIG 2000 [305],S.412.

34 KAISER 1999 [286], S. 197.

35 Vgl. LEMKE 1998 [216], S. 52.

36 Vgl. LAPPENKÜRPER 1994 [604].

37 BARIÉTY 1994 [509], S. 178f.

38 Hartmut KAELBLE, Europa zwischen Krieg und Frieden. Robert Schumans Konzept einer Sicherheitspolitik und die Präsenz der Amerikaner, in: Süddeutsche Zeitung, 9.5.2003.

39 Vgl. KIPPING 1996 [592]; CATALA 2001 [311]; BITSCH 2001 [443]; WILKENS 2004 [701].

40 JARAUSCH, GEYER 2005 [406], S. 212.

41 Vgl. DUCHÊNE 1994 [75]; WILKENS 1999 [696]; WILKENS, BOSSUAT 1999 [697].

42 Vgl. BARIÉTY 2005 [512], S. 65.

43 Zit. nach HERBST 1989 [320], S. 79.

44 BRUNN 2002 [310], S. 76.

45 Vgl. MILWARD 1992 [336].

46 Vgl. neben dem Zitat eine Zusammenfassung der verschiedenen Deutungsmuster in: DÜLFFER 2004 [250], S. 149f. Vgl. zur Historiographie auch: LOTH 2008 [334], S. 9–26.

47 Vgl. zu den unterschiedlichen Branchen der französischen Wirtschaft: KIPPING 1996 [592].

48 SCHWABE 2007 [667], S. 25.

49 Vgl. SCHWABE 1988 [666].

50 WINKLER 2000 [436], S. 143.

51 Prawda, 23. 5.1950, in: AdG, 23. 5.1950, S. 2396.

52 Vgl. GERSDORF 2009 [1003].

53 Vgl. DASCHITSCHEW 2000 [284].

54 AdG, 5.4.1951, S. 2893.

55 Vgl. PFEIL 2004 [483], S. 71f.

56 Vgl. zu dem Kalkül von Jean Monnet in dieser Frage: WILKENS 1999 [699], S. 89; WILKENS 1999 [698].

57 Vgl. MONNET 1978 [61], S. 426.

58 HERBST 1989 [320], S. 86.

59 BRUNN 2002 [310], S. 94.

60 Vgl. ADENAUER 1983 [38], S. 341f.

61 Vgl. WOLFRUM 2006 [437], S. 110.

62 SCHWARZ 1981 [427], S. 135.

63 HERBST 1989 [320], S. 88.

64 AdG, 11.9. 1951, S.3110.

65 Vgl. WETTIG 1999 [301], S. 214.

66 Vgl. RUPIEPER 1994 [296], S. 211.

67 Vgl. zur Stalin-Note insbesondere: ZARUSKY 2002 [306]; LAUFER 2004 [287]; WETTIG 2007 [303]; LOTH 2007 [292]; RUGGENTHALER 2007 [295].

68 Vgl. MORSEY 2000 [420], S. 35; WEISENFELD 1997 [379], S.81; RUPIEPER 1994 [296], S. 203f.

69 L’Humanité, 13.11.1952.

70 Bundesgesetzblatt 1955, Teil II, S. 309.

71 Vgl. FAURE 1984 [49], S. 317.

72 Vgl. PFEIL 2003 [654]; PFEIL 2003 [655].

73 Vgl. SOUTOU 1988 [298]; SOUTOU 1996 [678]; SOUTOU 2003 [275].

74 Vgl. zum Forschungsstand: STÖVER 2002 [430], S. 30ff., 102ff.

75 WOLFRUM 2006 [437], S. 110.

76 Vgl. POIDEVIN 1984 [228], S. 85f.

77 ADENAUER 1983 [38], S. 351.

78 ADENAUER 1986 [1], S. 181.

79 BOCK 1999 [1035], S. 43.

80 RISSO 2007 [663].

81 Vgl. BARIÉTY 1994 [509], S. 184ff.

82 Vgl. WETTIG 2005 [304], S. 288.

83 Vgl. SOUTOU 2002 [274], S. 37ff.

84 BESSON 1970 [185], S. 151.

85 Vgl. SOUTOU 1991 [674]; GUILLEN 1996 [547].

86 Vgl. BARIÉTY 1993 [508].

87 Vgl. Dokumente zur Deutschlandpolitik, hrsg. vom Bundesministerium des Innern und vom Bundesarchiv, II. Reihe/Bd. 4: Die Außenminister-Konferenzen von Brüssel, London und Paris 8. August bis 25. Oktober 1954, München 2003.

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