Читать книгу Korridorium – ein pluridimensionaler Thriller - Cory d'Or - Страница 24
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Оглавление29.12.2011
Ich betrete den Korridor, und auf der Stelle ist mein Ärger über die angeblich überzählige Pizza vergessen, die die Leute mir einfach wieder mitgegeben und dann nicht mal Trinkgeld gezahlt haben. Nach dem Ärger mit dem Kunden in einem Berliner Hinterhaus fällt mein Blick zwei Etagen tiefer im Treppenflur auf ein Klingelschild mit dem Namen »Cory d’Or«.
Könnte das der unbekannte Autor des obskuren Blogs Korridorium sein, von dem meine Frau so schwärmt? Kurzerhand klingle ich. Ein Summer ertönt. Die Tür öffnet sich in einen langen Flur, wie er für viele Berliner Altbauwohnungen typisch ist. »Nichts anrühren!«, befiehlt mir eine markige Stimme aus einem der angrenzenden Zimmer, ohne dass der Sprecher sich zeigt.
Fast fällt mir die Pizzaschachtel aus der Hand. Ich starre sprachlos auf Tausende handbeschriebener Karteikarten, die hier an die Wände und an die Decke gepinnt und teilweise auf dem Boden ausgelegt sind. Von vielen spannen sich farbige Fäden zu anderen, so dass im Flur kaum ein Durchkommen ist – nicht ohne das filigrane Geflecht zu zerstören jedenfalls. Es sieht aus wie eine regenbogenbunte Kunstinstallation. Fasziniert versuche ich, einige der Karteikarten zu lesen, doch da ertönt erneut die Stimme: »Legen Sie die Bücher auf den Entréekasten. Dort liegt das Geld für Sie.«
Cory muss mich mit jemandem verwechseln, den er erwartet. Entréekasten? Ich entdecke an der Wand eine Holzverschalung mit mehreren Anzeigen hinter Glas, offenbar eine ehemalige Rufanlage für Dienstboten. Darauf liegt Geld. Viel Geld. Ich kann der Versuchung nicht widerstehen und stecke es ein. Hastig lege ich die überzählige Pizza auf den Kasten, ziehe ich mich zurück, gerate in Panik, lasse die Tür offenstehen, renne die Treppe hinunter und schwinge mich hastig auf meinen Motorroller …
Wie behämmert von mir! Was habe ich mir nur dabei gedacht?!
Natürlich traute ich mich nicht mehr zurück, das Geld ist längst aufgebraucht, und irgendwem von dieser Begegnung zu erzählen, habe ich bis heute nie gewagt. Es ist wohl auch keine Entschuldigung, dass ich – mit einem Doktor in Astrophysik und einem in Moralphilosophie – meine kleine Familie mühsam als Pizzabote ernähren muss.
(per E-Mail)